Читать книгу Keine Helden - Piraten des Mahlstroms - Nils Krebber - Страница 4
1. Kapitel
ОглавлениеDas Gasthaus am Ende der finsteren Gasse hatte schon bessere Tage gesehen. Windschiefe Häuser lehnten sich von beiden Seiten über das Kopfsteinpflaster, sodass es schien, als wollten sie den Blick auf das darunter befindliche Elend verdecken.
Noch bevor das Haus selbst in Sicht kam, konnte man schon das laute Grölen aus Männerkehlen und das schräge Wimmern einer Leier vernehmen. Der Geruch von Unrat und Schimmel in der Gasse wurde um die Aromen von Alkohol und Tabakrauch bereichert.
Das Äußere des Gebäudes war ein Flickwerk an Ziegeln, Brettern und Nägeln zusammengehalten von schierer Dickköpfigkeit und den Aushängen fragwürdiger Auftraggeber. Dutzende von Anschlägen bedeckten die Wände, auf denen diverse zwielichtige Gestalten gesucht wurden – entweder, weil ein Preis auf sie ausgesetzt war oder weil man einen Auftrag für sie hatte. Einzig ein schwarz angelaufenes Schild über der Tür, auf dem gerade noch die Umrisse von drei ehemals weißen Federn zu sehen war, gaben einen Hinweis auf den Namen des Ortes.
Eberhart rückte sein Wams zurecht, als er sich der Tür näherte. Bevor er sie öffnen konnte, flog sie ihm entgegen, zusammen mit einer Wolke aus Lärm, Gestank und ungewollten Gästen. Eine der Gestalten blieb am Boden liegen, zwei andere krochen und wankten davon. Vorsichtig stieg Eberhart über den Körper hinweg in das Zwielicht der Drei Federn.
Die Hitze packte ihn wie eine Faust, die ihm die Luft aus der Brust zu drücken drohte. Als er einen tiefen Atemzug nahm, um sein Gleichgewicht zu finden, empfing ihn eine würzige Mischung aus Bier, Schweiß und Ruß, die sich einer Patina gleich auf seinen Gaumen legte. Er schmatze einmal mit den Lippen und spähte durch die verrauchte Stube. Die Mischung aus Tabakqualm und schlecht abziehendem Rauch aus der glosenden Feuerstelle verwandelte den Raum in eine Ansammlung von schattenhaften Umrissen. Die geöffnete Tür hatte den Dunst in Bewegung versetzt, sodass hier und da Szenen offenbart wurden, nur um kurz darauf wieder zu verschwinden. Ein paar Schönheiten der Nacht lagen über einem der Gäste drapiert, an einem anderen Tisch stach ein Mann missmutig mit seinem Messer auf ein Stück gräulichen Fleisches ein. Mehrere Gestalten warfen Messer auf ein lebendes Ziel an der Wand. Das Kreischen und Betteln aus der Richtung ließ an der Treffsicherheit der Werfer zweifeln. Gläser klirrten und Humpen schlugen rhythmisch auf Holz, während irgendwo in den Tiefen des Raumes jemand eine schlecht gestimmte Leier quälte.
Eine Hand klatschte Eberhart auf die Schulter und blieb dort liegen. Als er sie inspizierte, schälte sich die Visage des dazugehörigen Schlägers aus dem Dunst.
»Die Tür«, grunzte der vierschrötige Bursche. »Es zieht.«
Irritiert zog Eberhart die Tür in den schiefen Rahmen, wobei er das Knarren und Quietschen des gequälten Holzes eher spürte, als hörte. Bevor er dem zugempfindlichen Barbewohner eine bissige Antwort geben konnte, war dieser schon in den Tiefen des Schankraums verschwunden. Schulterzuckend watschelte Eberhart durch das knöchelhohe Sägemehl in die Richtung, in der er die Bar erahnte. Diverse feuchte und merkwürdig weiche Stellen umging er beflissentlich und schaffte es sogar, den torkelnden oder tieffliegenden Hindernissen auszuweichen.
Schließlich erreichte er die Bar, eine Schiffsplanke, die auf mehreren Fässern lag, die vielsagend mit »XXX« markiert waren. Der Wirt, ein verdächtig schmaler Bursche in einem fleckigen, gelblich-weißen Hemd, wischte mit einem Lumpen in einem Zinnbecher herum. Es war offensichtlich mehr Gewohnheit als irgendetwas anderes, denn der Stoff wurde dabei sauberer als der Becher.
