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Kapitel 1

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Sechs Wochen waren vergangen, seit Ayden Nathan mitgeteilt hatte, dass er bereit dazu war, Vincent gegenüberzutreten. Letzten Endes hatte Ayden doch etwas mehr Zeit gebraucht und Nathan hatte sichergestellt, dass Ayden auch wirklich bereit für diese Begegnung war. Obwohl Nathan noch immer nicht wohl dabei war, wusste er, dass dieses Gespräch unumgänglich war. Sie hatten sich mit Vincent für den folgenden Tag zum Abendessen in Vincents Anwesen verabredet. Jede Sekunde, mit der das Treffen näher rückte, machte Nathan zu einem noch größeren emotionalen Wrack.

Ayden war erwachsen und konnte seine eigenen Entscheidungen treffen. Trotzdem ließ Nathan der bloße Gedanke daran, dass Ayden schon bald dem Mann gegenübersitzen würde, der Aydens Mutter Yuki auf dem Gewissen hatte, nicht mehr ruhig schlafen. Auch wenn Vincent Aydens Mutter nicht mit seinen eigenen Händen getötet hatte, waren es doch Vincents zwei abgerichteten Experimente gewesen, die seinen Befehlen Folge geleistet hatten.

Jeden Morgen war Nathan so endlos dankbar dafür, dass Ayden bei ihm war. Bei ihm geblieben war. Natürlich wusste Nathan, dass er sein Möglichstes getan hatte, um den Ausgang, den der Kampf in der Arena genommen hatte, zu verhindern. Niemand warf ihm vor, dass er mehr hätte tun können. Tun müssen. All seine Freunde hatten Nathan zu verstehen gegeben, dass sie ihn nicht als Teil dieser Familie sahen. Besonders Ayden hatte Nathan versichert, dass er für ihn ein eigenständiges Individuum war. Ayden war noch immer an seiner Seite und vertraute Nathan bedingungslos, auch nach allem, was sie in der kurzen Zeit durchlebt hatten.

Um sich vor dem Gespräch mit Vincent noch mal richtig zu entspannen, hatten sie den heutigen Tag dafür gewählt, um der Therme mit ihren Freunden einen Besuch abzustatten. Hundertprozentig wohl fühlte Ayden sich bei dem Gedanken nicht, völlig nackt in der Öffentlichkeit herumzulaufen. Aber, und das war für Ayden ausschlaggebend, es zwang ihn niemand dazu oder übte Druck auf ihn aus. Nathan hatte sich noch etliche Male darüber vergewissert, dass es wirklich in Ordnung für Ayden war und sich dafür entschuldigt, dass er die Idee überhaupt hervorgebracht hatte.

Ayden wollte etwas weniger darüber nachdenken, wie andere Menschen ihn sahen, aber leicht fiel es ihm nicht. Deshalb betrachtete Ayden diesen Ausflug als Übung, obwohl es ihn viel Überwindung kostete. Aber es freute ihn umso mehr, dass er etwas Neues mit den anderen unternehmen konnte, was diese selbst zuvor noch nicht ausprobiert hatten.

Bei der Therme angekommen hatte Nathan einen Bademantel für Ayden an einer der Kassen ausgeliehen, da er selbst keinen besaß und Nathan allein mit einem Handtuch um die Hüften zurechtkam. Als sie sich nach dem Umziehen vor den Umkleiden sammelten, warteten sie noch auf Kyla, die aufgrund ihrer Haare, die sie sich hochstecken wollte, etwas länger brauchte.

Diese Zeit nutzte Ayden, um sich ein bisschen umzusehen. Was ihm aber noch vor allem anderen auffiel, war die Geräuschkulisse. Da sie sich noch bei den Umkleiden befanden, waren sie hier nur durch eine halbhohe Trennwand vom anderen Bereich, in welchem sich hauptsächlich Familien aufhielten, getrennt. Schon jetzt war Ayden sich sicher, dass er, auch wenn er dort im Wasser eine Badehose tragen könnte, nicht in den Textilbereich wechseln würde. Das Kindergeschrei machte ihn schon jetzt nahezu verrückt.

Durch einen kleinen Schlitz in der Trennwand konnte er zu den anderen Besuchern hinübersehen und registrierte erst jetzt, wie voll die große Badehalle dort war. Etliche Familien und Paare tummelten sich in einem runden Pool und bei den Liegebereichen, die das Becken umgaben. Er konnte sogar eine Gruppe Frauen, die augenscheinlich einen Junggesellinnenabschied feierte und immer wieder andere Badegäste ansprach, zwischen den Menschen ausmachen. All das, was Ayden schon sein Leben lang versuchte, zu vermeiden, spielte sich vor seinen Augen ab und versetzte ihn in Schockstarre.

»Wenn wir den Weg hier entlang gegangen sind, siehst und hörst du davon nichts mehr«, versicherte Nathan ihm und umarmte Ayden, nachdem er sich hinter ihn gestellt hatte. »Außerdem bin ich immer bei dir.«

Ayden lehnte sich mit seinem Hinterkopf an Nathans Brust und wusste schon jetzt, dass Nathan alles daransetzen würde, dass Ayden sich wohl fühlte. Nachdem Kyla, die sich ein Handtuch über der Brust zusammengebunden und ihre Haare nun zu einer Hochsteckfrisur drapiert hatte, zu ihnen stieß, schlenderten sie zusammen in den ruhigeren Teil der Saunalandschaft.

Schon nach ein paar Metern waren die lauten Stimmen des Textilbereiches verstummt und Ayden hörte nur noch das Blubbern und Plätschern des Wassers und erblickte überall Palmen und andere tropische Pflanzen. Die Luft war zwar etwas stickig, aber es roch nach Zitrusfrüchten und Hölzern und entspannte Aydens verkrampfte Muskeln schlagartig. In der Mitte der riesigen, verglasten Halle befand sich ein geschwungener Pool mit vielen Liegemöglichkeiten, die sich am Beckenrand entlang verteilten. An einer Längsseite des Pools entdeckte Ayden eine Bar, an der die Besucher vom Wasser aus ihre Getränke bestellen konnten.

Der Pool führte durch eine kleine Schleuse nach draußen. Durch die Glasfront konnte Ayden ausmachen, dass das äußere Becken zwar etwas kleiner, aber immer noch unheimlich groß war. Die gläserne Wand zum Außenpool offenbarte auch eine lange Liegewiese und einen Naturteich, der sich über das Gelände erstreckte. Vom Inneren der Halle zweigten auf einer Seite schmale Gänge ab, die zu einer Vielzahl an Saunen führten, bei denen Finn es sich zum Ziel gemacht hatte, sie alle auszuprobieren.

»Bevor wir in eine Sauna gehen, würde ich erst mal gerne in den großen Pool«, schlug Shadow vor. »Was meint ihr?«

Sie alle nickten zustimmend und machten sich auf den Weg zu den breiten Treppen, die ins Becken führten. Vor den Treppen waren waagrechte Stangen montiert, an denen man die Handtücher und Bademäntel an Knäufen anbringen konnte, bevor man in den Pool trat. Kyla streifte sich als Erste das Handtuch vom Körper, woraufhin Ayden der Atem stockte.

Obwohl er sich sowieso nicht von Frauenkörpern angezogen fühlte, sah auch er, dass Kyla eine wirklich hübsche Frau war. Es ärgerte Ayden maßlos, dass er scheinbar doch so wenig Selbstbewusstsein besaß, dass er sich dadurch bedroht fühlte. Und noch mehr quälte es ihn, dass ihn die Frage nicht losließ, wie Kyla in Nathans Augen aussah, der sowohl mit Männern, als auch Frauen schon intimere Momente geteilt hatte.

