Читать книгу Hold My Girl - Nadine Wilmschen - Страница 6
2. Kapitel
ОглавлениеWir waren kaum über die Schwelle getreten, als Josh die Tür ins Schloss trat. Bevor ich ihn daran erinnern konnte, dass uns nur eine dünne Wand von Grace und Noah trennte, hatte er mich auch schon hochgehoben. Instinktiv schlang ich die Beine um seine Hüften und die Arme um seinen Hals, während seine Lippen von meinem Ohrläppchen quälend langsam in Richtung meines Mundes glitten. Die Vorstellung, ihn zu küssen, hätte mir unter normalen Umständen eine Heidenangst eingejagt. Aber rationales Denken war unmöglich, als Josh seinen Körper an all den richtigen Stellen gegen meinen presste. Seine Erektion, die sich gegen meinen Oberschenkel drückte, war ein überdeutliches Zeichen dafür, dass er mich genauso wollte wie ich ihn.
Es war falsch. Es war unvernünftig. Es war etwas, das wir beide am nächsten Tag bereuen würden - und dennoch war mir all das in diesem Moment völlig egal.
Der Kuss war sanft, fast so, als wären wir wieder schüchterne Teenager, die nicht wussten, was sie taten. Joshs Lippen strichen federleicht über meine, während er mit dem Daumen seiner linken Hand in kreisenden Bewegungen über meine Wange strich. Die Zeit stand still, als ich mit dem nächsten Atemzug die Augen schloss. In diesem Moment war ich wieder das sechzehn Jahre alte Mädchen, das seinen ersten Kuss mit dem Jungen erlebte, in den es schon so lange aus der Ferne verliebt war.
Als ich mich Josh ungeduldig entgegendrängte, verstärkte er den Druck seiner Lippen, und ich ließ ihn nur zu gern gewähren. Vier lange Jahre hatten wir uns nicht mehr berührt, dennoch fühlte sich nichts fremd an. Es war erschreckend und aufregend zugleich, wie mein Körper seinen erkannte. Wie gut sich seine Haut unter meinen Fingern anfühlte, als ich sie unter sein T-Shirt schob. Josh biss mir sanft in die Unterlippe, während ich seinen Rücken liebkoste. Wo auch immer ich ihn berührte, spürte ich seine Gänsehaut. In dieser Nacht wollte ich für ein paar Stunden nicht mehr das Mädchen sein, dem er das Herz gebrochen hatte. »Mein Zimmer.«
Er verstand sofort und trug mich durch den Flur, bis wir im Wohnzimmer standen.
»Zweite Tür rechts.«
Er nickte, drückte seine Lippen wieder auf meine und bugsierte uns überraschend zielsicher in mein kleines Schlafzimmer. Viel mehr als ein Bett, ein Schreibtisch und ein Kleiderschrank fanden hier keinen Platz. Am Fenster hing eine Lichterkette, die ich selten ausschaltete. Sie tauchte das Zimmer in schummriges Halbdunkel. Leise fluchend, stolperte Josh über den Koffer mit meinen Acrylfarben, der immer irgendwo auf dem Boden lag. Kichernd vergrub ich das Gesicht an seinem Hals.
»Lachst du mich gerade aus?« Seinen Worten folgte ein sanfter Biss in mein Ohrläppchen, der Schockwellen durch meinen ganzen Körper bis zu meinen Zehenspitzen sandte.
»Vielleicht?«
»Das ist nicht nett, Em.« Er liebkoste mein Ohr erneut mit den Zähnen, was mich leise seufzen ließ. Josh wusste genau, wie und wo er mich berühren musste. »Das ist überhaupt nicht nett.«
Meine Hände fuhren an seinen Rippen entlang. Eine Stelle, an der er früher fürchterlich kitzelig gewesen war.
»Du spielst nicht fair.« Mit zwei langen Schritten hatte er mein Bett erreicht und ließ mich darauf fallen. In der nächsten Sekunde war er über mir und attackierte meinen Mund ein weiteres Mal mit seinen Lippen.
