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Die «Gang of Three»

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Probleme werden ohnehin nicht durch effiziente, sondern durch lösungsorientierte Menschen aus der Welt geschafft. Neue Lösungen für unser immer komplexeres Zusammenleben sind das, was überall vonnöten ist, und neue Lösungen brauchen nun mal neue Sicht- und Denkweisen. Das scheint jedoch noch ein wohlgehütetes Geheimnis zu sein.

Die Situation ist alltägliches Vorkommnis in den meisten Firmen, und Sie selbst haben sie sicher schon x-mal als Opfer oder Zeuge erlebt: An einer Sitzung präsentiert jemand eine neue Idee. Die anderen SitzungsteilnehmerInnen hören aufmerksam zu, der oder die Präsentierende ist sich zunehmend ihres Interesses, wenn nicht sogar schon ihrer Zustimmung sicher. Zufrieden, sogar leicht euphorisch, setzt er oder sie sich und harrt der Reaktionen auf den soeben präsentierten genialen Vorschlag – und hat sich insofern nicht getäuscht, als wirklich alle aufmerksam zugehört haben.

Aber seit dem Moment, wo sie erkannt haben, dass hier etwas bahnbrechend Neues präsentiert wird, haben alle nur noch mit halbem Gehirn hingehört, um mit der anderen Hälfte ihre Gegenargumente formulieren zu können. Kaum endet die Präsentation, hageln die Killerphrasen von allen Seiten auf die oder den Wagemutige(n) hinab.

Seien Sie nicht überrascht, schon gar nicht irgendjemandem böse – in unserer Kultur und Erziehung wäre jedes andere Verhalten außerhalb der Norm. In einer groß angelegten Abhandlung hat sich das deutsche «manager magazin» 1993 mit Kreativität im Unternehmen auseinandergesetzt.2 2 Darin gibt es auch ein langes Interview mit dem Psychoanalytiker, Denker, Unternehmensberater und Autor Rolf Berth , der als Dozent am Internationalen Management-Institut in Genf arbeitete und eine Langzeitstudie über Innovation in Deutschland erstellt hat.

Auch er ist sich der Hemmschwelle für Neues im deutschsprachigen Raum bewusst und nennt die schlimmsten Fehler in Sachen Innovation schonungslos beim Namen: «Erstens die Überschätzung der Erfahrung, die wertvoll ist, aber auch blockiert. Zweitens das fehlende Wissen über Innovation. Drittens die Unfähigkeit, Ideen weiterzuentwickeln. Das muss eine Kulturkrankheit sein, dass wir auf Neues so negativ reagieren, während das Wiederkäuen des oft Gesagten große Befriedigung hervorruft.» 3

Der Hirnforscher und Psychologe Dr. Edward de Bono, weithin als führende Autorität auf dem Gebiet des Denkens angesehen, legt die Basis dieser «Kulturkrankheit» offen: Westliches Denken geht zurück auf die griechischen Philosophen Sokrates, Platon und Aristoteles, die «Gang of Three», wie er sie nennt. Von diesen Autoritäten, die vor rund 2400 Jahren lebten, haben wir gelernt, alles Neue generell kritisch zu hinterfragen (Sokrates), die Suche nach der Wahrheit ad absurdum zu betreiben, um dennoch nie richtig daran zu glauben zu können, dass wir sie gefunden haben (Platon), oder – dafür sind wir ganz besonders begabt – kritisch-argumentativ an Neues heranzugehen (Aristoteles). Dem anderen zu beweisen, dass er sich irrt, ist wichtiger geworden, als seine Ideen unvoreingenommen zu prüfen. (Irre ich mich, oder haben Sie jetzt gerade Ihre Stirn gerunzelt? Dann denken Sie mal an die Rechtsprechung, besonders die amerikanische, wo es oft nicht mehr darum geht, jemandem seine Schuld nachzuweisen, als vielmehr der Gegenpartei einen Fehler zu beweisen.)

The «Gang of Three»
Sokrates (469–399 v. Chr.) • Alles hinterfragen
Platon (427–348 v. Chr.) • Suche nach Wahrheit
• Misstrauen
• Kritisches Denken
Aristoteles (384–322 v. Chr.) • Urteilen, kategorisieren
• Systematisieren
• Entweder/Oder
• Recht haben

Dieses Denken – so Herbert Pietschmann , Professor für theoretische Physik an der Universität Wien, der Manager lehrt, ihre westliche Form des logischen Denkens zu begreifen – mag 2000 Jahre lang genügt haben, bis sich im 17. Jahrhundert Wissenschaftler daran machten, neue allgemein gültige Regeln zu finden. «Wissenschaftliche Rationalität ist also sinnvoll – die Frage ist nur, ob wir auch weiterhin ausschließlich mit dieser Art des Denkens arbeiten wollen.» Er plädiert dafür, eine «neue europäische Rationalität» zuzulassen, in der «ein Widerspruch oder ein Konflikt kein Fehler, sondern eine Chance für Weiterentwicklung [ist]». Und auch er sieht darin eine Aufgabe fürs Management: «Widersprüche müssen gepflegt werden. Schwierig ist nur zu unterscheiden, welche Widersprüche ganz einfach Fehler und welche notwendig zur Weiterentwicklung sind. Und das herauszufinden, ist die Aufgabe des Managers.» 4

Wo lassen Sie denken? - 7 Schritte zur Innovation

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