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»Ei­nen Kaffee, bit­te.«

Die Frau, die vor Marc an der The­ke stand, zück­te ei­nen Schein aus ih­rem Geld­beu­tel und sah ver­wun­dert auf, als sie kei­ne Ant­wort er­hielt.

»Ei­nen nor­ma­len Kaffee?«, er­kun­dig­te sich der Ver­käu­fer und stutz­te da­bei däm­lich.

»Gibt es ei­nen un­nor­ma­len Kaffee?«, ent­geg­ne­te sie schlag­fer­tig, stemm­te ei­ne Hand in ih­re Sei­te.

Die­se Frau hat­te Tem­pe­ra­ment, dach­te Marc und üb­te sich in Ge­duld. »Ist es denn so son­der­bar, dass ich Fil­ter­kaffee oh­ne künst­lich hin­zu­ge­füg­te Aro­men und ton­nen­wei­se Sah­ne oder Milch­schaum mag?« Marcs Mund­win­kel zuck­te. Wenn die mal kei­nen schlech­ten Tag hat­te … Oder war sie immer so ag­gres­siv? Im Grun­de ge­nom­men war es ihm egal, denn was zähl­te, war, dass er ei­nen Termin hat­te, den er ver­pas­sen wür­de, soll­te sie nicht gleich zum En­de kom­men.

»Bo­ah! Mom!« Der Jun­ge, der ne­ben ihr stand, ramm­te ei­nen Ell­bogen in ih­re Sei­te. »Chill mal dein Ge­sicht! Aa­al­ter, das geht ja gar nicht!«

Was zum Teu­fel?, frag­te er sich in dem Mo­ment, als sie sich ruck­ar­tig dem klei­nen Möch­te­gern-Co­olio zu­wand­te, so­dass Marc die zar­ten Kon­tu­ren ih­res Ge­sich­tes er­bli­cken konn­te. Win­zi­ge Som­mer­spros­sen schmei­chel­ten ih­ren Wan­gen­kno­chen, wäh­rend sich ih­re lan­gen, ro­ten, wel­li­gen Haa­re über ih­re Schul­ter er­gos­sen. Ei­ne schwar­ze Bril­le stand im Kon­trast zu ih­rer hel­len Haut. Das war mal ei­ne ex­trem hei­ße Er­schei­nung, dach­te er sich, wäh­rend er ih­ren vor­wurfs­vol­len Ge­sichts­aus­druck be­ob­ach­te­te und sich da­bei fast schon amü­sier­te.

»Ma­ri­us, sprich nicht so mit mir. Wie oft soll ich dir das sa­gen?«, zisch­te sie dem Jun­gen lei­se zu, an­schei­nend da­rauf be­dacht, dass nicht alle in der Schlan­ge mit­be­ka­men, wie sie ih­ren Sohn rüg­te. Augen­rol­lend wen­de­te die­ser sich ab. »Voll LOL, Mom! Du bist so pein­lich!«, sag­te er in vol­ler Lauts­tär­ke.

»Du spielst ge­ra­de um dei­ne Plays­ta­tion, mein lie­ber Freund!«, platz­te es be­herrscht aus ihr her­aus.

Die Zeit rann­te ihm da­von, in­des Marc wie an­ge­wur­zelt hin­ter die­sem Schau­spiel stand und sich kei­nen Zen­ti­me­ter vom Fleck be­weg­te. Er muss­te sich ein­ge­ste­hen, dass es ihm trotz des Termin­drucks nicht so viel aus­mach­te, weil sei­ne Ge­dan­ken mo­men­tan ein ver­fluch­tes Eigen­le­ben ent­wi­ckel­ten.

Er stell­te sich vor, wie sie nackt auf ihm saß und ih­re sünd­haf­te Mu­schi – er nahm an, dass sie bei die­sem Er­schei­nungs­bild ei­ne mehr als nur ap­pe­tit­li­che Spal­te hat­te – immer wie­der über sei­ne Er­ek­tion rieb. Ih­re lan­gen Haa­re fie­len nach vor­ne, um­schmei­chel­ten ih­re hüb­sche Fi­gur, wäh­rend ih­re schma­len Fin­ger sanft über sei­ne Brust strei­chel­ten. Ihr Stöh­nen glich ei­nem lei­sen Hau­chen. Doch das ge­nerv­te Auf­stöh­nen vor ihm, brach­te ihn in die Rea­li­tät zurück. »Tall, gran­de oder ven­ti?«, frag­te er mit viel zu ho­her Stimm­la­ge und stemm­te sei­ne Hand in die Sei­te, wäh­rend er mit hoch­ge­zo­ge­ner Augen­braue auf sie blick­te.

