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Rosana
ОглавлениеIch habe immer alle Katzen verscheucht. Nicht, dass ich Katzen nicht mag. Nein, es ging mir um Caesar. Caesar war etwas in die Jahre gekommen.
Der alte Schnatterkopf hatte den qualvollen Tod seiner Lebenspartnerin vor ein paar Jahren erstaunlich gut verkraftet. Sie hatten sich sehr geliebt, saßen oft stundenlang nebeneinander auf der Stange und erzählten sich was. Mal kraulte er zärtlich ihren Nacken, mal tauschten sie innige, teilweise heftige Zungenküsse aus. Aber es hatte auch deutliche Dispute gegeben. Wenn sie seine Zärtlichkeiten satt hatte, konnte es schon passieren, dass sie sich gelangweilt abwandte, und er dann kreischend zu zetern anfing. Sie hatte sich davon fast immer völlig unbeeindruckt gezeigt und war mit geschlossenen Augen ihren Gedanken nachgegangen. Nur ganz selten hatte sie nach ihm gehackt, so dass sein Schimpfen für kurze Zeit erstaunt verstummt war.
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„Du kommst ja jetzt öfter“, begrüße ich sie. Ich beschließe, sie Rosana zu nennen. Ihr Fell ist fahl-beige mit ein paar weißlichen Flecken, und sie hat eine rosa Nase. Etwas scheu kommt sie näher, während ich lesend auf der Terrasse liege. Verlegen streicht sie um ein Stuhlbein herum. Sie war mir neulich schon einmal aufgefallen, als sie mit dem Kopf genussvoll in der Katzenminze wühlte.
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Dann war Caesar plötzlich alleine. Ich hatte große Trauer und Apathie erwartet, aber nichts dergleichen geschah. Er war heiter und lustig und schnatterte und schimpfte weiter. Im letzten Sommer, als ich einmal vom Garten ins Wohnzimmer zurück kam, lag sein Käfig umgestürzt auf dem Boden, das Futter war auf dem Teppich verteilt und die auslaufende Tränke hatte einen dunklen Fleck hinterlassen. Er selbst hockte munter in dem ganzen Chaos und guckte mich mit schiefem Kopf interessiert an – was ich zu diesem unerhörten Vorfall wohl sagen würde. Ich fand das Ganze ziemlich dreist. Da war sicher eine der vielen Katzen aus der Nachbarschaft in übler Absicht von der Terrasse ins Wohnzimmer geschlichen, war auf den Käfig gesprungen und hatte ihn umgeworfen. Das Getöse hatte ihr hoffentlich einen gehörigen Schrecken eingejagt.
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Rosana wagt den Sprung zu mir auf die Gartenliege. Ich bin beglückt. Überhaupt kommen jetzt viel mehr Katzen bei mir vorbei, nachdem Caesar tot ist. Zumindest bilde ich mir das ein. Neulich, an einem der lauen Sommerabende, hatte Caesar ganz ungewöhnlich laut und seltsam geschrien. Als ich dazu kam, lag er leblos auf dem Käfigboden. Etwas nachdenklich habe ich ihn im Garten unter der Weide vergraben.
Zärtlich kraule ich Rosana den Nacken. „Wo ist eigentlich Caesar?“, fragt sie plötzlich. Ich bin erstaunt, dass sie nach ihm fragt, und höre auf zu kraulen. „Caesar ist neulich gestorben“, sage ich so lässig wie möglich. Es ist mir ein bisschen peinlich, dass ich so kurz nach seinem Tod schon dabei bin, eine neue Freundschaft zu schließen. Ich streichele sie, eine Weile ist nur ihr Schnurren zu hören. „Woran ist er denn gestorben?“, fragt sie beiläufig und schaut an mir vorbei. „Ach weißt du, der war schon alt.“ Sie schnauft hörbar, schließt zufrieden die Augen und sagt nichts weiter.