Meine Hände fanden den Saum seines T-Shirts und zupften ungeduldig daran, bis er verstand, was ich von ihm wollte. Josh löste sich von mir, um es sich über den Kopf zu ziehen. Mit großen Augen betrachtete ich seinen Oberkörper. Bereits mit siebzehn war Josh gut gebaut gewesen, doch der Anblick, der sich mir jetzt bot, war nicht mit dem von damals zu vergleichen. Natürlich wusste ich, dass Footballer regelmäßig trainierten. Grace war oft genug genervt, wenn ihr Freund Noah unbedingt noch mitten in der Nacht joggen gehen wollte. Dass man aufgrund des Football-Trainings jedoch aussah, wie aus Marmor gemeißelt, war mir nicht bewusst gewesen. »Ist das dein fucking Ernst, Sanders?«
Josh hob den Kopf und sah mich irritiert an. »Was habe ich falsch gemacht?«
Hätte ich meine Hände nicht in den dunkelblonden Locken in seinem Nacken vergraben, hätte ich sie mir wohl vor das Gesicht geschlagen. »Nichts.« Jedenfalls nicht in dieser Nacht ...
Er sah hinreißend aus, wie er mich mit hochgezogener Braue musterte. »Sicher? Wenn du es dir anders überlegt hast, ist das okay. Wir müssen das hier nicht tun, Em.«
Josh hauchte mir einen zarten Kuss auf die Nasenspitze, der überhaupt nichts mit dem fiebrigen Drängen zu tun hatte, das uns noch vor wenigen Augenblicken angetrieben hatte. Diese kleine Geste war unglaublich süß und erinnerte mich daran, wie es früher zwischen uns gewesen war. Meine Beine schlangen sich um seine Hüften. Ein eindeutiges Signal dafür, dass ich wollte, was wir begonnen hatten.
»Bist du wirklich sicher?« Ein zweiter, sanfter Kuss folgte, dieses Mal auf meine Stirn.
»Ganz sicher.« Meine Antwort war nicht mehr als ein Flüstern.
Josh hielt einen Moment inne, fast so, als würde er abwägen, ob wir gerade einen verdammt großen Fehler machten.
Ich beendete seine Grübelei, indem ich seinen Kopf zu mir herunterzog und ihn küsste, als hinge mein Leben davon ab. War er eben noch zurückhaltend gewesen, brachen meine Lippen seinen Widerstand mit Leichtigkeit. Wir atmeten beide schwer, als ich mir den Pullover hastig über den Kopf zog, er sich aus seiner Jeans schälte und danach an meiner Leggings zupfte.
Ich setzte mich auf, um mir den BH auszuziehen. In meiner Erinnerung war der siebzehnjährige Josh nie besonders geschickt darin gewesen, die klitzekleinen Haken zu öffnen. Mein BH flog achtlos auf den Boden, während Josh seine Hände von meinen Knöcheln bis zu meinen Oberschenkeln gleiten ließ. Am Bund meiner Leggings hielt er inne und sah mich fragend an. Als ich nickte, war es, als wäre die letzte Hürde gefallen. Blitzschnell hob er mich an und zog mir den schwarzen Stoff vom Körper, um ihn achtlos neben das Bett fallen zu lassen. Nur seine weißen Boxershorts und mein rosafarbener Slip trennten uns jetzt noch voneinander. Hätte ich gewusst, dass die Nacht solch eine Wendung nehmen würde, hätte ich mich nicht für rosa Baumwolle entschieden. Josh schien meine Alltagsunterwäsche jedoch nicht zu stören. Langsam glitt sein Blick über meinen Körper, als würde er mich zum ersten Mal nackt sehen. Was natürlich nicht stimmte, auch wenn all das hier auf eine verrückte Art neu und vertraut zugleich war.
Das hier war Josh. Mein Josh. Wenn ich mich nur ein wenig anstrengte, konnte ich vielleicht für eine Nacht so tun, als wäre alles zwischen uns noch so wie vor vier Jahren.
Kaum hatte ich die Hand nach ihm ausgestreckt, war er auch schon wieder über mir. Seine Knie schoben meine Beine auseinander, während er eine Spur fiebriger Küsse von meinem Schlüsselbein bis zu meinen Brüsten regnen ließ. Instinktiv hob ich ihm meinen Oberkörper entgegen. Sämtliche Zurückhaltung war vergessen, als er mit seinen Zähnen über meine Brustwarze strich und gleichzeitig seine Hand in meinen Slip schob. Diese doppelte Attacke auf meine Sinne entlockte mir ein heiseres Keuchen. Die Tatsache, dass es Josh war, der mich berührte, erregte mich zusätzlich. Zu oft hatte ich mir ausgemalt, wie es wäre, ihm wieder so nah zu sein. Ihn zu küssen. Seine nackte Haut auf meiner zu spüren. Sein Mund ließ von meinen Brüsten ab und schwebte über meinen Lippen. Sein Atem tanzte über mein Gesicht, bis ich die Augen öffnete. Darauf hatte er anscheinend gewartet. Als sich unsere Blicke fanden, strichen seine Finger aufreizend langsam über die Stelle, an der ich ihn am meisten brauchte. Es war so gut, dass sich meine Zähne in meine Unterlippen bohrten und ich die Augen schloss.