Doch bevor Ayden diese Selbstzweifel einnehmen konnten, erinnerte er sich daran, mit wem Nathan zusammen war. Er dachte an die Unterhaltung, die er mit Nathan geführt hatte. Die Unterhaltung darüber, dass ihre Beziehung exklusiv war und sie beide das so wollten. Natürlich konnte ihm niemand versichern, dass das für immer so bleiben würde. Aber Nathan hatte deutlich gemacht, dass er absolut kein Interesse daran hatte, die Beziehung irgendwann zu öffnen.

Am Ende waren das zwar alles nur Worte, und nur die Zeit würde zeigen, wie viel davon in ein paar Monaten oder Jahren noch übrig war, aber etwas in Ayden sah auch in Nathan seine Zukunft. Und obwohl Ayden nie zuvor geliebt hatte und nicht wusste, wie sein Leben weitergehen würde, war er sich schon jetzt sicher, dass Nathan die Liebe seines Lebens war.

»Alles in Ordnung, Engel?«, fragte Nathan, der als Einziger noch mit Ayden am Beckenrand stand und die Hände auf Aydens Hüfte abgelegt hatte. »Du machst dir wieder zu viele Gedanken, richtig?«

»Ja, vielleicht«, antwortete Ayden zögerlich, weil er sich leicht ertappt fühlte, sah Nathan dann aber aufrichtig lächelnd an. »Aber ich hab mir gesagt, dass es einen Grund haben muss, warum du mit mir zusammen sein willst und jetzt fühl ich mich schon besser.«

Nathans Augen weiteten sich erstaunt, kurz darauf wurde sein Blick aber ganz weich und herzlich. »Dafür gibt es nicht nur einen Grund. Ich hab deinen Blick zu Kyla schon gesehen und denke, dass ich weiß, worüber du dir unnötige Sorgen machst. Ich hab dir schon mal gesagt, dass ich mir wünschen würde, dass du die Welt einmal durch meine Augen sehen könntest. Weißt du, es gibt viele Sterne am Himmel, und wir sind zwei davon. Aber du bist mein Polarstern. Der Polarstern strahlt vielleicht nicht für jeden und nicht zu jeder Zeit am hellsten, aber für mich. In meinem Universum definitiv. Und ich kann mir nicht vorstellen, dass das irgendwann anders sein sollte.« Nathan öffnete die Schleife an Aydens Bademantel und griff dann mit den Händen nach dem Kragen. »Ich streif dir den jetzt ab und dann gehst du dicht hinter mir, ja? Dein Oberschenkel ist zwar verheilt, aber vielleicht fühlst du dich dann trotzdem wohler.«

Ayden nickte und folgte Nathans Anweisung. Da Nathan noch weitaus größer war als er, konnte Ayden sich gut hinter ihm verstecken und tauchte ein paar Sekunden später bis zum Hals ins warme Wasser ein. Auf dem Weg zu den anderen, die sich am linken Rand des Beckens auf blubbernde Wasserliegen verteilt hatten, band Ayden sich gedankenverloren die Haare zu einem Dutt zusammen.

»Ayden!«, rief Shadow entsetzt. »Ist das bei unserer Mission passiert?«

Ayden tauchte mit den Händen wieder ins Wasser ein und blickte fragend in die Gesichter der anderen, die ihn allesamt besorgt ansahen. Nathan, der jetzt an seiner Seite stand, zog sich Ayden an die Brust und löste den Zopf an seinem Hinterkopf.

»Hey! Was machst du denn?«, fragte Ayden, noch immer verwirrt von Shadows Frage und den entsetzten Blicken ihrer Freunde.

»Dein Ohr«, klärte Nathan ihn in ruhigem Tonfall auf. »Ich verdecke es wieder.«

Reflexartig löste Ayden sich von Nathan und hielt sich eine Hand übers Ohr. Er sah Shadow ängstlich an und hatte das Bedürfnis, ganz schnell zu verschwinden. Aydens Atem glich nun einem Schnappen nach Luft. Er drehte sich panisch und wie ferngesteuert nach einem Ausgang um, während seine Sicht langsam verschwamm. Doch bevor Ayden sich wegbewegen konnte, bugsierte Nathan ihn auf eine der Wasserliegen und gab den anderen mit einem leichten Kopfschütteln zu verstehen, dass sie nicht nachfragen sollten. Daraufhin ergriff Nathan Ayden am Handgelenk und zog ihn mit einer Drehung auf sich, sodass sie Bauch an Bauch im Wasser lagen. Um Ayden am Auftreiben zu hindern, drückte Nathan ihn mit einer Hand an dessen Rücken nach unten. Aydens Kopf lag mit dem Gesicht zu Nathans Hals gedreht auf seiner Schulter, die aus dem Wasser ragte.

»Hör mir mal zu, Ayden«, flüsterte Nathan ihm ins Ohr. »Mach deine Augen zu und atme ein paar Mal tief durch. Ich bin stolz auf dich, dass du dich deinen Ängsten gestellt und heute hierhin mitgekommen bist. Du musst nicht alle Ängste auf einmal besiegen und das geht auch gar nicht. Aber Shadow hat das nicht abschätzig gemeint, sondern sie hat sich Sorgen gemacht. Sie wollte dir kein schlechtes Gefühl geben.«

»Hey, Ayden…« Shadow war von einer anderen Liege zu ihnen geschwommen und warf Ayden mit zusammengepressten Lippen und großen Augen einen entschuldigenden Blick zu, nachdem Ayden sich seitlich von Nathan hatte gleiten lassen, um sie ansehen zu können. »Sorry, wenn ich was Falsches gesagt habe. Was ich eigentlich sagen wollte, ist, dass du damit ziemlich hart aussiehst. Wie ein Superschurke oder sowas.«

Bevor Aydens Gehirn Shadows Worte verarbeiten konnte, reagierte sein Körper und kam ihm mit einem Lachen zuvor. Shadows besorgtes Gesicht entspannte sich schlagartig und sie atmete erleichtert aus.

»Tut mir leid«, entgegnete Ayden. »Eigentlich ist mir die Verletzung egal, aber ich wurde früher öfter darauf angesprochen. Ich wollte solchen Fragen aus dem Weg gehen und hab das Ohr deshalb immer versteckt.«

»Ich will nur sagen, dass du die Leute hier wahrscheinlich in deinem Leben nie wiedersehen wirst, also kümmer dich nicht um sie«, baute Shadow Ayden auf, während sie mit ihrer Hand in die Menge deutete. »Wir haben uns nur gerade alle schuldig gefühlt, weil wir dachten, wir hätten die Verletzung nach dem Einbruch übersehen.«

»Siehst du, wie ich’s gesagt habe«, prahlte Nathan und lächelte Ayden an. »Aber schon gut, lass deine Haare lieber unten. Die Frisur gerade war ziemlich ungewohnt und sah unerwartet heiß aus. Und ich soll ja meine schmutzigen Finger bei mir lassen.« Nathan verschränkte die Arme vor der Brust, aber Ayden konnte Nathan an der Nasenspitze ansehen, dass ihm der Schalk im Nacken saß und das Teufelchen auf Nathans Schulter diesem Dinge zuflüsterte, die Ayden sich nicht einmal denken traute.

Alle zusammen lagen sie nun nebeneinander auf den Liegen und unterhielten sich, bis Ayden zwei fremde Menschen am gegenüberliegenden Beckenrand ins Auge sprangen, die so auffällig nah aneinanderhingen, dass man nicht erkennen konnte, wo eine Person anfing und die andere aufhörte. Da sowohl seine, als auch Nathans Sicht, wenn sie sich darauf konzentrierten, schärfer war als die der anderen, stieß Ayden Nathan mit dem Ellenbogen in die Seite und deutete mit einer nickenden Kopfbewegung in Richtung der zwei Badegäste. Ayden beobachtete gebannt Nathans Blick, welcher sich von ihm zu dem Paar bewegte und musste kichern, da Nathans Gesicht in Sekundenschnelle hochrot anlief und sich ein beschämter Ausdruck über selbiges erstreckte.