Eberhart bestellte sich ein Bier, lehnte sich mit dem Rücken an den Tresen und ließ noch einmal den Blick durch die verräucherte Bude wandern.
Schließlich knallte er eine Hand auf den Tresen und räusperte sich. Er straffte seinen Gürtel und kletterte auf einen Hocker. Die Dielen knarzten bedenklich unter seinem Gewicht.
Man konnte Eberhart eine beeindruckende Gestalt nennen, wenn es denn um die Tiefe seiner Fußabdrücke ginge, aber vor allem war er – immens. Unter mehreren Bahnen Purpurstoff und Puffärmeln wogte ein birnenförmiger Torso unter schweren Atemzügen. Aufgrund seiner geringen Größe konnte er auf dem Hocker so grade über die Menge schauen. Er breitete die Arme aus und verkündete mit einem breiten Grinsen: »Meine Damen und Herren, Sie haben die Ehre, Eberhart Brettschneider in ihrem Etablissement zu begrüßen! Wein für alle!«
Der daraufhin erschallende Jubel warf ihn beinahe hintenüber. Nachdem das Eis erfolgreich gebrochen war, kletterte er unbeholfen vom Hocker, riss sich die unförmige Kappe herunter und klatsche sie auf die Theke. Mit der anderen Hand winkte er den Gastwirt heran. An drei von Eberharts fetten Fingern glänzten solide Goldringe, am Ringfinger prangte ein krabbenförmiges Siegel. Um seinen Hals hing ein schwerer Anhänger, eine Karavelle über drei Münzen.
Als der Gastwirt herankam, beugte sich der Händler über die Theke und sah ihn verschwörerisch an. Eberharts aufgedunsenes, verschwitztes Gesicht war von der Art, wie es nur eine Mutter lieben kann. Wässrige, blass-blaue Augen saßen in tiefen Fettwülsten verborgen. Eine haarige Warze prangte auf der knollenförmigen Nase, an deren Spitze ein einzelner Schweißtropfen hing. Das strähnige, hellblonde Haar war mit einer Mischung aus Schweiß und Pomade an den Schädel geklatscht.
Seine schwammige Hand legte sich in den Nacken des Wirtes, um ihn noch näher zu sich zu ziehen und dem Mann eine Nase voll seines ranzigen Körpergeruches zu gönnen. Er flüsterte ihm ins Ohr: »Du wirst den billigsten Fusel ausschenken, den du hast, mein Freund. Und ich weiß, was so eine Lokalrunde kostet, also keine Spielchen.« Er tätschelte dem Mann die Wange und zwinkerte ihm zu. Dann ließ er einen Beutel mit Münzen über die Theke rutschen und drehte sich wieder den munteren Gästen zu.
»Ein Brettschneider lässt sich nicht lumpen, Freunde! Wer will als Erster das Glas mit mir erheben?«
In den folgenden Stunden hob der Händler mit nahezu jedem in der Kneipe das Glas. Seine Bewegungen waren langsam, aber präzise. Er berührte jeden seiner Trinkkumpane, sei es ein Schlag auf die Schulter, ein schwächlicher Händedruck oder ein Klaps auf das Hinterteil. Auch schien er kein Gefühl für den persönlichen Raum von Menschen zu haben, immer rückte er einen Hauch zu nah an die Leute heran oder hielt den Blick etwas zu lange.
Nach kurzer Zeit kannte jeder in der Bar den Händler mit der großzügigen Börse und dem auffälligen Schmuck.
Als der letzte Gast das Wirtshaus verlassen hatte, sackte Eberhart erschöpft in sich zusammen. Die Fassade des starken, vertrauenswürdigen Patrons wich dem Ausdruck zufriedener Erschöpfung. Er wischte sich mit der Kappe über das verschwitzte Gesicht und schloss für einen Moment die Augen. Dann rappelte er sich auf, ließ sich vorsichtig vom Hocker rutschen und rückte seine Hose zurecht, bevor er sich leicht schwankend auf den Weg zur Tür machte.
