Читать книгу Das Suchen kommt vor dem Finden - Nadja Hoffmann - Страница 3
Traummannsuche im Internet?
ОглавлениеLetztens las ich beim surfen im world wide web, dass jemand fragte, wie viele Singles es eigentlich auf dieser Welt gab. Meine Spontanantwort: „Jetzt 2 mehr!“ Was mit einem kurzem „lol“ quittiert wurde. Na so lustig fand ich das nun wirklich nicht. „smartguy34“ fand es anscheinend so witzig, dass er schrieb „gute Antwort minniewee!Falls du jemanden zum trösten brauchst, ich bin da!“. Na super, jetzt werde ich schon von irgendwelchen gestörten Männern aus dem Internet angegraben. Wo führt das noch alles hin? Ist das Internet die neue Flirtbörse? Findet man dort seinen Traumprinzen? Eins weiß ich bis jetzt, smartguy34 gehört sicherlich nicht dazu. Warum fragt ihr euch? Er entpuppte sich als 53 jähriger Mann mit einem kleinen Hang zu jungen Frauen, auf die Frage: „Was hältst du von einem kleinen Treffen bei mir?“ kam von meiner Seite zurück „Meinen Vater habe ich schon gestern besucht!“
Im Rahmen meines Experimentes versuchte ich dort mein Glück und suchte nach Flirtbörsen in den großen Weiten des Internets. Ich nahm die erst Beste, denn irgendwie versprachen mir alle das Gleiche, mein toller Traumprinz würde vor meiner Nase herumspringen! 90% Garantiert! Das klingt doch ganz gut. 90% ist ja fast 100%, warum also nicht. Ich loggte mich dort unter den Namen „lil’princess01“ an. Gab wie befohlen, meine Größe, meine Haarfarbe, Augenfarbe, mein Lieblingsessen, meine Hobbys und auch meine Lieblingsbücher. Als ich über mich etwas schreiben wollte, überlegte ich, es sollte witzig sein, aber nicht zu übertrieben witzig. Ich entschied mich spontan einzugeben:
„Die Ehrlichkeit, die mich manchmal in unangenehme Situationen bringt.
Den Charme um mich aus diesen herauszumanövrieren.
Den Witz um sie zu überspielen.
Die Intelligenz um überhaupt herauszumanövrieren zu schreiben.
...und die kleine Tussi in mir...hoch lebe der Prosecco mit Früchten...“
Interessant wurde es erst, als ich eingeben musste, auf was für einen Typen Mann ich stand. Auf was für einen Typ Mann stand ich eigentlich? Gott sei Dank, gab mir die Internetseite auch hier hilfreiche Vorgaben.
„groß“- ja doch definitiv, auf keinen Fall kleiner als ich, mit Ashton war das Problematisch, das Küssen machte gar keinen Spaß und mir tat regelmäßig der Rücken weh, wenn ich ihn umarmen wollte. Als mal eine Frau zu mir sagte: „Ach ihr Sohn ist ja ein Süßer!“, habe ich schnellstens Schluss gemacht.
„dünn“- nicht zu dünn, dann sieht man selbst immer gleich viel dicker aus!
„muskulös“- für eine Nacht ganz toll, aber für eine Beziehung sehr ungeeignet, außer man ist auch ein Fitnesscenterjunkie. Leider ist diese Art von Leidenschaft völlig an mir vorbei geglitten. Chris war gut aussehend, muskulös so richtig mit Waschbrettbauch und Knackpopo. Unsere Beziehung hielt 2 Wochen, nach dem ich aus Scham nur noch heimlich die Schokoriegel aus der Süßigkeitenschale meiner Mitbewohnerin aß und aus Angst von ihm erwischt zu werden, das Zeug regelrecht in mich hineinstopfte. Irgendwann schob ich ihn bei Seite und die Schoki bekam wieder die Macht. Denn es ist nicht nett, wenn man nur eine Kalorie zu sich nahm, sofort erinnert wurde, wie viel man dafür trainieren musste.
„lange Haare“- bloß nicht, ich hatte mal so einen in meiner „Ich brauche dringend einen Rocker als Freund“ Er hieß Simon, Heavy Metaler und Haare bis zum Po. Sicher manche stehen drauf, aber bei mir war das Problem, dass erstens, alle Frauen mich fragten, wie meine „Freundin“ sich ihre Haare pflegt, weil sie so glänzten und zweitens ich beim Sex nicht eine Stunde brauchen will um mit meiner Hand aus seinen Haaren wieder raus zu kommen.
