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07. Killarney

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Nach sieben p.m. kamen wir endlich in Killarney an. An der ersten Tankstelle fragte Peter nach dem Weg zum Ross Castle Holiday Home. Jeder kannte hier alles, erklärte einem mehr als man eigentlich wissen wollte und das alles in einer ganz herzlichen und verbindlichen Art und Weise. Schnell verloren wir jegliche Hemmungen, fremde Menschen anzusprechen. Der Weg zum gesuchten Ferienhaus war einfach und kurz. In einer neu angelegten kleinen Siedlung mit zwölf Doppelhaushälften fanden wir ein rosafarbenes, putziges Ferienhaus vor. Der Schlüssel steckte außen an der Haustür. Die Wände waren mit verschiedenen rosafarbenen Blümchentapeten beklebt, die Fußböden mit unterschiedlich blauen Teppichböden ausgelegt. Die verschieden bunt geblümten Stoffe von Vorhängen, Tapeten und Bettwäsche harmonierten nicht besonders, aber ich gewöhnte mich daran.

Es gab drei Schlafzimmer, ein Fernsehzimmer und eine perfekt ausgestattete Küche. Hier konnte man sich richtig wohlfühlen. Voller Überschwang rannte ich etliche Male die Treppe rauf und runter, deren Stufen wiederum mit einem anders geblümten Teppich belegt waren. Im oberen Stockwerk befanden sich noch zwei bunte Schlafzimmer und ein Bad, überwiegend in hellblau gehalten.

Nach dem Abendbrot mit all den Köstlichkeiten, die wir am Nachmittag in Fermoy erstanden hatten, fielen wir erschöpft und glücklich ins Bett.

Sonntag, achter August. Draußen regnete es, Irish Mist (Nieselregen). Die Wolkendecke tauchte die Landschaft in ein bedrohliches, aber faszinierend dunkel violettes Licht. Als könnte sie nie mehr ein Sonnenstrahl durchdringen, verdichteten sich die Wolken zu einem plastisch wirkenden Riesenmonster, das der Erde immer näher kam und sie zu zerquetschen drohte. Zehn Minuten später lockte uns bestes Wetter hinaus, keine einzige Wolke war mehr am Himmel. Langsam verstand ich, dass das Wetter in Irland ein wichtiges Thema war. Ich schloss die Augen und streckte mein Gesicht in den scharfen Wind. Ich spürte eine Macht, die mir weit überlegen war, nichts konnte ich dem entgegensetzen. Das Wetter, eine Gewalt, die auf sich aufmerksam machte und das Leben der Menschen hier bestimmte.

Fünfhundert Meter die Straße hinunter, am Ross Castle, begann der National Park. Der Spaziergang durch den weitläufigen Park war ein Genuss. Am Ufer des Lough Leane rasteten wir und beobachteten die Ausflügler auf ihren kleinen Motorbooten. Lough ist gälisch und heißt lake, also See, nicht zu verwechseln mit sea, dem Meer.

Das in seiner Urform erhaltene Ross Castle war beachtenswert, man konnte genau nachvollziehen, wie die Steine aufeinandergelegt worden waren. Dieses Gebäude aus sorgfältig gepflegten grauen Natursteinen stand inmitten grüner Wiesen, deren nasse Grashalme die Sonnenstrahlen reflektierten. Für Minuten bildete sich ein goldener Teppich unter gleißendem Dunst und zauberte eine märchenhafte Stimmung herbei. Die Natur gestaltete ein Licht – extravaganter und ergreifender als in jedem amerikanischen Spielfilm.

Wir gingen immer weiter, von einem Aussichtspunkt zum nächsten und legten schnell zwei Kilometer zurück. Um acht p.m. erst kehrten wir in unser Haus zurück, wollten aber doch noch in die Stadt.

Das Auto ließen wir auf halber Strecke stehen, dort, wo der nie endende Killarney Stau begann und setzten unseren Weg zu Fuß fort. Peter hatte schon ein Restaurant ausgesucht, berühmt für sein seafood: FOLEY`S in der High Street. Wir fanden es sogar.