»Sieh mich an, Em.« Seine Stimme war leise, aber bestimmt.
Kopfschüttelnd konzentrierte ich mich auf seine Finger, die einen Rhythmus gefunden hatten, der mich in den Wahnsinn trieb. Seine Bewegungen waren perfekt, doch nicht genug, um mich von diesem Druck in meiner Mitte zu erlösen, der sich mit jeder Sekunde weiter aufbaute.
»Em, sieh mich an.«
»Kann nicht.« Warum auch immer es für ihn in diesem Moment so wichtig war, dass ich die Augen öffnete, es ging einfach nicht. All meine Sinne waren auf Joshs Fingerspitzen gepolt, die weiterhin mit mir spielten, als wäre ich ein Musikinstrument und er der Virtuose.
Seine Lippen legten sich auf meine, so zärtlich und unschuldig, dass es ein kompletter Kontrast zu seinen rhythmischen Berührungen war. Josh küsste mich wie ein unerfahrener Teenager und streichelte mich gleichzeitig wie ein Mann, der genau wusste, was zu tun war, um mich immer höher fliegen zu lassen. Er verstärkte die Intensität, nur um seine Hand kurz darauf zurückzuziehen.
Mit einem leisen Protestlaut zwickte ich ihm in den Oberarm. Was auch immer das für ein Spiel war, es gefiel mir nicht.
»Siehst du mich jetzt an?« Seine Stimme war vollkommen ruhig. Man hätte denken können, dass ihn all das hier völlig kalt ließ, wäre da nicht seine harte Erregung gewesen, die sich gegen mein Bein drückte.
Mit geschlossenen Augen fand ich seine Boxershorts und fuhr seine Länge durch den dünnen Stoff nach. Josh sog zischend die Luft ein, bevor er sich aufrichtete und über den Rand des Bettes beugte. »Kondom.« Es war ein Murmeln, das mehr für ihn selbst als für mich bestimmt zu sein schien.
»Im Nachttisch sind welche.« Als verantwortungsvolle Erwachsene war ich vorbereitet, auch wenn die Packung seit gefühlten Ewigkeiten ungeöffnet in der hintersten Ecke der Schublade lag.
»Hab schon.« Eine Folienverpackung wurde aufgerissen, Shorts raschelnd ausgezogen, dann war er wieder über mir. Mit der linken Hand stützte sich Josh ab, um mich nicht zu erdrücken, während seine rechte meine Unterwäsche zur Seite schob. »Komm schon, Em. Sieh mich an.« Er klang gequält, als würde es ihn unendliche Anstrengung kosten, sich zurückzuhalten.
Als ich die Augen öffnete, dauerte es nur einen Wimpernschlag, bis er sich in mich schob. Keuchend klammerte ich mich an seinen Schultern fest, die von einer dünnen Schweißschicht überzogen waren.
Josh studierte angestrengt meine Gesichtszüge, während ich einen kurzen Moment brauchte, um mich an den plötzlichen Druck zu gewöhnen. »Alles in Ordnung?« Er bewegte sich nicht, schien nicht einmal zu atmen.
»Mir geht’s gut.« Ich war schon lange keine Jungfrau mehr, wie er sehr genau wusste, sodass seine Rücksicht unbegründet, aber dennoch rührend war.
»Das heißt, ich kann ...?«
Er hatte keine Chance, seinen Satz zu beenden. Ungeduldig drängte ich ihm meine Hüften entgegen, was er zum Anlass nahm, seine stoische Zurückhaltung aufzugeben und uns zu geben, was wir so dringend brauchten.
Seine Bewegungen waren fließend, rhythmisch und kraftvoll. Josh fand genau den richtigen Winkel und dazu die richtigen Worte, die er mir unablässig ins Ohr flüsterte. Zuerst waren es kurze, kleine Sätze. Du fühlst dich unglaublich an – Genau so, Em – Ich liebe es, in dir zu sein. Je weiter er das Tempo steigerte, desto mehr wurden seine geflüsterten Sätze zu zusammenhanglosen Wortfetzen. So gut - ... nie mehr aufhören ... wie damals ...
