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Zoo-Fiasko

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Punkt Dreizehn Uhr stand Sarah vor dem Zoo. Die Kinder wurden von Eric gebracht. Immer zwei Kinder hielten sich gegenseitig an den Händen, damit Eric sie besser unter Kontrolle hatte und auf einen Blick sehen konnte, ob alle anwesend waren.

»Zwei, vier, sechs, … Lukas, hör auf Tanja in den Arm zu zwicken!« Eric ging zu Lukas und kniete sich vor ihm auf den Boden.

»Lukas, wenn du das noch einmal tust, werde ich dir dein Schokoladeneis wieder wegnehmen müssen! Und das möchtest du doch nicht, oder?!«

Lukas schaute zuerst auf sein Eis, dann zu Eric und anschließend wieder auf sein Eis. Dann entschied er sich Tanja ein weiteres Mal in den Oberarm zu kneifen. Tanja fing an zu weinen und ließ vor lauter Empörung ihr eigenes Eis fallen. Eric zögerte keine Sekunde, nahm Lukas Eis und hielt es Tanja hin.

»Das hast du jetzt davon!«, sagte er zu Lukas und wandte sich anschließend an Tanja.

»Hier, Tanja, du kannst Lukas` Eis haben.« Doch Tanja wusste nichts Besseres, als das fast vollständig geschmolzene Schokoladeneis zu nehmen und es Lukas ins Gesicht zu drücken.

»Tanja!«, rief Eric empört.

Sarah musste innerlich lachen. Geschieht dir ganz recht, Lukas, dachte sie im Stillen.

»Eric, ich mach das schon, geh du jetzt zu deinem Termin«, sagte Sarah zum erschöpft aussehenden Eric.

»Hmm«, grummelte Eric, der gerade versuchte dem schreienden Lukas das Eis mit einem Taschentuch aus dem Gesicht zu wischen. »Na gut, aber ich komme noch rasch mit dir rein und schauen nach den Kids während du mit Lukas und Tanja in den Waschraum gehen kannst«, meinte Eric dann.

»Kommt Kinder, jetzt gehen wir Tiere schauen«, sagte Sarah und schleuste die bereits ungeduldig gewordenen Kinder durch den engen Zooeingang.

Als schließlich alle im Zoo waren und Sarah die Kleinen zum Löwenkäfig gebracht hatte, wo Eric mit ihnen die mächtigen Löwen bestaunte, nahm sie Tanja und Lukas an den Händen und marschierte mit ihnen zur Toilette. Lukas bestand darauf sich selbst zu waschen, was sich jedoch als Reinfall herausstellte, denn danach waren seine Kleider klitschnass, sein Gesicht jedoch immer noch mit Eis bekleckert. Lukas befand sein Werk jedoch als vollendet und rannte voller Überzeugung, dass er wieder blitzblank war, aus dem Waschraum.

»Lukas, warte, du bist doch noch gar nicht sauber!«, rief ihm Sarah hinterher, die gerade damit beschäftigt war, Tanjas klebrige Hände zu waschen.

Einen Augenblick später standen Sarah und Tanja wieder bei den anderen Kindern beim Löwenkäfig.

»Ich muss nun wirklich los«, meinte Eric mit einem Blick auf seine Armbanduhr. »Ich wünsche dir viel Vergnügen!«, er zwinkerte Sarah zu und eilte dann aus dem Zoo.

Sarah schaute sich um.

