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2. Versuche es mit dem Weg der Liebe.

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Jemand, der es im Kampf des Lebens mit dem Weg der Liebe versucht hat, sagt darüber: „Die Liebe wirkt wie Zauberei, sie ist ein unfehlbares Mittel gegen Sünde, Siechtum und Elend, sie bringt Gesundheit und Gedeihen mit sich.“

Wenn diejenigen unter uns, die in Mißhelligkeiten sich befinden, ernstlich einmal — und wäre es auch nur für ganz kurze Zeit — den Weg der Liebe beträten, sie kämen wohl nie wieder in Versuchung, zu den Wegen des Zanks und Streits, der Eifersucht und des Splitterrichtens oder gar denen der Tyrannei und Menschenschinderei zurückzukehren.

Warum wolltest du es nicht auf einen Versuch ankommen lassen? Du, den seit Jahren Jähzorn, Furcht, Haß und böser Wille martern und in Stücke reißen; der du durch Selbstmord dein Leben schon um eine Reihe von Jahren gekürzt hast, warum solltest du all diesen Übeln nicht den Rücken kehren und den Weg der Liebe betreten?

Ihr, deren häusliches Leben eitel Enttäuschung bedeutet; ihr Ehemänner und Hausfrauen, die ihr ewig hadert und niemals erfahren habt, was Frieden und Eintracht für ein Hauswesen bedeuten, versuchet es mit der Liebe. Sie wird euch nicht irreführen. Sie wird die Falten eurer Stirn glätten, euer Haus mit neuem Geist, eure Augen mit neuem Licht und euer Herz mit neuer Hoffnung und neuem Frohsinn füllen.

Ihr, deren Leben bisher einsam und unfruchtbar verlaufen; ihr Zweifler, Schwarzseher und Sauertöpfe; ihr, die ihr nur den Weg der Selbstsucht und Habgier eingeschlagen, die ihr euch nur um euer eigenes Wohl und Wehe gekümmert, die ihr euch in Kampf und Qual aufgerieben habt; ihr, deren Tage gefüllt sind mit Bangigkeit, Scheelsucht und Zwistigkeiten aller Art, warum solltet ihr nicht den Weg der Liebe einschlagen?

Alle andern Wege haben euch nicht zum Glück geführt. Der Weg der Selbstsucht wird es nie, da er dem Gesetze Gottes und den ewigen Grundsätzen der Natur widerstreitet. Nicht also der Liebe Weg: er steht im Einklang mit allem, was wahr und schön ist, und er führt immer zum Ziel. Die Liebe wird all eure Knoten entwirren und all eure Rätsel lösen. Darum versuchet es mit dem Weg der Liebe bei jedem Gram und jeder Sorge, bei jeder Schwierigkeit, die euch in den Weg tritt.

Ihr Mütter, denen ein gram- und kummervolles Leben ins Gesicht geschrieben ist, die ihr euch abmühet, eure Kinder mit Schelten und Schlägen, mit Püffen und Stößen zu erziehen, wollt ihr statt dessen es nicht mit der Liebe versuchen? Mit Liebe könnt ihr eure Knaben und Mädchen viel rascher und mit weit besseren Ergebnissen erziehen, als wenn ihr sie schindet und plagt; wendet euch an ihre besten und edelsten, statt an ihre schlimmsten Triebe, und ihr werdet überrascht sein zu sehen, wie bereitwillig und rasch sie eurem Rufe Folge leisten.

Die menschliche Natur sträubt sich gegen Zwang und Gewalt. Habt ihr eure Knaben und Mädchen bisher zwingen und knechten wollen, so lasset davon ab und betretet den neuen Weg, den Weg der Liebe. Seht zu, ob sie in eurem Haus nicht Wunder wirkt. Ob sie eure häusliche Maschine nicht viel sanfter laufen läßt. Ob sie die Spannung, die auf euch lastet, nicht wunderbar lösen wird. Versuchet es mit dem Weg der Liebe.

