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3. „Gotteskrise“ in den westlichen Industrienationen

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Das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland beschwört in seiner Präambel die Verantwortung „vor Gott und den Menschen“. Aber de facto ist Gott zu einem Fremdling geworden. Längst hat sich Ernst Blochs Prophetie von einem „Atheismus im Christentum“7 (und einem Christentum im Atheismus) bewahrheitet. Selbst unter den Kirchenmitgliedern verwischen sich die christlich-biblischen Gottesvorstellungen, verdunsten sie bis zur Unkenntlichkeit.

Im Jahr 1994 warf der Theologe Johann Baptist Metz in einem „Versuch zur ‚geistigen Situation der Zeit‘“ die Frage auf, ob wir uns nicht in einer tiefen „Gotteskrise“ befinden.8 Er vertrat die Ansicht, dass es zwar auch eine Kirchenkrise gäbe, entscheidender sei aber die Gotteskrise. Wenig später kam der Sozialwissenschaftler Michael Ebertz zu dem gleichen Ergebnis: Alle einschlägigen sozialwissenschaftlichen Erhebungen belegen „eine Beschleunigung der Erosion des Gottesbegriffs als einer Grundkonsensformel in der Bevölkerung, eine Pluralisierung der Gottesbilder und vor allem, dass spezifisch christentümliche Gottesvorstellungen immer weniger einen gesellschaftlichen Grundkonsens abgeben können, da sie in Ostdeutschland massivst – mit Zweidrittelmehrheit – abgelehnt, aber auch in Westdeutschland nur noch von einer Minderheit mit Zustimmung akzeptiert werden.“9 Und nicht zuletzt betonte auch der Mainzer Kardinal Karl Lehmann bei einem Vortrag in Leipzig: „Bald nach dem Konzil wurde deutlich, dass die Gottesfrage in eine grundlegende Krise kam. Das Konzil konnte noch relativ beruhigt von Gott reden und das Bekenntnis an ihn voraussetzen. Inzwischen sind alle Selbstverständlichkeiten, wenn sie es je waren, in diesem Bereich Vergangenheit. Eine schleichende Säkularisierung, die sich steigert, aber keineswegs unumkehrbar sein muss, hat auch radikal und tief das religiöse Bewusstsein erfasst. Alles kommt darauf an, stets wieder von neuem das Antlitz des lebendigen Gottes zu suchen. Darum steht eine Erneuerung der Frage nach Gott an erster Stelle aller Aktivitäten.“10 Drei gewichtige Aussagen, die alle das gleiche Problem benennen.

Die großen Themen des christlichen Glaubens

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