Читать книгу Ascheland - Oliver Kyr - Страница 9

Оглавление

2 November 2018

‚Ein Monat zu früh‘, dachten einige.

‚Ich will nicht sterben‘, die meisten.

‚Mein Gott‘, die, die Glauben hatten.

‚Bitte nicht‘, die ohne.

Die meisten rannten.

Einige versteckten sich, vergebens.

Wenige ergaben sich der Notwendigkeit der Stunde und stellten sich der Auslöschung.

Einer wurde im Betontunnel des Eisbärengeheges überrascht. Die Eisbären waren draußen, aber er nicht. Er hatte seine kleine dreibeinige Hyäne gesucht und gefunden. Ein Wärter im Zoo. Zacharias Brandt, groß und hager, schweigsam und nachdenklich.

Wäre es nicht so schlimm gewesen, man hätte es fast schön nennen können. Das Donnern, der lila Himmel, das Ballett der Vernichtung.

Unscharf hatten sich die Dinge entwickelt. Vorauszuahnen, wäre man nicht so intensiv mit Nichtigkeiten beschäftigt gewesen.

Das Jüngste Gericht in Zusammenarbeit mit der Brutalität alles Brutalen. Seuchen, Katastrophen und einzelne Kriege, die sich schnell zu einem Großen zusammentaten. Um schneller zu töten, um effektiver auszulöschen.

Chronologisch nicht mehr zu entwirren und mit einer Härte, die den Erdball einmal umrundete und Wüste und Stille zurückließ.

„Alles auf einmal. Als ob da oben jemand die Schnauze gestrichen voll gehabt hat von uns“, hatte ein Radiomoderator gesagt. Sekunden bevor sein Sender in Flammen und Molekülen aufging.

Fünf große Fragen blieben zurück.

Fragen, die die wenigen Überlebenden nie würden beantworten können.

Fragen, deren scheinbare Widersprüchlichkeit die Menschen auffraß.

Die aber auch wieder an einen Allmächtigen, Zürnenden, Unnachgiebigen glauben ließen. An Schicksal und Schuld. An Apokalypse, Hölle und Weltenbrand.

Wieso überlebten Menschen in ungesicherten Kellern und im Eisbärentunnel, aber niemand in einem der unterirdischen Schutzbunker?

Warum starben die Menschen und nicht die Tiere?

Wieso gab es keine Rettungsteams und Notstandsarmeen?

Warum überlebten einige wenige Erwachsene, aber fast kein einziges Kind?

Und warum beraubte das „Jüngste Gericht“, wo auch immer es herkam und wer auch immer es schickte, warum beraubte es alle Männer ihrer Fruchtbarkeit?

Außer einem.

Die Geschichte, die nach dem „Jüngsten Gericht“ geschrieben wurde, floss nicht aus den Federn von Wissenschaftlern. Wurde nicht mit der Tinte intellektueller Analytik oder gar philosophischem Überblick auf’s Papier der Erinnerung gebracht.

Überlebende schrieben sie. Menschen, die letztlich taten, was sie immer taten, um im Strom der wirbelnden Ereignisse um sie herum nicht unterzugehen.

Sie versuchten, zu leben.

Ascheland

Подняться наверх