Читать книгу Youtasia - Nicola Strekow - Страница 4

~ Kapitel 1 Die Legende ~

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Er schaut zu den Sternen. Sie sind klar heute Nacht. Er hatte schon fast vergessen, wie sie einmal aussahen. Zufrieden wendet der Mann sich vom Fenster ab und lässt sich langsam in den gemütlichen Sessel neben dem Kamin sinken. Zwei Jungen hocken auf einem riesigen Kissen vor dem prasselnden Feuer und blicken ihn erwartungsvoll an. In der Ferne ist eine Explosion zu hören, das Lodern eines Feuers spiegelt sich im Fenster.

Der Alte schließt sinnierend die Augen und murmelt:

„Schon wieder diese Stadt, dieser Ort … Selbst diese Straße …“

Ein Husten schüttelt seinen Körper und unterbricht ihn in seinem laut ausgesprochenen Gedankengang.

„Diesmal ist es aber irgendwie anders … Diese Geschichte wird euer Leben verändern. In einer Weise, wie ihr es nie zu träumen gewagt habt. Denn dies ist nicht nur eine simple Geschichte, vielmehr ist es eine Sage voller Mysterien. Eine alte Legende, die aber noch nicht beendet ist … Es begann vor ungefähr 150 Jahren. Man hatte damals alles versucht, dass sie nie jemand zu hören bekommt. Alle Beweise wurden vernichtet … Doch ich kenne diese Geschichte. Wollt ihr sie hören?“

„Oh ja! Bitte!“, rufen die beiden Jungen begeistert, die zu seinen Füßen sitzen. Sie sind neugierig und ahnen nicht, was sie tatsächlich erwartet.

Der alte Mann hustet erneut. Die feuchte Luft in seiner schäbigen Dachgeschosswohnung schlägt ihm wieder auf die Lungen. Er räuspert sich und beginnt seine sonderbare Geschichte zu erzählen:

„Die Menschen waren schon immer eigenartige Wesen. Sie bekriegten sich und schufen Leid, wie keine andere Spezies auf der Erde je zuvor. Nach den drei Weltkriegen gab es damals auf der Seite der Industriestaaten energische Forscher, die weder an den Himmel noch an die Hölle glaubten. Doch sie glaubten an eine alles übersteigende Macht. Sie forschten, um einen Weg zu finden, sich selbst und ihre Länder vor Bedrohungen zu beschützen. Eine Waffe, mit der sie einen weiteren Krieg ohne eigene Opfer gewinnen könnten. Aber sie wurden von ihren Staatsoberhäuptern, der Presse und der Bevölkerung ausgelacht und als Versager beschimpft, denn niemand verstand ihre Vision. Niemand verstand, wie eine solche Waffe funktionieren sollte. Niemand wollte ihnen Gelder dafür geben … Versteht ihr, was ich sage?“

Die beiden Jungen werfen sich verstörte Blicke zu. Dann sagt einer von ihnen:

„Es gab Krieg und die Forscher haben versucht eine Waffe zu bauen, um den Krieg zu gewinnen?“

Der alte Mann lächelt gutmütig und neigt leicht den Kopf. Er nimmt die Pfeife aus der Brusttasche seines Hemdes und während er sie stopft erklärt er:

„Genau. Aber ohne eigene Soldaten in diesem Krieg zu verlieren. Die Regierung glaubte jedoch nicht, dass es möglich sein könnte. Und weil es galt keine Zeit und Geld zu verschwenden, wurde das Projekt nicht unterstützt.“

Als die Jungen nun eifrig nicken, fährt der Mann mit seinem Monolog fort.

„Geschmäht von dieser Häme, entschieden sich die Forscher, diesen Weg nur noch für sich selbst zu gehen. Die Waffe fortan nur für sich selbst und ihren eigenen Schutz zu nutzen. Sie forschten im Geheimen bald 50 Jahre lang. Mittels ihrer Hypothesen, vieler Diskussionen, mathematischen Formeln, Prototypen und in schier endlosen Astralebenen forschten sie, um diese ultimative Waffe zu finden. Doch zu keiner Zeit gab es den großen Durchbruch, den sie brauchten. Sie dachten irgendwann, sie müssten den Teufel selbst bändigen und kontrollieren …“

„Den Teufel?“, unterbricht ihn einer der Jungen erschrocken. Als der Mann tadelnd eine Augenbraue hebt, schlägt sich der Junge erschrocken die Hände vor den Mund und der Alte fährt fort:

„Doch irgendwann fanden sie etwas Neues, etwas, das anders war. Genau an diesem Punkt führten sie ihre Arbeit fort. Immer weiter, mit immer größeren Fortschritten … Die Menschen da draußen aber ahnten Eines nicht: Diese Forschung schritt unaufhaltsam im Geheimen voran. Sie dachten nicht über die fatalen Konsequenzen nach, die dieser Weg mit sich führen könnte. Zweifler unter den Forschern wurden ohne Zögern ausgeschlossen. Die Forscher arbeiteten unaufhörlich und wie vom Wahn getrieben weiter, ohne dass es jemand bemerkte.

