Читать книгу Freut euch, der Herr ist nahe! - Monika Lehmann-Etzelmüller - Страница 7
3. Der Gorilla an der Krippe – Andacht im späten Advent
Оглавление• Lied: Es kommt ein Schiff geladen (EG 8)
• Ansprache
Im Allgemeinen heißt es, die Advents- und Weihnachtszeit sei eine Zeit des Friedens. Das klappt bei Ihnen? Wie schön. Bei meinen Kindern und mir nicht. Es fängt schon mit den Diskussionen an, ab welcher Menge der Verzehr von Dominosteinen lebensbedrohlich wird. Auch bei Weihnachtsliedern sind wir uns nicht einig. Schon mehrmals habe ich versucht, meine Tochter davon zu überzeugen, dass das Lied „Maria und Josef verliefen sich im Wald“ nicht wirklich zum Stammrepertoire der klassischen Weihnachtslieder gehört. Doch das juckt sie nicht im mindesten.
Unser Dauerbrenner ist aber die Weihnachtskrippe. Diese Krippe hat mein Mann in unsere Ehe gebracht, völlig nichtsahnend von den daraus entstehenden Komplikationen. Die Krippe stammt aus seiner niedersächsischen Heimat und sieht eigentlich nicht nach Bethlehem aus, sondern, nun ja, nach Brunsbüttel-Schmedeswurth. Sie ist von dichtem Wald umgeben und des Öfteren schauen dessen Bewohner, Reh, Hirsch, Hase und Eichhörnchen, im Stall vorbei. Wir haben uns angewöhnt, dass die Krippe am ersten Advent feierlich hervorgekramt wird und nach und nach treffen die Bewohner ein, als Erstes der Ochse als mutmaßlicher Dauerbewohner. So dachte ich mir das. Doch immer öfter kam es vor, dass, sobald ich der Krippe den Rücken zukehrte, seltsame Gestalten sich dort niederließen. Der Elefant ging ja irgendwie noch, aber der Pinguin, der Gorilla, das Stinktier und das Walross, das es sich in der noch leeren Krippe gemütlich machte, das fand ich doch eher unpassend. Doch so oft ich auch einen Platzverweis erteilte und das Getier in die Wildnis zurückschickte, sie tauchten sofort wieder auf, wenn ich der Krippe den Rücken kehrte. Bald herrschte im Stall eine Artenvielfalt und bedrängende Enge wie auf der Arche Noah. Es tauchten noch andere Dinge auf, die meiner Ansicht nach nichts im Stall von Bethlehem zu suchen hatten. Das Dach des Stalles wurde mit Schnullern dekoriert; das Innere mit Windeln ausgelegt und Milchflaschen wuchsen neben den Bäumen empor, um die die endlich eingetroffenen Heiligen Drei Könige sich ängstlich herummogeln mussten. Die Schafe bekamen ein Gatter aus Legosteinen. Nur der Stern schwebte unbedrängt über der seltsamen Szenerie – an ihn kam meine Tochter nicht ran. Wieder mal mache ich mich seufzend und erklärend an die Arbeit. Zwei Kulleraugen gucken mich vorwurfsvoll an und meine Tochter sagt: „Mama, du hast selbst im Kindergottesdienst gesagt, an die Krippe dürfen alle kommen. Also auch Pinguine, Gorillas und Stinktiere.“ Ich stottere noch ein mattes „Von einem Gorilla war aber nie die Rede“ heraus, aber ich weiß: Ich habe verloren. Und das ist ja wirklich mein Lieblingsweihnachtsgedanke: An die Krippe darf jeder kommen, gerade so wie er ist, voller Freude und Jubel, voller Sorgen und Kummer, mit der Angst und mit der Krankheit, mit den Zweifeln und mit der Not. Zum Jesuskind darf man kommen, wie man ist. Unsere Gäste schauen jetzt manchmal etwas indigniert auf unsere seltsame Weihnachtskrippe, aber na ja, was soll man schon sagen, wenn sie in einem Pfarrhaus steht, wird es schon seine Richtigkeit haben. Hat es auch. Endlich ist Frieden.2
• Gebet
Ich komme zu deiner Krippe,
schon bin ich auf dem Weg.
Ich komme zu dir und meine Hände sind leer.
Müde ist mein Herz geworden,
zu müde, um staunen zu können.
Ich geb´ dir mein Herz, füll es mit Frieden.
Ich gebe dir meine Unruhe, gib du mir Ruhe.
Ich bringe dir meine Angst, lass neuen Mut wachsen
im Blick deiner Augen, die mich sehen.
Ich bringe dir das Dunkel, denn dein Stern leuchtet über dem Weg.
Ich bringe dir die Erinnerungen, die weh tun,
zu deiner Krippe trage ich sie.
Was schmerzt halte ich in das Leuchten des Mondglanzes.
Meine Hände sind leer, Kind,
aber du füllst sie mir mit Gutem.
• Lied: Ich steh an deiner Krippen hier (EG 37, 1. 6-7)
Während des Liedes bekommt jede und jeder einen Strohhalm mit, der an einem Ende in Goldfarbe getaucht wurde.
• Segen
• Musik zum Ausgang
2 Diese Andacht wurde bereits veröffentlicht in: Der andere Advent 2012/13.