Читать книгу Youtasia - Nicola Strekow - Страница 3

~ Prolog ~

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„Marek, ich verspreche, ich komm‘ zurück und hol’ dich hier raus!“

Das ist das Letzte, was ich zu meinem Weggefährten sage. Mein Körper fühlt sich gespalten an - wörtlich meine ich. In diesem Moment bin ich gefangen zwischen den beiden Welten. Ich entschwebe meinem Körper und sehe Marek dort sitzen, wie er versucht mich zu erreichen - vergebens. Ich habe keine Kontrolle mehr über mich, ich werde förmlich aus der Welt gesogen. Doch ich spüre keine Angst, tatsächlich bin ich euphorisch, denn ich kenne mein Ziel.

Meine Mutter ist ein Genie, wenn es um das Brauen aller möglichen Zaubertränke und Beschwörungen geht. Sie hat es geschafft, einen so starken Beschwörungszauber zu finden, dass sie mich aus dieser Hölle befreien kann. Ich schließe meine Augen, koste jede Sekunde dieser sonst so befremdlichen Prozedur aus und spüre, wie jede Zelle meines Körpers sich auflöst und davon schwebt. Es ist wie eine kribbelnde Explosion, die mich komplett umhüllt. Ich genieße diese Reise, denn sie bringt mich nach Hause. Endlich wird mein Leid ein Ende haben. Meine Peiniger werden mich nicht mehr erreichen können. Nur fort aus dieser buchstäblichen Hölle mit all ihren bösartigen Kreaturen. Dort wo ich hingehe, wird mich Niemand mehr quälen können. Nur noch wenige Minuten trennen mich von meiner Familie. Bevor ich mich in diesen Gedanken komplett verlieren kann, lässt das Kribbeln in meinen Gliedern nach und ich spüre, wie das Leben in mich zurückströmt. Bin ich zurück? Ich wage kaum, die Augen zu öffnen. Ich habe mein Ziel erreicht - zumindest ein Teil von mir.

Nervös öffne ich dann doch meine Augen und sehe meine Mutter, diese einst so starke Frau, und meinen Bruder, dem ich meine „Wiederauferstehung“ zu verdanken habe. Doch dann zieht der Mann neben Branko meine Aufmerksamkeit auf sich. Auch er lacht und freut sich offensichtlich, dass ich es zurückgeschafft habe. Ist das Keeth? Dieses offene Lachen, die strahlenden grauen Augen. Er muss es sein! Ich würde diese Augen überall erkennen. Schon immer habe ich eine tiefe Verbundenheit zu diesem Chaoten gefühlt. Er fokussiert mich mit seinem Blick, der voller Hoffnung ist. Dieser Blick gibt mir ein zusätzliches, warmes Gefühl im Inneren. Meine Seele freut sich, ihn zu sehen …

Meine Mutter stockt kurz in ihrer Beschwörung als sie mich sieht. Ihr laufen Tränen der Erleichterung über die Wange. Wie gerne würde ich sie sofort in meine Arme schließen, doch noch kann ich mich nicht frei bewegen. Bisher hat nur ein Teil von mir die Materialisierung geschafft – und zwar der Mentale. Die Blicke all der Freunde und Bekannten sind auf mich gerichtet. Und mir wird mit einem Mal bewusst, dass sie in mir nicht nur die Tochter eines Clanmitglieds sehen. Sie schauen alle so hoffnungsvoll zu mir. Sie alle halten mich für … ja, für was eigentlich? Ihre Retterin? Aber ich spüre, dass ich diese Hoffnung wahrscheinlich noch enttäuschen werde.

Nun bin ich wieder in unserer Welt, die Erlösung aus der Pein ist zum Greifen nah und Mutter fängt an, die nächste Beschwörung zu sprechen. Mit jedem ihrer Worte spüre ich, dass sich mein realer Körper wieder aufbaut. Ich schließe meine Augen noch einmal, um mich besser konzentrieren zu können, damit mich die andere Welt nicht wieder zurückholen kann.