Schwer atmend schob Josh seine rechte Hand zwischen unsere Körper und massierte zielsicher die Stelle, an der sich unsere Körper trafen. »Em, kannst du?«
Ich nickte, bevor ich meine Lippen stürmisch auf seine presste. Durch das geschickte Spiel seiner Finger dauerte es nur wenige wilde Herzschläge, bevor ich explodierte und Josh mir mit einem tiefen, letzten Stoß folgte.
Keuchend lehnte er seine Stirn gegen meine. Beide versuchten wir, unseren Puls unter Kontrolle zu bekommen, was gar nicht so einfach war, wenn man gerade den besten Sex der letzten Jahre gehabt hatte. Mein Körper war völlig entspannt, während mein Verstand eifrig arbeitete und sich einen Reim aus dem machen wollte, was gerade passiert war.
Als ich langsam von den unglaublichen Höhen meines Orgasmus in das Hier und Jetzt zurückfand, hatte Josh bereits das Kondom in meinem Papierkorb entsorgt und war zurück ins Bett geschlüpft. Wie selbstverständlich zog er mich an sich, bettete meinen Kopf auf seiner Brust und hauchte mir einen zuckersüßen Kuss auf die Stirn. Unfähig zu sprechen, lauschte ich seinem Herzen, das sich immer mehr beruhigte, bis es langsam und gleichmäßig schlug. »Ist dir kalt?«, flüsterte Josh, während er seine warmen Arme um mich schlang.
Wir lagen nackt auf meiner Bettdecke, aber ich fror nicht. Mit Josh an meiner Seite brauchte ich keine Decke, er war Heizung und überdimensioniertes Kopfkissen zugleich. »Nein, alles okay.« Und das war es auch. Irgendwie. Man musste nur die klitzekleine Tatsache außer Acht lassen, dass ich soeben mit dem Mann geschlafen hatte, der meinem Teenager-Ich das Herz in eine Million Stücke gesprengt hatte.
Lange lagen wir einfach nur da. Man hätte auf die Idee kommen können, dass wir eingeschlafen waren, aber ich wusste aus einem unerfindlichen Grund ganz genau, dass Josh genauso aufgekratzt und wach war wie ich selbst. In meinem Kopf wirbelten hundert Gedanken wild durcheinander – einer dunkler als der andere.
»Wir sollten reden, oder?« Joshs Frage war leise, zögerlich und unausweichlich.
»Wozu?« Natürlich hatte er recht. Das hieß aber nicht, dass ich das auch wollte.
»Tu das nicht.« Er drehte sich auf die Seite, bis wir einander zugewandt lagen. »Bitte.«
Niemals hätte ich für möglich gehalten, dass ich mich noch einmal in solch einer Situation wiederfinden würde. Josh in meinem Bett. Nackt. Genauso wie ich selbst. Ein Teil von mir wollte ihn dafür verantwortlich machen, wie dumm ich gewesen war, mich wieder auf ihn einzulassen. Sein Lächeln. Seine Worte. Seine Küsse. Ich hatte mich blenden lassen von der Erinnerung an eine Zeit, in der ich schrecklich glücklich gewesen war.
»Sprich mit mir, Em.« Josh war in diesem Moment der schönste Mann, den ich jemals gesehen hatte. Er war schon immer viel zu gutaussehend gewesen, aber da war auch etwas an ihm, das über körperliche Schönheit hinausging. Der Josh in meiner Erinnerung war der wundervollste Mensch der Welt gewesen. Eine Illusion, wie sich nach wenigen Monaten herausgestellt hatte. Und genau diese Illusion lag nur wenige Zentimeter von mir entfernt in meinem Bett und sah mich mit einem unwiderstehlichen Hundeblick aus großen, braunen Augen an.
Als ich mich aufrappelte, aus dem Bett kletterte und mir ein T-Shirt über den Kopf zog, sagte er zu meiner großen Erleichterung kein Wort. »Du solltest nach Hause gehen.« Meine Stimme klang viel ruhiger, als es der Sturm in mir vermuten ließ.
