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»Mor­gen, Si­na. Gibt’s was Aku­tes?«, frag­te Marc, wäh­rend er an ihr vor­bei­ging und sein Büro be­trat. Denn wenn es nichts Bren­nen­des gab, wür­de er nach dem Acht-Uhr-Termin erst mal die In­ves­ti­tions­mög­lich­kei­ten stu­die­ren, die ihm die­ser Weis­haupt ge­stern mit­ge­ge­ben hat­te.

Traf er doch tat­säch­lich den hei­ßen Rot­schopf in des­sen Büro. Ein Grin­sen schlich sich auf sei­ne Lip­pen. Die­se Frau hat­te es ihm an­ge­tan. Un­fass­bar hübsch, sich ih­rer Schön­heit aber kei­nes­wegs be­wusst. Sie war so er­fri­schend. Vor al­lem war sie ver­dammt noch­mal mit sei­nem Ver­mö­gens­be­ra­ter ver­hei­ra­tet, wie sich im Ge­spräch her­aus­stell­te. Noch immer ver­pass­te ihm die­ser Ge­dan­ke ei­nen un­an­ge­neh­men Stich in der Ma­gen­ge­gend.

Ge­ra­de setz­te er sich hin, als Si­na her­ein­kam – ele­gant ge­klei­det wie immer, ei­ne Seiden­blu­se und ein Bleis­tif­trock um­schmei­chel­ten ih­re Hüf­ten. Sie war wirk­lich ei­ne Augen­wei­de, wenn man es so woll­te. Ihr Ver­lob­ter konn­te sich glü­cklich schät­zen, so ei­ne tol­le Frau an sei­ner Sei­te zu ha­ben. »Der Be­cker aus der Fi­nanz­ab­tei­lung möch­te gleich mit Ih­nen spre­chen«, ver­kün­de­te sie und stell­te ei­nen Kaffee vor ihm ab.

»Was will der denn?«, frag­te er und zog die Tas­se nä­her, wäh­rend er dan­kend nick­te.

»Es eilt, mein­te er nur und da Ihr Acht-Uhr-Termin ab­ge­sagt hat, Sie jetzt dem­nach ei­nen ein­stün­di­gen Slot zur Ver­fü­gung ha­ben, hab ich ihn rein­ge­scho­ben«, er­klär­te sie und mach­te auf dem Ab­satz kehrt.

Klar doch. Es wä­re oh­ne­hin zu viel ver­langt, ihm ein­fach et­was Zeit zu gön­nen. Dass das kein wirt­schaft­li­ches Den­ken war, wuss­te er selbst und den­noch, waren wir mal ehr­lich, wer freu­te sich nicht da­rüber, wenn ein Termin kurz­fri­stig ab­ge­sagt wur­de und man un­ver­hofft ein biss­chen Zeit hat­te, um an­de­re wich­ti­ge Din­ge zu er­le­di­gen. Nun gut, das Gan­ze galt nur, wenn es ein un­wich­ti­ger Termin war und dann auch nur, wenn ihm da­durch kei­ne Un­kos­ten ent­stan­den. Ach, was re­de­te er da, eigent­lich war es immer schei­ße, wenn man nicht zu ei­nem ver­ein­bar­ten Termin auf­tauch­te.

Es klopf­te, und her­ein­kam Be­cker, der Chef sei­ner Fi­nanz­ab­tei­lung. »Mo­in, Marc«, grüß­te der schlak­si­ge jun­ge Kerl, der ein wah­res Zah­len­ge­nie war. Klar, gab es ei­nen ge­wis­sen Dres­sco­de im Haus zu be­ach­ten, aber Be­cker war eh und je in Je­ans und Shirt an­ge­tanzt, so­gar zum Vor­stel­lungs­ge­spräch. Die­ser Kerl hat­te Marc mit sei­ner fach­li­chen Kom­pe­tenz be­ein­druckt und des­halb be­schloss er schon da­mals, dass er, was die Klei­dung be­traf, ei­nen Frei­fahrts­schein er­hielt. Immer­hin leg­te er ein Sta­te­ment ab, als er in eben­je­nem Dress zum In­ter­view er­schien: Man be­kommt mich so oder gar nicht, strahl­te er aus und Marc woll­te ihn ge­nau so und nicht an­ders.

