Читать книгу Viele Frösche musst du küssen, Tinderella! - Nina Ponath - Страница 6

3 Unentschlossen, ledig, sucht

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Alex und ich haben uns für Donnerstag, zwanzig Uhr, im Herren Simpel in der Schanze verabredet. »Auf einen Drink.« Ich weiß ja nicht. So ein »Drink« endet ja meistens eher kompliziert. Zumindest bei mir, was ganz eventuell daran liegen könnte, dass bei mir aus einem Treffen auf einen Drink in der Regel eher mehrere Drinks werden – so zwei bis vier mindestens und wie das dann endet, kann man sich ja denken. Auf jeden Fall in der Waagerechten, ob jetzt über dem Damenklo oder in einem fremden Schlafzimmer sei mal dahingestellt. Andererseits sieht Alex echt nett aus, so als hätte man bei ihm nichts zu befürchten. Vielleicht ist er ja wirklich einer der wenigen bei Tinder, die das hier einigermaßen ernst meinen. Oder zumindest nicht als Gratis-Online-Puff ansehen. In seinen Nachrichten klingt er auf jeden Fall ganz sympathisch und humorvoll. Das sah man schon an seiner ersten Nachricht, in der er sich erst mal entschuldigte, dass er nicht schon vorher geschrieben habe. Angeblich hätte er meine Nachricht übersehen. Ich habe es charmant überspielt und meinte, mir würden in meiner Liste mit den tausend Matches auch manchmal ein paar Nachrichten verloren gehen. Stimmt natürlich nicht – um ehrlich zu sein, habe ich jeden Tag mindestens zweimal gecheckt, ob ich nicht versehentlich diesen Push-Service bei neuen Nachrichten ausgestellt habe, und jedes Mal, wenn ich dann feststellte, dass der leider, leider aktiviert war, mich Alex ergo einfach ignorierte, war ich fast so weit, so einen peinlichen Selfie-Moment von mir zu teilen. Nur um Alex kurz in Erinnerung zu rufen, dass er da ein Match hat, das gar nicht sooo übel aussieht und auf eine Antwort wartet. Das ist mir ja dann aber zum Glück erspart geblieben und wir treffen uns jetzt so, ganz ohne dass ich meinen letzten Rest Würde verscherbeln musste.

Bis 19.45 Uhr habe ich absolut keine Ahnung, was ich anziehen soll. Jeans und Pulli? Ist ja nicht so wirklich spektakulär. So was wie ein Kleid würde mir aber wieder irgendwie übertrieben vorkommen. Ich entscheide mich schließlich für eine schwarze Hose, Ankle-Boots und einen langen Pulli. Man muss ja nicht gleich beim ersten Date zu viel auftischen, denke ich mir. Sonst erwarten die Kerle später noch – falls aus dem ersten Date mehr wird –, dass man immer so herumläuft. Und um ehrlich zu sein, mir sind meine Wochenenden in Jogginghose heilig. Als ich ins Auto steige, ist es schon zwanzig Uhr zehn – war ja klar. Damit ich irgendwo pünktlich erscheine, muss man mir schon einen Hubschrauber mit persönlichem Chauffeur vor die Tür stellen. Oder noch besser eine Zeitmaschine. Vielleicht sollte ich kurz Bescheid sagen, dass ich mich verspäte.

»Kein Problem«, sagt Alex, der zumindest am Telefon echt nett klingt, »dann gehe ich einfach schon mal rein und trinke das erste Bier allein.«

Sehr gut. Heißt, er sitzt da schon irgendwo, wenn ich im Laden ankomme, und ich kann – falls der Kerl der totale Flop sein sollte – immer noch unauffällig wieder abhauen.

Falls er denn überhaupt noch da ist, denn als ich endlich einen Parkplatz finde, ist es schon kurz vor neun. Nicht wirklich nett von mir, ihn eine Stunde warten zu lassen. Wenigstens weiß er so aber, was auf ihn zukommt; ich habe es noch nie geschafft, zu irgendeinem Treffen pünktlich zu kommen, nicht mal zum eigenen Vorstellungsgespräch. Damit muss man ja auch irgendwie klarkommen.

