Читать книгу Das Feuerzepter - Морган Райс, Morgan Rice - Страница 17

KAPITEL ACHT

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Professor Amethyst stand in der bebenden Schule. Sie war vollständig evakuiert, nur er war noch da. Aber er konnte nicht einfach fliehen. In der sechsten Dimension befanden sich unzählige Schriftrollen, Bücher, Artefakte und Waffen. Bevor auch er der Schule den Rücken kehren konnte, musste er den Raum sichern und alles wegschließen. Wenn die Sehertechnologien in falsche Hände gerieten, könnte das das Ende der Welt bedeuten.

Es gab jedoch ein großes Problem. Professor Amethyst hatte nahezu all seine Kräfte aufgebraucht. Erst hatte er das Wurmloch im Kapok-Baum heraufbeschworen, durch das seine Belegschaft und die Schüler evakuiert wurden. Dann kreierte er das zweite Portal für Oliver Blue und seine Freunde, projizierte schließlich seine Stimme durch die Vortexe der Zeit und teilte das Portal in zwei Tunnel. Der alte Mann war erschöpft. Und weil die gewaltigen Beben die Schule zum Einsturz brachten, war auch der Aufzug – mit Überschallgeschwindigkeit, genau wie er ihn erfunden hatte – kaputt. Professor Amethyst, der es gewohnt war, innerhalb von Sekunden durch die fünfzig Stockwerke zu sausen, musste die Treppe nehmen. Er musste alle fünfzig Stockwerke besteigen, um die sechste Dimension zu erreichen. Er hatte keine Ahnung, wie seine zerbrechlichen, alten Knie diese Herausforderung überstehen sollten. Aber er hatte keine Wahl. Er musste sicherstellen, dass keine der Waffen oder Erfindungen jemals in die Welt gelangen konnten.

Er begann seinen Aufstieg. Er hatte es lediglich auf den Treppenabsatz des ersten Stockwerks geschafft, als er einen furchtbaren Lärm aus dem Foyer unter ihm hörte.

Professor Amethyst eilte zum Balkon und spähte nach unten ins Hauptatrium. Viele der Äste des Kapok-Baums waren bereits zerstört, genau wie die Verbindungsgänge, die sie gestützt hatten. Der Boden war voller Schutt. Doch dort, zwischen den Klumpen aus Putz und Beton und dicken Ästen, sah Professor Amethyst ein glühendes, flackerndes Licht.

„Ein Portal“, sagte er laut.

Er wusste, was das bedeutete. Es existierten nur einige wenige Seher, die diese Kraft besaßen. Und er konnte nur an eine Person denken, die in die Schule einbrechen wollte.

Und so war es. Das Portal wurde immer grösser, bis es weit genug war, damit eine Schülerschar herausklettern konnte. Sie alle trugen die unverwechselbare schwarze Uniform von Madame Obsidians Schule für Seher.

Professor Amethysts Augen wurden schmal vor Wut. Magdalena Obsidian war einst, vor vielen Jahren, seine beste Schülerin gewesen. Ihr Verstand war mächtig und grenzenlos. Ein Verstand, der seinem eigenen Konkurrenz machte. Eine Intelligenz, die ihresgleichen nur in Newton fand. In da Vinci. In Oliver Blue. Er hatte die junge Seherin fördern wollen, doch die Missionen, auf die er sie geschickt hatte, sorgten dafür, dass ihr Verstand explodierte. Sie wollte mehr. Mehr Wissen, mehr Zugriff, mehr Artefakte. Und sie wollte das Wissen der Zukunft auf die Vergangenheit anwenden.

Zuerst war ihr Vorhaben bewundernswert gewesen. Sie wollte die Voraussicht der Zukunft nutzen, um der Menschheit die Fehler der Vergangenheit zu ersparen. Fast jeder junge Seher, den Professor Amethyst unterrichtet hatte, stellte ihm dieselbe Frage: „Warum können wir die Vergangenheit nicht ändern?“ Aber während die meisten jungen Seher die Pflicht der Seher akzeptierten, der Führung des Universums zu folgen und die Risse und Kluften in der richtigen Reihenfolge zu reparieren, hatte Magdalena Obsidian sich geweigert. In ihrem idealisierten Verstand sollten Ereignisse neu geschrieben werden – ob das Universum es so entschieden hatte oder nicht.

„Die Aufgabe eines Sehers ist es, die Welt auf den Pfad der geringsten Zerstörung zu leiten“, erinnerte sich Amethyst daran, ihr einst in seinem Buero erzählt zu haben. Sie hatten an seinem Kamin gesessen, sie war lediglich zwölf Jahre alt gewesen. „Wir können Hitler nicht auslöschen, aber wir können ihn davon abhalten, eine Atombombe in seinen Besitz zu bringen. Wir können die großen Weltkriege nicht stoppen, aber wir können die Verluste minimieren.“

Doch das Mädchen hatte seine Behauptungen angefochten. Sie hatte sich geweigert, seiner Lehre zu folgen und zu akzeptieren, dass ein Seher den Lauf der Geschichte nicht vollkommen verändern sollte. Sobald sie erfuhr, dass sie ein Kobalt-Seher war und sich über die erfolgreichen Kobalt-Seher schlau gemacht hatte, verdunkelte sich ihr Verstand. Schließlich wählte sie ihren zerstörerischen Pfad, wurde böse und gründete ihre eigene ‚Schule‘. Sie spürte Seher-Kinder auf, bevor Professor Amethyst dazu in der Lage war, und verdarb ihre leicht zu beeindruckenden Köpfe.

