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Kommissar Meyer macht aus einer Mücke einen Elefanten

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Im Krankenhaus von Osselröde liegt neben anderen Patienten seit Kurzem auch der Kommissar Meyer. Jedenfalls das, was von ihm übrig ist, denn er sieht aus, als ob er gerade vom Dach gefallen ist. Wie ein Gipsmodell mit offenen Stellen und tiefen Kratzern ist er ans Bett gefesselt und liegt scheinbar in den letzten Zügen, als der Hauptkommissar ihn besucht.

"Nun, Herr Meyer, dann erzählen Sie mir mal, was da genau passiert ist und was Sie in diese bedauernswerte Lage versetzt hat."

"Also, Herr Hauptkommissar", murmelt der Kommissar vor sich hin. "Es war an einem herrlichen Frühlingstag, als ich im Garten ein kleines Loch gegraben habe … um da drin einen neuen Baum zu pflanzen, für meine Frau, verstehen Sie … als meine Frau mich rief …"

"Heinz! Der Kaffee ist fertig!", ruft Frau Meyer ihrem Mann zu, der ziemlich zufrieden einen neuen Baum betrachtet, den er gerade gepflanzt hat. Mit einer Harke macht er noch die Erde um den Baum zurecht und geht dann rein, weil es Kaffee und Kuchen gibt.

"Na, Heinz, da freue ich mich schon richtig auf mein Bäumchen, wenn der anfängt zu wachsen", sagt Frau Meyer, während sie den Kaffee einschenkt.

"Sieht gut aus, oder?", meint der Kommissar.

"Schon", antwortet seine Frau, die dabei nach draußen schaut. "Schöner wäre es, wenn du im Garten ein Loch graben würdest, wo du den Abfall aus dem Garten reinkippen kannst … ein richtig großes Loch!"

"Aber das ist doch ruck, zuck voll?", antwortet er und schlürft an seinen Kaffee.

"Das vermodert ja nach geraumer Zeit, außerdem brauchst du das dann nicht mehr zu entsorgen!"

"Wenn du das möchtest, fange ich sofort an."

"Lieb von dir."

"Für dich, mein Liebchen, mache ich alles, das weißt du doch."

"Wenn du fertig bist, steht dein Bierchen kalt."

Kommissar Meyer küsst seine Frau und macht sich anschließend im Garten an die Arbeit.

Eine Arbeit, die ihm schwerfällt, vor allem wegen seines Rückens. Froh und erleichtert ist er dann, als das Loch endlich fertig ist, vor allem, weil seine Schaufel auf etwas Hartes stößt und er deswegen nicht tiefer gehen kann. Die Erleichterung ist jedoch von kurzer Dauer, als seine Frau ihm bei der Arbeit zuschaut.

"Als Nächstes kannst du gleich noch den Rasen mähen und dann vertikutieren, denn wie das Gras ist auch das Moos kräftig gewachsen, findest du nicht?", ruft sie ihm von der Tür aus zu.

"Zu Befehl, Frau Meyer", brummt er vor sich hin und geht zur Garage, wo der Mäher steht, der auch als Vertikutierer eingesetzt werden kann. "Nach fünf Zentimetern sollte eigentlich all das Gras einen Bogen schlagen und wieder zurück in die Erde wachsen, dann bräuchte ich nie mehr im Leben zu …"

"Mit wem redest du da gerade?", fragt sei, also sie plötzlich hinter ihm steht.

"Nur mit dir, Liebste, nur mit dir!", antwortet er und fängt sofort an mit Rasenmähen.

Bis zu diesem Punkt ist es eine Geschichte wie tausend andere, von einem durchschnittlichen Tag, an dem Menschen aller Länder versuchen ihren Garten zu pflegen. Nicht aber für den Kommissar Meyer, denn was als normaler Tag beginnt, entwickelt sich zu einer Verkettung von Ereignissen.

Es beginnt, als es anfängt leicht zu regnen und der Kommissar einen Anruf bekommt. Er hört kaum etwas, weil der Rasenmäher Krach macht.

"Meyer! Funke, du? Was ist los? Ich kann dich kaum verstehen, denn ich bin gerade dabei den Rasen … " In diesem Moment fällt ihn das Handy aus der ermüdeten Hand und fällt unglücklicherweise unter den Rasenmäher. Sofort wird das Handy zerkleinert, wobei ein winziges Stückchen Metall durch die Messer zum Nachbarn geschleudert wird, was dazu führt, dass bei den Nachbarn das Glas im Wohnzimmer in die Brüche geht.

Vor Schreck springt der Kommissar vom Rasenmäher und stürzt daraufhin hintenüber in das große Loch, das ja eigentlich für die Gartenabfälle vorgesehen war, als der Hebel für den Antrieb vom Rasenmäher sich irgendwie verklemmt hat.