»Moment mal, wo ist Lukas?!«

Nach einer Dreiviertelstunde intensiver Suche nach Lukas kapitulierte Sarah. Sie hatte die Kinder dreimal im Schnelldurchlauf durch den ganzen Zoo gejagt. Die Kinder schauten die Tierchen an und Sarah hielt Ausschau nach Lukas. Dabei kamen sie auch bei den Gorillas im Affenhaus vorbei, was sich leider zu einem Desaster entwickelte. Die Affen waren dabei die Bananen, welche ihnen der Zoowärter gerade gegeben hatte, zu zerquetschen, drauf zu hauen und anschließend den ekligen Bananenbrei zu fressen. Florian nahm kurzerhand seine Banane, die die Kinder zum Lunch erhalten hatten, legte sie sorgfältig auf den Boden und sprang dann mit einem Tarzan-Geschrei auf die Frucht, so dass die Banane aus ihrer Schale katapultiert wurde und im ganzen Affenhaus herumspritzte. Leider saß in unmittelbarer Nähe eine ältere Dame, welche dank Florians Aktion schließlich von oben bis unten mit Bananenmus bekleckert war. Florian schaute dem Spektakel mit großen Augen zu, doch als er die alte Frau sah, wie sie wütend herumwetterte, macht er sich schnell aus dem Staub. Sarah musste die Frau beruhigen und entschuldigte sich abermals. Nach einem langen Vortrag von der Bananenfrau darüber, dass man den Kindern schon in der Spielgruppe Moral und Anstand beibringen sollte, entschuldigte sich Sarah noch weitere fünf Mal und ging dann wieder nach draußen, um nach Florian zu schauen. Dieser erzählte den anderen Kindern aufgeregt, was gerade geschehen war. Sarah hatte jedoch keine Zeit Florian eine Standpauke zu halten, sie musste jetzt zuerst Lukas finden. Doch als alle bei dem See mit den Schwänen vorbeikamen, war bereits das nächste Unglück vorprogrammiert. Nina wollte unbedingt einen Schwan füttern, da sie jedoch gerade keine Brotstückchen hatte, versuchte sie es mit einem kleinen Kieselstein. Der Schwan war natürlich nicht dumm und bemerkte rasch, dass er hinters Licht geführt wurde. Mit großen Flügelschlägen kam er aus dem Wasser gestürmt, fauchte Nina an und zwickte ihr in den Finger, woraufhin Nina fürchterlich anfing zu weinen. Sarah versuchte sie zu trösten, indem sie ihr ein rotes Pflaster mit Erdbeergeschmack auf den angepickten Finger klebte (eigentlich war nichts zu sehen, aber das Pflaster schien eine beruhigende Wirkung auf Nina zu haben). Auf jeden Fall war Nina wieder glücklich, doch das Glück sollte nicht von langer Dauer sein. Denn offensichtlich gefiel auch dem Schwan der Geschmack des Pflasters und schwuppdiwupp steckte Ninas Hand wieder im Schnabel des Tieres. Erneut ging die Heulerei los und Sarah war mit den Nerven am Ende.

Nach einer weiteren halben Stunde standen alle, ausgenommen von Lukas, am Ausgang des Zoos. Nina strahlte wieder, denn jeder ihrer kleinen Finger war mit einem Pflaster zugeklebt. Die Pflaster hatten alle verschiedene Farben, jedoch keine Geschmäcker, da auch Sarah nach der erneuten Schwanenattacke dazugelernt hatte.

»Kinder, hört mir bitte kurz zu«, sagte Sarah und rief die Kinder zusammen. »Ich muss kurz telefonieren. Hockt euch bitte hier auf die Mauer und schaut die Bildchen der Tierbabys an.« Als sich alle Kinder brav auf die Mauer gesetzt hatten, verteilte Sarah ihnen Heftchen, in denen viele verschiedene Jungtiere abgebildet waren, die in den letzten Jahren im Zoo zur Welt kamen. Die Kinder waren davon hell begeistert und für etwa zehn Minuten beschäftigt.

Sarah versuchte Eric zu erreichen, doch er ging nicht an sein Telefon. Sarah vermutete, dass er noch auf dem Zahnarztstuhl saß und eine unangenehme Wurzelbehandlung über sich ergehen lassen musste.

Eigentlich mussten bei einem Ausflug mit den Kindern immer zwei Betreuer anwesend sein, aber Eric hatte heute Nachmittag einen dringenden Termin beim Zahnarzt, welcher er nicht verschieben konnte, weshalb sie eine Ausnahme machten und Sarah die Kinder alleine betreute. Was sich im Nachhinein offensichtlich als großer Fehler herausstellte.