»Be­cker«, grüß­te er ni­ckend und wies ihm sei­nen Platz vorm Tisch zu. »Was ha­ben Sie auf dem Her­zen?« In­ner­lich hoff­te er, dass er nicht gleich ei­ne münd­li­che Kün­di­gung sei­ner­seits er­hal­ten wür­de, denn das wä­re wirk­lich scha­de. Aber Be­cker war eigent­lich nicht un­zu­frie­den, zu­min­dest ver­mit­tel­te er ihm nicht den Ein­druck.

»Mir ist et­was auf­ge­fal­len, was ich mit Ih­nen be­spre­chen muss«, er­öff­ne­te er das Ge­spräch.

»Schie­ßen Sie los!« Marc lehn­te sich im Stuhl zurück und be­trach­te­te ei­nen sei­ner be­sten Mit­ar­bei­ter skep­tisch.

»Vom Stamm­ka­pi­tal wur­de ei­ne Mil­li­on Eu­ro ab­ge­zweigt«, sag­te er und leg­te sei­ne Fin­ger­kup­pen auf­ein­an­der. Wo­für wur­de so viel Geld ab­ge­ho­ben? Ei­ne grö­ße­re In­ves­ti­tion stand nicht an. Un­ge­dul­dig sah er ihn an. »Das Geld wur­de be­nutzt, um ei­ne hoch­ris­kan­te In­ves­ti­tion zu tä­ti­gen.«

Un­ver­züg­lich spür­te Marc, dass ein un­fass­ba­rer Zorn in ihm auf­koch­te. Er muss­te Be­cker an­schau­en, als wä­re er ein Alien, denn sei­ne Ge­sichts­mus­ku­la­tur fühl­te sich plötz­lich ge­lähmt an. Ihm könn­te der Spei­chel aus dem Mund trop­fen, es wä­re ihm egal. »Ale­xan­der!«, knurr­te er mehr, als er es nor­mal aus­sprach, denn kei­ner sonst hat­te frei­en Zu­griff auf die Fir­men­kon­ten, wo­rauf­hin Be­cker ni­ckend be­jah­te.

»Die Aus­ga­be ist auf Ale­xan­der Kra­mer zurück­zu­füh­ren.« Be­cker er­hob sich, zog ei­ne ge­knick­te Map­pe aus sei­ner Ge­säß­ta­sche. Marc griff nach den zerk­nit­ter­ten Un­ter­lagen, die Be­cker ihm ent­ge­gen­hielt und wuss­te sog­leich, dass das, was er ihm hier of­fen­bart hat­te, un­an­ge­nehm en­den wür­de. Fuck! Was hat­te die­ser Pen­ner sich bloß ge­dacht? Wäh­rend Marc sein pri­va­tes Ver­mö­gen ver­such­te, sinn­voll und ge­winn­brin­gend an­zu­le­gen, sich in­for­mier­te, schmiss Ale­xan­der das Fir­men­ka­pi­tal zum Fens­ter hin­aus. Denn wenn er die Art des Un­ter­neh­mens be­trach­te­te, den For­schungs­stand und die Si­cher­heit, die Be­cker hier detail­liert auf­ge­lis­tet hat­te, wur­de ihm speiü­bel.

»Dan­ke! Gu­te Ar­beit«, sag­te er zu Be­cker, dem er die Hand schüt­tel­te und ihn so­mit ent­ließ.