Mit dem Rücken fallt er auf etwas Hartes, als der Rasenmäher auf höchster Geschwindigkeitsstufe Reißaus nimmt Richtung Straße. Stöhnend kommt der Kommissar auf die Beine und sieht unter sich etwas, das verdächtig nach einer alten Bombe aus dem Zweiten Weltkrieg aussieht. Total erschrocken will er aus dem Loch klettern, aber landet diesmal mit dem Bauch auf der Bombe.

Zur selben Zeit schlagen aus dem vom Handyschrott verklemmten und dadurch überhitzten Rasenmäher schon die Flammen, während er auf der Straße von einem Laster gerammt wird. Der Fahrer will dem Ding ausweichen, rumpelt dabei über Meyers Rasen und vertikutiert sehr gründlich das Moos, wobei auch der neue Baum zu Kleinholz gemacht wird.

Der Nachbarn will sich erkundigen, was bei Familie Meyer los ist. Von den Glasscherben, die ihm um die Ohren geflogen sind, ganz blutig, läuft er nach draußen und wird dabei beinahe von Funkes Streifenwagen überfahren. Mit einem Ruck am Lenkrad weiß Funke Schlimmeres zu verhüten, wobei sein Wagen aber umkippt.

Wie angenagelt steht Frau Meyer hinter dem Fenster und verfolgt die Verkettung der Geschehnisse. Sie sieht ihren Mann wie aus einem Schlammbad aus dem Loch klettern und wie er mittels Gebärden versucht deutlich zu machen, dass alle Reißaus nehmen sollen. Alle verstehen die Zeichen richtig und können sich gerade noch in Sicherheit bringen, als der Rasenmäher, vom Laster umgedreht und auf dem Rückweg über den Rasen, in das Loch stürzt und die alte Bombe zur Explosion bringt.

In Sicherheit bringen konnten sich jedoch nur alle anderen, nicht jedoch der Kommissar und sein Haus, gerade frisch gestrichen. Streichen konnte man auch den Kommissar für längere Zeit, genauso wie das Haus, das drinnen noch nie so gut gelüftet wurde.

"Das ist schon eine Geschichte, Herr Meyer", meint der Hauptkommissar.

Am Krankenbett sitzen neben dem Hauptkommissar auch Frau Meyer und Funke, als der Arzt eintrifft.

Er schaut die Anwesenden an. "Wir haben diesen Patienten nur vornüber auf seinen Knien auf der Bahre ins Krankenhaus bringen können, denn anders ging es gar nicht. Üble Sache ", meint der Arzt und zeigt auf den Kommissar, der mit dem Bauch über einer Erhöhung liegt, wobei alle auf sein Hinterteil schauen.

"So habe ich meinen Vorgesetzten aber noch nie gesehen!", murmelt der vom Umkippen seines Streifenwagens noch immer etwas benommene Funke, der die Pralinen mitgenommen hat und nun selber davon nascht.

"Ach, der Ärmste, er hat die Embryonalhaltung angenommen", meint Frau Meyer.

Der Funke sieht sie an. "Wie ich hörte, haben manche Nachbarn auf bestimmte Stellen im Haus plötzlich Fenster, wo gar keine geplant waren."

Der Kommissar fängt an zu stöhnen.

"Sie mal, wie übel mein Mann dran ist, und du redest von Fenstern! Aber trotzdem danke, Funke. Nett, dass ich bei dir wohnen kann, denn von unserem Haus stehen nur noch einige Wände", meint Frau Meyer.

Der Arzt mischt sich wieder ein: "Nach meinen Erkenntnissen wird der Patient, wenn er das Krankenhaus verlassen kann, in der ersten Zeit nur auf allen vieren kriechen können."

Der Hauptkommissar guckt bedenklich. "Dann müssen wir, was die Arbeit angeht, uns den Umständen anpassen."

"Nun, Herr Hauptkommissar", antwortete Funke. "Wenn nötig, wird der Kommissar auch auf allen vieren einsatzbereit sein, da bin ich ganz sicher."

"Vielleicht", antwortet der Hauptkommissar. "Das bringt mich zur nächsten Frage. Denn wie ich hörte, hat bei der Sache auch Ihr Streifenwagen etwas abbekommen, oder?"

"Nur der Außenspiegel, Herr Hauptkommissar."

"Na, Gott sei Dank!"

"Das nicht gerade, denn der Wagen liegt noch drauf."

Frau Meyer sieht die beiden Polizisten an: "Nun, ihr zwei, mein Mann liegt fast in den letzten Zügen, unseres Haus wartet nur noch auf die Abbruchgenehmigung und ihr redet nur von der Arbeit."

Funke hält Frau Meyer und dem Hauptkommissar die Dose Pralinen hin: "Bitte, versuchen Sie doch mal."

Und auf einmal herrscht, außer dem Schmatzen, völlige Ruhe im Krankenzimmer, als Sie alle nur noch auf das Hinterteil des Kommissars Meyer schauen.

Satirische Sketche 3

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