Das FOLEY`S war vollgestopft mit Menschen und für uns war klar, dass es jede Minute wegen Überfüllung geschlossen werden würde. Zu Essen würden wir sicher auch nichts bekommen, wir hatten nicht reserviert. Wir lagen völlig falsch. Obwohl wir wegen Platzmangels noch nicht einmal mehr die Tür hinter uns schließen konnten, wurden wir sofort wie Gäste bei einer Familienfeier herzlich begrüßt, an eine Bar mit einer dunklen langgezogenen Theke im Eingangsbereich geleitet und gebeten, es uns gemütlich zu machen, bis ein Tisch frei werden würde. Die Atmosphäre war mitreißend, als wären wir bei der tollsten Party des Jahres gelandet. An der Theke gab es jede Menge Zapfhähne, drei für Stout, drei für Helles, Guinness, Smithwick`s, Murphy`s, Harp, Heineken und noch viele mehr. Die Wände waren gespickt mit Bildern und Fotos. Die schummrige Beleuchtung, die vielen kleinen Tischchen mit Hockern und wunderschöne antiquarische Möbel gaben dem Restaurant die Gemütlichkeit eines Wohnzimmers.

Es war üblich, erst einmal einen Drink an der Bar zu nehmen und sich zu unterhalten, mit allen, auch mit Leuten, die man gar nicht kannte. Dann wurde bestellt und irgendwann später wurde man an seinen Tisch geführt. Diese Form der Lebensart gefiel uns sehr. Wir fanden noch Platz auf einer Couch neben dem Klavier, nachdem andere Gäste bereitwillig zusammengerückt waren. Ich trank erst einmal half a pint vom Guinness. Das pint ist ein Hohlmaß, in den USA umfasst es 0,473 Liter, in Irland und England 0,568 Liter, in Süddeutschland würde man "eine Halbe" bestellen. Ein pint bekommt man automatisch, wenn man nicht ausdrücklich etwas anderes bestellt. Wir sahen uns neugierig um, genossen die lockere Atmosphäre und studierten nebenbei die Speisekarte. Es drückten laufend noch mehr Menschen herein und es wurde immer heißer. Peter schwitzte, war aber trotzdem glücklich, so viele Menschen konnten nicht irren, das Essen musste hervorragend sein. Nachdem wir bestellt hatten, verging noch ungefähr eine halbe Stunde, bis der Chef uns in den hinteren Teil des Restaurants bat und uns einen Platz zuwies. Peter begann mit Austern, das war klar gewesen, ich wählte Hummersuppe. Als Hauptgericht bekam Peter Jakobsmuscheln (scallops). Genauer gesagt war es nur eine, die war aber so riesengroß, dass wir erst mal minutenlang völlig fasziniert den Teller anstarrten. Nicht nur wegen der Größe, sie sah auch prachtvoll aus, so wie sie da lag, in ihrem ehemaligen Haus. Dazu gab es mashed potatoes, nein piped potatoes, also durch die Tülle gedrückter Kartoffelbrei. Man könnte sagen, Kartoffelbrei ist doch nichts Besonderes – es war etwas ganz Besonderes, aber nicht etwa, weil der Brei durch die Spritztüte sehr ansehnlich auf dem Teller landete. Noch nie zuvor in meinem Leben hatte ich so eine geniale Komposition gekostet. Die Jakobsmuschel hatte einen fabelhaften Geschmack. Ich war derart überwältigt, dass ich doch wirklich überlegte, meinen Steinbutt zurückgehen zu lassen und ebenfalls – nein, Steinbutt war mein absoluter Lieblingsfisch. Aber ich schielte ständig rüber zu Peter und begutachtete jedes Stück Jakobsmuschel auf seiner Gabel.

Es waren gewaltige Portionen, vor allem nach dem extrem sättigenden Guinness als erste Vorspeise. Noch nicht einmal mehr die köstliche Crème Caramel konnte ich aufessen. Wir schleppten uns hinaus. Fünfzig Pfund – für ein außergewöhnliches kulinarisches Erlebnis. (Ein irisches Pfund wurde 2002 auf 1,269 Euro festgelegt.)

Es war inzwischen nach zehn p.m. Auf der Straße stauten sich immer noch die Autos, die Gehwege waren immer noch voller Menschen in Killarney, Irlands Touristenzentrum.

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