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Die Gottesahnung verschwindet nicht

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Weder die Existenz noch die Nicht-Existenz Gottes lassen sich beweisen. Für jede der beiden Positionen können Argumente benannt werden. Gleichwohl besitzen viele (wenn nicht alle) Menschen ein „anonymes und unthematisches Wissen“, sagt Karl Rahner, so etwas wie eine „Ahnung von Gott“: Vielleicht ist gerade das ahnungsvollzweifelnde, vorsichtig-glaubende Tasten im Ungewissen, im Unbeschreiblichen, im Unfassbaren die adäquate Ausdrucksform des Glaubens für den modernen Menschen.

|13|Die Gottesahnung verschwindet nicht – trotz aller Unkenrufe vom „Tod Gottes“, trotz aller philosophischen Bestreitung Gottes, trotz aller verächtlichen Rede vom „Gotteswahn“. Die Vermutung von einem „Etwas“, das größer ist als alles Gewordene, lässt sich nicht vertreiben. Irgendwie versuchen Menschen, in bestimmten Symbolsystemen immer wieder (oder auch: immer noch) diesem Gerücht und dieser ihrer Ahnung, diesem ihrem suchenden und tastenden „Glauben“ Ausdruck zu verleihen. Sie bemühen sich, dem Anspruch, dem sie sich in bestimmten Situationen ausgesetzt fühlen, zu entsprechen – sei es in ihrem veranfworfungsvollen Handeln, sei es in liturgischen Riten, in Gebet und Meditation, in mystischer Versenkung. Sie geben ihrem sprachlosen Sich-angesprochen-Fühlen eine Antwort, die sie sprachlich-stammelnd zu fassen suchen, so dass auch andere sich darin wiederfinden können. Oder sie verharren in staunendem Schweigen, in andächtiger Bewunderung, in wortloser Betrachtung. Glaubwürdiges Denken und Reden von Gott darf heutzutage nicht geprägt sein vom Grundton scheinbar unerschütterlicher Sicherheit und von einem begrifflichen „Wissen“ um das unbegreifbare Geheimnis „Gott“.

Mir geht es in diesem Buch vor allem um zwei Aspekte:

• Ansätze bei den Naturwissenschaften

An den großen Themen der Naturwissenschaft (Urknall – Materie – Energie – Gravitation – Leben – Evolution – Zeit – Bewusstsein) möchte ich darlegen, dass hier keineswegs schon alle Fragen gelöst sind. Trotz oder wegen aller unbestreitbar großen Erfolge in der Erforschung des Universums, seiner Rätsel und Geheimnisse zeigt sich, dass jede gewonnene Antwort und jede neue Erkenntnis wieder neue Fragen aufwerfen. Es soll auch deutlich werden, das die von einigen Naturwissenschaftlern mit scheinbarer Selbstverständlichkeit und mit wissenschaftlichem Pathos vorgetragene Leugnung der Existenz einer transzendenten Kraft (Gott) wissenschaftlich unhaltbar und in Zweifel zu ziehen ist. Ganz im Gegenteil weisen viele Aspekte genau in die gegenteilige Richtung.

• Ansätze bei der Theologie

An den Beispielen Glaube, Projektionen, Person, Jesus, Erlösung, Dreiheit, Sein möchte ich versuchen aufzuzeigen, dass eine „nachmetaphysische“ |14|Gottesvorstellung und das sich daraus ergebende „neue Denken von Gott“ sich durchaus mit den Erkenntnissen der modernen Naturwissenschaften vertragen. Dabei muss allerdings Abschied genommen werden vom tradierten „metaphysischen“ Gottesbild, das einer Welt entstammt, in der ein Flug zum Mond als reine Wahnvorstellung erschien und das in „moderne Zeiten“ nicht mehr hineinpasst. Ich möchte dabei auch deutlich machen, dass „Beten“ (etwas anders als gemeinhin verstanden) angesichts dieses „neuen“ und anderen Gottesbildes durchaus möglich und sinnvoll erscheint.

Glauben im Zweifel

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