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4.4 Bedeutung der Neurobiologie für die Paarberatungspraxis

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Wir haben gesehen, wie Partner einander triggern und damit ihr Denken, Fühlen und Wahrnehmen verändern. Die moderne Hirnforschung liefert uns nun Hinweise darüber, worauf es bei der Herstellung einer intimen und verbundenen Beziehung ankommt.

Unser Nervensystem strebt nach Sicherheit, um den ventrovagalen Komplex und damit das Soziale Kontaktsystem aktivieren zu können. Nur in diesem Modus ist wirkliche Verbundenheit, Nähe, Gesundheit und Wachstum möglich. Im Laufe einer Beziehung geht diese Sicherheit jedoch aufgrund vielfältiger wechselseitiger Verletzungen oft verloren. Die Beziehung verliert ihren Status als sicheren, geborgenheitsstiftenden Ort.

Unsere Aufgabe ist es also, beiden Partnern mithilfe unserer Interventionen und unserer Persönlichkeit Sicherheit zu vermitteln. Das beginnt bereits mit der Gestaltung der Räumlichkeiten. Laut Porges und Dana können wir unsere Praxisumgebung so gestalten, dass sie »die Resilienz Ihrer Klienten fördern und ihre autonomen Reaktionen in Richtung Sicherheit und Verbundenheit lenken« (Dana, 2019, S. 120). Als Therapeutinnen vermitteln wir diese Sicherheit, indem wir für eine eigene Verankerung im ventrovagalen Komplex sorgen, was sich über feinste Modulationen der Gesichtsmuskeln, des Herzes, der Lunge und einer prosodischen Stimmlage ausdrückt. Hilfreich ist weiterhin eine ruhige, wohltemperierte und einladende Gestaltung der Räumlichkeiten etwa mit Naturmaterialien.

Die Kenntnis der drei Modi des Nervensystems in Kombination mit der eigenen Neurozeption sowie bewusster Wahrnehmung ermöglicht es uns, feine Veränderungen in der Physiologie und psychischen Verfassung der anwesenden Klienten zu lesen und einzuordnen. So können unfruchtbare Eskalationsschleifen unterbrochen oder bewusst therapeutisch genutzt werden. Mit verletzungsminimierenden Gesprächstechniken kann der Prozess so gesteuert werden, dass beide Partner solange wie möglich im Sozialen Kontaktsystem unterwegs und damit erkenntnis-, aufnahme- und lernfähig sind.

Für Beratung und Therapie relevant ist auch Porges Entdeckung, dass die Atmung als einziger Teil des autonomen Nervensystems, nicht vollständig – wie beispielsweise Herz, Magen oder Darm – vom Shutdown erfasst sind. Sie wird zwar flacher, kann jedoch noch bewusst beeinflusst werden. Die Hirnforschung gibt uns also auch therapeutische Instrumente an die Hand, mit denen wir anstatt durch den Einsatz von Medikamenten, durch Achtsamkeit und eine bewusste Arbeit mit dem Körper, Bewegung, Atmung und Stimme Klienten helfen können, ihr Nervensystem selbst zu beruhigen.

Partnerschaft und Sexualität

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