Sarah seufzte. Tja, es hilft alles nichts, dachte sie. Nun ist es soweit, ich werde tatsächlich meinem Traummann anrufen müssen! Und aus welchem Grund?! Weil mir, der Kinderbetreuung, sein Kind abhandengekommen ist! Sarah rieb sich die Schläfen und nahm widerwillig ihr Smartphone hervor, worin sie Daniels Nummer eingab, welche sie der aktualisierten Telefonliste der Kindertagesstätte mit den Kontaktpersonen entnahm. Die Erzieher hatten die Pflicht die Eltern zu informieren, sobald etwas Außergewöhnliches mit den Kindern vorgefallen war. Und, na ja, wenn ein Kind abhandengekommen war, dann war das ja schon irgendwie außergewöhnlich. Und Peinlich. Und Schlimm. Sarah wusste gar nicht so recht, was sie Daniel eigentlich erzählen sollte. »Hallo Herr Maurer, ich habe leider ihren Jungen verloren?!« Nein, ich muss mir was anderes überlegen, dachte Sarah, als sie sich ihr Telefon ans Ohr hielt.

Tuut, tuut, tuu …

»Daniel Maurer«, meldete sich eine Männerstimme am anderen Ende der Leitung, viel zu schnell für Sarahs Gedanken.

»Ääähm, Hallo, Herr Maurer, hier spricht Sarah Neumann, ähm, Lukas` Kinderbetreuung.« Irgendwie fand sie das Wort Kinderbetreuung gerade nicht so passend, da sie Lukas in dem Moment ja nicht betreute, oder anders gesagt nicht mal wusste, wo der Junge steckte.

»Oh, Hallo, Frau Neumann. Wie geht es Ihnen?«

»Puh, na ja, gut soweit!« Sarah wusste nicht was sie sagen sollte. Sie schaute ratlos zu den Kindern. Während die Mädchen entzückt über die Babytiere in den Heftchen sprachen, war ein Teil der Jungs damit beschäftigt, die Heftchen auseinander zu nehmen, die Blätter zu Kugeln zu formen, und sich anschließend gegenseitig damit zu bewerfen. Sarah seufzte erneut.

»Was macht mir die Ehre, dass Sie mich anrufen?«, wollte Daniel wissen.

»Ich, ääähm, Lukas …«, Sarah atmete tief durch. »Lukas ist irgendwie im Zoo verschwunden. Er hat sich die Hände gewaschen und ist dann weggerannt … und, … Es tut mir so leid! … Ich habe ihn selbstverständlich gesucht, eine Dreiviertelstunde lang! Er ist wirklich eine kleine Ratte, süße Ratte … süßes Kind, meinte ich … ach, …« Aus Sarah sprudelte es nur noch so heraus. Dann machte sie eine kleine Pause und wartete mit zusammengekniffenen Augen auf Daniels Reaktion.

»Warum erzählen Sie mir das?«, meinte er dann schließlich.

Sarah war von seiner Antwort völlig perplex.

»Ääähm, na ja, Lukas ist verschwunden. Interessiert Sie das nicht?«, fragte sie vorsichtig.

»Erstens, sind Sie seine Betreuerin und solange er in der Kindertagesstätte ist, sind Sie für ihn verantwortlich. Und zweitens sollten Sie es lieber seiner Mutter verklickern und nicht mir. Wissen Sie, Sie dürfen das jetzt nicht falsch verstehen, aber ich habe von dem Jungen die Nase auch langsam gestrichen voll. Er baut ständig nur Mist und immer bleibt es an mir hängen. Es ist nicht das erste Mal, dass er einfach davonläuft.«

Sarah verstand die Welt nicht mehr.

»Aber, Sie sind doch sein Vater …« meinte sie total verwirrt.

