Читать книгу Das materialgestützte Schreiben aus literaturdidaktischer Perspektive - Nicola König - Страница 3

Einleitung

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Die 2012 durch die Bildungsstandards für die Allgemeine Hochschulreife (BS AHR) im Fach Deutsch vorgenommene Einführung des materialgestützten Schreibens als neuem verbindlichen Aufgabenformat des Abiturs (s. Abb. 1) markiert einen „Paradigmenwechsel in der Bildungspolitik im Sinne von „outcome-Orientierung“ Rechenschaftslegung und Sytemmonitoring“.1 Folgt man Becker-Mrotzeks Einschätzung, dass Bildungsstandards das „zentrale bildungspolitische Instrument [sind], das die normativen Erwartungen der Gesellschaft an die Fähigkeiten der nachfolgenden Generation in Bezug auf bestimmte thematisch-inhaltliche Anforderungen verbindlich beschreibt“,2 dann stellt sich die Frage nach den Ursachen gleichermaßen wie den Intentionen der Einführung eines neuen Aufgabenformats.

Die Implementierung des materialgestützten Schreibens in allen sechzehn Bundesländern stellt die an Schule Beteiligten vor große Herausforderungen. Dies liegt nicht nur im Aufgabenformat selbst begründet, sondern auch in dem Umstand, dass die Bildungsstandards zwar eine Angleichung der Leistungsunterschiede intendieren, nicht aber methodische oder curriculare Vorgaben machen. Die Bildungsstandards bilden dabei einen verbindlichen Orientierungsrahmen und jede Schule ist dazu verpflichtet, die Regelstandards umzusetzen. Ziel dieser Arbeit ist es, diese Herausforderungen aus literaturdidaktischer Perspektive in den Blick zu nehmen und Umsetzungsvorschläge aufzuzeigen. Das Erkenntnisinteresse dieser Arbeit ist dabei dreigeteilt: Wenn die zentrale Änderung in den BS AHR die Einführung eines neuen Aufgabenformats markiert, dann gilt es zunächst, die Defizite zu rekonstruieren, die zur Einführung des Formats geführt haben. Becker-Mrotzek, fachdidaktischer Berater der Arbeitsgruppe, die mit der Entwicklung der Bildungsstandards betraut war, nennt als entscheidende Herausforderungen des materialgestützten Schreibens die Anbahnung eines propädeutischen Wissens, die Vermittlung der Argumentationsfähigkeit sowie der Schreibkompetenz.3 Diese decken sich mit den übergeordneten Zielen der BS AHR Deutsch, in denen die Vermittlung einer vertieften Allgemeinbildung, die allgemeine Studierfähigkeit sowie die wissenschaftspropädeutische Bildung4 angeführt werden. Diese Arbeit folgt Becker-Mrotzeks eindringlicher Forderung, dass das Schreiben in den Unterricht zurückgeholt werden muss, und versucht eine Beurteilung der Notwendigkeit dieser Forderung aus historischer (Teil I), aus schreibdidaktischer (Teil II) und aus praxeologischer Perspektive (Teil III).

Können Aufgabenformate als Überprüfung der Bildungsstandards verstanden werden, so bilden die illustrierenden Prüfungs- und Lernaufgaben ihre Konkretisierung. Die Merkmale und daraus resultierenden Herausforderungen des Aufgabenformats sollen anhand einer konkreten Beispielsaufgabe des Instituts zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB), das mit der wissenschaftlichen Betreuung und der Umsetzung der Bildungsstandards betraut ist, erläutert werden.5 Die BS AHR sind in fünf Kompetenzbereiche gegliedert,6 die prozess- und domänenspezifischen Kompetenzbereiche. Das Schreiben als prozessbezogene Kompetenz wird anhand der domänenspezifischen Bereiche – sich „mit Texten und Medien auseinandersetzen“ sowie „Sprache und Sprachgebrauch reflektieren“7 – konkretisiert. Hier wird die Verzahnung deutlich, die eine literaturdidaktische gleichermaßen wie eine sprachdidaktische Perspektivierung auf das Aufgabenformat des materialgestützten Schreibens erforderlich macht.

Abb. 1:

BS AHR (2012), S.24

Die Aufgaben der beiden Ausprägungsarten des materialgestützten Schreibens – das Verfassen informierender und argumentierender Texte – werden demnach immer zu domänenspezifischen Themen gestellt. Der Schwerpunkt dieser Arbeit liegt auf dem argumentierenden Schreiben: Dies ist darin begründet, dass eine Progression vom informierenden zum argumentierenden Schreiben angenommen wird, die sich auch in den veröffentlichten Unterrichtsmodellen widerspiegelt.8 Auch in Bezug auf die Domänenspezifik lässt sich eine Weiterentwicklung beobachten. Während in der Mittelstufe Beispielsaufgaben noch fächerübergreifende Themen behandeln, wird erst in der Oberstufe die Domänenspezifik durchgehend berücksichtigt. Die Konzentration auf das argumentierende Schreiben ist aber auch im Hinblick auf die Aspekte des Problemlösens und der Propädeutik, die eine entscheidende Rolle bei der Entwicklung der BS AHR spielen, wichtig: „Besonderes Gewicht erhält die Entwicklung der Argumentations- und Reflexionsfähigkeit in Bezug auf die Bereiche des Faches und in fächerübergreifenden Kontexten“9. Das Erlernen des Argumentierens und Positionierens stellt eine zentrale Herausforderung für die Entwicklung der Schreibkompetenz, aber auch für den Umgang mit Literatur dar, die nicht erst in der oberen Mittelstufe in den Blick genommen werden darf.

Die folgende Beispielsaufgabe mit erhöhtem Niveau ist dem Aufgabenpool der Länder entnommen und dem argumentierenden Typ zugeordnet.

Das materialgestützte Schreiben aus literaturdidaktischer Perspektive

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