Читать книгу Gamechanger - Patrick Knittelfelder - Страница 16
Der Papa
ОглавлениеHeute Morgen bin ich aufgewacht und wäre beinahe zu spät zur Arbeit gekommen. Folgendes war der Grund: Moritz, mein Sohn, 13 Monate alt, wird jeden Tag entzückender. Er ist in der Nacht ein Terrorist – er will trinken, er schreit, kreischt, er ärgert mich immer wieder. Aber in der Frühe und am Abend gibt es so ganz spezielle Zeiten. Und heute Morgen wollte er nur eines: bei mir sein.
Er ist einfach zu mir raufgekrabbelt. Dann hat er begonnen, mit mir zu kuscheln. Da sitze ich im Pyjama und er kommt einfach zu mir. Immer, wenn ich aufstehen will, weint er kurz, drückt sich an mich und will nur bei mir bleiben. Das ist so unglaublich entzückend. Das ist herzzerreißend. Ich kann nicht einfach aufstehen, da kann ich machen, was ich will. Und ich sage eigentlich immer: Ich bin Leiter, ich bin Vorbild, ich muss pünktlich kommen, das geht gar nicht anders. Ich bin die Pünktlichkeit in Person. Eigentlich. Aber es geht nicht. Es geht einfach nicht.
Wenn er bei mir sitzt und ich ihn anschaue, muss ich so oft an Gott denken. Denn so ist Gott. Er sagt: »Ich bin dein Vater« (vgl. Johannes 20,17). Gott sagt: »Patrick, so wie du zu Moritz bist, bin ich zu dir und zu dir, Kevin, und zu dir, Pia, und zu jedem.« Wenn ich Moritz’ Leben anschaue, ist echt viel Mist dabei. Er ist Weltmeister im Schränkeausräumen. Sobald ich mich umdrehe, hat er alles ausgeräumt. Heute früh war es die Wäsche. Ich sah den Wäschehaufen auf dem Boden liegen, verdrehte die Augen und er lachte mich schelmisch an. Er krabbelte rüber zu mir und was tat er? Er setzte sich auf meinen Schoß und wollte einfach mit mir kuscheln. Ich habe es zugelassen, ich konnte nicht anders. Verstehst du? So ist Gott. Damit wir einen Funken Ahnung davon bekommen, wie Gott ist, gibt er uns einige Beispiele.
An einer Stelle sagt Jesus: »Wenn nun ihr, die ihr böse seid, euren Kindern gute Gaben zu geben wisst, wie viel mehr wird euer Vater im Himmel denen Gutes geben, die ihn bitten« (Matthäus 7,11). Ich saß da mit all den Dingen, die ich so zu tragen habe in meinem Leben, mit meiner ganzen Vergangenheit, meiner Familiengeschichte, all meinen gestörten, gebrochenen Beziehungen, all den Enttäuschungen in meinem Leben. Und normalerweise hätte ich sagen müssen: »Du kleine Rübe machst mir das Leben echt schwer!« Aber wie war es tatsächlich? Ich habe es nicht mal mehr geschafft, rechtzeitig zu duschen. Ich musste einfach bei ihm sitzen bleiben, weil er aus irgendwelchen Gründen bei mir sitzen wollte und mir dabei so viel Liebe schenkt. Das ist unglaublich.
Du räumst in deinem Leben was weiß ich wie viele Schränke aus, schmeißt alles Mögliche runter. Und wie viel Blumenerde hast du in deinem Leben schon in der ganzen Wohnung verteilt? Weißt du, was Gott sagt? »Oh nein! Nicht die Blumenerde!« Aber dann kommst du zu ihm und kletterst auf seinen Schoß, schmiegst dich an seine Brust und er sagt: »Was ist schon Blumenerde!« So ist Gott. Wir müssen unserer Gefühlswelt mit solchen Bildern helfen, weil wir kognitiv einfach nicht imstande sind zu verstehen, wie Gott über uns denkt. Deswegen sagt er immer wieder und immer wieder und immer wieder: »Ich bin euer Vater. Der Abba. Der Papa.« Das ist so schwer zu verstehen und es ist so schwer, dass wir diese Wahrheit wirklich in unser Herz fallen lassen.
Wenn du am Morgen, tagsüber oder spät am Abend betest, alleine oder auch in einer Gruppe, in der Kapelle oder in deinem Zimmer auf dem Bett liegst, auf einem Berg stehst oder sonst wo bist und sagst: »Gott, ich will bei dir sein« – weißt du, was dann passiert? Weißt du, was der Vater dann sagt? »Eigentlich muss ich jetzt die Welt retten. Aber ich kann jetzt nicht. Ich hab einfach keine Zeit, denn ich will und muss jetzt einfach bei dir bleiben.« So ist Gott.