Die näch­sten Mi­nu­ten zo­gen an ihm vor­bei, wäh­rend er die Un­ter­lagen stu­dier­te und immer wie­der fas­sungs­los den Kopf schüt­tel­te. »Chef, Ihr näch­ster Termin ist …«

»Jetzt nicht!«, blaff­te er Si­na an, die sich da­rauf­hin zurück­zog und die Büro­tür, die meist of­fen­stand, hin­ter sich zu­zog. Er muss­te sich sam­meln, stell­te sich des­halb vors Fens­ter und at­me­te ei­ni­ge Ma­le tief durch. Was hat­te der Typ sich da­bei ge­dacht? Die Fra­ge war rhe­to­risch ge­meint, denn alles, was die­ser Mist­kerl neu­er­dings mach­te, muss­te man dop­pelt und drei­fach kon­trol­lie­ren, weil man nie si­cher sein konn­te, was sei­ne Be­weg­grün­de waren. Kra­mer dach­te ein­fach gar nicht nach, be­vor er et­was tat, zu­min­dest kam es ihm so vor.

Marc be­weg­te sei­nen Kopf nach links und nach rechts, ließ Ge­len­ke kna­cken, ehe er die Sprech­an­la­ge zu Si­na be­tä­tig­te. »Si­na, holst du bit­te Ale­xan­der her? Es eilt!«

»Wird er­le­digt«, er­wi­der­te Si­na.

Ei­nen Ent­schluss ge­fasst, setz­te er sich hin und war­te­te.

»Marc?«, frag­te Ale­xan­der, als er wie immer, oh­ne zu klop­fen, sein Büro be­trat. Nicht, dass er so­wie­so schon reich­lich gut ge­launt ge­we­sen war, die­ser Voll­pfos­ten schaff­te es immer wie­der, ihn selbst in ru­hi­gen Mo­men­ten aus der Fas­sung zu brin­gen, wo­bei er ak­tu­ell meilen­weit von ru­hig ent­fernt war.

Marc warf Be­ckers Un­ter­lagen quer über den Tisch, so­dass sie knapp vor der Kan­te lie­gen blie­ben, dann über­schlug er die Ar­me und war­te­te sei­ne Re­ak­tion ab. Ar­me über­schla­gen war im Üb­ri­gen ei­ne sehr gu­te Idee, so waren die Körper­tei­le, mit de­nen er ihm Schmer­zen zu­fü­gen konn­te, erst mal ver­hin­dert und er kam nicht in Ver­su­chung, ihm direkt ei­ne rein­zu­knal­len.

»Marc …«, setz­te er an, den Blick auf die Un­ter­lagen ge­rich­tet. Mit ei­nem Mal wirk­te er fahl, sei­ne Ge­sichts­far­be war ge­wi­chen. Marcs Augen fo­kus­sier­ten ihn und nah­men das Un­be­ha­gen, wel­ches er aus­strahl­te, wahr. Je­de Fa­ser sei­nes ei­ge­nen Körpers war an­ge­spannt und dur­stig nach der Er­klä­rung, die er ihm gleich ab­lie­fern wür­de. Er er­war­te­te ei­ne bom­bas­ti­sche Be­grün­dung für sein Ver­hal­ten, denn alles an­de­re wä­re un­zu­rei­chend. Na gut, wenn Marc ehr­lich war, konn­te ihn bei die­ser Fak­ten­la­ge ver­mut­lich gar nichts be­sänf­ti­gen.

Ale­xan­der be­gann ganz un­be­wusst, sei­ne Fin­ger zu ei­ner Faust zu bal­len und mach­te da­bei ei­ne pum­pen­de Be­we­gung. Nicht ei­ne je­ner, die ei­nem Angst ein­ja­gen soll­ten, son­dern ei­ne, bei der man ge­nau wuss­te, dass der­je­ni­ge ner­vös und ver­un­si­chert war. Das war Ale­xan­ders Spe­zi­al­ge­biet. Ent­we­der pump­te er mit den Hän­den oder er zog sei­ne Lip­pen mi­ni­mal aus­ein­an­der, was so viel zum Aus­druck brin­gen soll­te wie: Shit! Er­wischt!