»Der textilfreie Bereich ist nicht dazu da, um sich aneinander aufzugeilen«, äffte er Nathan leise nach, der diesen Satz so selbstverständlich ausgesprochen hatte, als er sie alle vor ein paar Wochen über den Saunabereich hatte aufklären wollen.

»Ist er ja auch nicht!«, stieß Nathan daraufhin hervor und hielt sich die Hände vors Gesicht wie ein kleines Kind, das etwas Verbotenes gesehen hatte. »Aber ich bin ehrlich, du machst es mir auch nicht gerade leicht.«

»Du tust wirklich dauernd so, als würde ich’s drauf anlegen, dabei mach ich nicht mal irgendwas Besonderes«, seufzte Ayden und band sich die Haare nun doch zu einem Dutt zusammen, weil ihn die nassen Strähnen, die sich an seinen Schultern festklebten, wahnsinnig machten.

»Eben! Das ist ja das Problem. Du schaffst es einfach so!« Nathan nahm die Hände wieder von seinen Augen und wollte gerade weitersprechen, starrte Ayden allerdings nur mit offenem Mund an. Erst nach ein paar Sekunden schloss Nathan seinen Mund wieder und blinzelte ungläubig.

»Du machst es also doch extra«, brummte Nathan und deutete auf Aydens Haare, die Ayden sich gerade zu einem Knäuel zusammengebunden hatte.

»Ups, sorry«, säuselte Ayden und zwinkerte Nathan schadenfroh zu, der daraufhin ein tiefes Grummeln ausstieß und sich vollständig ins Wasser gleiten ließ, in dem nun nur noch die Luftblasen seine Anwesenheit preisgaben.

»Ist er wieder besonders touchy?«, fragte Kyla grinsend, die ihre Unterhaltung allem Anschein nach aufmerksam verfolgt hatte.

»Nein, aber ich glaube, er wär’s gern«, antwortete Ayden belustigt und bereute im nächsten Moment bereits, Nathan wieder angestachelt zu haben, wie damals bei der Eisdusche.

Nathan war von der Liege ins tiefere Wasser am Fuße der Liegefläche getaucht. Von dort erhob er sich aus dem Wasser, welches Nathan im Stand bis etwas unter die Brust reichte und damit noch einen Teil seiner Bauchmuskeln enthüllte. Das glitzernde Wasser perlte an Nathans Körper ab und ließ wogende Wellen im Pool zurück. Nathan schüttelte seine nassen Haare wie in einer Shampoo-Werbung hin und her und ließ Ayden schon fast glauben, dass sich die Szene vor ihm wirklich in Zeitlupe abspielte. Anschließend fuhr Nathan sich mit einer Hand durch die nassen Haare und spannte dabei absichtlich seinen Bizeps an, während er Ayden mit leicht gesenktem Kopf und lüsternen, halb geschlossenen Augen ansah.

»Dieses Arschloch«, zischte Ayden leise durch seine Zähne und sah sich nach möglichen weiteren Zuschauern um. Und tatsächlich gab es ein paar Damen, die Nathans Show ebenso verfolgt hatten und ihre Köpfe kichernd zusammensteckten.

»Der ist bestimmt mit der Blonden zusammen«, hörte Ayden eine von ihnen flüstern und sah daraufhin betreten ins Wasser. Natürlich dachten sie das. Wäre er einer der Zuschauer gewesen, hätte er auch angenommen, dass der Blick des gutaussehenden Rotschopfs nicht ihm gebührte, sondern Kyla.

»Nate beweist ihnen gleich das Gegenteil, pass auf«, warnte Kyla Ayden noch, doch in diesem Moment war es bereits zu spät. Nathan ließ sich im Wasser über Ayden gleiten, hob Aydens Gesicht mit einer Hand an und küsste ihn so leidenschaftlich und mit solch einer Hingabe, dass Ayden fürchtete, sofort rausgeworfen zu werden. Dennoch schloss er seine Augen, krallte seine Finger in Nathans nasse Haare und gab sich ihm hin. Aydens Bauchregion füllte sich mit warmen, prickelnden Wellen und er schmeckte, spürte und roch in diesem Moment nur Nathan.

Wie sehr er es doch verfluchte, dass es ihm gefiel, wenn Nathan so offen zeigte, dass sie zusammengehörten. Ayden hasste es, dass es ihm so eine Genugtuung verschaffte, die entsetzten Blicke der Menschen zu sehen, die dachten, Nathan würde sich nur für Frauen interessieren. Schon im Freizeitpark war Corey die Kinnlade heruntergefallen, als sie realisiert hatte, dass Nathan mit Ayden zusammen war. Und auch jetzt wusste Ayden, ohne hinsehen zu müssen, dass die gerade noch tuschelnden Frauen auf der Liege neben ihrer denselben Gesichtsausdruck zum Besten gaben.

Mit einem Mal drückte Nathan sich mit so einer Wucht an Aydens Körper, dass er die Augen entsetzt aufriss. Und erst dann verstand Ayden, dass es nicht Nathan war, der sich so an ihn drückte. Finn stand nun in einer Lücke zwischen den Liegen und drückte Nathans unteren Rücken unter Wasser.

»Ey Bro, vielleicht will nicht jeder deinen Arsch sehen!«, lachte Finn. »Du hast Auftrieb!«

Nathan, der sich nach dem Ruck von Aydens Lippen gelöst hatte, schob sich daraufhin wieder ins tiefere Wasser. »Ups, danke. Ist mir gar nicht aufgefallen«, entgegnete Nathan grinsend und machte sich daraufhin mit Finn und Rin auf den Weg zur Pool-Bar, um ihnen allen Getränke zu besorgen.

Ayden zog sich die Knie an die Brust und legte sein Kinn auf ihnen ab, während er den Jungs aus der Ferne beim Bestellen zusah. Finn und Nathan feixten auch an der Bar miteinander herum und der Anblick des so sorglos lachenden Nathan durchströmte Ayden mit wohliger Wärme.

»Ich hab dich gewarnt«, feixte Kyla und legte ihren Kopf kichernd auf einem der Luftpolster am Kopfende der Liegen ab.

»Ein Wachhund nützt nur leider auch nichts mehr, wenn der Einbrecher schon die Tür eingetreten hat«, entgegnete Ayden schmunzelnd. »War das eigentlich schon immer so? Also ich meine, wirkt Nate immer so auf andere?« Ayden fragte sich, ob Nathan die Blicke, die er auf seinem Weg zur Bar und auch beim Bestellen auf sich zog, überhaupt bemerkte oder ob er sich einfach schon daran gewöhnt hatte, aus der Menge herauszustechen.

»Du hast ja keine Vorstellung«, seufzte Kyla. »Aber eigentlich ist das auch ganz cool, man lernt durch ihn leicht neue Leute kennen. Okay, ich hab eine Idee! Lass uns wetten!«

»Wetten?« Ayden runzelte die Stirn, hörte aber aufmerksam zu.

»Ja! Ich wette, dass die Barfrau ihn nach seiner Nummer gefragt hat«, sagte Kyla siegessicher. »Ich zahle dir alle Getränke, wenn ich falsch liege.«

»Mit mir zu wetten ist unfair. Ich hab ein viel besseres Gehör als du. Ich hab’s ehrlich gesagt schon gehört. Sie hat ihn gefragt«, gestand Ayden und sah Kyla schuldbewusst an.

»Und, was hat er gesagt?«, fragte Kyla neugierig.

»Das sag ich nicht.«

»Ayden!«

»Ich kann das nicht wiederholen«, jammerte Ayden.

»Raus damit! Sofort!«, befahl Kyla und lehnte sich etwas zu ihm.

»Oh Gott«, seufzte Ayden und rollte mit den Augen. »Seine Antwort war, ich zitiere: Sorry, ich bin mit dem umwerfenden Engel da drüben extreeem glücklich zusammen.« Diesen Satz betonte Ayden schon fast angewidert, weil er noch immer nicht verstand, wie Nathan solche Worte ohne einen Funken Scham aussprechen konnte. Kyla musste sich ein Lachen so stark verkneifen, dass Ayden fürchtete, sie würde aufgrund ihres roten Kopfes gleich von Sanitätern aus dem Wasser gezogen werden.

