Читать книгу Das Feuerzepter - Морган Райс, Morgan Rice - Страница 11
KAPITEL ZWEI
ОглавлениеOlivers Magen drehte sich um. Er hasste das Gefühl des Portalreisens. Egal wie oft er diesen Prozess auch mitmachte – es war immer unangenehm.
Flackernde, lila Lichter blendeten ihn. Ein Geräusch, das an krachende Wellen erinnerte, schmerzte in seinen Ohren. Und die ganze Zeit sah er hektisch hinter sich, um nach seinen Freunden Ausschau zu halten. Verzweifelt suchte er nach Beweisen dafür, dass auch sie gesprungen und ihm durch das Portal gefolgt waren. Etwas, das belegte, dass sie der Schule für Seher entkommen waren, bevor diese kollabierte.
Da sah er Hazels toffeefarbenes Haar. Erleichterung durchströmte ihn. Sie strampelte im Vortex und wurde wie ein Stück Treibgut in der Brandung hin und her gewirbelt. Dann erblickte er auch Ralph, sein schwarzes Haar wehte in alle Richtungen, seine langen, dünnen Extremitäten paddelten wie ein Hund, der krampfhaft versuchte, über Wasser zu bleiben.
Oliver sah zu, wie Ralph neben Hazel auftauchte und sie es schafften, sich aneinander festzuhalten. Sie erinnerten ihn an synchronisierte Fallschirmspringer. Natürlich ohne Fallschirme und den Elementen ausgeliefert. Wie Federn in einem Tornado wurden sie herumgewirbelt.
Obwohl Oliver erleichtert war, Hazel und Ralph zu sehen, gab es noch immer kein Zeichen von Walter, Simon oder Esther. Oliver betete, dass sie es rechtzeitig durch das Portal geschafft hatten. Vor allem Esther. Es wäre viel zu grausam, wenn das Universum sie ihm jetzt wegnehmen würde, nach allem was sie durchgemacht hatten, um ihr Leben zu retten.
„Hazel!“, schrie Oliver über den lauten, zischenden Wind hinweg. „Ralph! Hier drüben!“
Trotz des tosenden Windes erreichte Olivers Stimme seine Freunde. Sie blickten beide zu ihm und in ihren verängstigten Augen erkannte er ein kurzes Flackern der Erleichterung.
„Oliver!“, rief Hazel.
Oliver war überrascht, sie so laut und deutlich zu hören. Er hatte erwartet, dass ihre Stimme vom Wind verschluckt werden würde, wie es normalerweise beim Portalreisen geschah. Er fragte sich, was dieses Mal anders war. Vielleicht handelte es sich um eine andere Art von Portal. Professor Amethyst hatte es schließlich unter größtem Druck heraufbeschworen.
Mithilfe seiner Arme schwamm Oliver wie beim Brustschwimmen zu seinen Freunden. Er griff nach ihnen und sie hielten einander fest.
„Wo sind die anderen?“, rief Ralph und sah sich verstohlen um.
Oliver schüttelte den Kopf, der kräftige Wind schob sein dunkelblondes Haar in seine Augen. „Ich weiß es nicht. Ich kann sie nicht sehen.“
Er streckte seinen Hals aus und versuchte in den schwarz-lila Wirbeln etwas zu erkennen, das auf Walter, Simon oder Esther hindeuten könnte. Nichts. Er konnte sie nicht sehen und der Gedanke erfüllte ihn mit Angst. Waren sie überhaupt in das Portal gesprungen? Steckten sie womöglich in der in sich zerfallenden Schule fest? Er konnte den Gedanken nicht ertragen, Esthers Leben mithilfe des Elixiers gerettet zu haben, nur um sie dann Momente später an die kollabierende Schule zu verlieren. Warum hatte er sie nicht festgehalten, als er in den Vortex gesprungen war?
„Oliver, kannst du mich hören?“, ertönte Professor Amethysts Stimme plötzlich aus dem Nichts.
Schock überkam Oliver. Seine Augen wurden groß vor Überraschung. Er sah sich um, konnte den Schulleiter aber nirgendwo sehen. Es klang so, als spräche Professor Amethyst aus einer anderen Dimension mit ihm.