»Ich kann das er­klä­ren!«

»Nur aus die­sem Grund ha­be ich dich herz­itiert. The sta­ge is yours!«, for­der­te er ihn in ei­nem un­ter­kühl­ten, aber ru­hi­gen Ton auf, end­lich zu spre­chen.

»Die Zeit lief mir da­von«, sag­te er lei­se und hob da­rauf­hin die Un­ter­lagen an, als müss­te er sie ge­nau stu­die­ren. Das war rei­ne Ab­len­kungs­tak­tik, um sei­ne Ner­vo­si­tät zu ver­tu­schen. Da­bei hat­te Marc ihn schon längst durch­schaut und das nicht erst seit die­sen Se­kun­den.

»Es wä­re toll, wenn ich dir nicht je­des Wort aus der Na­se zie­hen müss­te. Wer­de kon­kre­ter, um mei­ne Ge­duld steht es heu­te nicht sehr gut«, platz­te es aus Marc her­aus, wäh­rend er die Hän­de auf die Tisch­plat­te stemm­te. Er könn­te schwö­ren, dass sich Schaum vor sei­nem Mund bil­den wür­de, wenn sich die­se un­bän­di­ge Wut noch weiter stei­ger­te.

»An­de­re woll­ten die­se In­ves­ti­tion tä­ti­gen, da­bei steht das Start-up kurz vor sei­nem Durch­bruch. Die wer­den ganz groß, Marc. Das ist un­se­re Chan­ce«, re­de­te er ihm mit ei­ner plötz­li­chen Eu­pho­rie zu.

Ale­xan­der er­in­ner­te ihn ein we­nig an ei­nen klei­nen Jun­gen, der am Mon­tag nach Weih­nach­ten je­dem in der Schu­le von sei­ner tol­len Ca­rer­ra Bahn, die un­ter dem Baum ge­le­gen hat­te, er­zähl­te. Ver­stand er denn ver­dammt noch­mal nicht, dass ED längst groß raus­ge­kom­men war? Und zwar durch Marcs Ent­wi­cklung? Sie waren die ver­fick­te Num­mer Eins der in­ter­na­tio­na­len IT-Un­ter­neh­men.

Tief durch­at­men, sprach er sich zu. Ver­giss nicht, Marc Eden, dass du ei­nen ge­wis­sen Ruf in der Bran­che ge­nießt. Ver­sau es dir nicht, in­dem du die­sem Dre­cksack die Fres­se po­lierst. Er leg­te den Zei­ge­fin­ger und Dau­men an sei­ne Na­sen­wur­zel und zähl­te in­ner­lich bis drei, be­vor er weiter­sprach: »Ei­ne Mil­li­on Eu­ro? Willst du mich eigent­lich ver­ar­schen?« Na ja, pro­fes­sio­nell war an­ders, aber hey, sein Ge­gen­über leb­te we­nigs­tens noch. »Wes­halb bist du so si­cher, dass das Geld gut an­ge­legt ist? Du hast jetzt ge­nau fünf Mi­nu­ten. Wenn du die­ses Büro ver­las­sen hast und wie­der her­ein­kommst, möch­te ich dei­ne gut re­cher­chier­ten Un­ter­lagen sich­ten, in de­nen die Fak­ten, die be­sa­gen, dass das Start-up kürz­lich sei­nen Durch­bruch er­rei­chen wird, detail­liert auf­ge­führt sind. Fünf Mi­nu­ten, Ale­xan­der. Kei­ne Se­kun­de län­ger!«

Als Ale­xan­der die Hän­de, mit den Flä­chen zum Boden ge­rich­tet, vor sei­nen Körper hielt, die ihn schein­bar be­ru­hi­gen soll­ten, wuss­te Marc augen­bli­cklich, dass er nichts vor­zu­wei­sen hat­te.