Mein Gott, hat­te der Ba­ris­ta Schraub­zwin­gen um sei­ne Ei­er, oder wa­rum piep­te er so ab­ar­tig? Shit! Ging ihm das hier auf die Ner­ven! »Ge­ben Sie die­ser Frau so­fort ih­ren«, nach Wor­ten su­chend, ge­sti­ku­lier­te Marc mit ei­ner Hand in der Luft he­rum, »Re­tro-Kaffee«, for­der­te er sto­ckend auf, wäh­rend er sich an den bei­den vor­bei­schob, die ihn er­staunt mus­ter­ten. Er knall­te ei­nen Fünf­zi­ge­uro­schein auf die The­ke und tipp­te, un­ter­malt von ei­nem ge­nerv­ten Kopf­schüt­teln, die Fin­ger­spit­zen un­ge­dul­dig auf die Holz­the­ke. »Groß und ei­nen Lat­te mac­chia­to«, warf er et­was zu laut hin­ter­her und warn­te ihn mit ei­ner eben­falls pro­vo­kant hoch­ge­zo­ge­nen Augen­braue – ja, er konn­te das auch -, kei­ne wei­te­ren dum­men Fra­gen zu stel­len. »Und wenn das Gan­ze heu­te noch ge­schieht, wä­re das ein glanz­vol­ler Dienst an die Mensch­heit.«

Wäh­rend er war­te­te, sah er sich das klei­ne Übel, was ne­ben der Schön­heit stand und schänd­li­cher­wei­se eben­die­se Mutter nann­te, et­was ge­nau­er an. Mit of­fe­nem Mund und gro­ßen Augen starr­te er Marc an und ramm­te den Ell­bogen er­neut mehr­mals in die Sei­te sei­ner Mutter. »Was ist mit dir? Kannst du dich nicht an­stän­dig ar­ti­ku­lie­ren?«

Ge­dank­lich rüg­te er sich, denn wenn Marc ehr­lich war, sag­te er selbst be­stimmt zehn­mal am Tag Al­ter, fuck oder ähn­li­che ka­ta­stro­pha­le Wor­te, wo­bei er er­wach­sen war und ein Un­ter­neh­men lei­te­te. Der ein­zi­ge Un­ter­schied war, dass Marc es nicht in der Öf­fent­lich­keit tat. Außer­dem muss­te der Furz­kno­ten das nicht er­fah­ren. »Und was ist das mit die­sem deutsch-eng­lisch Kau­der­welsch? Ist das ei­ne Art Sprach­stö­rung?«

Ma­ri­us schluck­te schwer, das konn­te Marc an sei­nem Kehl­kopf se­hen. »Mom, du kannst doch nicht zu­las­sen, dass der so mit dei­nem Sohn spricht?«, sag­te er in ei­ner merk­wür­di­gen Mi­schung aus klein­lau­tem Auf­be­geh­ren. Als Marc den Blick hob, konn­te er er­ken­nen, wie sich klei­ne Lach­fält­chen um ih­re Augen bil­de­ten. Sie war schein­bar amü­siert und er­staunt, wie man dem skep­ti­schen Zu­cken ih­rer Augen­braue ent­neh­men konn­te. »Doch, Ma­ri­us, ge­nau das kann ich«, ant­wort­ete sie und er­wi­der­te Marcs Blick.

Fuck. Augen­bli­cklich dach­te er aber­mals, dass sie se­xy und da­bei fast schon nied­lich aus­sah. Sie wirk­te ir­gend­wie zer­brech­lich, wo­bei sie nicht dürr war und ein paar ge­schmei­di­ge Run­dun­gen vor­zu­wei­sen hat­te.

