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Gelassenheit XXL
ОглавлениеSo leicht sich die Abgeklärtheit in kleinen Episoden einrichten lässt, so schwer fällt sie in den „großen“ Themen, sozusagen in der XXL-Ausgabe. Nichts da mit flüchtigen Begegnungen auf der Autobahn – hier geht es um die Verantwortung und die Lasten, die man täglich auf den Schultern trägt. Und da ist die Gemütsruhe nicht so leicht auf konstant hohem Niveau zu halten. Die Nervosität schlägt der Ausgeglichenheit leicht ein Schnippchen und gewinnt die Oberhand.
Drückt Sie zum Beispiel die Herausforderung, die berufliche Laufbahn am Laufen zu halten, wie Sie Ihren Kindern eine vernünftig ausgestattete Jugend bieten (inklusive Grundausrüstung an absolut notwendigen elektronischen Geräten und Medien) und wie Sie gleichzeitig das Darlehen auf Haus, Eigentumswohnung oder Auto bedienen? Das sind die Art Probleme, die uns nachts den Schlaf rauben und uns danach tagsüber wegen der geklauten Ruhe unsere Konzentration kosten. Im Ergebnis entfaltet sich noch mehr Druck, weil man sich nicht ebenbürtig mit all den so widerlich Ausgeschlafenen um sich herum fühlt.
Die Gelassenheit eilt uns zu Hilfe, sie zieht die Brandmauer zwischen uns und diesen trüben Gedanken. Sie ist unser Beschützer, wenn wir nachts allein sind mit unseren Sorgen und wenn uns sonst keiner hilft, sie in Schach zu halten. Zu schade, dass man seine Gelassenheit nicht auf Knopfdruck einschalten kann. Aber wenn wir sie besser begreifen, können wir sie mit der Zeit öfter herbeirufen. Steigen wir ein!
Binsenweisheit: Aufregung, Stress, Nervosität spielen sich im Kopf ab. Nicht immer sind sie angebracht. Diktiert uns die Situation zwingend, dass wir jetzt gefälligst angespannt zu sein haben? Oder ist es nicht vielmehr unsere Sicht auf die Situation, die uns aufgeregt sein lässt? Würde der entspannt wirkende Kollege neben uns die Dinge an unserer Stelle viel leichter, positiver sehen? Und hat derjenige nicht vielleicht mehr Recht mit seiner Sicht als wir mit unserer? Sollte uns das nicht einen Funken Entspannung vermitteln?
Betrachten wir uns und betrachten wir unser Umfeld, so fühlen wir bei uns den Stress stärker als wir ihn bei anderen Menschen beobachten – sind wir doch Handwerker oder Ingenieure, Manager oder Befehlsempfänger, Spezialisten oder Generalisten oder was auch immer (Sie bemerken die Breite der Aufzählung) und sitzen uns Termine und Leistungsdruck im Nacken. Haben wir etwa mehr Konkurrenten als andere? Sind besonders wir auswechselbar, die anderen hingegen unersetzlich?
Was ist denn anders für die Putzfrau, die wir im Bürokomplex schon einmal gesehen haben und die uns auf dem Weg ins Büro in der S-Bahn gegenüber sitzt? Geht es ihr etwa anders, nur weil ihre Tätigkeit auf den ersten Blick weniger, sagen wir mal, „komplex“ ist? Hat sie deswegen weniger Stress? Auch ihre Arbeit wird beäugt und es gibt gewiss genug Leute, denen etwas auffällt, was man daran besser machen kann. Und der nächste Konkurrent schaut schon über ihre Schulter.
Stress ist also keine Frage von weniger oder mehr hochstehender Arbeit. Die Arbeitsebenen sind vor ihm gleich. Unterschiedlich sind nur die Einstellungen: in der einen Dimension gibt es diejenigen, die sich stets aufregen und die anderen, die es leicht nehmen. In einer anderen Dimension sind da die Organisierten, die Stress durch Umsichtigkeit und Planung eindämmen, und diejenigen, die ihn ohne jegliche Investitionen in Weitsichtigkeit ganz nah an sich herankommen lassen. Jeder hat ein Rezept oder meint zumindest, es zu haben.
