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Der Ring der Gerechtigkeit
ОглавлениеDie politische Landkarte der islamischen Welt um das Jahr 1050 war zersplittert und vielgestaltig. Unterschiedliche Herrscher regierten unterschiedliche Teile der Dar al-Islam (was bei deren gewaltiger Ausdehnung nicht anders zu erwarten ist), zudem aber hatten diese unterschiedlichen Herrscher tatsächlich unterschiedliche Funktionen. Dennoch gab es zumindest das Ideal einer politischen Einheit, ein gemeinsames Zielbewusstsein der muslimischen Führungselite. Es lässt sich am besten in einem Konzept zusammenfassen, das als „Ring der Gerechtigkeit“ oder „Kreis des Rechts“, in der englischsprachigen Literatur als circle of equity bekannt ist, weil es den Kreislauf gegenseitiger Abhängigkeiten wiedergibt, der ein Königreich in Gang hielt und oft auch in Kreisform dargestellt wurde (Abb. 3). Zwar geht dieses Konzept auf den vorislamischen Orient zurück, es findet sich jedoch in der gesamten islamischen Geschichte wieder: vor, während und nach den Kreuzzügen, auf Arabisch, Persisch, Türkisch, von einem Ende der islamischen Welt zum anderen. Eine prägnante Version ist diese frühe Maxime aus einem mittelalterlichen arabischen Text, der sich auf eine antike persische Quelle beruft:
Abb. 3 Der Ring der Gerechtigkeit; nach: Linda T. Darling, A History of Social Justice and Political Power in the Middle East (London: Routledge 2013)
Ohne Heer gibt es keinen Herrscher,
und ohne Einnahmen gibt es kein Heer,
und ohne Ackerbau gibt es keine Einnahmen,
und ohne Gerechtigkeit und gute Regierung gibt es keinen Ackerbau.8
Wenn einer der Bestandteile des Rings ausfällt, kommt das gesamte Uhrwerk des Staats zum Erliegen. Jeder Einzelne hat in diesem Kreislauf seinen Platz und eine Aufgabe zu verrichten, um ihn in Gang zu halten. Für den Herrscher bedeutete das, für Gerechtigkeit und gute Regierung zu sorgen. Die Maxime unterstellt moralische Tugend als Voraussetzung der Herrschaft, was wiederum bedeutet, dass gute Herrscher sich nach dem islamischen Recht und seinen Interpreten richten, den Ulama (religiösen Gelehrten).
Eine der ältesten Institutionen der Herrschaft war um 1050 das Amt des Kalifen (khalifa). Nach dem Tod des Propheten Mohammed im Jahr 632 wurde der Kalif allgemein als alleiniger Herrscher der muslimischen Gemeinschaft anerkannt; er war Nachfolger des Propheten, aber selbst kein Prophet. In der Praxis stellten viele Muslime jedoch die Ansprüche gewisser Einzelner und Dynastien infrage. Der denkwürdigste solche Fall war jener der Anhänger von ʿAli, dem Vetter des Propheten. Sie vertraten die Ansicht, nur er und seine Nachkommen seien die legitimen Nachfolger des Propheten, daher verehrten sie diese als religiöse Führer oder Imame. Die Mitglieder dieser Gruppe, der Partei des ʿAli (schiʿat ʿAli), wurden als Schiiten bekannt. Im Lauf der Geschichte erlebten die Schiiten selbst die Entstehung abweichender Linien von Imamen, etwa der ismailitischen Bewegung des 10. Jahrhunderts.
Als der Prophet Mohammed starb, versammelten sich seine engsten Gefolgsleute, um aus ihren Reihen einen zu wählen, der die florierende muslimische Gemeinschaft am besten führen würde, getreu dem Beispiel (sunna), das der Prophet vorgelebt hatte (daher „sunnitische“ Muslime). Die ersten vier Kalifen wurden in dieser Weise gewählt und sind (unter Sunniten) als „rechtgeleitete“ oder Rashidun-Kalifen bekannt. Für Muslime, heute wie damals, sind sie die Führer der muslimischen Gemeinschaft in deren Goldenem Zeitalter vor den politischen und theologischen Krisen, die die Einheit der muslimischen Welt zerstörten, und bevor Sunniten und Schiiten sich auf den Weg begaben, der zu ihrer unwiderruflichen Spaltung in die heutigen Konfessionen führte, die sich in Theologie, Recht und Gebräuchen unterscheiden. Nach 661 wich jedoch der fünfte Kalif Muʿawiya von der Praxis seiner „rechtgeleiteten“ Vorgänger ab, ließ seinen Sohn zu seinem Nachfolger ernennen und begründete damit die erste islamische Dynastie, die Umayyaden. Unter ihnen erreichte das Kalifat seine größte Ausdehnung; Syrien und insbesondere Damaskus waren ihr bevorzugtes Zentrum, bis sie 750 von der Dynastie der Abbasiden gestürzt wurden. Diese machten (mit einigen Unterbrechungen) Bagdad zu ihrer Hauptstadt, behaupteten, direkter von der Familie des Propheten abzustammen als die Umayyaden, und nahmen daher für sich in Anspruch, bessere Repräsentanten der in der islamischen heiligen Schrift (dem Koran) und der Sunna seines Boten, des Propheten, niedergelegten Pläne Gottes zu sein. Im Jahr 1050 erhielt die Dynastie der Abbasiden von Bagdad, Beschützer der Grenzen des Islams, Nachfahren des Propheten Gottes und Hüter (in ihren Augen) des wahren sunnitischen Islams, den Titel des Kalifen.