»Wie ist denn Ihr Na­me?«, frag­te der Typ hin­ter der The­ke ge­lang­weilt und Marc hät­te ihn am liebs­ten auf der Stel­le ver­gif­tet. So ein un­ge­ho­bel­ter Klotz stör­te ihn beim Gaf­fen und of­fen­sicht­lich hat­te er nicht nur ihn ge­stört, son­dern auch sie, denn ih­re Wan­gen er­rö­te­ten. »Das ist Rot­schopf und ich bin Super­man«, ent­geg­ne­te er prompt, oh­ne den Blick von ihr ab­zu­wen­den. Als ein lau­tes La­chen aus ihr her­aus­platz­te, konn­te er sich ein Grin­sen eben­falls nicht ver­knei­fen. Hot!

Das Klin­geln sei­nes Tele­fons riss ihn ins Hier und Jetzt zurück, wo­rauf­hin er es aus der Ta­sche nahm. Das war Si­na. Shit, der Termin. »Eden«, mel­de­te er sich, in wei­ser Vor­aus­sicht, dass sei­ne Se­kre­tä­rin ihn gleich fra­gen wür­de, wo er denn blieb. Da­bei hat­te er ihr be­reits vor ei­ner Stun­de ge­schrie­ben, als sein Aus­wärts­mee­ting be­en­det war, dass er sich auf den Weg ma­chen wür­de.

»Es ist drei Uhr, Ihr Termin ist da, von Ih­nen ist aber weit und breit kei­ne Spur.«

Schnell reich­te er Miss Be­au­ty ih­ren schwar­zen Kaffee, die ihn dan­kend ent­ge­gen­nahm. Oh­ne dass sie es mer­ken konn­te, präg­te er sich ih­re Er­schei­nung ein, denn sie wür­de er wohl nicht flach­le­gen. Wenn sie schon ei­nen Balg hat­te, stan­den die Chan­cen nicht schlecht, dass sie ver­hei­ra­tet war.

»Ciao, Rot­schopf«, sag­te er lei­se und zwin­ker­te ihr zum Ab­schied zu.

»Tschüss und dan­ke.« Sie hob ih­ren Kaffee und lä­chel­te ihn an. Ih­re Augen strahl­ten, sie ver­ström­te pu­re Lebens­freu­de. Was für ein po­si­ti­ver Mensch, wenn sie auch de­fi­ni­tiv ei­ne an­de­re Sei­te hat­te, wie sie zu­vor be­wie­sen hat­te. Doch die­ses Lä­cheln ließ gan­ze Eis­klöt­ze – so wie Marc eben­so ei­ner war – da­hin­schmel­zen.

»Marc?«, blaff­te Si­na durch den Hörer.

»Bin in fünf­zehn Mi­nu­ten da«, sag­te er und be­en­de­te die Un­ter­hal­tung, wäh­rend er den Laden ver­ließ und auf die Fuß­gän­ge­ram­pel zu­steu­er­te. Auf der an­de­ren Stra­ßen­sei­te stand sein Auto, mit dem er gleich zu sei­ner Fir­ma ED – Eden Dy­na­mics fah­ren wür­de. Marc hass­te nichts mehr als Un­pünkt­lich­keit und ge­ra­de er kam zu spät zu ei­nem wich­ti­gen Pro­jekt-Kick-Off-Ge­spräch. Immer­hin ent­schied sich, ob sei­ne Fir­ma den Auf­trag des Köl­ner Uni­kli­ni­kums er­hielt, in des­sen kom­plet­tem Haus im Zu­ge ei­ner Qua­li­täts­ma­nage­ments-Auf­fri­schung alle PCs so­wie Soft­wa­res op­ti­miert wer­den soll­ten.

Im Grun­de hat­te Marc mit sei­ner Mu­sic-App so­wie­so den Jack­pot ge­knackt, denn die be­scher­te ihm Ein­nah­men in Mil­lio­nen­hö­he. Aber ein ver­ant­wor­tungs­be­wuss­ter Ge­schäfts­mann wuss­te, dass der Hy­pe um sol­che Platt­for­men ra­sant ab­flach­te, so­bald ein an­de­rer et­was Neu­es und Ge­nia­les auf den Markt brach­te. Des­halb war es ihm ein Be­dürf­nis, für sei­ne An­ge­stell­ten ei­ne gu­te Basis zu schaf­fen, die ih­re Ge­häl­ter auch im Ernst­fall ab­deck­ten. Da­von war ak­tu­ell noch lan­ge kei­ne Re­de und selbst wenn der Not­fall ein­trat, hat­te er ge­nug auf sei­nen Kon­ten, um ED ei­ne ge­wis­se Zeit auf­recht zu hal­ten.

