Читать книгу GESCHICHTEN AUS DONNAS KASCHEMME - Monika Niehaus - Страница 7

Оглавление

Die »Böse Seite des Mondes« zu würfeln, ist wirklich ziemliches Pech. Hier hat der Kuiper-Belter Quoxx seinen ersten Auftritt, der sich zu Willis Intimfeind entwickeln soll.

Willi ist ein Ehrenmann

Donnas Kaschemme am Rande der Milchstraße kennen Sie ja inzwischen und auch Willi, das Wurmlochwiesel, unseren Champion im Geschichtenerzählen. Willi ist der beste Kopfgeldjäger im ganzen Quadranten, aber ständig abgebrannt. Und da er in der trockenen terranischen Luft unter starkem Durst leidet, auch immer auf Ausschau nach möglichst kostenlosen Drinks.

Diesmal saß er ganz gegen seine üblichen Gewohnheiten wortlos an unserem Tisch und nippte an seinem Bier.

»He, Willi, warum so trübsinnig?«, wollte Quoxx wissen, ein notorisch knauseriger, vierschrötiger Kuiper-Belt-Bewohner, der Willi für einen Schnorrer hält und seinen Geschichten nicht immer den nötigen Respekt zollt. »Warst du nicht hinter diesem Hochstapler, diesem Gnurk, her, der mit dem Sparschwein der Raumschrottgilde durchgebrannt ist?«

Willi nickte. »War ich.«

»Und heulte der Gildenmeister nicht nach seinem Kopf und winkte mit einer Menge Zaster?«, bohrte Quoxx weiter

Willi nickte wieder. »Hat er.«

Quoxx beugte sich vor. »Aber du hast ihn nicht schnappen können?«

»Doch, schon.« Willi blieb einsilbig.

»Warum bist du dann noch immer so pleite, dass du dich den ganzen Abend an einem Bier festhältst?«

Willi warf einen vielsagenden Blick auf das Tablett, mit dem Donna gerade an unseren Tisch trat, und Quoxx bedeutete ihr mit einer knappen Handbewegung, Willi ein frisches Bier zu geben.

Willi nahm einen tiefen Schluck. »Nun, wie Quoxx schon sagte, war auf den Kopf des Gnurks eine fette Prämie ausgesetzt, und so heftete ich mich an seine Fersen. Der Kerl kannte eine Menge Tricks, doch ich« – und hier versuchte Willi, bescheiden zu lächeln, was ihm gründlich misslang – »ließ mich nicht abschütteln. Schließlich trieb ich ihn am Rand einer Singularität in die Enge, überwältigte ihn und bugsierte ihn auf mein Raumschiff. Ich brauchte nur noch nach Terra zurückzukehren, ihn abzuliefern und meine Prämie einzustreichen.« Er verstummte und rieb sich das Kinn.

Quoxx machte Donna ungeduldig ein Zeichen, ein weiteres Bier zu bringen. »Du hattest ihn also im Sack – was konnte denn da noch schief gehen?«

Willi wischte sich den Schaum vom Mund und grinste verlegen. »Nun, wie sich herausstellte, war der Gnurk gar kein so unebener Kerl, wenn man ihn näher kennenlernte – ein wenig großmäulig, aber kein Vergleich zu seinem Vetter, der uns vor einiger Zeit mit seinen Lügengeschichten einzuwickeln versucht hat. Und er verstand, dass Geschäft nun mal Geschäft ist und ein Kopfgeldjäger von Kopfgeld lebt, und ergab sich in sein Schicksal. Irgendwann schlug er dann vor, die Zeit auf der langen Heimreise mit einem Würfelspielchen zu verkürzen – zum Glück hatte er ein Sechserpack Sonne-und-Mond-Würfel dabei. Es lief alles prächtig, und die Reise verging wie im Flug. Der Gnurk wurde immer kleinlauter, während ich ihm abknöpfte, was vom Sparschwein des Gildenmeisters noch übrig war. Wir hatten schon den Saturnorbit passiert, als er seinen letzten Einsatz, eine silberne Uhr, auf den Tisch legte und ›all in‹ verlangte. Die Chancen standen haushoch zu meinen Gunsten, ich war ihm fünf Sonnen voraus, und die Uhr war wirklich ein Prachtstück. Ich schüttelte also den Becher, warf …« – Willi machte eine Kunstpause, und Quoxx schob ihm ungefragt noch ein Bier zu – »… und konnte meinen Augen nicht trauen: Alle sechs Würfel zeigten bad moons!«

Ein mitfühlendes Stöhnen ging durch die Runde. Sechs Mal die böse Seite des Mondes! Das war wirklich verfluchtes Pech.

»Damit hatte er mir nicht nur meinen ganzen Gewinn, sondern auch die gesamte Prämie abgeknöpft, die auf seinen Kopf ausgesetzt war.« Willi straffte die Schultern und hob das Kinn. »Ich musste ihn laufen lassen. Spielschulden sind nun mal Ehrenschulden, und niemand soll sagen, dass Willi, das Wurmlochwiesel, kein Ehrenmann ist …«

Einen Moment verschlug es uns die Sprache, dann brandete Applaus auf, und wir alle standen auf, um Willi auf die Schulter zu klopfen und ihm zu versichern, dass wir niemals an seinem Charakter gezweifelt hätten. Donna brachte eine Runde Freibier – »Willi hat gewettet, dass er dem Kuiper-Belter mindestens drei Bier abschwatzt«, raunte sie mir ins Ohr – und wir ließen sie und Willi gebührend hochleben.

Also, wenn Sie das nächste Mal in unserer Gegend sind und eine gute Geschichte hören wollen, kommen Sie vorbei, auch wenn Donnas Kaschemme etwas ab vom Schuss liegt.

»Die böse Seite des Mondes«, Hrsg. Thomas Le Blanc, Phantastische Bibliothek Wetzlar, 2012

GESCHICHTEN AUS DONNAS KASCHEMME

Подняться наверх