»Schönen Abend noch und beehren Sie uns bald wieder«, rief der Wirt ihm nach. Eberhart konnte nur noch müde abwinken. Die teigigen Finger fest am Geländer, wankte er die Treppenstufen hinab. In der Gasse angekommen, nahm er einen tiefen Luftzug, klatschte sich die Kappe aufs Haupt und begann zielstrebig nach Hause zu wandern – zur Sicherheit ließ er aber eine Hand an der Wand.
Zwei Gestalten lösten sich hinter ihm aus den Schatten. Eberhart schaffte etwa drei Schritte, bevor ihn eine Flasche auf den Schädel traf und zu Boden streckte.
Mit Ächzen rollten ihn die beiden auf den Rücken, geschickte Hände fanden zunächst seine Börse, dann seine Ringe und zuletzt das Gildenwappen.
Eine raue, männliche Stimme erklang: »Immer noch über zwanzig Silber in der Tasche. Unfassbar, dass sich so einer in einer Hafenspelunke herumtreibt. Wir machen natürlich halbe-halbe. Und was hast du da?«
Eine weibliche, aber vom Alkohol beinahe ebenso raue Stimme antwortete. »Ach nix, nur seinen Anhänger. Das passt schon, behalt du mal die Börse.«
Der Mann klang misstrauisch. »Wie meinste das denn, Puppe? Erst willste den Kerl hopsnehmen und dann willste nur die Kette? Nu zeig her!«
Die Diskussion der beiden um den Wert ihrer jeweiligen Beute wurde hitziger. Die Frau, eine schlanke, gefährliche Halsabschneiderin mit wildem, schwarzen Haar, gab dem großen Kerl in der Uniform der imperialen Marine ordentlich Kontra.
Das Gesicht des Matrosen verfinsterte sich. »Du meinst, wir sind reich. Wir ham das zusammen gefunden, also gehört es uns beiden!« Er streckte die Hand nach der Kette aus.
Die Frau riss sie zurück.
»Ne ne, sei du mal glücklich mit deinem Silber. Du musst bei Sonnenaufgang auslaufen, und bis dahin finden wir bestimmt keinen Hehler. Für was immer das auch ist ...« Sie hielt das Schmuckstück in die Höhe, sodass sich die ersten Sonnenstrahlen in dem goldenen Abzeichen spiegelten.
»Ha! Viel Glück damit, das hier zu verkaufen, Schätzchen.« Der Matrose zeigte mit einem schmutzigen Finger auf das Symbol. »Das ist das Siegel der Kammerbader Hanse. Hier in ihrem Hauptsitz erkennt das jeder sofort als Diebesgut.«
Die Stimme der Räuberbraut wurde unsicher. »Aber ich könnt es ja einschmelzen ...«
»Quatsch, dann ist das doch nur noch die Hälfte wert.« Der Matrose beugte sich herüber. »Komm, nimm du die Börse und ich die Kette. Wir fahren in den Süden, da schert sich keiner um die Hanse. Dir macht das Ding doch nur Ärger.«
Die Schwarzhaarige schüttelte den Kopf. »Auch mit der Hälfte ist das immer noch mehr als die lumpigen paar Silber in der Börse da. Da wird nix draus!« Sie presste sich die Kette an die schmutzige Jacke.
Der Marinesoldat fletschte die Zähne und packte sie am Kragen. »Hör mal zu, sei froh, dass ich dich mag. Reich jetzt die Kette rüber oder es setzt was!«
Seufzend hob sie die schwieligen Hände. »Nu sei doch nicht so. Ohne mich hättest du dich gar nicht getraut, den Fettsack hochzunehmen! Lass uns einen fairen Deal machen. Kannst du nicht wenigstens noch was drauflegen? Du läufst doch eh gleich aus, was brauchste da Bargeld? Und im nächsten Hafen verkaufst du das Teil für hartes Gold!«
Unwillig griff der Matrose an seinen Gürtel und löste seinen Beutel. »Hast ja recht. Hier, das ist mein Sold für den letzten Monat. Das sind nochmal satte fünfzig Silber. Das ist für eine Hafenratte wie dich ein Haufen Geld. Und wenn wir in drei Monaten wieder hier sind, gebe ich dir einen Anteil von dem, was ich gekriegt habe. Das ist doch fair.«
Misstrauisch warf die Schwarzhaarige einen Blick in den Beutel. »Und wenn du wieder hier anlegst, krieg ich den Rest?«
Der Matrose grinste. »Klar doch, Hand drauf!« Er packte die schmalen Finger der Frau mit hartem Seemannsgriff.