Okay, wenn er ehr­lich war, ging es hier im Grun­de nur da­rum, dass er den Hals nicht voll be­kam. Kurz lach­te er auf und schüt­tel­te den Kopf über sei­ne wir­ren Ge­dan­ken, die wie immer in ei­ner stren­gen selbst­ref­lek­tie­ren­den Ein­sicht en­de­ten.

End­lich an­ge­kom­men, stieg er aus dem Auto und be­gab sich un­ver­züg­lich auf den Weg in die Büro­räu­me.

»Man, Chef!« Mit ei­nem vor­wurfs­vol­len Blick kam Si­na ihm ent­ge­gen, als er den Auf­zug ver­ließ, nahm ihm den Be­cher aus der Hand, sei­ne Ta­sche ab und lief ge­ra­de­wegs vor­aus in sein Büro. »Was ist los mit Ih­nen? Un­pünkt­lich­keit ist für Sie ein Kün­di­gungs­grund, wenn ich Sie er­in­nern darf?« Si­na hat­te Recht, den­noch war es jetzt nun ein­fach mal so und er konn­te es nicht än­dern.

»In wel­chem Raum sind sie?«

»Im Jazz­raum«, ant­wort­ete sie, drück­te ihm ei­nen Sta­pel Un­ter­lagen in die Hand, die er ge­stern schon vor­be­rei­tet hat­te, und mach­te sich auf den Weg. Als er den Raum be­trat, fiel ihm zu aller­erst sein Ge­schäfts­part­ner – es sträub­te ihn in­ner­lich, die­sen Flach­wich­ser so zu nen­nen – auf, der dort saß, vor sich auf den Tisch starr­te und die mög­li­chen Neu­kun­den ig­no­rier­te. Er muss­te da­mals nicht zu­rech­nungs­fä­hig ge­we­sen sein, als er sein Un­ter­neh­men zur Hälf­te an Ale­xan­der Kra­mer über­schrieb.

Es war in der Zeit sei­nes Start-ups, als die Fir­ma Start­schwie­rig­kei­ten hat­te, ihm alles über den Kopf zu wach­sen droh­te und die in­ne­ren Dä­mo­nen Marc auf­fres­sen woll­ten. Da­mals war es ei­ne gu­te Lö­sung ge­we­sen, dass sich sein ehe­ma­li­ger Kom­mi­li­to­ne an­bot, sein Part­ner zu wer­den und sich in die Fir­ma ein­kauf­te. Das war der Start­schuss für Marc Edens Kar­rie­re. Er be­hielt sich den Na­men des Un­ter­neh­mens vor und das Stimm­recht im Streit­fall. Schon schnell nach dem Zu­sam­men­schluss frag­te er sich, was für ein Teu­fel ihn da ge­rit­ten hat­te, ihn mit ins Boot zu neh­men.

Die Zeit wür­de kom­men, da ver­pass­te er dem Nichts­nutz ei­nen hef­ti­gen Arsch­tritt. Die Fir­ma be­fand sich dort, wo sie jetzt stand, und zwar an der Spit­ze der in­ter­na­tio­na­len IT-Un­ter­neh­men, weil Marc sie dort­hin brach­te. Marc Eden und nicht Hohl­bir­ne Ale­xan­der Kra­mer. Er hat­te nichts da­zu beige­tra­gen. Er de­le­gier­te ver­meint­lich die Ar­beit im Haus, zu­min­dest dach­te er das, wenn er mal wie­der stun­den­lang durch die Büros der An­ge­stell­ten fla­nier­te, sich über­he­blich auf die Tisch­kan­ten setz­te und die Leu­te bei der Ar­beit be­ob­ach­te­te. Letz­tend­lich lief eh alles über Marcs Tisch. Sei­ne Pro­jekt­ma­na­ger mel­de­ten sich aus­schließ­lich bei ihm oder eben Si­na, wenn es et­was außer­halb der re­gu­lä­ren Mee­tings zu be­spre­chen gab. Marc war stolz auf sein mittel­stän­di­sches Un­ter­neh­men und wür­de kei­nes­wegs zu­las­sen, dass die­ser Mie­se­pe­ter ihm das Ge­schäft rui­nier­te. Soll­te er halt schweig­sam sein, je­doch nicht am Tisch po­ten­ziel­ler Kun­den. Idi­ot!