Eines Tages fanden sie jedoch tief im Boden unter Schwefelminen einen riesigen steinernen Eingang. Er war mit einem Tor aus massivem Titan verschlossen und verziert mit goldenen, eigenartigen Zeichen. Sie vermuteten, dass es längst vergessene Buchstaben waren. Die Forscher taten alles, um dieses Rätsel zu entschlüsseln. Irgendwann waren sie so weit, dass sie das Tor öffnen konnten. Die Inschrift konnten sie jedoch nicht entziffern, da selbst die erfahrensten Archäologen dazu nicht in der Lage waren. Sie hatten nie zuvor eine solche Symbolik gesehen und konnten sie nicht in einen Bezug zu gebräuchlichen oder alten Schriftzeichen setzen. Schließlich wollte der Hohe Rat der Forscher das Tor nach schier endlosen Diskussionen öffnen lassen, um die Forschung an der universellen Waffe nicht zu gefährden und ins Stocken geraten zu lassen. Die Mehrheit des Rats erhoffte sich, dass dieser Weg den Zugang zu neuen Materialien, Metallen oder gar Gold oder Edelsteinen freigeben würde. Die Gier nach Macht und Einfluss war einfach zu groß. Doch nach dem Öffnen des riesigen Tors bemerkten sie, dass sie das Tor zu einer Unterwelt gefunden hatten!

Was die Forscher fanden, war etwas, das Homer in seinen Geschichten nicht besser hätte beschreiben können: Es war alles da, wie es geschrieben stand: Ein Fluss, der statt Wasser heiße Lava führte, große Hitze, Eiseskälte. Sie nannten ihn Styx. Doch wandelnde Tote oder den Teufel selbst fanden sie nicht. Es zeigte sich kein einziges lebendes Individuum. Dennoch dachten die Forscher, dass es möglich sei, die Vorgänge des Tors zu kontrollieren, die super-flüssige Lava des Styx für den Zweck der Waffe zu benutzen. Sie dachten auch, sie könnten bestimmen und auswählen, wer diese Unterwelt betritt und sie wieder verlässt. So hatten sie die Vision, alle Feinde oder Personen, die gegen sie waren, letztendlich dorthin zu verbannen; die Unterwelt also selbst als Waffe oder Gefängnis zu benutzen. Aber die natürlichen Gesetze, die zwischen Himmel, Unterwelt und der Erde herrschen, lassen sich nicht einfach so kontrollieren wie die Gesetze der Physik. Die Forscher hatten keine Ahnung, dass es der Anfang vom Ende der Ära der Menschen sein sollte.“

„Aber wir sind doch noch da!“, protestiert wieder der Junge. Sein Freund boxt ihm rüde in die Rippen und zischt genervt:

„Psst!“

Der alte Mann setzt jedoch seinen Monolog ohne Pause fort.

„Durch die Nutzung des Tores wurden die Gesetze des Todes und der Seelen verändert, ja, in eine gefährliche Schieflage gebracht. Der Schleier zwischen der Welt des Diesseits und des Jenseits riss auf. Das Tor zur Unterwelt wurde immer durchlässiger, bis der Zugang in einer Explosion ganz aufriss und die Welt, wie sie die Menschen bis dahin kannten, ins Chaos stürzte. Das von vielen beschriebene Höllenfeuer, das die Forscher zunächst noch nicht bemerkt hatten, breitete sich unbemerkt aus. Das Feuer folgte dem Lavafluss Styx und bahnte sich seinen Weg zum Tor. Dort angelangt, sprengte es mit-samt des Lavaflusses den Boden zwischen den Welten mit einer riesigen Explosion auseinander.

Alle Seelen, die je Verbrechen begangen hatten, aber auch jede Seele, die auf Erden körperlich oder seelisch gequält wurde, wurden in die Unterwelt hinabgezogen. Es blieben nur noch Schreie von ihnen übrig. Schreie des Leids, Schreie der puren Qual. Die Forscher erinnerten sich an Dantes Inferno und dass die Seelen für ewig im Fegefeuer schmoren würden. Sie fragten sich, ob es genau dieses Höllenfeuer war. Also suchten sie schnellstmöglich einen Weg, um das Tor wieder zu verschließen, um das Gleichgewicht wieder herzustellen. Doch sie waren nicht schnell genug!

Eines Tages stiegen die Seelen wieder aus dem lodernden Höllenfeuer empor. Doch sie waren nun verändert. Sie schienen dunkler als die Dunkelheit. Wie Schwarze Löcher im All, die das umgebende Licht schlucken. Sie waren nun Kinder des reinen Bösen. Jede Menschlichkeit, Empathie oder Hoffnung war durch das Höllenfeuer ausgebrannt worden. Alle Feindseligkeiten im Diesseits waren für sie nun lächerlich bedeutungslos geworden. Schlagartig hatte der Kompass der Menschheit die Richtung seiner Nadel geändert und neu ausgerichtet. Es gab nun zwei neue Lager auf der Welt: Auf der einen Seite die Menschen, die ihr Dasein weiter an der Oberfläche verbringen mussten, und die bösartigen Seelen auf der anderen Seite. Der letzte Kampf der Menschen hatte begonnen.“

Youtasia

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