»Sein Vater? Ha, das wäre ja ein Ding!«, lachte Daniel. »Wer hat Ihnen gesagt, dass ich Lukas` Vater bin?!«

»Ääähm …, nun …, Sie sind als Ansprechperson für ihn eingetragen und Sie haben Lukas gebracht und abgeholt …«

»Aber das habe ich nur getan, weil meine Schwester keine Zeit hatte. Sie hat wieder angefangen zu arbeiten, und hat mich halt gefragt, ob ich Lukas in die KiTa bringen und wieder abholen kann.«

»Also dann sind Sie gar nicht Lukas` Vater, sondern Lukas` Onkel!«

»Scharfsinnig kombiniert!«

»Oh …« Sarah war völlig durcheinander, aber gleichzeitig unheimlich froh, dass Lukas nicht Daniels Sohn war. Sie war froh, dass Daniel keine Kinder hatte. Oder hatte er etwa doch?

»Sie haben also keine Kinder?«, sprudelte es ungewollt aus Sarah heraus. Sie schlug sich schnell die Hand vor ihren Mund.

»Das habe ich nicht gesagt«, meinte Daniel.

Sarah hielt den Atem an.

»Nein, ich habe keine Kinder.« Sarah hörte Daniel am anderen Ende der Leitung lachen. »Und falls es Sie interessiert: Ich habe auch keine Frau«, bekundete er amüsiert über Sarahs ungeschickte Art das Gespräch zu führen.

Sarah wurde rot und ihr glitt beinahe ihr Smartphone aus ihren schwitzenden Händen.

»G-g-gut zu wissen«, stotterte sie und versuchte vergeblich sich ihre peinliche Betroffenheit nicht anmerken zu lassen.

»Haha, Sie sind köstlich«, Daniel schien sich zu amüsieren. »Wissen Sie was«, sagte er dann lässig. »Ich finde Sie wirklich charmant und würde Sie gerne mal zum Essen einladen. Ich denke wir haben einige Gemeinsamkeiten. Eine jedenfalls haben wir schon: Wir beide haben von Lukas die Nase gestrichen voll«, meinte Daniel direkt.

Sarahs Herz wollte in ihre Hosen rutschen. Doch da sie keine Hosen trug, sondern ein Kleid, rutschte das Herz bis in das Fußende ihrer Strumpfhose. Sie musste sich zusammenreißen. Was war da eben passiert? Hatte Daniel, der Mann ihrer Träume, sie eben zum Essen eingeladen? Und das obwohl sie gerade seinen Neffen verloren hatte und womöglich ihren Job verlieren wird? Sarah musste erst mal ihre Gedanken sortieren.

»Ich … ähm«, Sarah wusste nicht recht was sagen. »War das etwa eine Einladung?«

»Ich denke schon. Und, wie sieht es aus? Werden Sie sie annehmen?«

»Natürlich!«, jubelte Sarah. »Ich meine: Gerne«, sagte sie dann ganz cool.

»Okay, gut! Wann haben Sie Zeit? Würde Ihnen Morgen passen?«

Für dich habe ich doch immer Zeit!, jauchzte Sarah im Stillen.

»Hmm, ja, morgen würde es mir denke ich passen. Kommen Sie mich abholen? Sagen wir um acht Uhr abends?«

»Ist in Ordnung. Aber zuerst sollten Sie noch Lukas finden. Meine Schwester würde es wohl nicht gutheißen, wenn ihr Bruder mit der Frau ausgeht, welche ihren Sohn verloren hat«, meinte Daniel und Sarah biss sich auf die Lippen. »Aber ich bin mir sicher, dass Lukas bald wieder auftauchen wird. Seine Mutter verliert ihn regelmäßig beim Einkaufen und irgendwann steht er dann zufrieden mit einer Scheibe Salami vom Metzger neben ihr. Mein Tipp: Schauen Sie dort nach ihm, wo es etwas zu essen gibt«, erzählte Daniel. »Und keine Angst, ich werde es niemandem erzählen, dass Lukas weggelaufen ist. Was im Zoo passiert ist, wird auch im Zoo bleiben. So, nun hab ich genug aus dem Nähkästchen geplaudert. Ich bräuchte nur noch kurz Ihre Adresse, damit ich Sie morgen auch abholen kann und dann lass ich Sie wieder springen, oder besser gesagt: Suchen«.