Shadow und Roxy versperrten Ayden plötzlich die Sicht auf die Bar, da sie es sich am Fuße der Doppelliege bequem machten, sodass sie Kyla und Ayden gegenübersaßen. »Ich bin froh, dass ihr zwei euch jetzt so gut versteht«, sagte Shadow und sah zwischen Kyla und Ayden hin und her, woraufhin Ayden seinen Kopf zu Kyla drehte.

»Ja, ich freu mich auch«, sagte er sanft.

»Und ich mich erst!«, tönte Kyla. »Endlich jemand, der mich mal an seine Haare ranlässt, nicht so wie du, Shadow!«

»Du wolltest sie mir umfärben! Nie im Leben lass ich das zu!«, rief Shadow empört und griff nach ihrem Pferdeschwanz, als würde ihr jemand damit drohen, ihn abzuschneiden. »Und das machst du mit meinem kleinen Baby mit Sicherheit auch nicht!« Shadow vergewisserte sich mit einem kurzen Blick zu Ayden erneut darüber, ob es in Ordnung war, ihn so zu necken, worauf Ayden nur belustigt mit einem Rausstrecken seiner Zunge antwortete.

Plötzlich tauchte Nathan mit Finn und Rin hinter Shadow und Roxy auf und räusperte sich lautstark. »Wenn du damit Ayden meinst, der ist wohl zuerst mal mein Baby«, stellte Nathan klar und funkelte Ayden mit seinen bernsteinfarbenen Augen eindringlich an, während der Rest von ihnen die Getränke unter sich verteilte.

»Wenn du dich jetzt von Ayden noch Daddy nennen lässt, kotze ich«, entgegnete Finn scherzhaft und führte sich seine Bierflasche an die Lippen.

Nathan grinste nur breit, zwinkerte Ayden zu und reichte ihm einen Becher. »Deiner ist mit, meiner ohne Alkohol. Du meintest ja, du würdest ab und an mal trinken und ich dachte mir, vielleicht hilft es dir heute ja ein bisschen dabei, loszulassen.«

Dankbar nahm Ayden Nathan den durchsichtigen Cocktailbecher aus der Hand und nahm einen Zug durch den Strohhalm. Die Aromen von Kokosnuss, Sahne und Kirsche verschmolzen in Aydens Mund und ließen ihn erleichtert aufatmen.

»Mhmmm, danke.« Ayden stieß einen zufriedenen Seufzer aus und rückte etwas zur Seite, dass Nathan sich neben ihn legen konnte. »Ich weiß, von mir erwartet man das nicht, weil die jetzige Wassertemperatur für mich eigentlich schon ziemlich hoch ist, aber ich könnte es noch etwas heißer vertragen.«

»Ein bisschen wärmer könnte nicht schaden, da hast du recht«, pflichtete Kyla Ayden bei.

Ayden wusste natürlich, dass Nathan sich das nicht zwei Mal sagen ließ. Keine Sekunde später spürte Ayden, wie Nathan die Hitze aus seinen Poren strömen ließ und sich das Wasser in Nathans näherer Umgebung schlagartig erhitzte.

»Bah, hat einer von euch ins Wasser gepisst?«, schimpfte Finn angewidert.

»Nicht, dass man das bei der Temperatur überhaupt merken würde, Finn«, erklärte Shadow. »Aber nein, ich denke Nate hat etwas nachgeholfen.« Den zweiten Satz sagte sie etwas leiser und sah dabei grinsend in Nathans Richtung.

»Sag mal, Rin«, sprach Nathan Rin an, der gerade die Bierflasche von seinen Lippen löste und Nathan mit hochgezogenen Augenbrauen fragend ansah. »Hast wohl vor dem Thermenbesuch nichts mehr anbrennen lassen, hm?« Nathan deutete auf Rins Hals und erst jetzt fielen auch Ayden die kleinen runden und ovalen Blutergüsse auf, die sich über Rins Halspartie verteilten.

Rin riss die Augen auf und klatschte sich mit seiner freien Hand seitlich an den Hals, während er Roxy schockiert anstarrte, die daraufhin nur vergnügt lachte.

»Ich würde den Mund an deiner Stelle nicht so weit aufreißen, Nate«, konterte Roxy und grinste Nathan hinterlistig an. »Du erinnerst dich daran, dass du vor Ayden ins Wasser gegangen bist, richtig?«

»Auch wenn ich mich frage, warum du genau dorthin geguckt hast…«, entgegnete Ayden und tauchte bis zum Kinn im Wasser ab. »…möchte ich gerade bitte einfach sterben.«

»Da muss ich Roxy in Schutz nehmen«, grätschte Finn dazwischen. »Das war wie ein Autounfall, man musste hinsehen. Also nicht bei jedem, aber Nates Unterleib war gesprenkelt wie das Fell eines Dalmatiners.«

»Oh Gott, bitte nimm mich mit in den Tod, Ayden«, murmelte Rin, dem dieses Gespräch auch sichtlich unangenehm war und erntete von Ayden nur ein zustimmendes Nicken.

Nathan legte sich die Hände hinter den Kopf und obwohl er Ayden nicht ansah, wusste Ayden, dass Nathan sich für keinen einzigen Knutschfleck an seinem Körper schämte, im Gegenteil. Während Ayden sie schon längst vergessen und unglücklicherweise auch nicht bei deren Entstehung an den Thermenbesuch gedacht hatte, trug Nathan die kleinen Blutergüsse stattdessen triumphierend, wenn nicht geradezu stolz, mit sich umher.

Glücklicherweise war niemand nah genug an Nathan dran gewesen, um zu erkennen, dass sich unter die Knutschflecke auch einige Bisswunden geschlichen hatten. Wenn Ayden sich vollkommen wohl fühlte, und das war in Nathans Gegenwart zweifellos der Fall, ließ er es von Zeit zu Zeit zu, dass neben seinen Fuchsaugen auch seine spitzen Fangzähne hervortraten. In diesen Situationen hatte Ayden die volle Kontrolle über seine Transformationen und wusste, dass er Nathan, der jede seiner Bewegungen immer voller Faszination verfolgte, damit vollkommen um den Verstand bringen konnte.

Ayden lauschte die restliche Zeit im großen Pool den heiteren Gesprächen zwischen den zwar lauten und teilweise ziemlich schamlosen, aber nicht minder witzigen und liebenswerten Menschen um sich herum, die er zu seinem Freundeskreis zählen durfte.

Nach dem Poolaufenthalt hatten sie sich für eine Kräutersauna entschieden, die sie als Erstes ausprobieren wollten. Dafür hatte auch Ayden nun seinen Bademantel gegen ein Handtuch eingetauscht und es sich um die Hüfte gebunden. Als geschlossene Gruppe betraten sie den kleinen, aufgeheizten Raum. Schon als Shadow die Tür öffnete, kam ihnen ein Schwall dampfiger, stickiger Luft entgegen, der den Duft der verschiedenen Kräuter mit sich trug. Für Nathan war das, wie auch zuvor im Wasser, keine Temperatur, bei der er zu schwitzen begann, weil seine Körpertemperatur sowieso höher war. Trotzdem genoss er die Zeit mit den anderen in vollen Zügen.

Ayden hatte seine Haare wieder aus dem Dutt befreit und nur das Deckhaar zu einem Zopf zusammengebunden, wie er seine Haarpracht sonst auch immer trug. Am Ende musste Ayden das machen, womit er sich am wohlsten fühlte und Nathan war der Letzte, der Ayden dabei in eine Richtung drücken wollte. Ayden wählte den Platz neben Shadow auf der Holzbank, und da sich in der Mitte des Raumes auch Plätze befanden, die zu einem Kreis angeordnet waren, setzte Nathan sich dort neben Finn und damit Ayden gegenüber.