„Piercing“- kommt drauf an wo, Nick, Gitarrenspieler in einer Band, hatte an seinem besten Stück eines, dass er übrigens „Pitbull“ getauft hatte. Woher ich das wusste? Er hatte es sich direkt darüber eintattowiert. Jedenfalls wir waren gerade bei der Sache, als sich das Ding bei mir verhakte, das Ende der Geschichte, er hatte extreme Schmerzen, ich konnte eine Woche nicht sitzen und seit dem habe ich eine kleine Paranoia was Ringe an irgendwelchen Körperstellen, wo sie nicht hingehören, anbelangt.
„Tattoos“- Ja doch, das gefällt mir. Obwohl, so einen Freund mit einem Herz auf den Oberarm wo „Mummy“ drinsteht ist eher irritierend als anziehend. Ihr glaubt das ist eine Legende? Ich sage nur Guzmen, und ich bin bis heute noch fest davon überzeugt, dass er das Fallbeispiel zum Ödipuskomplex war.
Haarfarbe? Als ob das so wichtig wäre. Obwohl, ich habe mitbekommen, wenn man einen rothaarigen Freund hat, gibt es wenig, was man dazu anziehen kann. Bei Blond und Braun ist das wesentlich einfacher, da passt alles. Also doch lieber, blond, braun und Glatze ankreuzen.
Glatze ist natürlich am einfachsten etwas dazu zu kaufen.
Am Schluss darf ich noch einmal selbst meinen Traummann beschreiben:
Also ein Traummann bedeutet er existiert nur in den Träumen und da sollte er auch bleiben...außer natürlich Brad Pitt und George Clooney haben das dringende Bedürfnis sich bei mir zu melden, dann immer ran! Sollten die nicht zur Verfügung stehen, dann bin ich ja nicht wählerisch. Zur Not könnten auch Jake Gyllenhaal oder Gerard Butler bei mir Hoffnungen machen.
Sonst bin ich leider hoffnungslos den Bad Boys verfallen, genau solche, wovor Mama immer warnt, obwohl meine Mutter ist mit einem verheiratet.
Ich klicke auf fertig und er zeigt mir an, dass ich auf dicke große Männer mit Glatze stehe. Na ja im ersten Fall ist das ja nicht so schlimm, aber dann spuckt er mir ein paar Fotos aus, die perfekt zu mir passen würden. Das komische daran ist, es sind alles Männer im Alter zwischen 40 und 60. Seit wann stehe ich auf Männer die fast 20 Jahre älter sind als ich? Habe ich was verpasst? Ich glaube diese Internetsache ist nichts für mich, ich muss die Männer in Natura sehen! Also Internet auf meiner Liste durchstreichen und als nächste Option „Speed Dating“ angehen.
Ich klappte meinen Laptop zu und lehnte mich gemütlich auf meinem weißen Bürostuhl zurück, kuschelte mich etwas mehr in meine schwarze Fake Fur Decke und schaute in mein Handy, ob sich in den letzten 30 Minuten etwas spontan in der Welt getan hatte. Natürlich nicht, keine neuen Trennungsgerüchte von irgendwelchen B-Promis hatten sich ereignet. Fast besorgniserregend langweilig.
Mein Telefon klingelte, herrgott noch mal, es war 2 Uhr morgens, wer wollte mich um diese Zeit sprechen. „Tanja“
„Hey Tanja!“, nahm ich ab und hörte nur ein schluchzen, ein schniefen und ein lautes seufzen.
„Alles klar, wer hat dir dieses Mal dein Herz gebrochen?“, fragte ich sofort nach.
„Er…er…er hat mir gesagt, ich wäre ihm zu aufdringlich!“, schniefte sie auf.
„Wer denn Schätzchen?“
„Na Chris!“, rief sie empört aus. Chris? Chris? Chris? Wer war denn zur Hölle noch mal Chris? Mein Schweigen ließ sie erkennen, dass ich wirklich nicht wusste, von wem sie sprach.„Chris, die Liebe meines Lebens, also wirklich Betty, du weißt doch genau wen ich meine!“ Wusste ich das? Erst letzte Woche erhielt ich den gleichen Anruf, nur wurde da Chris von einem Alex? Andy? Arnold oder so ersetzt. Und die Woche darauf war es ein Typ, der mit M oder N anfing, so genau wusste ich das nicht mehr.