»Be­ru­hi­ge dich! Du musst mir ver­trauen.«

»Ich ver­las­se mich eher auf die Klof­rau im Köl­ner Bahn­hof als auf dich«, sag­te er mehr zu sich selbst. Marc war heil­froh, dass sich sein Schreib­tisch in der Mit­te von ih­nen bei­den be­fand, das brach­te ein we­nig Ab­stand zwi­schen sie. »Die Papie­re, Ale­xan­der!«, for­der­te er ihn ein letz­tes Mal auf.

»Es gibt kei­ne. Wie ge­sagt, du musst mir glau­ben. Das ist si­cher!« Ein selbst­ge­fäl­li­ges Grin­sen schlich sich auf sei­ne Lip­pen. War er wirk­lich so dumm? Es gab kei­ne ver­damm­ten Papie­re, die ihm zu der Ent­schei­dung ver­hal­fen, ei­nen Groß­teil des Fir­men­ka­pi­tals zu in­ves­tie­ren.

»Ich hab ei­nen hei­ßen Tipp be­kom­men«, trat er nä­her und flüs­ter­te ver­schwö­re­risch.

Be­vor Marc um­kip­pen wür­de, ließ er sich nach hin­ten in sei­nen Stuhl fal­len, der da­rauf­hin ein knar­ren­des Ge­räusch von sich gab. Er hat­te ei­nen Tipp be­kom­men? Ja, war es denn die Mög­lich­keit! Die Hand vor die Stirn ge­legt, schüt­tel­te er un­gläu­big den Kopf. »Der Tipp ba­siert auf wel­chen Fak­ten? Von wem stammt er?« Bei so viel Dumm­heit ver­schlug es selbst ei­nem Marc Eden die Spra­che.

»Kennst du Lou­is Fel­ten noch? Ei­ner un­se­rer Kom­mi­li­to­nen. Der ar­bei­tet für das Un­ter­neh­men und er hat mir ei­nen In­si­der­tipp ge­ge­ben, da­mit wir die Er­sten sind und uns kei­ner in die Que­re kommt.«

Er kann­te die­sen Lou­is und konn­te ihn noch nie lei­den: »Hast du auch nur ei­ne Se­kun­de da­ran ge­dacht, dass das für je­des klei­ne Start-up ei­nem Rit­ter­schlag gleich­kommt, wenn ED mit drin hängt? Was ist los, Ale­xan­der, dass du auf In­si­de­rin­for­ma­tio­nen hin so viel Geld in­ves­tierst? Bist du dir des­sen be­wusst, dass du dir hier­mit dei­ne Kün­di­gung ein­ge­han­delt hast?«

Erst wur­den sei­ne Lip­pen schmal, die Stirn leg­te sich in Zor­nes­fal­ten, dann wie­der­um er­kann­te Marc, dass er be­griff, was ge­ra­de pas­siert war.

Marc stell­te sich hin, schob sei­ne Schul­tern et­was nach hin­ten und blick­te Ale­xan­der direkt in die Augen. Er war kein Ju­rist, doch ein ge­wis­ses Grund­maß an Kennt­nis­sen hat­te er vor­zu­wei­sen. »Das Agie­ren, ba­sie­rend auf In­si­de­rin­for­ma­tio­nen, ist straf­bar. Hier­mit bist du frist­los ent­las­sen. Der Ver­trag, der uns bei­de an­ein­an­der­bin­det, ist so­mit auf­ge­ho­ben.«

Die­sen Mo­ment hat­te er sich ir­gend­wie fest­li­cher vor­ge­stellt. Wie oft hat­te er da­von ge­träumt, wie es sein wür­de, wenn er Ale­xan­der end­lich ei­nen Lauf­pass ge­ben durf­te. Doch was er jetzt spür­te, war rei­ne Frus­tra­tion, Zorn und ei­ne läh­men­de Schwe­re, die immer wie­der die glei­che Fra­ge in ihm her­vor­rief: Wie kann ein Mensch so dumm sein?