Am Ende kreuzt der Stress unser aller Leben. Ihm zu trotzen und im Alltag zu bestehen, ist eine Kunst; sie ist das Stahlbad der Konfliktbewältigung. Ist man dabei erfolgreich, so härtet uns das ab wie die kalte Dusche am Morgen. Nicht erfolgreich bewältigter Stress hingegen schwächt uns, macht uns angreifbar und empfänglicher für noch mehr gefühlte Aufregung. Hier hilft wieder die Gelassenheit – sie ist der Erzfeind des Stresses.
Gelassenheit zahlt sich nicht in Euro auf unserem Bankkonto aus und sie ist gewiss nicht das alleinige Heil. Man kann sie nicht erzwingen. Aber man kann sich an sie heranpirschen – zum Beispiel durch die Besinnung auf das bereits Erreichte.
Das Lebenswerk ist nichts Abstraktes. Es zeigt sich in konkreten Beweisen: vor x Jahren gab es das Haus oder die Wohnung noch nicht, in der Sie wohnen und die Sie jetzt abstottern oder für die Sie erfolgreich allmonatlich die Miete zahlen. Sie haben sich das aufgebaut. Sie haben Ihre Vorstellungen verwirklicht. Sie haben eine Umgebung erschaffen, in der Sie und Ihre Familie gedeihen. Dieses hohe Ziel ist bereits zur Realität vor Ihren Augen gewachsen und nicht jeder kommt dorthin. Und Sie haben diese Heimstatt bislang erfolgreich bezahlt, auch wenn es nicht immer ein Kinderspiel war und Sie auf anderes verzichten mussten. Aber Sie haben es stets geschafft.
Wenn Sie sich auf das Vollbrachte besinnen, wird daraus das Selbstvertrauen für die Zukunft geboren – auch weiterhin den eingeschlagenen Weg zu bewältigen und das Ziel zu erreichen. Und das Selbstvertrauen lässt Sie gelassen sein.
Sich auf das bereits Geschaffte nicht nur zu besinnen, sondern sich darauf zu konzentrieren und von Störendem abzuschotten, nährt dieses Selbstvertrauen. Man bewegt sich dabei im Ist und weniger in dem, was alles sein könnte, wenn man nur eleganter, intelligenter, energischer, ehrgeiziger, verbissener, rücksichtsloser, gieriger, gerissener wäre. Doch wollen wir das? Wollen wir diese Steigerungsleiter bereitwillig hinaufspringen, weil unser Umfeld es uns einflüstert oder der Zug der Zeit es diktiert? Oder wollen wir stattdessen nicht lieber wir selbst sein, mit unserem eigenen Wesen, unseren eigenen Möglichkeiten, unserer eigenen Portion Ehrgeiz? Fragen wir uns doch einfach, wie solche „Leiterspringer“ auf uns wirken, wenn wir sie wahrnehmen. Die Antwort darauf fällt leicht. Entwicklung ist gut, Entwicklung mit Wahrhaftigkeit noch besser.
Solche Gedanken kommen Ihnen zu spießig vor? So wie die Leiden des Max Mustermann? Also nehmen wir ein dramatischeres Beispiel: Schauspieler von Weltruf genießen ein Ansehen, wie es auf diesem Planeten kaum zu übertreffen ist. Und doch gibt es Schauspieler mit hohem Bekanntheitsgrad und mit Oscar-Gütesiegel, die an Depressionen zerschellen, weil ihnen die in der Presse breitgetretenen Misserfolge der letzten Zeit den Blick auf ihr Lebenswerk versperren. Dabei könnten sich gerade diese Berühmtheiten zurücklehnen und am Anblick ihrer Trophäen laben. Auch in diesen Sphären der Gesellschaft gedeihen auf dem Boden des Erreichten die Selbstbehauptung und die Gelassenheit. Oder sie verkümmern, wenn man das zulässt. Also möge jeder diese Pflänzchen hegen – ob prominent oder Max Mustermann – auf dass sie nicht im Unkraut des Alltags untergehen.
Bestätigung und Hilfe kann man sich hierfür täglich abholen. Und die stärksten helfenden Hände reichen Ihnen dabei – neben Ihrer Familie – Ihre Freunde.