Das Herren Simpel ist ziemlich voll dafür, dass Donnerstagabend ist. Zwischen den ganzen Studenten und partysüchtigen Werbetypen sieht man kaum etwas. Meine Augen streifen suchend durch den Raum und tadaaa – machen im hinteren Teil, oben, einen lockigen Hinterkopf aus. Das muss er sein! Seine Rückseite sieht schon mal ganz okay aus, soweit man das halt von hinten beurteilen kann. Ich meine, er hat weder einen Buckel noch eine Halbglatze, aber mehr kann man aus dieser Perspektive ja auch nicht wirklich verkehrt machen. Und wenn er von vorn der totale Reinfall ist? Ach, was soll’s? Wenn ich nicht hingehe, werde ich es wohl nie rauskriegen. Außerdem: Wenn das Ganze hier komplett schiefgeht, kann ich das Kapitel Tinder wenigstens getrost abschließen. Also los.

Mit einem »Hey« tippe ich Alex auf die Schulter und bin dann auch schon restlos überfordert. Was jetzt? Küsschen links, rechts, umarmen oder – wir haben uns immerhin noch nie gesehen – ganz förmlich die Hand schütteln? Alex nimmt mir die Entscheidung ab und umarmt mich. Hat vielleicht schon mehr Blind-Date-Erfahrung als ich, denke ich und mustere ihn kritisch. So auf den ersten Blick kann man da nicht viel bemängeln. Alex sieht ziemlich genau so aus wie auf seinen Profilfotos: groß, blond gelockt, blaue Augen und ein einnehmendes Lächeln. Nicht unbedingt der Typ Mann, der mir sonst großartig auffallen würde, aber schon ganz hübsch.

»Schön, du hast also doch noch zu mir gefunden«, sagt Alex und grinst. »Doch noch Panik bekommen oder was war los?«

»Genau, das war’s. Du hast mich durchschaut. Und es hat so lange gedauert, bis die Beruhigungstabletten gewirkt haben«, kontere ich.

»Ja, ich kenne das. Echt nervig. Hoffentlich wirken die lange genug«, meint er zwinkernd.

»Ansonsten können wir nebenan in der Flora mal fragen, ob die uns ein bisschen Gras geben«, schlage ich vor.

»Oder wir trinken einfach schnell ein paar Kurze? Wie wäre es mit Tequila?«

Den Plan setzen wir umgehend in die Tat um. Das Date mit Alex läuft besser als gedacht. Humortechnisch scheinen wir total auf einer Wellenlänge zu sein und auch sonst finde ich ihn wirklich nett. Gut, dass er ständig »Sünde« sagt, wenn er irgendetwas scheiße findet, ist ein bisschen anstrengend, aber abgesehen davon … ist an ihm echt nichts auszusetzen. Deshalb machen wir uns auch erst auf den Weg, als die Bedienung uns latent rausekelt, indem sie um uns herum die Stühle hochstellt.

»War echt nett mit dir«, sagt Alex zum Abschied und strahlt mich an.

»Finde ich auch«, sage ich und stelle mich auf die Zehenspitzen, um ihn zu umarmen. Mehr gibt es von mir erst mal nicht. Käme mir jetzt auch irgendwie übertrieben vor, einen Typen, den ich gerade mal drei Stunden kenne, zu küssen. Obwohl ich den Abend mit ihm wirklich schön fand. Ich würde ihn tatsächlich gern wiedersehen. Also, falls er das auch will. Fragen werde ich das bestimmt nicht.

Muss ich auch gar nicht, denn kaum habe ich zu Hause den Schlüssel ins Schloss gesteckt, schreibt Alex auch schon: »Wann sehen wir uns wieder? Am Wochenende?«

Gern doch. Vielleicht ist dieses Tinder ja doch gar nicht so übel, wie ich dachte.

*

Na super. Zoe kommt nicht. Entweder das oder sie hat mich gesehen und schnell wieder Reißaus genommen. Obwohl ich mir das nur schwer vorstellen kann. So was ist mir noch nie passiert, versetzt auf dem eigenen Date. Gucken die mich wirklich alle schon mitleidig an oder bilde ich mir das nur ein? Hätte ich doch mal lieber dieser Alten mit der Katze zugesagt, die sich treffen wollte. Die sah vertrauenswürdiger aus. Zu allem Überfluss sitzt neben mir auch noch dieser komische Kerl mit seinem Date. Die sieht gar nicht mal so schlecht aus, glaube ich. Ich habe vorhin, als sie an mir vorbeiging, einen kurzen Blick auf sie werfen können und da fand ich sie ganz niedlich. Für einen kurzen Moment hatte ich mich sogar gefreut und gedacht, das könnte Zoe sein. Natürlich war sie es nicht. Solche Mädchen – normale Frauen, die was zu tun haben, vielleicht sogar ein Hobby oder einen Beruf haben und sich nicht nur über die Zahl ihrer One-Night-Stands definieren – triffst du nicht bei Tinder. Die Frauen, die hier unterwegs sind, sind irgendwie nicht so das, was man später mal seinen Eltern vorstellen möchte.