Besorgt, dass er verrückt geworden war, drehte er sich zu den anderen. „Habt ihr das gehört?“, fragte er, während der Wind weiter auf sie einschlug.
„Ja“, keuchte Hazel. „Es ist Professor Amethyst. Aber wo ist er?“
„Ich habe keine Ahnung“, stammelte Oliver zur Antwort.
„Hör zu“, fuhr der Schulleiter fort. Seine Stimme schien von überall gleichzeitig zu kommen. „Das ist sehr wichtig.“ Er sprach eilig mit einer dringenden und beharrlichen Stimme. „Die Schule für Seher fällt in sich zusammen und es gibt nur einen Weg, sie zu retten. Du musst das Feuerzepter finden.“
Das Feuerzepter? Oliver dachte nach und versuchte in seinem Kopf nach Hinweisen zu suchen. Doch es gab keine. Er hatte noch nie vom Feuerzepter gehört.
„Was ist das?“, rief er in den Vortex. Er wusste nicht, wohin er seine Stimme richten sollte, da er keine Ahnung hatte, wo sich der Professor befand. „Wo finden wir es?“
Als der Professor dieses Mal sprach, klang seine Stimme verzerrt. Es war, als spräche er in ein Handy mit schlechtem Empfang. Seine Worte waren abgehakt. „Im Laufe der Zeit verloren…“
„Tut mir leid, was haben Sie gesagt?“, rief Oliver verzweifelt.
Stille.
„Professor?“, versuchte Oliver es erneut. „Ich kann Sie nicht hören!“
Doch plötzlich lenkte Ralph seine Aufmerksamkeit in eine andere Richtung. Sein Freund zog wie wild an seinem Arm.
„Oliver, schau“, sagte Ralph.
Oliver drehte seinen Kopf über die Schulter nach hinten. Der Anblick, der ihn erwartete, durchflutete seinen ganzen Körper mit Erleichterung. Es waren Esther, Walter und Simon. Endlich!
Die drei hielten einander fest, genau wie Oliver, Ralph und Hazel es taten. Oliver war erleichtert, dass sie es aus der Schule herausgeschafft hatten und dass sie diese neue Aufgabe nun gemeinsam lösen konnten. Was auch immer die Aufgabe war…
Oliver wollte gerade Hazel und Ralph darum bitten, mit ihm zu den anderen zu ‚schwimmen‘, als er erneut die Stimme des Schulleiters vernahm.
„Oliver?“, rief Professor Amethyst. „Kannst du mich hören?“
„Ja!“, rief Oliver. „Das kann ich! Erzählen Sie mir von dem Feuerzepter!“
„Es ist verloren gegangen“, sagte der Schulleiter. „Ich weiß nicht, wo. Ich weiß nicht, wann.“
Oliver spürte, wie seine Eingeweide sich zusammenzogen. Wenn der Professor nicht wusste, an welchem Ort und in welcher Zeit sich das Feuerzepter befand – wohin schickte das Portal sie dann? Vielleicht fühlte es sich deshalb nicht wie ein normales Zeitportal an. Es hatte noch kein Ziel!
Der Gedanke bereitete Oliver Sorgen. Doch wie immer, wenn die Dinge zu bedrohlich erschienen, erinnerte er sich an Professor Amethysts unendliche Weisheit. Oliver vertraute seinem Mentor mit seinem Leben. Er wusste, dass der Schulleiter ihn niemals unzumutbar gefährden würde.
„Wie sollen wir es finden?“, rief Oliver Professor Amethyst zu, von dem er nun vermutete, dass er sich noch immer in der Schule für Seher befand. Er schien seine Stimme durch den Vortex zu projizieren, der sie gerade zwischen Ort und Zeit festhielt, statt sie hindurch zu transportieren.
„Ich habe es auf zwei Möglichkeiten eingegrenzt“, schrie der Professor. „Die erste…“
Aber seine Stimme wurde wieder ausgeblendet.
Oliver wurde immer hektischer. Er musste wissen, wo seine Reise hinführte! Er musste wissen, weshalb! Er brauchte die Führung seines Mentors, wenn er überhaupt eine Chance haben wollte, das Feuerzepter zu finden und die Schule für Seher zu retten!