»Na gut, wenn man der imperialen Marine nicht mehr trauen kann, wem dann?« Mit einem verschwörerischen Grinsen reichte sie ihm die Kette. Der betrachtete noch einmal den funkelnden Anhänger und ließ ihn dann in seinem Hemd verschwinden.
»Alles klar, lass uns abhauen, bevor der Dicke aufwacht oder jemand nach ihm sieht. Mit Händlern ist nicht zu spaßen.« Er wankte los. Nach einigen Schritten merkte er, dass die Frau immer noch bei dem Ohnmächtigen stand. »Was ist los? Kommst du?«
Die Frau winkte ab.
»Nee, ich schau lieber, dass ich wegkomme. Wenn mein Alter mich mit so einem feschen Matrosen sieht, kommt er noch auf falsche Gedanken.« Sie gackerte los.
Der Matrose zuckte mit den Schultern.
»Na, dann lass dich nicht erwischen.« Er setzte seinen unsicheren Weg in Richtung Hafen fort.
Als er um die Ecke verschwunden war, beugte sich die Frau mit einem Grinsen auf den Lippen über Eberhart.
»Er ist weg« flüsterte sie.
Der »Bewusstlose« schlug die Augen auf und verzog angewidert die Mundwinkel. »Dann nimm deinen Pestatem aus meinem Gesicht, Aurelia. Bei Laros bröckeligem Auswurf, was säufst du nur mit diesen Typen?« Mit Hilfe seiner Komplizin rollte er sich auf die Füße und erhob sich mit knirschenden Knien aus der Hocke.
»Größtenteils Wurzelsaft, mein lieber Eberhart. Das riecht so ähnlich wie Branntwein. Und ist gut für die Verdauung.« Sie hieb ihm auf den Wanst.
»Als ob du das nötig hättest. Der Dünnpfiff läuft dir doch auch so locker über die Lippen.« Er dehnte sich und überprüfte die Polsterung seiner unförmigen Kappe. »Musst du immer so hart zuhauen? Das scheppert trotz Stroh immer ganz ordentlich, und mein Köpfchen ist mein Kapital. Apropos.« Er streckte die Hand aus. »Wie viel haben wir?«
Aurelia warf ihm den Beutel zu. »Achtunddreißig Silber in imperialen Adlern, zwölf bretonische Kronen und diverse arabische Münzen. Ist ganz schön rumgekommen, unser kleiner Matrose.«
Eberhart spähte in den Beutel und seufzte. »Dafür ist es fast nicht wert, hier auf den kalten Steinen herum zu liegen. Aber es reicht für ein paar Tage. Wann kommt die nächste Fuhre Frischfleisch?«
Die Diebin zuckte mit den Schultern. »Nächste Woche, denke ich. Aber das muss uns nicht mehr kümmern. Wir haben jetzt genug Kleingeld, um unser großes Projekt anzugehen. Komm, auf in den Tanzenden Goblin, wir haben zu planen und zu trinken!«
Eberhart winkte ab. »Geh du nur, ich will noch mal die Papiere durchgehen.«
Aurelia warf ihm einen mitleidigen Blick zu. »Du weißt, das ganze Lesen macht dich noch krank.« Ihre Hand klatschte ihm auf den Hinterkopf. »Du musst das Leben genießen, Eberhart! Komm, ich stell dich dem knackigen Schmiedelehrling vor. Der denkt immer noch, dass er auf Frauen steht!«
Er grinste schief. »Du hast ja recht. Aber kein Verkuppeln, das endet jedes Mal katastrophal!«
Gemeinsam machten sie sich auf den Rückweg in die Sündergasse. Die Sonne ging hinter ihnen auf, aber es würde noch dauern, bis ihre Strahlen die Tiefen der Gasse erreichten. Sie planten, bis dahin wahrhaft betrunken zu sein.
Der Matrose trat derweil auf das Hafendock und ließ das Schmuckstück in der Sonne glitzern, um es noch einmal näher zu betrachten. Er bemerkte die Gestalt, die sich ihm näherte, erst, als sich eine schwere Hand auf seine Schulter legte. »Interessantes Stück habt ihr da, Matrose.«
Er wirbelte herum und hob zu einer forschen Erwiderung an, aber als er erkannte, wer da vor ihm stand, stockten ihm die Worte im Hals.
