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4. Kapitel

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Die Buchhalterin zog eine kleine Fingerkappe über und blätterte in unglaublichem Tempo durch einen Stapel Rechnungen. Zwischendrin seufzte sie auf. Irgendetwas stimmte hier nicht. Nochmals. Was war ihr hier durch die Lappen gegangen? Mit der Zeit kannte sie ihre Pappenheimer. Habe ich doch alles sofort angelegt, ’Debitorenbuchhaltung’, da bin ich mir sicher. Sie überflog Daten, Rechnungs- und Kundennummern, warf einen Blick auf Beträge, addierte Summen, verglich mit Ausdrucken, ächzte tief auf. Verflixt. Ein typischer Montag. Irgendetwas lief da schief, aber sie konnte sich nicht konzentrieren. Diese Migräne! Und dann hatte man ihr auch noch diese langhaarige Kollegin vor die Nase gehockt, die sich oft genug unter dem Deckmantel ihrer Mähne merkwürdig nach vorn beugte, so als fische sie etwas aus der Schublade heraus. Bestimmt Kuchen, jede Wette. Na, warte. Nein…., nicht gleich… Die soll sich erst mal in Sicherheit wiegen und dann, schnelle ich hervor und erwische sie! Dann heißt es: Gibst du mir sofort die Hälfte vom Kuchen ab oder du kannst was erleben! Erpressung? Nein, nein. So etwas nennt man ’christlich teilen’. Ich muss sie zu einer guten Tat zwingen, da tue ich sogar noch ein gutes Werk. Sie lachte boshaft in sich hinein. Wo drückt sie sich jetzt wieder rum? Mittagspause? Ist doch längst vorbei. Na, soll mir recht sein. Sonst fängt sie wieder an mit ihrem: ’Glaaben-se, ich hann widder sooo de Lääde!’-Gejammer: De Lääde? Habe ich am Anfang gar nicht verstanden, was sie meinte. Die gehen einfach davon aus, dass jeder aus der Pfalz stammt. ’De Lääde’. Sie äffte es nach und wurde von mächtigem Unwillen erfüllt. Was für ein grauenhafter Ausdruck! Sollte man verbieten! Wenn die das jeden Tag dreimal sagt – sie überschlug in Gedanken die Zahlen – dann sind das, bei ungefähr 220 Arbeitstagen im Jahr, schon 660. Rechnen wir mit 20 Jahren bis zur Rente…, dann muss ich mir das – sie holte ihren Taschenrechner – 13.200 Mal anhören! Ziehen wir vielleicht noch die Grippe ab, die sie jedes Jahr nimmt, dann sind das…ungefähr: 12.275! Nun war sie selbst erschüttert über die ungeheuer große Zahl. Und das soll ich mir bieten lassen? Fast 13.000 Mal diesen hässlichen Ausdruck! Ich glaube, die kann das gar nicht mehr kontrollieren. Auf einmal kam ihr eine Idee: Nehmen wir an, für jedes Mal, wo ihr das rausrutscht, bekomme ich ein Stück Kuchen! Dann sind das 12.275 Stück Kuchen…, ein Kuchen hat, sagen wir mal, 12 Stücke: Durch 12 = 1023 ganze Kuchen! Nun wurde sie fast von einem Rausch erfasst. 1023 Kuchen…, verteilt über 20 Jahre, das heißt: 50 Kuchen im Jahr…, 50 an 220, abzüglich Grippe…= 200 Tagen, zirka, das bedeutet…Sie blickte triumphal auf: Sie muss mir jeden Donnerstag einen Kuchen bringen! Das Telefon klingelte schrill und laut, sie erschrak: „Ja, bitte?“ „Kommen Sie bitte herauf, der Chef will Sie sprechen.“ „Ich komme…“

Der Sohn des Verderbens

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