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Streit und die Eskalationsspirale

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Jetzt noch einmal zur Frage: Was ist Streit? Streit ist im neurobiologischen Sinne eine Dynamik, in der beide Partner getriggert sind – in der also bei beiden Nervensystemen der Defensivmodus aktiviert ist und sie in ein Kräftemessen einsteigen. Das autonome Nervensystem heißt so, weil es autonom und unabhängig von rationalen Erwägungen entweder in den Kampf-/Fluchtmodus oder in den Shutdown schaltet.

Ist der Startknopf einmal gedrückt, beginnt eine innere Kettenreaktion und damit eine sich wechselseitig aufschaukelnde Dynamik: die Eskalationsspirale. Die ersten Anzeichen können so subtil und versteckt sein, dass ein fremder außenstehender Mensch sie nicht lesen könnte, aber die innere Eskalation beginnt: eine Augenbrauenbewegung, ein Augenverdrehen, ein leichtes Schnauben oder Seufzen, ein minimal veränderter Tonfall oder eine bestimmte Körperhaltung. Aber der Empfänger konstruiert daraus die Botschaft! Das heißt: Wer die Botschaft hört oder sieht, entscheidet über ihre Bedeutung. Gibt es beim Empfänger wie oben dargestellt einen wunden Punkt, eine Bedürftigkeit oder eine Verletzung, so kann das beim anderen ebenfalls noch unterhalb der Bewusstseinsschwelle eine Abwehrreaktion auslösen – auch dort beginnt eine innere Eskalation. Die wird ebenfalls vom Partner bzw. von der Partnerin gelesen, die wiederum darauf reagiert. Jetzt nimmt die Eskalationsspirale wie im Beispiel von Franz und Sabine Fahrt auf.

Meist gibt es bereits ein umfangreiches gegenseitiges Triggergeschehen, bevor dem einen oder anderen Beteiligten bewusst wird, was hier läuft. Tritt der Angriff des anderen ins Bewusstsein, wird die Situation meist nicht besser: Jetzt wird erst recht noch mal was draufgepackt und zurückgeschossen. Die Eskalationsspirale wird größer und ist bei manchen Paaren geprägt von Verächtlichkeit, Beleidigungen oder auch Gewalt.

Alles Wissenswerte in Kürze

Unser Gehirn hat ein eingebautes System zur Gefahrenerkennung, das ständig die Umgebung nach potenziellen Bedrohungen abscannt. Dabei ist es übervorsichtig und meldet lieber falsch positiven Alarm, bevor es eine Gefahr übersieht. Wird etwas erkannt, das im Gedächtnis als schmerzvoll oder gefährlich abgespeichert ist, schaltet es blitzschnell auf ein Angriffsoder Verteidigungssystem um.

Dabei können auch »kleine« Gefahren wie z. B. das genervte Verhalten eines Partners, das früher bei den Eltern oder in anderen belastenden Lebenssituationen als bedrohlich erlebt wurde, dazu führen, dass ein Kampf eingeleitet wird.

Die ersten Anzeichen sind oft so subtil, dass der gefühlte Angriff und die eingeleitete Gegenwehr nicht bewusst werden, aber die innere Eskalation beginnt. Das Gegenüber jedoch nimmt es neurozeptiv wahr, fühlt sich wiederum angegriffen und reagiert mit einem Gegenangriff oder einer Blockade. So können scheinbar banale Situationen (wie der klassische Konflikt um die Zahnpastatube) eskalieren.

Der kleine Eheretter

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