»Willst du das wirklich?« Da er mir die Gefühle im Gesicht würde ablesen können, hatte ich ihm den Rücken zugedreht. Den Geräuschen nach zu urteilen, zog er sich ebenfalls wieder an. »Em?«
»Ich möchte sicher nicht, dass du hierbleibst.« Eine Version der Wahrheit, die richtig und falsch zugleich war. Der Typ, der mich für eine andere verlassen hatte, sollte verschwinden. Der Josh, der in meiner verklärten Erinnerung der perfekte Freund gewesen war, sollte bleiben und niemals gehen. Aber diesen Josh hatte es nie gegeben. Er war lediglich eine Wunschvorstellung.
»Ich dachte, dass wir vielleicht ...« Er stockte.
»Was dachtest du, Josh?« All die verletzten Gefühle der letzten Jahre waren auf einen Schlag wieder da. Nie wieder würde ich ihm die Macht geben, mir so verdammt wehzutun. »Dachtest du, dass alles vergessen ist?« Was er getan hatte, konnte ich ihm niemals verzeihen. Der alte Zorn war zurück, als wäre es erst gestern gewesen. »Das war eine einmalige Sache. Wenn du gedacht hast, dass ich zu einem der Mädchen werde, mit denen du regelmäßig ins Bett hüpfen kannst, muss ich dich leider enttäuschen.«
Kaum hatte ich diesen Satz ausgesprochen, war Josh aus dem Bett gesprungen und baute sich vor mir auf. Das wütende Funkeln in seinen Augen war ein untrügliches Zeichen dafür, dass ich ihn mit meinen Worten getroffen hatte. »Glaubst du, dass ich hier bin, weil ich sonst keine gefunden habe, die sich vögeln lässt?«
Betont gleichgültig zuckte ich mit den Schultern, was nicht leicht war, wenn man von einem riesigen Footballer niedergestarrt wurde, der dabei aussah, als würde er in den Krieg ziehen wollen. »Keine Ahnung, es ist mir aber auch herzlich egal, warum du hier bist.«
»Du bist unglaublich.« Kopfschüttelnd verschränkte Josh die Hände in seinem Nacken. »Wie kannst du mit mir schlafen und dann so tun, als sei nichts passiert?«
»Es war Sex, Josh. Nur Sex.« Eine Lüge, die ich ihm, aber noch viel mehr mir selbst, auftischte. Es war nie einfach nur Sex zwischen uns gewesen.
»Und was bedeutet das jetzt?« Sein Blick bohrte sich in meinen.
»Du gehst und wir vergessen diese Nacht.«
»Das ist doch Bullshit.« Er hatte diesen stoischen Gesichtsausdruck, wie er ihn sonst nur auf dem Footballfeld trug. Manchmal, in sehr schwachen Momenten, sah ich mir seine Spiele an. Niemals hatte ich jemandem davon erzählt. Offiziell hasste ich Football inzwischen. Dass Josh der Grund dafür war, wusste außer Grace fast niemand. »Du glaubst nicht ernsthaft, dass wir Sex haben und ich das einfach so vergesse.« Mit hastigen Bewegungen zog er sich seine Schuhe an, ohne überhaupt nach seinen Socken zu suchen.
»Ich kann es doch auch vergessen.« Um nicht vor Wut oder Traurigkeit – ganz genau konnte ich das Gefühl nicht benennen – in Tränen auszubrechen, biss ich mir auf die Unterlippe.
»Bullshit.« Josh wiederholte dieses eine Wort wie ein Mantra. »Das ist so ein dämlicher Bullshit.« Er schnürte seine Sneakers und stand auf. »Du weißt so gut wie ich, dass da immer noch etwas zwischen uns ist.«
Fast hätte ich gelacht. Fast. »Sind es nicht normalweise die Frauen, die nach dem Sex emotional werden?« Ich war gemein, das wusste ich. Dennoch konnte ich meine Worte nicht zurückhalten. »Diese Gefühlsduselei steht dir nicht, Sanders.«
»Sind wir jetzt wieder beim Nachnamen?« Ein verächtliches, unechtes Grinsen umspielte seine Lippen. »Als du nackt unter mir gelegen hast, klang das noch ganz anders.«
»Fick dich, Josh.«
»Das hast du ja bereits erledigt.« Ohne mich eines weiteren Blickes zu würdigen, riss er meine Zimmertür auf, stürmte raus und schlug sie krachend hinter sich ins Schloss. Das wiederholte er ebenso ohrenbetäubend laut mit der Wohnungstür.
Kraftlos sackte ich vor meinem Schreibtisch zusammen, vergrub den Kopf zwischen meinen Knien und weinte um all das, was Josh und ich früher einmal füreinander hatten sein wollen.