Erzwungene Arbeit, erzwungener Gehorsam zeitigen kaum je gute Früchte. Ich kenne einen Mann, der sich Tag und Nacht abmüht, um seine ganze Umgebung nach seiner Schablone zu modeln, um jeden dahin zu bringen, daß er genau so und nur so denkt und handelt wie er selbst. Dieses Bestreben artet bei ihm so aus, daß an ein friedliches Auskommen mit ihm nicht zu denken ist. Seine Kinder zittern vor seinem Nachhausekommen. Sie mögen tun, was sie wollen, nichts ist ihm recht; seine Frau und die Dienstboten mögen ihm alles an den Augen absehen, sie ernten nichts als Vorwürfe. Durch seine Engherzigkeit und Herrschsucht macht er sich und seine ganze Umgebung unglücklich und elend.

Ebenso ist er im Geschäft. Nichts macht man ihm recht. An einem fort kritisiert, tadelt und bespöttelt er seine Angestellten und raubt ihnen dadurch alle Arbeitsfreudigkeit. Er vergißt, daß ein einziges Wort des Ansporns und Lobes unendlich mehr bewirken würde, als alles Schelten, Nörgeln und Toben, woran sie sich so gewöhnt haben, daß es bei ihnen nichts anderes als Widerwillen und Ekel erzeugt.

Der Hang, die Leute zu beaufsichtigen und zu gängeln, sie jeder Selbständigkeit zu berauben; die Gewohnheit, immer hinter den Kindern her zu sein mit dem ewigen „Ihr dürft nicht“ und „Ihr sollt nicht,“ desgleichen der Drang, unseren Lebensgefährten, Geschäftsteilhabern oder Angestellten unsere Gedankengänge oder Handlungsweisen aufzunötigen, den Leuten zu widersprechen und sie niederzudonnern, kurz, alle Welt — ob sie will oder nicht — nach unserer eigenen „Fasson selig zu machen“, eine solche Gewohnheit zerstört alle geistige Harmonie, untergräbt die Tatkraft, verderbt die Stimmung und widert jeden an, der mit uns in Berührung kommt.

Die Liebe schlägt ganz andere Wege ein. Sie ist edelmütig, gerecht und großherzig. Sie achtet die Rechte und Gefühle der andern. Sie sucht nicht, Fehler zu korrigieren, anstoßerregende Eigenschaften oder Neigungen durch unausgesetzte Kritik zu bessern; sie sucht einfach, sie unschädlich zu machen. Sie treibt solche Fehler und schlechten Eigenschaften aus, genau wie die Sonne die Dunkelheit aus einem Zimmer treibt, wenn die Fensterläden geöffnet werden.

Ist Streit in deinem Hause, so gehe den Weg der Liebe, und du wirst zu deinem Entzücken wahrnehmen, wie schnell sie die Finsternis verjagt und die Sonnenstrahlen der Eintracht hereinläßt. Wie durch Zauberspruch wird sie die Atmosphäre in deiner Familie bessern. Ein neuer Geist wird seinen Einzug halten und statt der Widersacher werden hilfreiche Freunde sich einstellen. Laß Mitgefühl und Freundlichkeit den Platz des Tadelns und Scheltens einnehmen, und du wirst daheim eine wahre Umwälzung hervorrufen. Warmherziges uneingeschränktes Lob dann und wann wird wirken wie geschmeidiges Öl in einem ausgerosteten Räderwerk, und die Gegenwirkung auf dich selbst wird nicht ausbleiben und Wunder wirken.

Gehet den Weg der Liebe, ihr Männer, die ihr nur den Herrn und Gebieter in der Familie spielen, mit Stirnrunzeln und Poltern Weib und Kinder einschüchtern wollt, die ihr euch gar zum Leuteschinder herabwürdigt. Dieses veraltete und rohe Verfahren hat euch keinen Erfolg, keine Befriedigung, nur Enttäuschung gebracht, warum es also nicht mit der neuen Philosophie, dem Weg der Liebe, versuchen? Sie ist das Allheilmittel, der christliche Sauerteig, welcher die Welt durchsäuert.