Die da vorn neben diesem Hampelmann ist garantiert nicht bei Tinder. Die sind bestimmt schon länger zusammen. Scheinen sich auf jeden Fall ganz gut zu verstehen und anders kann ich mir auch nicht erklären, dass sie überhaupt mit dem rumhängt. So besonders sieht er nicht aus: groß und Locken, so weit geht das klar, aber irgendwie hat er überhaupt kein Charisma. Der arme Kerl.

Mein Handy vibriert. Zoe.

»Hey«, schreibt sie, »entschuldige bitte, dass ich nicht gekommen bin. Ich hatte wirklich Lust, aber ich denke, unter den momentanen Umständen ist es so besser. Vielleicht sehen wir uns ja ein anderes Mal?«

Bitte? Sie versetzt mich und denkt, dass wir uns trotzdem noch ein anderes Mal sehen? Wie daneben – und irgendwie cool. Bis eben war ich mir ja nicht mal sicher, ob ich diese Zoe überhaupt wirklich treffen möchte, aber ich muss schon sagen, jetzt hat sie mich neugierig gemacht.

*

Ich gehöre nicht zu den Mädels, die aufgeregt vor dem ersten Date sind. Warum auch? Entweder man findet jemanden gut, dann ist alles prima. Wenn es dagegen dumm läuft, versucht man die Stunde in der Bar/im Café/im Restaurant so schnell es geht rumzukriegen und ist danach aus dem Schneider. Aufgeregt bin ich erst, wenn es ein zweites Date gibt. Da ist schon die Wahl der Location komplizierter als beim ersten Treffen. Essen oder etwas trinken war man ja schon und allmählich wird es für die Kerle teuer, für uns Mädels langweilig. Gern macht man dann deshalb so eine Kombi aus spazieren gehen und trinken beziehungsweise essen und dann kurz die eigene Wohnung präsentieren. Alex hat mich direkt zu sich nach Hause eingeladen. Ich bin mal gespannt, was das werden soll. Ein bisschen nervös bin ich schon. Es fühlt sich einfach so an, als würde heute viel mehr auf der Kippe stehen als beim letzten Mal. Wenn alles gut läuft, knutschen wir vielleicht rum und verabreden uns zu einem dritten Date. Dann wird es wahrscheinlich richtig ernst; in den USA gibt es ja sogar diese Drei-Dates-Regel, nach der man sich am Ende des dritten Dates dann spätestens mal küssen und Sex haben sollte. Im Prinzip haben die Amis damit ja nicht unrecht. Wenn man sich auf ein weiteres Date einlässt, wird man ja wenigstens ein bisschen Interesse an der anderen Person haben, oder? Also ich für meinen Fall kann schon behaupten, dass ich Alex nicht so schlecht finde.

Deshalb bin ich heute sogar so gut wie pünktlich. Alex wohnt im Karoviertel. Nicht die typische Gegend für einen Anwalt, aber irgendwie entspricht Alex eh nicht so dem Stereotyp seiner Berufsklasse. Zum Glück. Alex kommt mir echt kein bisschen spießig vor – nicht, dass ich ein so krass vorurteilsbeladener Mensch wäre, aber meine beste Freundin Kathi datet eben aus genau diesem Grund bevorzugt Anwälte: weil sie meistens ein Einstecktuch tragen und ihr immer ganz genau sagen können, welcher Champagner zu welchem Essen passt. Alex dagegen trägt Hoodies und ist nie um einen Spruch verlegen. Auch jetzt öffnet er mir betont lässig in Jogginghose die Tür.

»Du hast also zu mir gefunden, ohne auf dem Weg umgebracht zu werden? Sehr schön.«

»Ja, ich hatte unterwegs nur einen kleinen Kampf mit so einer Clique von Obdachlosen, aber sonst ist alles glattgelaufen.«

»So was. Dabei hatte ich denen doch extra noch gesagt, sie sollen bloß nicht lockerlassen und das Geld später bei mir abgeben.«

Alex führt mich kurz durch seine Wohnung, ehe wir es uns auf seinem Sofa bequem machen. Die Räume sind ziemlich kahl, typisch Männerbude eben. Keine Bilder, weder von seiner Familie noch von irgendwelchen Exfreundinnen (puh, Glück gehabt). Wie es scheint, hat er sein Geld hauptsächlich in Technik investiert: Überall hängen Lampen, die von allein die Farben wechseln, und der Fernseher könnte schon fast als Kinoleinwand durchgehen. Vorteil für mich. Ich bin nämlich, streng genommen, sehr kurzsichtig. Nicht so sehr, dass ich ohne Brille irgendwo gegen laufe oder rote Ampeln übersehe, aber eben doch so sehr, dass ich grußlos an Bekannten vorbeilaufe, weil ich sie schlichtweg nicht sehen kann. Ist mir neulich erst passiert. Mit Kathi. Ich musste ihr hoch und heilig versprechen, mir eine neue Brille zu kaufen, aber seitdem ich meine letzte beim Einparken selbst überfahren habe, bin ich nicht mehr so der Brillen-Fan.

