Читать книгу Sarah Boils Bluterbe - Nicole Laue` - Страница 96
Na Mahlzeit.
ОглавлениеWir betraten das Brasil, ein kleines, unscheinbares Café und schlängelten uns an der Kellnerin vorbei, um den Tisch gleich hinten in der linken Ecke am Fenster zu ergattern. Wir bestellten einen Latte Macchiato und Mary bat um ein großes Stück Sahnebaiser. Ich versuchte währenddessen über lapidares Zeug zu plaudern, doch irgendwie fiel weder mir noch Mary etwas Gescheites ein. Wir sahen uns beide immer wieder fragend an und schüttelten die Köpfe.
Ein „Ach du meine Güte, “ platzte plötzlich aus mir heraus.
Was willst du denn hier? Wie konntest du mich finden?
Lionel spazierte seelenruhig an der gläsernen Front des Brasils vorbei, blickte kurz durch die Scheibe, schenkte mir einen wie immer versteinerten Blick und bewegte sich auf die Eingangstüre zu.
„Mary, halt mich fest, Lionel ist draußen, verdammt, was treibt er hier?“
„Wie, er ist hier?“ schrie Mary und begann sich hektisch umzudrehen. Fast hätte sie ein stück Baiser auf den Tisch gespuckt.
„Wo, wo ist der Vamp…..“
Mit einem Satz riss ich die Hand hoch und presste sie ihr auf den Mund. „Bist du verrückt? Reiß dich zusammen,“ fauchte ich über den Tisch gebeugt.
Die Tür vom Brasil öffnete sich, Lionel trat ein und steuerte direkt auf uns zu. Flüsternd fragte sie : „Ist Lionel die geile Sahneschnitte, die da kommt?“
Ich warf ihr einen mahnenden Blick zu und knirschte durch die Zähne: „Ja, das ist Mr. Nadelstreifenanzug.“
„Ist ja irre, also den Typ gibt es wirklich. Ich wird verrückt.“
Mary musterte ihn von oben bis unten, ihre Pupillen vergrößerten sich hinter den Gläsern ihrer Brille auf das vierfache. Nein, Mary musterte ihn nicht, sie glotze ihn an. Ich stieß eine sehr ernstzunehmende Warnung aus.
„Lass den Scheiß.“
Beschämt lenkte sie ihre Blicke auf ihren Milchschaum und nuschelte entschuldigend: „Man, der sieht aber verdammt gut aus…ich meine…für nen angeblich Toten.“
Lionel hatte unseren Tisch erreicht uns setzte sich wie selbstverständlich neben mich auf einen der Stühle.
„Hallo Sarah, darf ich mich zu euch setzen?“
Ich nickte notgedrungen, warf ihm einen koketten Augenaufschlag zu und sagte: „Hast du doch schon. Also frag nicht. Ich werd Dich wohl eh nicht mehr los. Übrigens, das ist Mary, meine bester Freundin. Sie weiß über dich Bescheid.“
Im ersten Augenblick sah ich Zorn in seinen Augen aufblitzen, der sich jedoch sofort wieder, wie bei einem Chamäleon in ein freundliches Lächeln wandelte. Dieser Mann war unberechenbar!
„Du bist dumm, kleine Sarah. Ich werde sie töten müssen, wir brauchen keine Mitwisser.“
Er warf Mary einen drohenden Blick zu und Mary zuckte zusammen. Mit aufgerissenen Augen starrte sie ihn an.
„Bist Du wahnsinnig geworden? Mary würde nie etwas weiter erzählen, sie ist der einzige Mensch, dem ich wirklich vertrauen kann. Ich lege meine Hand dafür ins Feuer.“
Mary saß mit hochroten Kopf neben mir. „ Ja ja, genau so ist das. Das musst du ihr glauben, ich bin so was von vertraut mit ihr, ich meine…quatsch…ich vertraue ihr…ach Blödsinn…sie kann mir vertrauen…so, so ist das jetzt richtig gesagt…...“
Nervös knibbelte sie an ihren abgebrochenen und Fingernägeln und rückte sich immer wieder ihre kleine Brille zurecht. Lionel drehte den Kopf beiseite, ließ ihn leicht auf die rechte Schulter sinken und ließ seine Lippe kurz hochschnellen, sein Eckzahn blinkte auf und Mary wich mit ihrem Kopf erschrocken zurück. Entsetzt stotterte sie : „ Ich …nein, ich …also…ehrlich…alles gut.“
Ich packte Lionel am Arm und drückte mit aller Kraft zu.