Er hatte keine andere Wahl gehabt, als einen Schutzzauber um die Schule zu legen, der sie davon abhalten sollte, sie je wieder zu betreten. Doch das konnte Magdalena Obsidian nicht aufhalten. Nun schickte sie einfach Kinder, die ihrem Auftrag folgten, oder manipulierte die Gesetze der Dimensionen für ihre eigenen Zwecke. Er wusste, was sie mit Edmund angestellt hatte. Sie hatte seinen Verstand verdreht, als sich selbst durch die Dimensionen hindurch projizierte. Ein unglaublich gefährliches Unterfangen, das er selbst nur einmal ausgeführt hatte – aus Verzweiflung, um Oliver mitzuteilen, dass er das Feuerzepter finden musste. Er wusste auch, dass sie ihre kleine Armee von Schülern durch die Zeit geschickt und die dunkle Armee gerufen hatte. Niemals hatte sie sich selbst die Hände schmutzig gemacht. Professor Amethyst hatte viele Stunden gegrübelt, warum das so war. Er war zu dem Schluss gekommen, dass sie wusste, dass sie sich – sollte sie ihrem alten Mentor je wieder in die Augen blicken –mit der Wirklichkeit ihrer Situation auseinandersetzen müssen würde. Mit der Tatsache, dass sie falsch lag. Dass sie böse geworden war. Dass sie nichts als Zerstörung und Chaos hinterließ.

Plötzlich hörte Professor Amethyst die trampelnden Schritte der Obsidian-Kinder, die ihm die Treppe hinauf folgten. Er verdoppelte seine Anstrengung, die Stufen zu erklimmen. Doch er fühlte, wie seine Knie krachten. Seine Knochen und Muskeln waren nicht stark genug. Er war schließlich mehrere tausend Jahre alt. Auch ein Seher-Körper konnte nicht alles ertragen.

Er musste kämpfen.

Kinder zu bekämpfen war das letzte, was Professor Amethyst tun wollte. Insbesondere deshalb, weil diese von Magdalena Obsidian einer Gehirnwäsche unterzogen worden waren. Aber gleichzeitig war jede Minute, die die Obsidian-Schüler in der Schule für Seher verbrachten, eine Minute, in der sie Oliver und Esther auf ihrer Mission das Feuerzepter zu lokalisieren, nicht in die Quere kommen konnten. Vielleicht sollte er den Teams etwas Zeit verschaffen, in dem er eine Ablenkung kreierte.

Da hörte er Schritte hinter sich auf dem Treppenabsatz. Er drehte sich um. Vier Kinder standen vor ihm. Ein Mädchen mit roten Zöpfen, ein zweites mit schwarzen Haaren und schwarzen Nägeln, ein blasser Junge mit knochigem Gesicht und einer langen, dünnen, spitzmausähnlichen Nase. Und schließlich ein Junge, dessen breite Schultern und schwerer Körperbau ihn an einen Quarterback erinnerten. Er hatte besorgniserregende, kohlschwarze Augen.

„Ah“, sagte Professor Amethyst freundlich. „Willkommen. Seid ihr neue Schüler? Ich fürchte, die Schule wird gerade einer Art Transformation unterzogen. Sie ist etwas aus dem Takt gekommen. Es ist also unwahrscheinlich, dass ich in der Lage sein werde, neue Schüler aufzunehmen, bis wieder Ruhe eingetreten ist.“

Die vier Kinder sahen einander verwirrt an, ihre Gesichtsausdrücke gemein und arrogant. Professor Amethyst hatte lediglich Mitleid mit ihnen. Er hatte darin versagt, sie vor Magdalena Obsidian zu finden, die ihnen die aufgeblasenen Egos gegeben hatte.

„Was jammerst du herum, alter Mann?“, sagte der große Junge.

Der dunklere drehte sich zu ihm und spottete. Mit seiner hässlichen Stimme sagte er: „Weißt du nicht, wer das ist? Das ist Professor Amethyst.“

Der Schulleiter blieb seiner Ablenkungstaktik treu. Er legte eine Hand auf die Brust. „Oh! Ich bin berühmt?“

Doch die Kinder hatten ihre Geduld verloren. Sie starrten ihn an, entblößten ihre Zähne wie ungezähmte Kreaturen und kamen auf ihn zu.

Professor Amethyst spürte, wie sich ein Klumpen in seiner Kehle formte. Es war Zeit zu kämpfen.

Das Feuerzepter

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