Sarah gab Daniel ihre Adresse und beendete das Gespräch ungewohnt souverän, obwohl sie innerlich fast zerplatzte vor Freude. Als ihr klar wurde, was eben gerade geschehen war, wusste sie, dass sie für ihren Traummann morgen umwerfend aussehen musste. Ich brauche unbedingt noch ein tolles Kleid, dachte sie. Und Schuhe. Ich muss sofort Fiona anrufen.

»Sarah, gehen wir nochmals die Äffchen anschauen?«, riss sie plötzlich eine feine Kinderstimme aus ihren Gedanken. Oh mein Gott! Sarah drehte sich um. Ich hätte fast die Kinder vergessen!, dachte sie und war von sich selbst zutiefst geschockt. Wenn ich so weitermache, kann ich meinen Job als Kinderbetreuerin wirklich bald an den Nagel hängen. Dann fiel ihr Lukas ein. Lukas! Himmel noch mal! Ich kann meinen Job nicht bald an den Nagel hängen, sondern definitiv an den Nagel hängen, wenn ich ihn nicht bald finde! Sie drehte sich zu den Kindern um.

»Nein, Nina, wir können die Affen nicht noch mal anschauen gehen, denn sie gehen jetzt alle schlafen, weil sie vom vielen herumtollen sehr müde sind«, sagte Sarah und beugte sich zu Nina runter, um ihr zu sagen, dass sie morgen in der KiTa dafür einen Tierfilm anschauen werden.

Dann sah sie ihn im Augenwinkel. Er war ganz ruhig. Ungewohnt ruhig. Er leckte genüsslich und sich keiner Schuld bewusst an seinem neuen Schoko-Eis. Sarah stand langsam auf und ging auf ihn zu. Er saß neben Florian auf der Mauer. Ich darf jetzt nicht ausrasten, mahnte sich Sarah in Gedanken, ich muss ganz ruhig und gelassen bleiben.

»Lukas, schön dass du auch wieder zu uns gefunden hast«, meinte Sarah dann freundlich.

»Können wir endlich gehen? Mir ist langweilig«, fand der Junge und biss in die Eiskugel, so dass Sarah Zähne alleine vom Zuschauen durch die Kälte des Eises schmerzten.

»Okay, … Und magst du mir noch kurz erzählen, wo du warst, während wir anderen uns die Tiere angeschaut haben?«, fragte Sarah zuckersüß.

»Ich habe mir ein Eis geholt«, sagte Lukas gelassen.

Sarah kochte innerlich.

»Ach, tatsächlich? Und wie hast du das bezahlt?«, wollte sie wissen.

»Ich habe einfach geweint und gesagt, dass ich meine Mami nicht mehr finden kann und dann hat mir der Eismann ein Eis geschenkt«, meinte Lukas zufrieden und leckte weiter an seinem Eis.

Sehr raffiniert, du kleiner Satansbraten, dachte Sarah. Sie musste sich beruhigen. Der Gedanke an Daniel und die Tatsache, dass sie morgen mit ihm ausgehen würde, stimmte sie fröhlich.

»Okay.« Sie kniete sich zu Lukas auf dem Boden. »Aber, lauf bitte nicht wieder einfach davon, ohne, dass ich weiß wohin du gehst. Ich habe mir schreckliche Sorgen gemacht um dich. Versprich es mir bitte, sonst muss ich es deiner Mami erzählen.«

Lukas sagte nichts.

»Bitte« Sarah schaute ihm in die Augen.

»Ich verspreche es«, sagte Lukas dann leise und wandte seinen Blick ab.

Wow, kein Eis im Gesicht, keine Spucke, kein Geschrei, kein gar nichts! Sarah war völlig überrascht von ihrer plötzlichen Macht über Lukas und verspürte ein Gefühl des Triumphes.