Die düstere Figur war an sich schon einschüchternd genug. Der Mann überragte den Seemann um eine gute Handbreite und war gebaut wie ein Grubenkämpfer. Eine tiefe Narbe zog sich über sein Gesicht und unterstrich den toten Blick der tiefgrauen Augen. Die schmalen Lippen waren zu einem ständig missbilligenden Ausdruck verzogen. Aber vor allem der schwarze Umhang, der hohe Hut und die Brosche mit dem Hammer am Hals sprachen eine deutliche Sprache für jeden Bürger des Imperiums. Der Matrose schluckte den Frosch im Hals herunter, räusperte sich und schaffte eine schwache Erwiderung.
»Wie kann ich der Inquisition helfen, mein Herr?«
Die schwarz behandschuhten Finger legten sich wieder auf seine Schulter. Die andere Hand deutete auf das Schmuckstück.
»Dürfte ich das kurz näher betrachten?«
»Ah, natürlich, aber ihr müsst verstehen, ich habe es nur gefunden. Ich war auf der Suche nach dem rechtmäßigen Besitzer, um es ihm auszuhändigen.«
Die Finger des Inquisitors umschlossen die Kette und er inspizierte das Amulett für einen Moment. Dann schaute er den Matrosen nachdenklich an.
»Versucht das nochmal. Woher habt Ihr dieses Amulett?« Seine Stimme war leise, aber die Drohung unüberhörbar.
Der Matrose wand sich.
»Ich ... Da war dieser schmierige Typ, diese Frau hat ihn gefunden. Ihm geht es gut, er war nur ohnmächtig, und dann wollte sie ihn ausplündern, aber ich habe sie davon abgehalten und ihr das Amulett abgenommen. Sie ... Sie ist die Straße da lang, und wenn Ihr Euch sputet, könnt Ihr sie gewiss noch kriegen!« Er deutete in die Richtung, aus der er gekommen war.
»Und sie wollte dieses Amulett unbedingt haben?« Der Hexenjäger betrachtete wieder das Schmuckstück.
»Ja, sie hat gesagt, es wäre unglaublich viel wert. Es war ihr nicht klar, dass sie hier ein Siegel der Hanse niemals würde verkaufen können.« Er vermied den Augenkontakt mit dem Inquisitor.
»Wenn das ein echtes Wappen wäre, könnte das ein Problem sein. Eine billige Messingkopie wie diese hier dürft Ihr natürlich jederzeit für ein paar Pfennige verkaufen.«
»Was?« Ungläubig riss der Matrose das Amulett an sich. »Dieses miese, kleine Stück! Meinen gesamten Sold habe ich ihr gegeben. Dafür krieg ich sie am Arsch. Und dieser Fettsack gehörte bestimmt dazu! Sie haben mich abgezockt! Sie ...« Er verstummte, als der Griff an seiner Schulter schmerzhaft wurde.
»Wie sahen sie aus?« Die Stimme des Inquisitors war genauso leise wie zuvor. Er schien nicht im Geringsten angestrengt.
»Ihr könnt ihn nicht verfehlen – er ist eine fette, kleine Kröte und trägt so eine alberne, purpurne Kappe. Sie hat schwarzes, lockiges Haar und ...«, er formte die Umrisse einer Sanduhr mit den Händen. »Sie hat mich in den Drei Federn angequatscht, da kennt man sie bestimmt. Kommt, ich zeige Euch den Laden, und dann mischen wir die Schweine auf. Sie ...«
Seine Tirade endete in einem Stöhnen, als die Hand des Hexenjägers ihn in die Knie zwang. »Was ... Was habe ich denn getan?«
Der Inquisitor ließ das Amulett in seinem Mantel verschwinden und zog eine lange, schmale Klinge.
»Nichts, mein Freund. Du darfst nur leider nichts hiervon weitererzählen.« Die Klinge drang unterhalb des Kiefers in den Schädel ein. Der Mann zuckte noch ein paarmal. Es floss überraschend wenig Blut. Der Hexenjäger säuberte die Klinge an der Uniform des Matrosen und ließ sie verschwinden.
Dann machte er sich auf den Weg die Sündergasse hinauf.