Da Ayden und Nathan die Sauna zuletzt betreten hatten, saß auf dem freien Fleck neben Ayden nun keiner. Gerade als Nathan aufstehen wollte, um sich doch neben Ayden zu setzen, betrat eine junge Frau den Raum und nahm neben Ayden Platz. Sie ließ ihren Blick langsam und musternd durch den Raum schweifen und ihn schlussendlich auf Ayden verweilen. Nathan sah Ayden sofort an, dass dieser sich dabei unwohl fühlte.

»Hey, ich will nicht komisch rüberkommen, aber du hast wirklich schöne Haare«, sagte die Unbekannte und lächelte Ayden freundlich und aufgeschlossen an.

»D-Danke«, stammelte Ayden und versuchte ihr Lächeln zu erwidern, brachte aber nur nervös in die Höhe zuckende Mundwinkel zustande.

Als die junge Frau anschließend auch noch Aydens Augen mit einem Kompliment kommentierte, sah man Ayden förmlich implodieren. Ayden spielte angespannt mit seinen Fingern und senkte seinen Blick, ohne zu antworten. Das, was man durchaus als Unhöflichkeit hätte werten können, war stattdessen grenzenlose Überforderung. Nathan musste sich wirklich zurückhalten, nicht los zu prusten, weil Ayden so niedlich dabei aussah, wenn er Bestätigung bekam, mit der er nicht ansatzweise umgehen konnte. Aber natürlich wusste Nathan, dass diese Situation für Ayden alles andere als lustig war. Eingreifen wollte er aber noch weniger, weil das noch mehr Aufmerksamkeit auf Ayden gezogen hätte.

Da es der Fremden, ihrem gequälten Seufzen nach zu urteilen, allem Anschein nach zu heiß in der Sauna wurde, verabschiedete sie sich von ihnen allen und verließ den Raum, in welchem sie nun nur noch zu siebt zurückblieben.

»Du hast die doch dafür bezahlt, dass sie das sagt«, flüsterte Ayden Nathan zu, während der Rest ihrer Gruppe in ein Gespräch verwickelt war. Diesmal lag in Aydens Stimme aber kein witzelnder Unterton, sondern pure Ernsthaftigkeit.

»Das glaubst du nicht wirklich, oder?«, fragte Nathan Ayden schockiert und lehnte sich zu ihm vor.

»Ich weiß nicht. Manchmal denke ich, du würdest alles tun, um mir ein gutes Gefühl zu geben«, antwortete Ayden schulterzuckend.

»Sowas nicht«, entgegnete Nathan streng. »Und um ehrlich zu sein verletzt es mich ein wenig, dass du mir das wirklich zutraust.«

Ayden hob abrupt den Kopf und sah Nathan völlig aufgelöst an. Er konnte Aydens glasige Augen selbst durch den Dampf in der Sauna noch erkennen und als Ayden sich auf seine zitternde Unterlippe biss, wurde Nathan erst bewusst, dass Aydens Unsicherheit doch tiefer saß, als es zunächst den Anschein gemacht hatte.

»Ich glaub, Ayden ist es gerade etwas zu heiß hier drin. Wir warten auf dem Balkon vor der Tür auf euch, ja?« Ohne eine Antwort der anderen abzuwarten, nahm Nathan Ayden an der Hand und zog ihn, nachdem er ihm vor der Tür den Bademantel übergeworfen hatte, hinter sich her auf den Balkon, von dem man auf weitläufige Felder blicken konnte.

Nathan lehnte sich an das Geländer und zog Ayden zwischen seine Beine. Ayden blickte ihn an und die Anspannung in Aydens Körper tanzte sichtbar in seinen Augen umher. Aydens Pupillen zitterten regelrecht, als würde er es nicht schaffen, einen Punkt zu fixieren. Daraufhin umhüllte Nathan Ayden mit einer warmen Decke aus Luftpartikeln, die er unsichtbar um Ayden schweben ließ. Er gab Ayden Zeit. Er gab ihm alle Zeit der Welt, die nötig war, um ihn sich sicher fühlen zu lassen.

»Es tut mir leid«, murmelte Ayden schließlich und holte zittrig Luft. »Ich hab das nicht so gemeint. Mir hat nur früher niemand Komplimente gemacht. Dass von dir welche kommen, kann ich irgendwie verstehen, weil wir zusammen sind. Aber ich hab’s für unwahrscheinlich gehalten, dass sonst jemand irgendwas an mir hübsch finden könnte. Und ich kann verstehen, wenn es dich nervt, mich dauernd vom Gegenteil überzeugen zu müssen. Es ist nicht richtig, dich quasi dafür zu benutzen, dass ich mich gut fühlen kann. Verzeih mir bitte.«

»Du benutzt mich nicht dafür, Ayden«, entgegnete Nathan mit tiefer und möglichst beruhigender Stimme. »Du kannst nichts dafür, dass du dir über so vieles Gedanken machst. Aber wenn du mich lässt, werde ich dir helfen, daran zu arbeiten. Ich werde einfach meinen Teil tun und dir nur das sagen, was ich denke. Und wenn das bedeutet, dass ich dir zehn Mal täglich damit in den Ohren liege, wie sehr ich dich schätze und wie schön ich dich finde, innerlich wie äußerlich, dann ist das so. Das sage ich nämlich auch ohne, dass du es von mir verlangst. Und ich weiß, dass du dich, obwohl du dann immer mit dem Kopf schüttelst, darüber freust, das zu hören. Und das reicht mir als Dank. Ich will nur sowas wie gerade eben nie wieder hören, ja? Ich würde niemanden dafür bezahlen, dir Komplimente zu machen. Am Ende gefallen dir die besser als meine. Wo kämen wir da hin?«

Aydens Wangen nahmen einen rosigen Farbton an und er lächelte so breit, dass sich winzige Grübchen an seinen Mundwinkeln bildeten. In diesem Moment wollte Nathan seine Worte zurücknehmen. Er würde alles Geld der Welt dafür bezahlen, wenn es jemand schaffen würde, diesen Ausdruck auf Aydens Gesicht zu zaubern, wenn es Nathan irgendwann nicht mehr vergönnt sein sollte. So sehr er den Gedanken hasste, dass Ayden eine andere Person so ansehen könnte, umso mehr schmerzte ihn die Vorstellung, dass Ayden nie wieder so aussehen würde. Aber sollten sie das Rätsel um die Portale lösen können, würde er Ayden vielleicht immer wiedersehen können. Nie wieder von ihm getrennt sein müssen.

Ayden stellte sich auf die Zehenspitzen und schlang die Arme um Nathans Hals. »Übrigens«, flüsterte Nathan Ayden zu, dessen Gesicht nur noch ein paar Zentimeter von seinem entfernt war. »Ob du es mir glaubst oder nicht, aber an dem Tag, an dem ich vor ein paar Wochen aus der Arbeit angerufen habe, wurde ich gefragt, ob du ein Model bist. Riko wollte gerne ein Bild von dir sehen und daraufhin haben mich sogar ein paar Stammgäste gebeten, es ihnen auch zu zeigen. Deine Haare, deine Augen und deine Ausstrahlung fallen den Leuten positiv auf, und das ist nichts, wofür ich mich schämen würde.« Nathan setzte Ayden einen flüchtigen Kuss auf die Lippen und sah ihm wieder tief in die Augen. »Natürlich kannst du sowas sagen wie „Ja aber auch nur, weil die Farbe meiner Haare und Augen besonders ist“ und auch wenn das so ist, ändert das nichts daran, dass es etwas wahnsinnig Schönes an dir ist. Wir beide können nicht so einfach mit dem Strom schwimmen, aber das sehe ich als unsere Stärke an. Nicht als Schwäche.«

»Ich liebe dich, du Charmebolzen.« Ayden grinste Nathan an und schmiegte sich dann mit der Wange an seine Brust. »Tut mir leid, dass ich dich mit dem Kommentar in der Sauna verletzt habe.«

»Schon gut«, antwortete Nathan und setzte Ayden einen Kuss auf den Kopf. »Sag sowas nur bitte nicht noch mal.«

»Ja, Daddy.« Ayden löste sich von Nathan und warf ihm einen durchtriebenen Blick zu, bevor er sich umdrehte und wieder ins Gebäude hüpfte, um sich zu den anderen zu gesellen, die gerade die Sauna verlassen hatten.

