Читать книгу Requiem für den amerikanischen Traum - Noam Chomsky - Страница 40

Alan Schwarz, »Aufmerksamkeitsdefizit oder nicht, Pillen für bessere Schulleistungen«, New York Times, 9. Oktober 2012

Оглавление

CANTON, GEORGIA. – Wenn Dr. Michael Anderson einen kleinen Patienten aus einer Familie mit geringem Einkommen hat, der in der Grundschule nicht richtig mithalten kann, verschreibt er ihm in der Regel ein Hammermedikament: Adderall.

Diese Pillen sollen bewirken, dass sich Kinder mit einer Aufmerksamkeitsdefizit- und Hyperaktivitätsstörung, kurz ADHS, besser konzentrieren und ihre Impulse beherrschen können. Obwohl Dr. Anderson ihnen ADHS bescheinigt, nennt er die Störung »eine reine Erfindung« und »einen Vorwand«, um Pillen an Kinder verschreiben zu können, die in Wahrheit unter einem ganz anderen Übel leiden – schlechten schulischen Leistungen in schlechten Schulen.

»Ich habe keine große Wahl«, sagt Dr. Anderson, der als Kinderarzt im Cherokee County nördlich von Atlanta viele arme Familien betreut. »Wir haben als Gesellschaft entschieden, dass es zu teuer ist, das Umfeld der Kinder zu verändern. Also müssen wir die Kinder verändern.«

Dr. Anderson gehört zu den offensten Vertretern einer Idee, die immer mehr Ärzten einleuchtet. Sie verschreiben Schülern aus unterfinanzierten Schulen Psychopharmaka – nicht unbedingt zur Behandlung von ADHS, sondern um ihre Leistung zu fördern.

Noch lässt sich nicht sagen, ob Dr. Anderson der Vertreter eines um sich greifenden Trends ist. Doch einige Experten verweisen darauf, dass sich der Einsatz von Medikamenten bei Schülern aus einkommensschwachen Verhältnissen mit schlechten Noten nicht sonderlich vom Stimulanzien-Missbrauch durch wohlhabende Schüler an den Universitäten und Highschools unterscheidet, die ihre bereits guten Noten noch weiter in die Höhe zu treiben versuchen. Schließlich möchten auch arme Eltern, dass ihre Kinder es zu etwas bringen.

»Wir als Gesellschaft sind nicht bereit, Mittel für effektive nichtpharmazeutische Interventionen zugunsten dieser Kinder und ihrer Familien bereitzustellen«, sagt Dr. Ramesh Raghavan, Kinderpsychiater an der Washington University in St. Louis und Experte für die Verschreibungspraxis von Medikamenten für Kinder aus einkommensschwachen Familien. »Wir zwingen die Psychiater in den Gemeinden praktisch dazu, das einzige Mittel anzuwenden, über das sie verfügen, und das sind Psychopharmaka.«

Requiem für den amerikanischen Traum

Подняться наверх