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Auch nach dem nächsten Diebstahl wurde Bleiker im Armenhaus für ein paar Tage in der Arrestzelle im Keller festgesetzt und musste nachher im Armenhaus bleiben. Er hielt sich gut und konnte nach einem Jahr wieder in der Gerberei bei Kappler arbeiten. Im Haus wollte ihn die alte Meisterin nicht mehr, so schlief er auf einem Strohsack in einem Verschlag neben der Gerbe.

Obwohl ihm die Arbeit nicht schlecht zusagte, zog es ihn bald wieder fort. Gern hätte er in Wattwil eine andere Arbeit angetreten, aber niemand nahm ihn. Die Meister misstrauten ihm, die Meistersfrauen wollten ihn nicht in ihren Häusern und Küchen. Sein unstetes Wesen und seine Blicke waren den meisten Frauen und Mädchen unheimlich.

Beim erkrankten Messmer fand er eine Zeit lang Unterschlupf. Hausen konnte er auf der Heudiele des kleinen Stalls. Er musste die Kirchenwiese mähen, die zwei Kühe versorgen und zu den Gebetszeiten läuten. Das gefiel ihm nicht schlecht und brachte ihm ein paar Rappen ein. Der Messmer war aber bald wieder gesund, so verlor Bleiker wieder Schlafstelle und Lohn.

Auch an der nächsten Stelle, in einer Ziegelei, ging es ihm nicht besser. Verwahrlost, ohne Unterkunft, verbrachte er die Tage. Einige Wochen arbeitete er im Steinbruch in der Scheftenau. Die Arbeit war hart, brachte aber rechten Lohn. Bei einer Bekannten in der Schieb in Dietfurt liess er eine Hose und ein Hemd nähen, für einen neuen Kittel reichte das Geld nicht. Sein Geld reichte nie.

Nach einem Diebstahl in einer Wirtschaft holte ihn die Polizei und liess ihn im Armenhaus wieder in Arrest setzen. Diesmal in Ketten und für mehrere Tage. Die Armengenossenschaft verfügte zur Strafe zwei Jahre Verwahrung im Armenhaus. Die Waldarbeit, die der Armenvater ihm auftrug, behagte ihm. Sie war schwer und oft auch gefährlich. Aber die Arbeit an der frischen Luft tat ihm gut, und ausserdem war die Kost für die schwere Arbeit besser. Es gab hin und wieder ein Stück Speck oder eingemachtes Fleisch. Das war zwar zäh und schwer zu kauen, aber es war Fleisch. Mit den Holzknechten der Armengenossenschaft sprach er kaum, sie liessen ihn in Ruhe. Johann gab keinen Anlass zu Beschwerden.

In der Küche des Armenhauses arbeitete eine junge Geschiedene. Diese Katrin gefiel ihm, und sie mochte ihn. Eine Heirat kam für Armenhäusler nicht in Frage, ihr Zusammensein gehörte sich nicht. Um die beiden zu trennen, verschaffte der Armenvogt Johann eine Stelle als Feldarbeiter im Bundt. Dort lebte er beim Ehepaar Ehrbar in Kost. Die Katrin besuchte ihn hin und wieder, was Aufsehen erregte.

Zornig über die Bevormundung des Kostmeisters brach Johann mit seiner Kati an einem Sonntagabend auf. Hand in Hand gingen sie entlang der Felder und Äcker in die Scheftenau und über den krautig verwachsenen Hügel zum Hummelwald. Im «Rössli» im Hummelwald kehrten sie ein und assen und tranken. Beide hatten etwas Geld und erstanden beim Wirt eine Flasche billigen Fusel. Nachts legten sie sich zusammen ins Heu über dem Pferdestall und machten sich fröhlich daran, aus purem Trotz ein Kind zu zeugen.

Früh am nächsten Morgen polterte die derbe Wirtin mit einem Landjäger die Stiege herauf. Sie beschimpfte die beiden mit den übelsten Namen und riss Katrin an den Haaren und am Rock in den Stall hinunter. Das Paar wurde durch den Landjäger umgehend nach Wattwil vor den Bezirksammann geführt. Johann erhielt als Strafe acht Tage Arrest im Armenhaus mit täglich nur zwei Mahlzeiten auferlegt; Katrin musste länger für die begangene Unzucht büssen.

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