Nathan musste amüsiert den Kopf schütteln, weil es ihn faszinierte, wie sehr Ayden zwar manchmal an sich zweifelte, aber dennoch genau wusste, was er tun musste, um ihn völlig um den Verstand zu bringen.

Nachdem die anderen auch nach etlichen Saunagängen immer noch nicht genug hatten, entschieden Kyla und Ayden sich dafür, eine Runde auszusetzen und stattdessen an einer der Bars außerhalb des Beckens etwas zu trinken. Da Kyla Ayden versichert hatte, dass sie absolut zufrieden mit der momentanen Situation war und es sich nicht anders wünschte, war Ayden umso glücklicher, in Kyla eine Freundin gefunden zu haben, mit der er sich vollkommen ungezwungen unterhalten konnte.

Kyla nahm kein Blatt vor den Mund und zog Ayden jede noch so kleine Neuigkeit aus der Nase, auch wenn nahezu alle davon natürlich mit Nathan zu tun hatten. Aber so, wie auch viele andere Menschen eine Person in ihrem Leben hatten, mit der sie ein bisschen über den Freund schwärmen konnten, hatte Ayden diese Person in Kyla gefunden. Auch wenn es ihm anfangs etwas unangenehm gewesen war, weil er Angst gehabt hatte, Kyla damit doch irgendwie zu verletzen, machten ihre Unbekümmertheit und ihr ernsthaftes Interesse diese Sorgen schnell zunichte.

Auch Kyla hatte Aydens generelle Unsicherheit, was Beziehungen und öffentliche Liebesbekundungen anbelangte, sofort registriert. Kyla war zwar sehr stolz und wirkte oft arrogant, war dafür aber umso ehrlicher. Und dadurch baute es Ayden noch mehr auf, wenn Kyla ihn wissen ließ, wie sie über die Beziehung zwischen Nathan und ihm dachte. Sie erzählte Ayden, wie wenig Interesse Nathan in der Vergangenheit an Beziehungen gehabt hatte und wie schön sie es fand, Nathan und ihn jetzt so glücklich zu sehen.

Seit ihrer Schulzeit kannte Kyla Nathan nun schon und hatte Ayden auch gestanden, dass sie Nathan des Öfteren eindeutige und unmissverständliche Angebote gemacht hatte, die Nathan aber scheinbar immer, ohne zu zögern, abgelehnt hatte. Kyla gab auch kichernd zu, dass sie sich nicht vorstellen konnte, dass Nathans Interesse an Ayden irgendwann abflauen würde. Vielmehr überraschte es Ayden, zugegebenermaßen positiv, dass Kyla annahm, Nathans Geflirte und die dazugehörige Anhänglichkeit gehöre so sehr zu seinem Wesen, dass es wohl ewig so weitergehen würde.

In Aydens früherem Bekanntenkreis hatte es Beziehungen gegeben, die nach der Phase der rosaroten Brille zu bröckeln begonnen hatten. Beziehungen, in denen sich erst nach dieser Phase die Schwierigkeiten oder die Unvereinbarkeiten im Alltag herauskristallisiert hatten. Ayden war nicht so naiv, um zu denken, dass diese verliebte Phase bei ihnen nie enden würde, aber ein bisschen Hoffnung flackerte trotzdem in ihm. Und Kylas Worte nährten diese Hoffnung zusätzlich. Auch Ayden konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, dass Nathan irgendwann anders mit ihm umgehen würde als jetzt.

Während sie sich angeregt unterhielten und zusammen lachten, quietschte es plötzlich laut neben ihnen. Zwei Männer, circa Mitte bis Ende Zwanzig, groß und breit gebaut, hatten sich Stühle an ihren Tisch herangeschoben und sich, ohne zu fragen, zu ihnen gesetzt.

»Ähm, kann man euch helfen?«, fragte Kyla sichtlich genervt und zog am Strohhalm ihres Getränks.

»Ja, indem du uns eine Runde ausgeben lässt«, antwortete einer der Männer, der sich währenddessen auf seine Stuhllehne stützte und sich zu Kyla vorlehnte. Der Unbekannte hatte dunkelblonde Haare, die ihm bis zum Kinn reichten und einen mittellangen Bart. Sein Blick verweilte auf Kyla, was ihr ein sichtlich unbehagliches Gefühl vermittelte.

»Nein, danke. Kein Bedarf«, blockte Kyla ab und versuchte dabei unbekümmert zu wirken, warf Ayden aber dennoch einen hilfesuchenden Blick zu.

»Ach, ich glaube da können wir uns doch noch einig werden, oder nicht?« Die bedrängenden Worte und die einschüchternde Körpersprache des blonden Mannes ließen Kyla zusammenzucken.

»Hört ihr schlecht?«, raunte Ayden den beiden Proleten zu. »Sie hat Nein gesagt.«

»Kein Bedarf bedeutet nicht, dass man es nicht doch möchte«, erwiderte plötzlich der glatzköpfige Mann lachend und drehte Ayden sofort wieder den Rücken zu.

»Ihr erstes Wort war ein klares Nein. Soll ich’s dir buchstabieren?«

»Hör mir mal zu, du Stöpsel.« Der Glatzkopf zu seiner Linken stützte sich mit den Unterarmen auf den Tisch und sah Ayden tief in die Augen, während er vergeblich versuchte, Ayden damit Angst einzuflößen. »Ist doch immer das Gleiche. Erst wird sich geziert und am Ende nimmt man das kostenlose Getränk dann doch gerne an und bedankt sich auf eine andere Art und Weise. So wie du aussiehst, hat sich von dir nur noch nie eine was ausgeben lassen.«

Kyla setzte sich etwas aufrechter in ihren Stuhl und räusperte sich lautstark. »Doch, ich habe mir einen Cocktail von ihm ausgeben lassen. Gerade eben. Problem damit?«

»Schaut mal, Jungs«, erhob Ayden erneut das Wort, woraufhin die zwei Männer sich zu ihm drehten und ihn herablassend musterten. »Ich weiß nicht, ob ihr schon einen im Tee habt oder wirklich so dermaßen respektlos seid, aber wenn euch eine Person sagt, dass sie kein Interesse an euch hat, muss sie das nicht zweimal sagen, einmal sollte reichen. Ich nehme mal an, Nein ist das Wort, das euch am häufigsten entgegengebracht wird, deshalb solltet ihr unbedingt die Bedeutung dahinter verstehen lernen.«

Ayden konnte allein über die Luft schon spüren, wie sich die Muskeln der beiden Störenfriede verkrampften. Aber anders als bei der Auseinandersetzung in der Bar, war Ayden diesmal besser vorbereitet. Er sah sich nach eventuellen Schaulustigen um, die er auch sofort erblickte. Noch während Aydens Nebenmann sich erhob und die Faust zum Angriff ballte, nahm Ayden Blickkontakt zu einem Angestellten der Therme auf, der in ihre Richtung rannte und rief diesem entgegen: »Bitte hinsehen!« Ayden ging blitzschnell in die Hocke, um dem Fausthieb seines Gegenübers in letzter Sekunde auszuweichen. »Ab jetzt ist das hier Notwehr!«

Natürlich hasste Ayden es, das Zentrum der Aufmerksamkeit zu sein. Da ihm die Auseinandersetzung in der Bar, bei der er an die Theke geworfen worden war, jedoch gezeigt hatte, dass er unabhängig von seiner Reaktion im Mittelpunkt stehen würde, entschied er sich diesmal für die Gegenwehr. Und da sich diese Schlägerei scheinbar sowieso nicht vermeiden ließ, wollte er so viele Menschen um sich herum darauf aufmerksam machen, wie es ihm möglich war. Ayden zielte darauf ab, dass die Anwesenden auch wirklich sahen, dass er sich nur wehrte und nicht selbst der Angreifer war.