„Ah ja der Chris, die Liebe deines Lebens, was hast du denn gemacht Herzchen?“, überging ich einfach die Tatsache, dass ich noch immer nicht wusste, wer oder was Chris war.
„Ich hab doch nichts gemacht, ich habe ihn doch nur eine Whatsapp Nachricht geschickt und gefragt, was er denn so macht!“, seufzte sie auf.
„Und wie oft hast du ihm geschrieben?“, ahnte ich langsam, warum Chris, Alex, Andy oder, der Typ mit M oder N und die hundert anderen Männer davor alle die großen Lieben ihres Lebens mit ihr Schluss gemacht hatte.
„Na so wie immer, jede Stunde, ich muss doch wissen wo er ist!“, verteidigte sie sich.
„Jede Stunde?“
„Ja natürlich, das macht doch jede Frau!“, rief sie empört auf.
„Öhm….“
„Ach was rede ich überhaupt mit dir Betty, wann hattest du denn deine letzte Beziehung? Ich glaub da stand noch die Mauer.“ Ui der Seitenhieb schlechthin, dass musste ich erst einmal sacken lassen. Ja okay, ich hatte schon sehr, sehr, sehr, sehr lange keine Beziehung. Es war gut möglich, dass meine letzte Beziehung vor der ersten Eiszeit war, aber musste sie mir das auch noch unter die Nase reiben.
„Tut mir leid Betty, ich bin nur so wütend auf Chris was bildet er sich denn ein? Ich bin Tanja, so eine wie mich bekommt er nie wieder!“ So sehr ich auch Tanja liebte, aber ich glaube Chris hatte das Richtige gemacht. Tanja war die reinste Nervensäge, was Beziehungen anging, sie war so etwas wie eine Spinne, wenn sich ein Mann in ihr Netz verfangen hatte, schloss sie ihn ein und beanspruchte ihn wie es nur ging. Ich war froh, dass ich eine Frau war und nicht mit Tanja zusammen sein musste.
„Du hast ja recht, ich bin Single, aber, das wird sich hoffentlich bald ändern!“, rief ich fröhlich heraus.
„Warum?“
„Ich muss für diese deutsche Frauenzeitung InsideStyle ein Experiment machen, in 20 Tagen, 20 Männer daten. Ich sag dir, ich werde danach nie wieder einen Mann ansehen wollen!“, seufzte ich theatralisch auf.
„Wie cool ist das denn, wir helfen dir! Definitiv, das wird so lustig, hast du denn schon einen in Aussicht?“, fragte sie mich aufgeregt.
„Da kommst du jetzt ins Spiel, ich will mir morgen Speed Dating antun und ich bräuchte eine Begleitung, denn alleine mach ich das definitiv nicht!“, erklärte ich ihr.
„Ja wie toll, ich mache mit, ich bin ja jetzt wieder eine von eurer Organisation!“, schien der so genannte Trennungsschmerz von Chris endgültig verflogen zu sein.
„Von unserer Organisation?“
„Na eure Singleorganisation.“ Ach gab es mittlerweile schon Organisationen? Konnte man sie vielleicht wählen, eine interessante Angelegenheit, die ich sofort nachprüfen musste. Wenn ja, ich würde sofort beitreten, so etwas musste einfach unterstützt werden.
„Und Schatzi, hast du nun Lust mitzukommen? Diese Speed Dating Aktion findet morgen in Schwabingen statt.“
„Ja klar, ich bin dabei, vielleicht finde ich ja dort meinen Traummann!“, seufzte sie auf. Der wievielte möge das wohl sein?
Perfekt, also müsste ich nicht alleine dorthin gehen, das sehe sicherlich sehr verzweifelt aus und ich war nicht verzweifelt. Obwohl? Ich hatte mich freiwillig darauf eingelassen, 20 Männer in 20 Tagen zu daten und darüber auch noch zu berichten. Anscheinend war ich doch verzweifelt. Das Telefon klingelte erneut: „Moritz“ Och nee Tanja, war so eine alte Tratschtante, wieso konnte sie nicht einfach mal ihre Klappe halten.
„Hallo?“
„Du sollst mit 20 Männern in 20 Tagen herummachen?“, tönte es mit einer erschrockenen Stimme aus meinem Ohr. Tanja!
