Читать книгу Sarah Boils Bluterbe - Nicole Laue` - Страница 86

Ich? Gefühle? Er ist wohl nicht ganz bei Trost.

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„Lionel,“ hauchte ich entsetzt und suchte in der Leere seines Blickes, nach jenem letzten kleinen Stück Leben, dass man Seele nennt. Jenes Gefühl, dass eben noch in seinem Blick lag. Es war verschwunden. Fort!

Ich machte langsam und unbeholfen einen Schritt zur Seite und begann plötzlich zu laufen. So schnell wie meine Beine mich trugen, preschte ich durch die dunkle Seitenstraße, vorbei an den parkenden Autos und dem langen Gitterzaun der den kleinen Friedhof umsäumte. An der nächsten Straßenecke schaute ich noch einmal zurück. Er war fort. Ich lief die letzten Meter nach Hause und kramte den Schlüssel aus der Tasche. Dann schlich ich auf Zehenspitzen durch den kleinen Flur direkt ins Badezimmer. Dort riss ich mir die Klamotten vom Leib und schmiss sie allesamt in die Badewanne. Zum Duschen war es längst zu spät. Ich würde Martin nur unnötig auf mich aufmerksam machen. So verschwitzt wie ich war, tapste ich auf Zehenspitzen ins Schlafzimmer und legte mich vorsichtig neben ihn ins Bett. Ich schaute wie jedem Abend aus dem Fenster. Der Himmel war in dieser Nacht bewölkt. Das trübe Grau zog über die Wipfel der Bäume hinweg.

Was für eine Nacht.

„Wo kommst Du her?“

Martins Stimme ließ mich zusammenzucken.

„Du bist noch wach,“ stammelte ich und suchte krampfhaft nach eine Ausrede. Sein Schweigen machte es mir nicht einfacher.

„Du glaubst ja nicht, was mir heute passiert ist,“ und so begann meine erste Lüge. Er öffnete leicht die Augen, hob den Kopf an und gähnte: „Da bin ich ja mal gespannt.“

„Es war ne Menge los heute am Rhein, vor meinen Augen ist eine Frau kollabiert, ich habe sie ins Krankenhaus gebracht und gewartet bis ihre Familie kam. Ich wollte anrufen, aber mein Akku war leer und du weißt doch, dass ich mir keine Nummern merken kann.“

Ich hasste Lügen und war froh, dass die Dunkelheit mich in diesem Augenblick schützend ummantelte. Ich hätte ihm dabei nur schwer ins Gesicht sehen können, ohne dass ihm mein schlechtes Gewissen aufgefallen wäre. Aber was für eine Wahl hatte ich? Wie hätte ich ihm erklären sollen, dass ich mich mitten in der Nacht mit einem Vampir unter der Erde herum trieb und dort ein paar Menschen mit weiteren Vampiren ihre Rituale abhielten, um Tieren die Köpfe abzuschlagen? Er hätte sofort meine Mutter informiert und dann wäre die Bombe geplatzt. Nein, da war diese kleine, fast schon unschuldige Lüge sinnvoll.

Sarah Boils Bluterbe

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