»Herz­lich will­kom­men bei Eden Dy­na­mics.« Be­stimmt trat er auf die bei­den zu und reich­te ih­nen die Hand. »Marc Eden«, stell­te er sich vor und setz­te sich an den Kopf des Ti­sches. »Ent­schul­di­gen Sie mei­ne Ver­spä­tung, der Ver­kehr steckt manch­mal vol­ler Über­ra­schun­gen.« Ni­ckend stimm­ten sie zu, in­des Marc ei­ne Er­leich­te­rung durch­flu­te­te, als es merk­te, dass noch nichts ver­lo­ren war. Das Eis war ge­bro­chen.

Nach fünf Stun­den, ei­ner kur­zen Un­ter­bre­chung, um ei­nen vom Ca­te­rer be­reit­ge­stell­ten Snack zu sich zu neh­men, ver­ließ Marc mehr oder we­ni­ger zu­frie­den den Kon­fe­renz­raum.

»Wir ha­ben den Auf­trag«, mur­mel­te er Si­na zu, als er auf dem Weg in sein Büro ih­ren Schreib­tisch streif­te, setz­te aber gleich hin­ter­her: »Kannst du Ale­xan­der ru­fen?« Auch wenn jetzt alles gut lief, so konn­te es nicht weiter­ge­hen. Sein Ge­schäfts­part­ner ar­beit­ete nicht für das Un­ter­neh­men.

»Was hat er denn schon wie­der an­ge­stellt?«, mur­mel­te sie die rhe­to­ri­sche Fra­ge vor sich hin und griff zum Hörer. »Hier ist Si­na, Herr Eden möch­te Sie ger­ne spre­chen!«

Marc ver­kniff sich ein La­chen, als er sah, wie Si­na die Augen roll­te. Sei­ne Se­kre­tä­rin wuss­te ge­nau, wer wel­che Leis­tun­gen für die­ses Un­ter­neh­men voll­brach­te. Und wenn ihr Ale­xan­der dumm kam, er­trug sie es still­schwei­gend. Das war kein Zeichen von Schwäche, nein. Sie re­spek­tier­te ihn ein­fach nur nicht und nahm ihn nicht ernst. Je­dem an­de­ren wür­de Marc et­was er­zäh­len, wenn ei­ner der An­ge­stell­ten ge­gen­über der Ge­schäfts­füh­rung re­spekt­los wer­den wür­de. Denn egal wel­chen Krieg sie aus­foch­ten, Marc wür­de das nie­mals nach außen zei­gen. Was sie sich letz­tend­lich dach­ten, lag nicht in sei­nem Er­mes­sen. Si­na hat­te sich die­sen Frei­fahrts­schein aller­dings hart er­ar­bei­tet. Sie war mehr an Marcs Sei­te, als es Ale­xan­der je­mals war. Si­na mach­te Über­stun­den, so­bald er mit dem Fin­ger schnipp­te, war Be­ra­te­rin in allen Lebens­lagen und dien­te oft­mals als ei­ne Art Schutz­panzer, sor­tier­te An­fra­gen jeg­li­cher Art nach Wich­tig­keit aus und reich­te nur an Marc weiter, was Prio­ri­tät hat­te. Sie wuss­te über sei­nen Frust detail­liert Be­scheid, nicht sel­ten half sie Marc, et­was aus­zu­bü­geln, was Ale­xan­der ver­bockt hat­te.

»Was willst du?« Ale­xan­der kam kurz da­rauf in sein Büro ge­platzt, setz­te sich vor Marcs Schreib­tisch und sah ihn mit dem Fuß wip­pend an, als hät­te er kei­ne Zeit.

»Wir soll­ten uns über dei­ne Zu­kunft in die­sem Un­ter­neh­men un­ter­hal­ten«, be­gann er, räum­te ein paar Un­ter­lagen zur Sei­te und be­trach­te­te ihn mit ern­ster Mie­ne.