„Professor!“, rief er in die wirbelnde Leere. „Professor? Professor!“
Doch wieder blieb es zur Antwort still.
Er sah zu Hazel und Ralph, die ihn noch immer fest an den Oberarmen hielten. Sie sahen so verzweifelt aus wie Oliver sich fühlte.
Das Gefühl der Hoffnungslosigkeit wuchs in seinem Bauch. Wie sollte er je das Feuerzepter finden, wenn er nicht einmal wusste, wohin er ging und wohin er gehen sollte?
Doch dann fiel ihm etwas ein. Der Bronze-Kompass, den Professor Nightingale in Harvard ihm gegeben hatte, befand sich noch immer in der Brusttasche von Olivers Overall. Es war ein uraltes Stück Seher-Technologie und eine der unzähligen Erfindungen, die den Sehern beim Schutz des Universums vor zeitreisenden, bösen Sehern behilflich waren. Vielleicht konnte der Kompass ihm Hinweise geben und ihn durch seine Aufgabe lotsen.
Oliver griff in die große Vordertasche und fühlte, wie seine Finger das kalte Metallgehäuse berührten. Er zog das handflächengroße Gerät heraus. Obwohl er im Wind unglaublich zitterte, konnte er ausmachen, dass der Hauptzeiger auf ein Flammensymbol gerichtet war.
„Oh nein!“, schrie Hazel plötzlich.
Oliver sah von seinem Kompass auf und bemerkte, dass ihre grauen Augen groß vor Sorge waren. Er blickte nach vorne und sah das Seltsamste, das er je zu Gesicht bekommen hatte. Das Portal teilte sich in zwei verschiedene Tunnel!
Oliver keuchte. Noch nie hatte er so etwas gesehen. Zeitreiseportale waren schon bewusstseinsverändernd genug. Dass der Tunnel sich nun vor ihnen spaltete, war verwirrend. War es dabei, sich zu destabilisieren? Riss es vor ihren eigenen Augen auseinander?
Aber nein. Oliver fügte die Puzzleteile in seinem Kopf zusammen. Professor Amethyst hatte gesagt, dass sich das Zepter an einem von zwei möglichen Orten befinden konnte. Nun rasten er, Ralph und Hazel auf einen Tunnel zu, während Esther, Simon und Walter geradewegs auf den anderen zuschossen.
„Oh!“, rief Oliver und seine Brust zog sich zusammen, als er die schmerzhafte Entdeckung machte. „Professor Amethyst trennt uns in zwei Gruppen!“
Alles geschah so schnell. Bevor Oliver Zeit hatte, die seltsamen Geschehnisse zu verstehen, lagen die Tunnel bereits vor ihnen und sie taumelten auf die Eingänge zu. Er, Hazel und Ralph zu einem. Esther, Simon und Walter zum anderen. Gemeinsam mit Hazel und Ralph würde er an einem Ort im Laufe der Zeit landen, während die anderen drei irgendwo anders ausgespuckt werden würden. In einer anderen Zeit. Einem anderen Ort. Vielleicht sogar in einer anderen Dimension.
Oliver konnte das kaum ertragen. Er hatte Esther gerade erst zurückbekommen und nun wurde sie schon wieder von ihm fortgerissen. Plötzlich spürte er ein Gefühl der Wut gegenüber Professor Amethyst, da dieser ihm dieser unnötigen Qual aussetzte.
Sein Instinkt, das Mädchen zu beschützen, das er liebte, brachte Oliver dazu, den Kompass in den rechten Tunnel zu werfen, dem die taumelnden Körper von Esther, Simon und Walter folgten. Er selbst flog in den linken Tunnel und war schließlich außer Sichtweite.
Wohin führt ihr Tunnel? Oliver war nervös. Und wohin führt unserer?
Es gab keine Möglichkeit, es herauszufinden. Genauso wenig konnte er wissen, ob er Esther, Walter und Simon je wiedersehen würde. Ein Team würde hoffentlich das Feuerzepter finden. Das andere? Oliver konnte nur raten.
Eines war sicher: Das Feuerzepter war der Schlüssel zur Rettung der Schule für Seher. An welchem Ort und in welcher Zeit das Portal ihn auch ausspucken würde – Simon und Walter würden nicht dort sein.
Und Esther auch nicht.