Читать книгу Neuland - Monika Murmann - Страница 6
Kühles Weihnachten
ОглавлениеWie wollte sie ihr neues Leben gestalten? In welchem Bereich würde sie arbeiten wollen? Sie war damals kurz nach Beendigung der Ausbildung im Büro überraschend schwanger geworden. Direkt nach der Heirat hatte Jürgen den Laden gefunden. Mehr Zeugnisse konnte sie nicht vorlegen. Würde sie in Köln bleiben oder ging sie woanders hin, um neu anzufangen? Auch Katja konnte ihr bei diesen Entscheidungen nicht helfen. Rainer fing an, Marilotta mürrisch anzusehen, wenn sie kam. Offensichtlich blockierte sie ihre Freundin zu oft. Wirklich schlimm war Weihnachten. Sie versuchte mit den Kindern Kontakt aufzunehmen und sie wenigstens mal zu treffen. Aber die Kinder blockten sie ab und meinten, dass sie sich erst mit der Situation zurechtfinden müssten und Abstand bräuchten. Heile Welt und Christkind würde jetzt nicht gehen. Teilweise konnte sie die Kinder verstehen, war aber trotzdem sehr enttäuscht. So verbrachte sie das schlimmste Weihnachten ihres Lebens ganz allein, ohne Christbaum mit sehr viel Glühwein. Das halbleere Haus wirkte kalt und wie tot. Fast schon unheimlich. In den teilweise geplünderten Räumen waren nur noch Bruchstücke der Einrichtung vorhanden. Die dunklen Abende waren so deprimierend und leer. Das Alleinsein machte ihr am meisten zu schaffen. Sie ging sogar zur Kirche, um unter Menschen zu sein. Als sie, nach der Kirche, das gemeinsame Auto der Kinder und das der Schwiegereltern vor Veras Haus stehen sah, war das einfach zu viel für sie. Das hatte sie nicht verdient. Mit letzter Kraft schaffte sie es ins Haus und endlich konnte sie Rotz und Wasser heulen. All die Monate war keine Träne geflossen, aber jetzt konnte sie gar nicht mehr aufhören. Am nächsten Morgen ging es ihr besser und sie wusste, dass sie sich nie wieder so einspannen lassen würde, wie es ihr Ex-Mann hinbekommen hatte. Er war schuld, dass sie sich nicht so um die Kinder hatte kümmern können, wie sie es eigentlich wollte. Warum hatte sie nicht eher den Mund aufgemacht und sich gewehrt? Warum nur - sie konnte es sich nicht erklären. Auch nach Weihnachten hatten die Kinder niemals Zeit für ein Treffen, angeblich Prüfungen und Praktika. Sie beschloss für sich, ihnen einfach nicht mehr nachzulaufen. Wenn sie nicht in der Pralinenfabrik arbeitete, versuchte sie zu joggen und las die Stellenanzeigen von verschiedenen Zeitungen nach etwas für sie passendem durch.
In dieser Situation kam der Brief aus England wie ein Zeichen vom Himmel. Das war jetzt genau das, was sie brauchte. Ein neuer Ort, Tewkesbury hieß er und lag in der Grafschaft Cloucestershire, sogar ein neues Land, ein neuer Anfang! Vermutlich war das „Haus“ des Onkels, eine baufällige Bude aber das war Marilotta egal. Dort würden sich bestimmt ein Job und eine Zukunft für sie finden, da war sie sich ganz sicher.