»Ich wüss­te nicht, was es da zu be­spre­chen gibt. Ich bin dein Part­ner und das wird auch so blei­ben.«

»Ale­xan­der, mach dir nichts vor. Du bist für das Un­ter­neh­men ei­ne Last, denn sind wir mal ehr­lich, wel­che Kun­den hast du uns ge­bracht? Was trägst du im Ge­schäfts­all­tag bei? Wann kann ich mich nur ein­mal auf dich ver­las­sen?«

»Hey«, sprang Ale­xan­der auf und stütz­te sich dro­hend auf der Tisch­plat­te ab. »Wer ist eben zu spät ge­kom­men, wer­ter Herr Eden?« Sei­ne Stim­me trief­te vor Sar­kas­mus. »Das warst du, nicht ich. Merkst du noch was?«

»Merkst du noch was?«, wie­der­hol­te Marc zor­nig und bau­te sich eben­falls in ei­ner dro­hen­den Hal­tung vor die­sem Idio­ten auf. »Du fragst mich allen Ern­stes, ob ich noch et­was mer­ke, nach­dem ich uns ei­nen De­al mit ei­ner ge­schätz­ten monat­li­chen Mar­ge im fünf­stel­li­gen Be­reich ein­ge­han­delt ha­be? Du hast da­zu ge­nau was beige­tra­gen? Ver­zeih mir, wenn ich so stut­zig bin, aber ich kann mich da­ran er­in­nern, dass du dort schwei­gend wie ein Mönch ge­ses­sen hast und dann über die Ca­napés her­ge­fal­len bist. Und jetzt sieh mir in die Augen und er­klä­re mir noch ein­mal, was hier falsch läuft!« Ale­xan­der fo­kus­siert, blick­te er ihm un­er­bitt­lich ent­ge­gen. Nein, vor­her muss­te er sich die Zun­ge ab­bei­ßen, sie zer­kau­en und über den Darm aus­schei­den, doch kei­nes­falls wür­de er den Blick vor die­sem Voll­honk sen­ken.

Es dau­er­te ei­ne gan­ze Wei­le, bis Ale­xan­der sich dem Du­ell der Ti­ta­nen ent­zog und lei­se flüs­ter­te: »Du wirst mich nie­mals los­wer­den. Denn oh­ne mei­ne fi­nanz­iel­le Sprit­ze wä­re die Fir­ma nicht da, wo sie jetzt ist, ver­giss das nicht.«

Das hör­te sich wie ei­ne Dro­hung an und Marc wuss­te ge­nau, dass es auch ei­ne war. Ale­xan­der war ein Meis­ter im Ma­ni­pu­lie­ren und Quä­len an­de­rer Men­schen. Er wür­de so schnell nicht hin­wer­fen, aber Marc wür­de auf kei­nen Fall auf­ge­ben, das stand fest. Den­noch wuss­te er, dass er in die­ser Si­tua­tion nichts mehr er­rei­chen konn­te, wes­halb er schwieg. Ein letz­tes sieges­si­che­res Seuf­zen, als wür­de er den­ken, dass er tat­säch­lich Recht hat­te und Ale­xan­der ver­ließ sein Büro. Arsch­loch! Ja, es stimm­te so­gar. Oh­ne sei­ne an­fäng­li­che Un­ter­stüt­zung hät­te Marc sei­ne Träu­me nie ver­wirk­li­chen kön­nen, aber dass die Fir­ma nun er­folg­reich war, war auf sei­ne Fä­hig­kei­ten zurück­zu­füh­ren – Marcs Un­ter­neh­mens­füh­rung und Know-how. Wenn es ihm nur um das Geld ge­hen wür­de, könn­te er ihm mehr als ge­nug in den Ra­chen schüt­ten. Doch mehr als ein­mal hat­te er be­reits be­kräf­tigt, dass er sich nicht aus der Fir­ma ki­cken ließ.

Ein Klop­fen er­tön­te und kurz da­rauf be­trat Si­na sein Büro. »Alles okay hier?«, woll­te sie von ihm wis­sen.

»Das Üb­li­che!«, gab Marc knapp zurück. Er muss­te die­sen Ab­schaum los­wer­den und das am be­sten so­fort!

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