Am Abend war Sarah bei ihrer Schwester und ihrem Mann zum Abendessen eingeladen. Sarah hatte Angela und ihr Mann Jonathan lange Zeit nicht mehr gesehen, da sie für ein halbes Jahr durch Asien gereist waren. Sie haben sich für diesen Zeitraum eine Auszeit von der Arbeit genommen. Angela und Jonathan arbeiteten beide in einem renommierten Restaurant in der Altstadt. Angela war dort Köchin und Jonathan Sous Chef. Beide liebten es zu Kochen und ihren Gästen immer wieder etwas Neues zu offerieren. Das war auch der Grund, dass sie immer wieder auf der Suche nach neuen Rezepten und Geschmäckern aus aller Welt waren und Asien hatte aus Gourmet-Sicht da sehr viel zu bieten.

Als Sarah an Angelas und Jonathans Haus ankam, sah sie neben Jonathan, welcher in der Eingangstür stand, einen großen, schlanken, ja fast schon mageren Hund stehen. Der Hund schien sehr ängstlich zu sein, denn sobald Sarah sich bücken wollte, um den Hund zu streicheln, zog er den Schwanz ein und versteckte sich hinter Jonathans Beinen.

»Darf ich vorstellen: Sarah, Hund. Hund, Sarah«, sagte Jonathan und umarmte seine Schwägerin.

»Seit wann habt ihr denn einen Hund?!«, fragte Sarah neugierig.

»Na ja«, begann Jonathan, »eigentlich seit unserer Asien-Reise.« Er sah zum abgemagerten Tier zu seinen Füßen.

»Wir haben ihn verängstigt und verletzt in einem Flussbett gefunden, rundherum nur Dreck und Abfall. Ich denke, dass er ausgesetzt wurde. In Thailand gibt es viele herumstreunende Hunde. Aber so hilflos und flehend wie er, haben wir noch keinen Hund zuvor gesehen. Wir mussten ihn einfach mitnehmen«, fuhr er fort. »Wir haben ihn dann zum Veterinäramt gebracht und impfen lassen. Die haben uns gesagt, wenn wir ihn in Thailand wieder aussetzen, wird er keine große Überlebenschance haben. Und dann war für uns klar, dass wir ihn mitnehmen mussten.«

»Und jetzt ist er hier und kommt hoffentlich über die Runden«, meinte Angela lächelnd, welche aus dem Flur auftauchte, und nahm Sarah in die Arme. »Hallo, meine kleine Schwester. Hab dich ja seit einer gefühlten Ewigkeit nicht mehr gesehen. Komm rein, die Vorspeise ist gleich fertig.«

Knappe vier Stunden haben die drei mit Reden, Essen und Lachen verbracht. Das Essen, welches Angela gezaubert hatte, war köstlich. Selbstverständlich asiatisch angehaucht. Sie hatten beim Essen viel über ihre Asienreise gesprochen und Sarah hat über das ulkige Zustandekommen ihres morgigen Dates mit ihrem Traummann berichtet.

»Du hast seinen Neffen im Zoo verloren und er lädt dich zum Abendessen ein?!«, fragt Angela verwirrt. »Wo ist hier die Logik?«

»Keine Logik, sondern nur Liebe auf den ersten Blick«, antwortete Sarah und grinste. »So, wie mit eurem Hund. Ihr habt ihn auch gesehen und gleich mit nach Hause genommen. Manchmal passieren solche Dinge halt.«

Als Sarah zu Hause in ihr Bett schlüpfte (nachdem sie ihrem großen Pink Panther einen Gute-Nacht-Kuss gegeben hatte) fiel sie gleich in einen tiefen, traumreichen Schlaf. Sie träumte von ihrem Rendezvous mit Daniel, wessen Anzug aus roten Erdbeerpflastern bestand; von abgemagerten Hunden, welche im Restaurant um Bananen bettelten und von riesigen Monsterschwänen, welche Lukas mit einem Happs verspeisten.

Auch ein Pechvogel findet mal ein Korn

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