Versuche du dieses Mittel, du krittelnde, keifende Hausfrau! Statt vom Morgen bis zum Abend zu nörgeln und zu schelten, zu schmälern und zu schmähen, zu jammern und zu klagen, gehe den Weg der Liebe. Statt deine Magd vor den Gästen mit Schimpf- und Scheltworten zu überschütten, wenn sie ein Stück Porzellan zerbricht, versetze dich an ihre Stelle, denke dich in ihre Verlegenheit hinein und gehe lachend über ihre Unachtsamkeit hinweg. Dann schadet's nichts, wenn du ihr eine Mahnung unter vier Augen zukommen läßt. Sie wird in Zukunft um so vorsichtiger sein. Gibt dir deine Waschfrau ein Stück Leinwand beschmutzt zurück oder ist ihre Arbeit nicht ganz so gut wie sonst, so fertige sie nicht mit grobem Tadel ab. Liebloses Dreinfahren wird sie nur mürrisch und finster machen, um so empfänglicher aber ist sie für sanfte und freundliche Worte.

Ihr Männer und Frauen, die ihr nie Glück habt mit euren Knechten und Mägden, die ihr verzweifeln möchtet, weil sie euch Hab und Gut entzweischlagen, vergeuden und veruntreuen, die ihr vorzeitig eure Kraft verzehret in unnützem Kampf, weil ihr Übles mit Üblem vergeltet, versuchet es mit dem Mittel der Liebe.

Versuchet es alle, die ihr müde seid des täglichen Zanks und Haders, der täglichen Prüfungen und Drangsale, die euch im Geschäft in den Weg treten. Die Liebe wird einen neuen Geist erwecken in eurem Laden, in eurer Fabrik und in eurem Kontor. Was auch euer Geschäft sei, welcherlei Widerwärtigkeiten und Schwierigkeiten ihr auch begegnen möget, die Liebe wird die Wege ebnen und euren Lebenswagen auf ein fahrbares Geleise bringen.

Auf dem Friedhof eines deutschen Landstädtchens, auf den ein burggekrönter Felsen herabschaut, las ich vor kurzem auf einem schlichten Grabstein die Worte: Unserer treuen Mutter. „Sie hat getan, was sie konnte.“ (Mark. 14, 8.) Von dem Ortsgeistlichen, der die Verstorbene genau gekannt hat, erfuhr ich, daß dieser Stein die sterblichen Überreste einer edlen Christin deckt, die in einem arbeits- und entsagungsreichen Leben für die Ihrigen getan, was eben nur ein treues und liebendes Mutterherz zu tun vermag, die mit gleicher Bereitwilligkeit Entbehrungen und Dienste aller Art auf sich nahm und fast buchstäblich ihr letztes Scherflein hergab, um — namentlich in den ersten Kriegsjahren, die sie noch erlebte — die Not ihrer Mitmenschen zu lindern; und die in edler Selbstüberwindung auch solchen, die ihr Böses antaten, verziehen und aus der Not geholfen hat. Ist diese Inschrift und eine solche Verkörperung edelster Mutter- und Nächstenliebe nicht ein herrliches Beispiel und ein Fingerzeig für den Weg, den die Liebe geht? Die Liebe höret nimmer auf und tut, was in ihren Kräften steht, zum Besten ihrer Kinder, Brüder und Schwestern im engsten und weitesten Sinn des Worts.

Der Liebe Weg begreift alles in sich, was schön, edel und gut, was rein und wahr ist, alles, was des Besitzes wert erscheint. Sie verursacht keine Reue, sie hinterläßt keine Sorge. Sie ist so rein wie das Leben eines kleinen Kindes. Zu allem, was sie tut, bekennt dein Herz sich mit einem freudigen Amen. Der Weg der Liebe ist immer gerade, denn es ist Gottes Weg.

Schlage ihn ein, den Weg der Liebe, auf ihm winkt Glück und Seligkeit.

Der Weg der Liebe

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