Alex und ich machen es uns vor dem überdimensionalen Fernseher auf dem Sofa bequem. Wobei »bequem« es vielleicht nicht ganz so gut trifft: Ich sitze ziemlich auf die Kante gequetscht, weil ich Angst habe, Alex versehentlich zu berühren. Tendenziell hätte ich zwar nichts gegen ein bisschen Rumknutschen einzuwenden, aber das soll dann doch bitte von ihm ausgehen.

»Welche Filme magst du denn so?«, fragt mich Alex, während er durch die Mediathek seines Flachbildschirms scrollt. Hm, wenn ich jetzt ehrlich antworte, dass ich am liebsten Cameron-Diaz-Filme ohne jeglichen Anspruch, dafür mit jeder Menge flachem Humor, gucke, kommt das unter Umständen bei einem erwachsenen Anwalt nicht so gut an. Vielleicht sollte ich lieber einen auf gebildet machen. Dieser 12 Years a Slave da im Menü – hat der nicht mal einen Oscar bekommen?

»Den willst du gucken?«, fragt Alex ungläubig, als ich mit meinem Vorschlag rausrücke. »Okay.«

Falls ihr den Film noch nicht geguckt habt, so viel an dieser Stelle: Spart es euch. Der Film fängt schon so verwirrend an, dass man quasi von der ersten Minute an den Anschluss verliert. Dann geht es völlig sinnlos weiter und man fragt sich, welchen Auftrag Brad Pitt eigentlich in diesem Film erfüllen soll und ob dieser eine Typ auf der Farm Pete Doherty ist. Am Ende ist man ernsthaft erleichtert, wenn man, nachdem der Abspann schon gut und gern sechs Minuten läuft, bemerkt, dass man jetzt tatsächlich von dem Film erlöst ist. Yeah. Wobei: Doch nicht so geil, denn Alex und mich trennt immer noch ein Sicherheitsabstand von gut zwölf Zentimetern. Wie früher in der siebten Klasse, als man sich nicht sicher war, welchen Sinn und Zweck das »Zusammen-Mathe-Lernen« mit dem gut aussehenden Klassenkameraden erfüllen sollte. Ich habe meine Beine inzwischen so zum Schneidersitz verschlungen, dass jeder Yogalehrer stolz auf mich wäre. Alex wiederum hat seine Beine am anderen Ende des Sofas platziert und sich den ganzen Film über so wenig bewegt wie diese Straßenkünstler, die man manchmal auf dem Rathausplatz auf einer Stange sitzen sieht; wenn er jetzt noch zu atmen aufhört, kann er glatt als Skulptur durchgehen. Passiert da jetzt etwa gar nichts mehr? Er könnte ja zumindest mal seine Hand auf meinen Arm legen oder so, ganz »zufällig«. Männer tun sich damit doch sonst nicht so schwer.

»Okay«, sage ich gedehnt, als das Hauptmenü des Films zum fünften Mal angezeigt wird. »Ich glaube, ich fahre dann mal.«

»Jetzt schon?«, fragt Alex. »Ach komm. Lass uns doch noch ein Glas Wein trinken.«

»In Ordnung«, stimme ich zu und freue mich insgeheim. Eigentlich wollte ich eh nicht fahren, nur tue ich mich immer schwer mit klaren Ansagen. Ich weiß morgens ja nicht mal, welches Paar Socken ich anziehen soll, von daher finde ich es eigentlich ganz bequem, Entscheidungen auf andere abzuwälzen. Sollen die mal sehen. Alex ist aber anscheinend auch nicht wirklich besser darin, sich irgendwelche Schritte zu überlegen und die Initiative zu ergreifen. Anders kann ich es mir nicht erklären, dass eine Stunde und eine halbe Flasche Wein später immer noch nichts Nennenswertes passiert ist. Vielleicht ist er sich auch einfach nicht sicher, was er von mir will? Oder er ist schwul oder Eunuch?

»Was magst du eigentlich für Musik?«, fragt er mich.