»Ich möchte nur mit allem nötigen Respekt darauf hinweisen, dass ich Kampfsport gemacht habe und mich jetzt wehren werde, ist das angekommen?«, fragte Ayden mit vor der Brust erhobenen Handflächen, während er den Griffen der beiden Männer weiter gekonnt auswich. Ayden hatte zwar keinen Kampfsport betrieben, aber seine übermenschlichen Kräfte kamen dem noch am nächsten.

»Was willst du Schlumpf uns schon anhaben?«, lachte einer der beiden Männer zynisch und erwischte Ayden im selben Moment am Handgelenk.

Ayden seufzte genervt und versuchte innerlich so ruhig wie möglich zu bleiben. Mit einer geschickten Drehung befreite er sein Handgelenk aus der Umklammerung und sprang im nächsten Augenblick frontal auf seine beiden Angreifer zu. Als wäre es eine seiner leichtesten Übungen, griff Ayden blitzschnell mit jeweils einer Hand nach den Kehlen der beiden Männer und ließ sie mit einem beherzten Ruck hinten über und mit dem Rücken voraus auf den Fliesenboden knallen, wo sie sich unter Aydens Griff windeten. Während Ayden sie auf den Boden presste, griffen die Männer nach seinen Handgelenken und versuchten so, die Umklammerung zu lösen.

»Habe ich mich etwa nicht klar genug ausgedrückt?«, brüllte Ayden sie an und sah ihnen abwechselnd in die Augen. »Meine Begleitung hatte und hat noch immer kein Interesse an einer Unterhaltung und ich lege euch ans Herz, das jetzt und in Zukunft zu respektieren. Egal bei wem.«

In Situationen wie diesen begrüßte Ayden es durchaus, aufgrund seiner Größe und ganzen Erscheinung unterschätzt zu werden. Es verschaffte ihm eine gewisse Genugtuung, wenn der Überraschungseffekt seines Angriffs einen solch großen Einfluss hatte.

Für Ayden gab es zwei Möglichkeiten, mit den Dingen, die man an sich selbst nicht ändern konnte, umzugehen. Entweder er würde sich einigeln und ewige Zeiten lang darüber beschweren, dass er nicht so groß war, wie der Durchschnitt. Dass er einen anderen Körperbau hatte, der ihn nicht so einfach an Muskelmasse zunehmen ließ. Dass er so zierlich wirkte und die Leute erst davon überzeugen musste, dass er zwar zurückhaltend war, aber nicht schwächlich.

Oder, und das war seine Art damit umzugehen, er würde es als positive Eigenschaft an sich ansehen. Unterschätzt zu werden war nicht immer etwas Schlechtes. Für Ayden bedeutete das, dass er es umso einfacher hatte, Menschen von sich zu überzeugen. Von ihm erwarteten die wenigsten, dass er zwei ausgewachsene Männer zur Strecke bringen könnte. Und doch kniete er nun auf dem Boden, jeweils eine Hand an den Kehlen der Männer, die er noch immer auf den Boden drückte. Und diese Tatsache zeichnete ihm ein selbstsicheres Lächeln aufs Gesicht.

»Bist du Giftzwerg vollkommen verrückt geworden? Nimm deine Hände von uns!«, ächzte der glatzköpfige Mann Ayden entgegen.

»Oh, der Giftzwerg kann auch noch ganz anders«, lachte Ayden höhnisch. »Wir warten hier alle auf eine Entschuldigung.«

Bevor die zwei Männer wieder anfangen konnten, ihn mit Beschimpfungen zu bombardieren, nahm Ayden wahr, wie in die Traube an Menschen um sie herum plötzlich Bewegung kam. Scheinbar hatte Nathans Ayden-Radar wieder ausgeschlagen, denn im nächsten Moment schoss Nathan mit dem Rest der Truppe durch die Menschenmenge auf sie zu und blieb leicht außer Atem vor Kyla, Ayden und den am Boden liegenden Männern stehen.

»Ayden?« Nathan blickte Ayden vollkommen verwirrt an, bevor sein Blick zu den Angreifern wanderte. »Was hat das zu bedeuten? Ist dir was passiert?«

»Alles gut, mach dir keine Sorgen«, versicherte Ayden und deutete mit einer Kopfbewegung zu den Security-Mitarbeitern, die mittlerweile am Ort des Geschehens eingetroffen waren. »Bevor ich die zwei Idioten aber übergebe, will ich eine VERDAMMTE ENTSCHULDIGUNG HÖREN.« Die letzten Worte brüllte Ayden den Männern ins Gesicht, die nur spöttisch grinsten. Spöttisch, aber gequält, da Ayden ihre Kehlen noch immer umfasst hielt.

»Darauf kannst du lange warten, Kleiner«, lachte der Blonde bitter. »Wir werden eh rausgeworfen. Also scheiß ich drauf, ob du eine Entschuldigung hören willst, oder nicht.« Mit diesen Worten spuckte der Mann Ayden mitten ins Gesicht und nutzte das Überraschungsmoment, um Aydens Hand von sich zu schlagen.

In diesem Moment griffen nun allerdings die Security-Mitarbeiter ein, packten sich jeweils einen der Störenfriede und verschränkten deren Arme mit gekonnten Handgriffen hinter ihren Rücken. Ayden konnte Nathan ansehen, dass dieser vor Wut geradezu schäumte. Nathan trat vor den Mann, der Ayden angespuckt hatte, und sah ihm durchdringend in die Augen.

»Ich schlage vor, du entschuldigst dich auf der Stelle bei meinem Freund dafür, ihn angespuckt zu haben«, knurrte Nathan.

»Sonst? Braucht er etwa einen Bodyguard?«, spottete Nathans Gegenüber.

»Oh, glaub mir, er kann sich bestens selbst verteidigen, wie du wohl gerade zu spüren bekommen hast. Ich würde es dir nur für die Zukunft raten. Man sieht sich ja bekanntlich zwei Mal im Leben.«

Ayden trat an Nathans Seite, woraufhin Nathan seinen Arm um Aydens Hüfte legte und ihn an sich zog.

»Ich hab‘s doch gesagt, Mike. Der Kleine gibt nichts aus. Dem wird ausgegeben«, lachte der glatzköpfige Mann gehässig.

»Klasse«, seufzte Ayden. »Sexistisch und homophob, es wird immer besser. Oder seid ihr traurig, dass neben euren wundervollen Persönlichkeiten selbst an euren Ärschen niemand Interesse hat?«

Für Ayden machte es einen wesentlichen Unterschied, ob seine Freunde ihn mit neckischen Bemerkungen liebevoll aufzogen, wie er es auch bei ihnen tat, oder sich fremde Menschen über Dinge an ihm lustig machten, die er nicht ändern konnte. Wenn Shadow seine Beine „kurze Stelzen“ oder ihn „ihr kleines Baby“ nannte, war das eine Anmerkung unter Freunden, über die Ayden nur zu gut lachen konnte, worauf er Shadow immer eine ebenso schlagfertige Bemerkung zukommen ließ. Genauso verhielt es sich mit der Tatsache, dass er schwul war.

Er selbst riss mit Nathan und den Anderen Witze darüber, weil er wusste, dass ihre Freunde niemals wirklich so denken würden. Das war sein ganz eigener Humor und es war ihm auch bewusst, dass jeder Mensch einen anderen Humor hatte und Dinge, die er für lustig befand, nicht automatisch für jeden Menschen lustig waren, oder es andere Personen mit anderem Charakter auch ganz schnell verletzen konnte. Auch unterschied er hierbei ganz klar zwischen Freundeskreis und Außenstehenden. Wenn ein Außenstehender Witze über ihn oder seine Sexualität machte, wobei deutlich wurde, dass eine gewisse Ernsthaftigkeit in diesen Worten lag, war genau an der Stelle der Spaß vorbei. Und so auch jetzt.