„Nein ich soll nur 20 Männer in 20 Tagen daten!“ Das war ein Unterschied, ob ich mit ihnen rummachen würde, stand nicht im Auftrag, aber vielleicht sollte ich wegen diesem Umstandes sicherheitshalber noch einmal nachfragen.
„Ich dachte schon und wie viele hast du bis jetzt?“
„Keinen, ich hab doch erst heute den Auftrag erhalten!“, seufzte ich auf.
„Und du gehst zu diesem Speed Dating, soll ich mitkommen? Vielleicht gibt es ja für mich auch ein Date dort.“, überlegte er laut.
„Nein Moritz, du wirst dort nicht mit hingehen, wie sieht es denn aus, wenn ich meine ganzen Freunde mitnehme, am Schluss würden wir uns alle gegenseitig daten!“, schüttelte ich bei dem Gedanken den Kopf.
„Und ich glaube, dass die dort keine Schwulen wollen!“, grinste ich weltverbesserisch.
„Mmh, du bist heute wieder gut gelaunt!“, entgegnete er mir zickig.
„Ich weiß, kennst du eigentlich jemanden, den ich vielleicht daten könnte, quasi als Blind Date?“, fragte ich neugierig, ich brauchte dringend Männer. Haha, was für eine Farce! Fast jede zweite Dame hier in München brauchte Männer. Was auch der Grund dafür war, dass ich diese Kolumne schreiben sollte.
„Lass mich mal überlegen!“, hörte ich das Klicken seines Feuerzeuges.
„Er sollte aber Hetero sein!“, fügte ich noch schnell hinzu, auf ein weiteres Date mit einem seiner „nicht Heten“ Freunde brauchte ich wirklich nicht. Vor allem nicht, wenn du denkst, er wird mit dir gleich heißen Sex machen, du liegst auf dem Bett und bist richtig scharf. Er macht die Tür auf und kommt als Britanny wieder herein, in meinen teuren Manolos und meiner Spitzenunterwäsche von Dita van Teese, die ich ihm danach großzügig geschenkt hatte. Nein, so ein Date wollte ich dann doch nicht mehr haben.
„Und nicht nur so tun und keine Transe und auch keiner, der früher mal eine Frau war!“, fügte ich schnell hinzu, bei Moritz wusste man nie.
„Du hast auch noch Ansprüche Betty, ich bitte dich, nenne mir in München einen, der keine Schwulette ist!“ Erwischt.
„Florian David Fitz!“- „Sicher?“ Nein okay, aber er sollte wenigstens etwas männlich sein.
„Such mir einfach jemand normalen!“, seufzte ich auf. Was eigentlich hier in München schier unmöglich war. Gut für mich, so hatte ich immer etwas zu schreiben.
„Ich schau mal, wen ich finden kann!“, nickte er.
Während ich mich Bettgehfertig machte, überlegte ich intensiv, warum ich eigentlich zugesagt hatte, diese Kolumne zu schreiben? Ach ja, meine Chefredakteurin von der wöchentlich erscheinenden Frauenzeitschrift InsideStyle hatte es ganz hinterhältig gemacht, erst redete sie bei unserem Meeting eine halbe Stunde über Zahlen, Zahlen und Zahlen und dann in einem Satz erwähnte sie diese Idee und schob sie mir zu. Da ich gerade darüber nachdachte, wann ich mir endlich die Reise nach LA leisten konnte, die ich schon immer machen wollte, hatte ich auch bereits den Job.
„Betty, du bist die Einzige, die Single ist und wer weiß, vielleicht findest du während des Experiments deinen Traummann!“ Und schon hatte sie mich am Haken und ich durfte dieses Experiment machen, welches mich sicherlich an den Rande des Wahnsinns treiben würde. Das waren die Momente in meinem Leben, bei denen ich nachdachte, warum ich mein Geld mit Kolumnen schreiben verdiente und wann ich von meinem Traum die nächste Christiane Amanpour zu sein, abgesprungen bin, um Kolumnen für Frauen zwischen 18 und 40 zu schreiben. Vermutlich war es der Moment, als ich feststellte, dass man als Kriegsreporterin sich eher in einem richtigen Kriegsgebiet befand und nicht in dem Kriegsgebiet, was ich mir bei Supersales vorstellte.