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3.3 Expansion und Sklaverei

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Sklaverei beziehungsgeschichtlich

Sklaverei existierte in fast allen Kulturen. Sie ist ein globales Phänomen. In diesem Studienbuch soll und kann jedoch keine Globalgeschichte der Sklaverei geschrieben werden, die nacheinander alle Kontinente in gleicher Weise abhandelt. Die außereuropäische Sklaverei wird vielmehr in beziehungsgeschichtlicher Hinsicht in den Blick genommen. Ausgangspunkt ist die europäische Expansion nach Afrika, Amerika und Asien. Vor allem die europäische Expansion seit dem 15. Jahrhundert entfaltete eine ungeheure welthistorische Dynamik, sei dies in politischer, wirtschaftlicher oder kultureller Hinsicht. Es wäre allerdings zu einseitig, die Globalisierung der Welt nur unter europäischen Vorzeichen zu sehen. „Andere Kontinente und fremde Kulturen haben ihrerseits auf Europa zurückgewirkt, angefangen von veränderten Ernährungsgewohnheiten über differenziertere Wirtschaftssysteme bis hin zu religiös-kulturellen Synkretismen (Verschmelzungen). Zudem waren auch nahezu alle von europäischem Kolonialismus, Imperialismus und abendländischer Zivilisation betroffenen Völker durchaus als Handelnde an den historischen Prozessen beteiligt, die sie in nicht geringem Umfang nach ihren Vorstellungen und Möglichkeiten zu gestalten wussten“ (Gründer 2003, 9f.). Im Hinblick auf die Entwicklung des Sklavenhandels in Afrika ist auch die arabische Expansion von Bedeutung.

Expansion

Wie hängen Expansion und Sklaverei miteinander zusammen? Expansion schuf Handelsbeziehungen. Auch Sklaven konnten als Handelsware in den neuen wirtschaftlichen Beziehungen zwischen europäischen Siedlungskolonien und den Mutterländern eine mehr oder weniger große Rolle spielen. So ist zu fragen: Welche Organisationsformen des Handels bildeten sich heraus? Welche Akteure waren daran beteiligt? Wie wurde dieser Handel gerechtfertigt? Besonders interessant sind die Vernetzungen zwischen den Einheimischen, den neuen Herren und diversen Händlergruppen. Unterschiedliche kulturelle und religiöse Hintergründe trafen im Zuge der Expansionsgeschichte aufeinander, und sowohl der Sklavenhandel als auch die Sklavenhaltung entwickelten und/oder veränderten sich im Spannungsfeld dieses Kulturtransfers.

Kolonialismus

Auf die Entdecker und Erforscher neuer Welten folgten die Eroberer, Händler und Missionare. Handelsstützpunkte und Siedlungskolonien wurden errichtet bis hin zur kolonialen Aufteilung ganzer Erdteile. Sklaven wurden nicht nur exportiert, sondern auch als Arbeiter zum Beispiel für Plantagen in die Kolonien importiert. Neben einem Sklavenhandel entwickelten sich vor Ort im Zuge eines Kolonialismus auch Sklavenhaltergesellschaften. Neue Formen von Sklavenhaltung bildeten sich heraus, die sich an den Bedürfnissen der Kolonialherren ausrichteten. Hier gilt es die wichtigsten Merkmale kurz zu charakterisieren.

Mission

Von besonderer Bedeutung ist der Zusammenhang von Mission und Sklaverei. Die Erschließung neuer Märkte wurde von Missionsansprüchen begleitet. Im Idealfall ging beides Hand in Hand. Die Portugiesen suchten zum Beispiel um 1500 in Indien Christen und Gewürze, um die arabische Handelskonkurrenz in Asien zu verdrängen. Bistümer wurden gegründet und die eigenen Herrschaftsstrukturen untermauert. Doch die Missionare wurden in den verschiedenen Erdteilen zunehmend auch mit der grausamen Praxis der Sklaverei in den Kolonien konfrontiert. Nicht selten setzten sie sich für das Wohl der Sklaven ein und prangerten Missstände an. Das Verhältnis zwischen Mission und Sklaverei stand in einer Grundspannung: Die Errichtung der Rahmenbedingungen für die Ermöglichung einer Mission (nicht die Missionierung selbst!) konnte zum Beispiel die Eroberung Lateinamerikas rechtfertigen. Doch die Conquista ging mit Gewalt einher und führte im großen Stil zur Versklavung der nichtchristlichen Bevölkerung, der Indios, später zum Import afrikanischer Sklaven. Gerade diese nichtchristlichen Sklaven sollten missioniert werden, da ihr Seelenheil weder einem Missionar noch eigentlich den christlichen Sklavenbesitzern gleichgültig sein konnte. Religionszugehörigkeit war ferner ein wichtiger Faktor der kulturellen Integration. Doch eine Bekehrung sollte nicht unter Zwang erfolgen; der Zweck heiligte eben nicht die Mittel. Zudem widersprach das Evangelium der Nächstenliebe der augenscheinlichen Praxis der Eroberer. Taufe führte auch nicht zu einer Pflicht der Herren, ihre Sklaven freizulassen. Für viele Missionare (und wohl nicht nur für sie) wurde die Praxis der Sklavenhaltung und der gewalttätigen Eroberungen zum Gewissensproblem. Das Ziel der Ausbeutung stand im schroffen Gegensatz zum Ziel, den Menschen das Heil zu verkünden. Bedeutsam sind hierbei auch unterschiedliche Missionskonzeptionen, die mehr oder weniger wertschätzend und vermittelnd mit den fremden Kulturen umgingen. So zeigen sich im Zuge der Expansion vielfältige interreligiöse und interkulturelle Transferleistungen, an denen auch Sklaven einen Anteil hatten. Die Mission war für die Geschichte der Sklaverei also mehr als eine Legitimationsstrategie.

Sklaverei in der Neuzeit

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