Da Ayden aber nicht eine noch größere Szene machen wollte, als es eh schon der Fall war, ließ er die Diskussion nach einem abschätzigen Lachen der beiden Männer ruhen. Mit einem Kopfschütteln wandte Ayden sich von ihnen ab und zog auch Nathan und Kyla mit sich zu den anderen, die am Rande des Kreises, der sich um sie herum gebildet hatte, standen.

Nachdem die Auseinandersetzung von Polizisten protokolliert worden war und Kyla und Ayden eine Anzeige aufgegeben hatten, kam ein Mitarbeiter der Therme auf sie zu und bat ihnen eine Entschädigung an, um sicherzustellen, dass sie den Rest ihres Thermenaufenthalts noch genießen konnten. Sie alle erhielten den Eintrittspreis zurück und schließlich wurden ihnen zwei nebeneinanderliegende, kleine Chalets im Außenbereich zugewiesen, die an den Rand des Naturteichs gebaut waren, auf den kleine Terrassen führten. Nachdem sie die beiden Terrassen mit einer von der Therme zur Verfügung gestellten Planke verbunden hatten, stand ihnen zu siebt nun ein großer Bereich zur Verfügung, in den sie sich etwas vom Trubel zurückziehen konnten.

Innerhalb der Chalets befanden sich jeweils ein großes Bett, zwei Sessel, ein Fernseher und eine Minibar mit Obstplatten und Getränken. Auf der Terrasse fanden sie zwei große Liegeinseln, bequeme Liegen, kuschlige Decken und hochwertige Bademäntel vor.

Ayden und Nathan lagen in der Sonneninsel auf der Terrasse und hatten sich eine weiche Decke übergeworfen, während sie auf die anderen warteten, welche die Toiletten aufsuchen und anschließend noch etwas zu essen mitbringen wollten.

»Bei dir ist aber wirklich alles in Ordnung, oder? Du sagst das nicht nur?«, hakte Nathan besorgt nach.

»Nein, wirklich.« Ayden schenkte Nathan ein aufmunterndes Lächeln und schlang seine Arme um Nathans Hals, während Nathan seitlich über Ayden gebeugt lag. »Was mich eher traurig macht, ist, dass wegen solchen Begegnungen meine Hoffnung schwindet, dass sich irgendwann mal alle mit Respekt behandeln könnten. Kylas Angriffsfläche ist es, eine Frau zu sein. Meine Angriffsfläche ist mein Äußeres und meine Sexualität. Und solche Kleingeister wie diese Typen springen sofort darauf an. Ich konnte das dieses Mal gut wegstecken, weil ich Kyla schützen wollte. Aber ich hab ihr, seit die Typen aufgetaucht sind, angesehen, dass sie Angst hatte.«

»Mit dir in ihrer Nähe hat sie sicherlich keine Angst mehr«, entgegnete Nathan. »Auch wenn der Rest von uns zwar nicht mitbekommen hat, was bis zum Ende genau vorgefallen ist, hat wohl jeder gesehen, wozu du im Ernstfall fähig bist.«

»Ich hoffe, das muss ich nicht noch mal unter Beweis stellen«, seufzte Ayden.

»Das hoffe ich auch. Ist es für dich eigentlich in Ordnung, dass ich in der Öffentlichkeit so sorglos mit dir umgehe?«, fragte Nathan und küsste Ayden auf die Innenseite seines Handgelenks, bevor er sich Aydens Hand an die Wange legte.

»In einer Umgebung, die ich kenne, weiß ich ungefähr, wie andere Menschen reagieren. Und wenn wie heute noch unsere Freunde dabei sind, habe ich zudem das Gefühl, nicht so wahnsinnig herauszustechen. Also ja, es ist in Ordnung. Warum fragst du?«

»Es ist nur…« Nathan biss sich nachdenklich auf die Unterlippe. »Ich will mit dir hier sein können, wie alle anderen Paare auch. Wir werden wahrscheinlich niemals aufhören können, immer im Hinterkopf zu haben, dass uns jemand schief ansieht, aber ich sehe an jeder Ecke knutschende Menschen und möchte einfach genauso sorglos sein wie die. Und obwohl man das natürlich nicht soll, kann mir keiner erzählen, dass es in diesen Hütten und privaten Bereichen noch keiner getrieben hat.« Nathan musste laut lachen, als Ayden ihm beschämt auf die Brust schlug und ihm einen tadelnden Blick zuwarf. »Was ist? Du denkst also, jeder hält sich an die Regeln, ja?«

»Natürlich nicht«, entgegnete Ayden leise. »Aber wir sind nicht alleine hier.«

»Ohoooo!« Nathan pfiff durch die Zähne und grinste breit. »Also wenn wir alleine hier wären…« Nathan ließ seine Fingerspitzen über Aydens Brust tanzen.

»Aaaargh«, stöhnte Ayden und rollte mit den Augen, musste dann aber selbst verschmitzt grinsen. »Was mach ich nur mit dir?«

»Fürs Erste… Mach mit mir rum?« Nathan zwinkerte Ayden zu, welcher ihn, bevor er womöglich etwas noch Peinlicheres sagen konnte, zu sich zog und Nathan mit seinen Lippen verstummen ließ.

Nach einigen schönen Stunden in der Therme machten sie sich zusammen auf den Weg nach Hause.

Auf der Rückfahrt band Kyla Ayden, der nach ein paar Minuten Fahrt eingeschlafen war, seitliche Zöpfe, während sein Kopf auf ihrem Schoß lag. Nathan streichelte Ayden ganz sanft über die Oberschenkel und sah Kyla interessiert zu, während er angestrengt versuchte, sich ihre Handgriffe zu merken.

»Soll ich dir mal nen Crash-Kurs geben?«, fragte Kyla flüsternd, um Ayden nicht zu wecken.

»Unbedingt«, antwortete Nathan lächelnd. »Ayden hat gemeint, er liebt es, wenn ich ihm durch die Haare streiche.«

»Er liebt dich, Nate« Kyla stoppte kurz in ihrer Bewegung und sah Nathan an. Ihr Blick war so aufrichtig und herzlich, dass er ihr jedes Wort glaubte, das ihren Mund daraufhin verließ. »Wie er über dich spricht, dich ansieht und wie weit du ihn schon aus seinem Schneckenhaus herausgezogen hast, ohne dass er es überhaupt gemerkt hat. Es ist komisch, aber euch anzusehen macht mich glücklich. Ich hab echt gedacht, dass es mir wehtun würde. Aber das tut es nicht.« Nathan bemerkte, dass Kyla ein paar Tränen aus den Augen kullerten. »Ihr seid zwei so wundervolle Menschen und ich ertrage es nicht, dass ich euch so hintergangen habe.«

»Hey, sag sowas nicht«, flüsterte Nathan und lehnte sich etwas zu ihr, um ihr mit der Hand tröstend über die Schulter zu streichen. »Wenn Ayden und ich das hinter uns lassen konnten, kannst du das auch. Ich weiß, warum ich mit dir befreundet bin und auch Ayden hat dich schon jetzt extrem in sein Herz geschlossen. Du gehörst zu unserer Familie und wir vertrauen dir.«

Durch leise Schmatzgeräusche kündigte Ayden sein Erwachen an und rieb sich die Augen, als Finns Bulli gerade vor dem Trampelpfad zu ihrem Containerhaus zum Stehen kam. Ayden und Nathan verabschiedeten sich von ihren Freunden und schlüpften umgehend unter ihre Bettdecke auf dem ausgezogenen Sofa, um sich für den kommenden Tag mit ausreichend Schlaf zu wappnen.

Hidden Spirits

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