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I.Soziologie und Systemtheorie Erste Vorlesung

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Meine Damen und Herren, die Vorlesung Einführung in die Systemtheorie, mit der ich heute beginne, wird an einer soziologischen Fakultät gehalten und ist in erster Linie an ein soziologisches Publikum adressiert. Die Frage, die wir gleich anfangs ins Auge fassen müssen, ist jedoch, ob es so etwas wie Systemtheorie auf dem aktuellen Stand der Forschung in der Soziologie heute überhaupt gibt. Die Soziologie steckt in einer tiefen Theoriekrise, das kann man, glaube ich, ohne viele Vorbehalte sagen. Wenn man Veranstaltungen über Theoriefragen in der Soziologie besucht oder entsprechende Literatur liest, findet man dominierend einen Rückgriff auf Klassiker, also Diskussionen über Max Weber, Karl Marx, Georg Simmel oder Émile Durkheim. Die heutigen Soziologen sind durchaus nicht unkritisch gegenüber ihren klassischen Grundlagen, aber es herrscht doch die Vorstellung vor, dass die Konturen des Faches durch diesen klassischen Anfang bestimmt sind. Es gibt einige middle-range-Theorien, die darüber hinausreichen und die aus der empirischen Forschung entstanden sind, aber es gibt eigentlich keine theoretische Beschreibung der Probleme, vor denen sich die moderne Gesellschaft heute findet. Das gilt zum Beispiel für Ökologiefragen. Das gilt für Probleme mit den Einzelmenschen, den Individuen. Das gilt für den ganzen Bereich zunehmender Therapiebedürftigkeit und vieles andere mehr.

Die eigentlich faszinierenden intellektuellen Entwicklungen finden heute außerhalb des Faches der Soziologie statt. Das ist jedenfalls der Eindruck, von dem ich ausgehe. Ich möchte daher zunächst einmal in einem kurzen ersten Teil versuchen zu zeigen, wie man in der Soziologie bisher mit systemtheoretischen Orientierungen gearbeitet hat und wie, in welchen Formen man dabei auf Grenzen, auf Sackgassen, auf prinzipielle Theoriekritik gestoßen ist und dann nicht weitergemacht hat.

Darauf wird ein relativ umfangreicher Teil folgen, in dem ich versuchen will, interdisziplinäre oder transdisziplinäre Theorieanstrengungen durchzusehen, um herauszubekommen und vorzuführen, was daran möglicherweise für die Soziologie interessant ist. In den abschließenden Überlegungen werde ich versuchen, aus diesen Theorieüberlegungen – das können mathematische, psychologische, biologische, epistemologische, kybernetische und so weiter Quellen sein – für die Ausgangspunkte soziologischer Theoriebildung Schlüsse zu ziehen.

Die Vorlesung wird in relativ abstrakten Theoriekonzepten enden, die im soziologischen Alltagsbetrieb erst noch auf ein forschungsfähiges Format zugeschnitten werden müssen. Das betrifft Begriffe wie Zeit, Sinn, Handlung, System, doppelte Kontingenz, Struktur und so weiter.

Einführung in die Systemtheorie

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