»Das kannst du nicht brin­gen!« Fas­sungs­lo­sig­keit mach­te sich auf sei­nem Ge­sicht breit.

Ale­xan­der ig­no­rie­rend drück­te er den Sprech­knopf, der ihn auto­ma­tisch mit Si­na ver­band: »Ver­ein­ba­re ei­nen Termin mit Ber­ger. Es eilt!« Pro­vo­kant sah er Ale­xan­der ent­ge­gen, wäh­rend er die Rechts­be­ra­tung or­der­te. Selbst ihm müss­te so­mit klar wer­den, dass das wohl das En­de ih­rer lang­jäh­ri­gen Part­ner­schaft war. »Und jetzt darfst du ge­hen und wa­ge es nicht, auch nur ei­nen Schritt in mei­ne«, er be­ton­te das letz­te Wort, in­dem er ihm den Fin­ger ent­ge­gen­streck­te, »Fir­ma zu set­zen!«

Stumm stand er da, starr­te Marc mit of­fe­nem Mund an und ver­harr­te. Sei­ne Augen schlos­sen sich für ei­nen kur­zen Mo­ment, ehe er lei­se sprach: »Das wirst du be­reu­en!« Dann ver­ließ er end­lich Marcs Büro.

»Chef, Ber­ger ist im Ur­laub«, stand Si­na plötz­lich vor ihm, die ihn in ei­ner Mi­schung aus Stolz und Schock an­blick­te.

»Ruf ihn her! Du hast ja mit­be­kom­men, was los ist.« Kurz­ent­schlos­sen trat Si­na hin­ter den Schreib­tisch, sah ihn ei­nen Augen­blick an und leg­te die Ar­me um ihn. »Ich weiß, die Um­stän­de sind ka­ta­stro­phal, aber, Chef … Mein Gott, er ist weg, ich kanns gar nicht glau­ben«, be­teu­er­te Si­na bei­nahe flüs­ternd, mit ei­nem ehr­li­chen Strah­len in den Augen, das ihm zeig­te, dass das, was hier ge­ra­de ge­sche­hen war, die Rea­li­tät war. Sie hat­te ver­fickt noch­mal recht und doch hoff­te er jetzt in er­ster Li­nie, dass ED kei­nen grö­ße­ren Schaden da­von­trug. Si­na klopf­te ihm fast schon auf­mun­ternd auf die Schul­ter, be­vor sie ihm ei­nen Kuss auf die Wan­ge drück­te und zu ih­rem Schreib­tisch zurück­lief, um zu tele­fo­nie­ren.

Er öff­ne­te ei­ne E-Mail, füg­te den Ver­tei­ler der be­fug­ten Per­so­nen im Un­ter­neh­men ein, ent­fern­te Ale­xan­der und ver­fass­te ei­nen Text, aus dem knapp her­vor­ging, dass sich ED mit so­fort­iger Wir­kung von ihm ge­trennt hat­te und ver­an­lass­te, dass alle re­le­van­ten Zu­gangs­daten und Pass­wör­ter neu ver­ge­ben wur­den. Das war de­fi­ni­tiv nicht über­trie­ben, denn heu­te hat­te Ale­xan­der ge­zeigt, wie kopf­los er agier­te.

Um sein Geld mach­te er sich kei­ne Sor­gen, denn das wür­de er ver­mut­lich oh­ne Pro­ble­me zurück­be­kom­men, wenn Ber­ger das Gan­ze über den juris­ti­schen Weg ins Rol­len ge­bracht hat­te. Die Ge­set­ze stan­den ein­deu­tig auf sei­ner Sei­te.

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