„Hör mal, wenn Du ihr etwas antust, dann werde ich gar nichts tun für dich. Ich dachte, du brauchst meine Hilfe? Übrigens, was wäre es denn dann genau und vor allem wann?“
Ich versuchte ihn schnell verbal abzulenken und sprach ihn auf den Abend im Rosengarten an. Seine Augen funkelten, er legte seine Hand auf meine und löste den Griff. Dann schob er sein schwarzes Hemd bis zum Ellbogen hoch und grinste über das ganz Gesicht. Ich starrte auf seine Haut, so feste hatte ich doch gar nicht zugedrückt. Sicher, ich war wütend und bestimmt hatte ich ihn nicht mit Samthandschuhen berührt, aber mit solchen Folgen hatte ich nicht gerechnet.
„Meine Güte, ihr Untoten bekommt aber schnell blaue Flecken.“
Lionel schmunzelte.
„Es scheint, als wärest du wirklich das Amulett. Du entwickelst dich schneller, als ich dachte. Wut..ja… das ist gut. Wut scheint der richtige Auslöser bei dir zu sein.“
Er lachte laut auf.
„Ich bin nicht empfindlich, du entwickelst dich, Sarah.“
Mary rührte derweil ihren Kaffee zu Klumpen und fühlte sich auf einmal gar nicht mehr so wohl.
„Hör auf damit,“ bat ich sie.
„Du brichst noch den Löffel ab.“
Lionel fasste sich derweil kurz und ließ durchblicken, dass er einiges mit mir zu besprechen hätte. Und dass er mich am Abend abholen würde. Dann schob er den Stuhl zurück, nickte Mary noch einmal zu und verließ ohne ein weiteres Wort zu verlieren, das Brasil. Mary hatte nur langsam ihre Sprache wieder gefunden und brummte leise: „Nein, nein, nein, das ist alles nicht wahr. Scheiße, was ist hier eigentlich los? Das ist doch nicht möglich. Ich meine, anfangs glaubt man das alles ja irgendwie nicht, aber jetzt, wo er so nah war….. hier am Tisch…… ich fasse es einfach nicht. Wird er mich jetzt umbringen?“
Ich schüttelte den Kopf: „Nein, ich denke nicht, er wollte dir nur Angst machen… denke ich….“
„Ha,“ konterte sie: „Du denkst also nur. und wenn du falsch denkst?“
Ihre Stimme wurde lauter und ging in ein unangenehmes Quietschen über.
„Nein, das wird er sich nicht wagen. Er hätte es ja dann schon jetzt tun können.“
Ich musste Mary irgendwie beruhigen, auch wenn ich mir selbst nicht sicher war. Obwohl ich ein wenig Vorsprung mit allem hatte, ganze 24 Stunden. Trotzdem fühlte ich mich genauso wie sie. Wir beschlossen zu zahlen und Mary heimzufahren. Anfangs wollte sie mich gar nicht heim fahren lassen, doch ich wollte Martin nicht schon wieder enttäuschen. Sie nahm mich zum Abschied vor ihrer Haustüre in den Arm: „Pass auf dich auf, du weist ja wo ich bin, und wenn ich dir helfen kann, dann sag es mir bitte.“
Ich nickte dankend und machte mich schnellstens auf den Heimweg. Martin und ich trafen fast zeitgleich zuhause ein. Er schimpfte über die Baustelle und über eine falsch erhaltene Lieferung Baumaterial. Im gleichen Moment fragte er beiläufig, wie mein Tag gewesen wäre. Ich nickte kurz und folgte ihm in die Küche. Dann machte er die Mikrowelle an, wärmte sich ein Stück Lasagne aus dem Gefrierschrank auf, schlang es in Windeseile hinunter und legte sich in die Badewanne. Mittlerweile beobachtete ich das Geschehen aus einer anderen Perspektive. Mir fiel bewusster auf, dass unser Alltag täglich gleich ablief. Martin hatte seine eingefahrenen Rituale und ich ebenfalls. Bis dato zumindest. Ich hatte gerade den Küchentisch abgewaschen, als mein Handy summte. Ich blickte aufs Display. Eine neue SMS. Mary fragte nach, ob ich noch vorbei kommen würde. Ich war versucht abzusagen ,aber da Martin mal wieder müde und erschlagen war, hielt mich nicht viel zuhause und ich nickte. Da sich Lionel sicher am Abend noch melden würde, sagte ich Mary zu. Ich klopfte an die Badezimmertüre und trat ein. Martin döste in der Wanne und ich stupste ihn leise an. Er zuckte schlaftrunken auf.
„Oh, bin ich etwa eingeschlafen? Ich bin aber auch müde.“