„Argh!“

Was war das? Wer schreit da? Ein Mann! Aber wer? Wo?

Ich reiße meine Augen auf und sehe in die schockierten und panischen Gesichter meiner Familie und meines Clans. Ich weiß nicht, was passiert. Wieso springen alle auf, schreien panisch durcheinander und versuchen zu fliehen? Ein Ruck reißt mich zurück, zerrt an meinen Zellkörpern und will mich anscheinend in die andere Welt zurückziehen. Panik ergreift mich und ich suche mit Blicken ängstlich nach meiner Mutter, denn der Energiefluss droht abzureißen und mich in diese Hölle zurückzuziehen.

Auf der Suche nach meiner Mutter, bleibt mein Blick an einer grauenvollen Szene hängen: Nein, das kann nicht sein! Wie haben sie mich gefunden?

Ich sehe das Unglaubliche: Eines der Wesen, die mir bereits in der anderen Welt so viel Leid zugefügt haben, hat mit seiner Klaue den Körper unseres Clanoberhauptes durchbohrt! Plötzlich sehe ich Branko und Keeth im Augenwinkel auf das Wesen zu stürmen. Was haben sie vor? Ich kann nichts tun, außer zu schreien und tatenlos zuzusehen, wie es mir alles nimmt, was mir wichtig ist. Unser aller Ende ist gekommen! Meine Angst vermischt sich mit Hass und ich habe das Gefühl, dass ich alles dafür tun muss, um meinen Clan - meine Familie - zu retten! Aber ich kann mich nicht bewegen!

Ich schließe die Augen wieder, schreie, so laut ich kann und verfluche meine Unbeholfenheit. Meine Wut und Verzweiflung steigen ins Unermessliche. Ich kann nur hören, wie die Anwesenheit des Wesens alles mit sich reißt. Plötzlich spüre ich, wie sich eine seltsame Macht in mir entfaltet. Sie lässt mich meinen Körper so intensiv spüren, dass ich das Gefühl habe, gerade neu zu entstehen. Es scheint eine Art Urknall zu sein, der mich plötzlich neu erschafft. Innerhalb von Sekunden breitet sich dieses Gefühl in jeden Winkel meines Körpers aus. Diese unglaubliche, reine Energie füllt mich aus, bis sie mich zu zerbersten droht. Ich spüre, wie mein altes Ich wie ein sterbender Stern implodiert und sich die Energie in einem reinen, grellen Lichtstrahl entlädt … Ich bin mir sicher, dass dies nun auch mein Ende ist. Seltsamer Weise ist mir das völlig egal. Nur bitte, bitte hilf Keeth und Branko!

Zögerlich öffne ich meine Augen und hoffe, dass alles nun vorbei ist, dass ich Ruhe habe und meine Familie doch in meine Arme schließen kann. Aber ich bin noch immer in diesem Albtraum gefangen. Doch etwas ist anders. Ich fühle mich anders. Ich schaue an mir herunter, damit ich begreifen kann, was mit mir in den letzten Sekunden passiert ist. Ich traue meinen Augen nicht. Ich bin wieder da, als Mensch. Mein Körper hat sich von selbst wieder materialisiert.

Aber es bleibt mir keine Zeit, mich lange darüber zu freuen. Rücksichtslos werde ich durch die Schreie der kämpfenden Menschen und dem Brummen des Wesens aus meinen Gedanken gerissen. Ich blicke nach vorn und sehe sie sterben - alle nacheinander. Jeden den ich liebe. Ich habe keine Zeit mehr, ich muss etwas tun! Jetzt!

Wie von selbst und blitzschnell setzt sich mein neugeborener Körper in Bewegung. Dann stehe ich plötzlich vor diesem drei Meter großen Wesen. Ich habe keine Ahnung, was ich eigentlich tun soll. Angetrieben von meiner Verzweiflung strecke ich dem Wesen meine nackten Hände entgegen, in der Erwartung die Nächste zu sein, die gleich sterbend am Boden liegt. Der Anfang vom Ende ist unbestreitbar gekommen …

Youtasia

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