»Hip-Hop«, antworte ich ehrlich. In vino veritas.

»Ehrlich? So siehst du gar nicht aus.«

Alex mustert mich amüsiert und nach einem »Da bin ich ja gespannt, was du noch für Überraschungen für mich hast« küssen wir uns endlich. Nach den ganzen Disco-Ausrutschern und Lückenbüßern in letzter Zeit fühlt sich der Kuss mit Alex richtig gut an. Es dauert eine ganze Weile, bis wir uns voneinander losreißen und Alex den Arm um mich legt. Mein Rücken freut sich richtig, dass ich heute doch noch mal bequem sitzen darf.

»Wie spät ist es?«, frage ich, als ich entsetzt die Uhr an der Wand bemerke. »Drei Uhr?«

Alex nickt. »Krass.«

»Ich glaube, ich sollte dann mal fahren«, sage ich und stehe langsam auf.

Alex begleitet mich noch runter zur Straße und wartet so lange, bis mein Bus kommt.

»Schreib, wenn du gut bei dir angekommen bist, ja?«, sagt er.

Ich nicke und während mich Alex erneut zur Verabschiedung küsst, überlege ich schon, wie ich Kathi gleich am Telefon brühwarm von meinem zukünftigen Tinder-Freund erzählen werde.

Die nächsten zwei Tage begleitet mich ein ganzer Schwarm von Schmetterlingen in meinem Bauch. Alex und ich können gar nicht genug voneinander kriegen und es vergeht nicht eine einzige Stunde, in der wir uns nicht schreiben. Abends treffen wir uns bei ihm und knutschen wild herum. Wenn das so weitergeht, war’s das bald endgültig mit dem Single-Dasein. Also, ich meine, das wird ja immer schwieriger zu definieren, was das gerade zwischen zwei Menschen ist, bei den ganzen Affären, Friends-with-Benefits- und Mingle-Konstrukten heutzutage. Da sehnt man sich manchmal nach den guten alten »Willst du mit mir gehen?«-Zetteln zurück. Trotzdem, das mit Alex fühlt sich schon etwas ernster an und Kathi meint, ich hätte ihn »so gut wie sicher«. Viel könne da angeblich nicht mehr passieren, falls er demnächst nicht zufällig Gigi Hadid über den Weg läuft.

Am Montag ist erst mal unser letzter gemeinsamer Tag; ab Mittwoch ist Alex mit seinen Kumpels auf einem Kurztrip in Wien und bis dahin muss er noch viel für die Arbeit fertig machen.

»Wie soll ich die paar Tage eigentlich ohne dich überstehen?«, fragt er und küsst meine Stirn zum Abschied. Kann ich ihm nicht sagen, ich vermisse ihn ja jetzt schon.

»Grüß Sissi von mir«, schreibe ich ihm am Mittwochmorgen, als er sich per WhatsApp verabschiedet.

»:)«, schreibt er. Und dann – nichts mehr.

Weder meine Party-Selfies am Wochenende mit Kathi auf dem Mädchenklo noch meine »Hey, wie geht’s?«-Fragen werden beantwortet. Das passt gar nicht zu ihm. Letztes Wochenende hat er mich noch stündlich auf dem Laufenden gehalten – Newsticker direkt aus seinem Leben sozusagen – und jetzt so was? Irgendwas stimmt da doch ganz gewaltig nicht.

»Du, ist alles okay? Falls nicht, kannst du mir das ruhig sagen«, schreibe ich am Sonntag auf Kathis Anraten. Sie meint, das sei nicht zu zickig, falls doch alles gut sein sollte, aber auch nicht so nett, dass er es einfach ignorieren könnte.

»Wenn du mich fragst, hat er in Wien mit irgendeiner heißen Österreicherin rumgemacht und deshalb ein schlechtes Gewissen«, meint sie.

Den ganzen Nachmittag sitze ich zitternd vor meinem iPhone, bis dann um 16.43 Uhr endlich die Antwort eintrudelt. Mit pochendem Herzen fange ich an zu lesen:

»Du, mir fällt es echt schwer, das zu schreiben: Aber ich habe da jemanden kennengelernt. Mir ist so etwas noch nie vorher passiert, aber ich habe letzte Woche ein Mädel getroffen, bei der es wirklich sofort Klick gemacht hat. Ich habe da vorher selbst nie dran geglaubt, und glaube mir, ich fand es mit dir auch wirklich schön. Aber das fühlt sich jetzt wirklich anders, speziell an. Ich drücke dir die Daumen, dass dir auch so etwas passiert. Dein Alex.«

Viele Frösche musst du küssen, Tinderella!

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