Читать книгу Bauphysik-Kalender 2022 - Nabil Fouad A., Nabil A. Fouad - Страница 67
3.3.1 Berücksichtigung und Gründe für eine Trocknungsreserve
ОглавлениеDie Trocknungsreserve ist die Differenz zwischen der Tauwassermenge (Mc) im Winter und der möglichen Trocknungsmenge im Sommer (Mev). Diese muss bei der vereinfachten Diffusionsbilanz bei Wänden und Decken mindestens 100 g/m2 und bei Dächern mindestens 250 g/m2 betragen. Dass Decken zu unbeheizten Dachgeschossen nur 100 g/m2 Trocknungsreserve aufweisen müssen, ist fachlich nicht begründbar. Sie sind genauso wie Dächer durch Konvektion gefährdet und bedürfen der gleichen Trocknungsreserve wie Dächer. Tritt in der vereinfachten Diffusionsbilanz nach DIN 4108-3 kein Tauwasser auf, ist zu beachten, dass dies noch keine hohe Trocknungsreserve bedeutet. Daher wird in diesem Fall die potentielle Verdunstungsmenge von der Baustoffgrenze im Bauteil berechnet, an der die Differenz zwischen Sättigungsdampfdruck und Wasserdampfteildruck am geringsten ist. In der Regel ist dies auf der kalten Seite der Dämmung der Fall. Dies wird seit 2016 im WTA-Merkblatt 6-8 [62] gefordert, ist aber bisher nur in wenigen Softwareprogrammen umgesetzt.
Den Sinn der Trocknungsreserve verdeutlichen die Ergebnisse in Tabelle 3. Alle Aufbauten sind innen dichter als außen (Verhältnis sd,i/sd,e ∼ 7 – siehe Bild 16) und wären nach der alten Fassung der DIN 4108-03 von 2001 zulässig. Hiernach wurden in der Vergangenheit vielfach „Dicht-Dicht-Bauteile“ freigegeben, die nur wenige Gramm pro Quadratmeter Trocknungsreserve aufwiesen. Mit fatalen Folgen, wie viele Schadensfälle bis heute belegen. Mit zunehmenden sd-Werten sinkt die Trocknungsreserve. Während die ersten beiden Aufbauten hohe Trocknungsreserven aufweisen und damit als „robust“ bezeichnet werden können, werden die Aufbauten in Zeile 3 und 4 zu dicht, sodass die geforderte Trocknungsreserve nicht erreicht wird. Sie sind mit der vereinfachten Diffusionsbilanz nicht nachweisbar und damit nicht mehr zulässig.
Tabelle 3. Einfacher Dachaufbau mit 240 mm Mineralfaser; hier als verschattetes Dach (wie Wand) gerechnet
Sd,i [m] | Sd,e [m] | Tauwassermengea) [g/m2] | Verdunstungsmenge [g/m2] | Trocknungsreserveb) [g/m2] | Zulässig |
2,0 | 0,3 | 86 (192) | 2939 (2293) | 2853 (2101) | Ja |
10,0 | 1,5 | 27 (46) | 594 (464) | 567 (418) | Ja |
30,0 | 4,0 | 6 (14) | 220 (172) | 214 (158) | Nein |
140,0 | 20,0 | 3 (2) | 35 (44) | 32 (42) | Nein |
a) zulässige Tauwassermenge: 500 g/m2
b) min. zulässige Trocknungsreserve 250 g/m2
(Klammerwerte: Ergebnis mit Blockklima DIN 4108-3:2001)
Bild 16. Definition der inneren (sd,i) und äußeren (sd,e) wasserdampfäquivalenten Luftschichtdicke (sd-Wert); gestrichelte Linie: unter der Unterdeckbahn kann sich bspw. noch eine Holzschalung befinden
Tabelle 4. Anforderungen an wasserdampfdiffusionsäquivalente Luftschichtdicken (sd-Werte) bei Verzicht auf einen rechnerischen Nachweis
Zeile | sd-Wert außen (sd,e) | sd-Wert innen (sd,i) |
1 | ≤ 0,1 m | ≥ 1,0 m |
2 | 0,1 m ≤ sd ≤ 0,3 m | ≥ 2,0 m |
3 | 0,3 m ≤ sd ≤ 2,0 m | 6 × sd,e |
4 | 2,0 m ≤ sd ≤ 4,0 ma) | 6 × sd,ea) |
a) Nur bei beidseitig bekleideten oder beplankten, werkseitig hergestellten Elementen oder bei einer nachgewiesenen Luftdichtheit (inkl. Leckageortung) von q50 ≤ 1,5 m3/m2 h
Die hier dargestellten Ergebnisse des Daches berücksichtigen die Neuerung in der Norm, dass bei hellen Außenoberflächen und/oder Verschattungen von Dächern, die ungünstigeren Klimarandbedingungen von Wänden anzusetzen sind. Damit reduziert sich die Trocknung des Bauteils im Sommer. Auch eine über 20 Jahre alte Forderung [61], die nun umgesetzt wurde.
Einfach zusammengefasst bedeutet die Beachtung der Trocknungsreserve: „So diffusionsdicht wie nötig (zur Begrenzung des Tauwasserausfalls) und so diffusionsoffen wie möglich (zur Erzielung eines hohen Verdunstungspotentials)“ [57]
Das Ziel, auf der Außenseite möglichst diffusionsoffene Bauteile mit einem hohen Trocknungspotenzial zu erreichen, ist auch in der Holzschutznorm [33] festgelegt. Die Tabelle 4 kann für die sogenannten „nachweisfreien Bauteile“ herangezogen werden und wird in der nächsten Überarbeitung (voraussichtlich Dez. 2021) so oder ähnlich erscheinen und damit eine Angleichung an die DIN 4108-3 von 2018 [31] herstellen.