Fränkische Beobachter taten sich zumindest anfangs schwer mit all diesen Informationen und verglichen den Kalifen gern mit dem Papst; manche Muslime taten dies ebenfalls.9 Tatsächlich sind die beiden Ämter sehr verschieden. Obwohl sich in der Person des Kalifen politische und religiöse Autorität in einer Weise verbinden, die an die Macht des Papstes erinnert, waren Kalifen keine Geistlichen, erfüllten – zumindest für einige Zeit – keine priesterlichen Aufgaben und mischten sich auch nicht in die Dogmen und die Praxis der muslimischen Religion ein. Sie riefen nicht zu einem Dschihad auf, wie das die Päpste mit den Kreuzzügen taten, obwohl ein solcher Heiliger Krieg der Theorie nach zumindest von ihnen autorisiert sein sollte. Stattdessen bewilligten sie oft erst im Nachhinein einen von den Ulama als Vertreter des Propheten verkündeten Dschihad. Allerdings kam es in der glorreichen Epoche des Kalifats auch vor, dass sie – wie einige tatkräftigere Päpste – verpflichtet waren, selbst Heere zu führen. Kalifen kümmerten sich auch nicht darum, auf welche Weise andere Herrscher in ihren Zuständigkeitsbereichen Kleriker erwählten, schalten sie nicht wegen ihrer Heiratspraktiken und exkommunizierten keine Rivalen und unbequemen Denker. Um das Jahr 1050 taten die Kalifen tatsächlich überhaupt nicht viel, nachdem sie jegliche echte Autorität über die bloß symbolische Delegation administrativer und militärischer Funktionen hinaus längst an andere abgegeben hatten. Für ihre Untertanen blieben die Kalifen dennoch ein wirksames Symbol der Einheit und Macht des Islams.
Andererseits hatten die Kalifen eines mit den Päpsten gemeinsam: Rivalen um ihren Titel. In den Jahrhunderten seit dem Machtantritt des ersten Kalifen bekamen es Rashidun, Umayyaden und Abbasiden immer wieder mit Konkurrenten zu tun, die ihren Thron beanspruchten. In zwei Fällen gelang es rivalisierenden Dynastien, eigene Linien zu begründen und über ihre eigenen Kalifate zu herrschen – sozusagen als Gegenkalifen. So beanspruchten im Jahr 1000 neben dem abbasidischen Kalifen in Bagdad zwei weitere Männer den Titel für sich. Wie sich herausstellte, waren die Abbasiden nicht so gewissenhaft und umsichtig wie möglich vorgegangen, als sie sich im Jahr 750 an die Ausrottung der Umayyaden machten. Einem Mitglied des Clans der Umayyaden gelang die Flucht, und nach einigen weiteren Abenteuern landete er in der Grenzprovinz al-Andalus, wo er und seine Nachkommen ohne große Einmischung aus Bagdad autonom regierten. Im 10. Jahrhundert beschlossen sie, dies offiziell zu machen, nahmen selbst den Titel eines Kalifen an und beherrschten ihre Untertanen von der Hauptstadt Córdoba aus, wobei sie nie in Vergessenheit geraten ließen, dass ihre Vorfahren einst als Kalifen in Syrien regiert hatten.
Aber die Abbasiden waren inzwischen nicht mehr die einzigen Kalifen, über die man sich in Córdoba Gedanken machte. Viel näher als Bagdad hatte sich eine weitere Linie von Kalifen etabliert: die Fatimiden in Nordafrika, die sowohl Umayyaden als auch Abbasiden Sorgen bereiteten. Sie standen an der Spitze einer schiitischen Bewegung, die mit erheblicher militärischer Unterstützung durch die Berber die abbasidische Provinz Ifriqiya (ungefähr das heutige Tunesien) unter ihre Kontrolle gebracht hatte. Schließlich richteten die Fatimiden ihren Blick auf die ersehnte abbasidische Provinz Ägypten, wo sie nach der Eroberung ihre Hauptstadt Kairo gründeten. Um das Jahr 1000 hatten die fatimidischen Kalifen von Ägypten ihren Machtbereich auf Sizilien, Westarabien, den Jemen und einen Großteil von Syrien und Palästina ausgeweitet. Einige Jahrzehnte später wurde die Linie der umayyadischen Kalifen in Córdoba ausgelöscht und ihre Besitzungen in ein Mosaik kleinerer, umstrittener Fürstentümer aufgeteilt, deren Herrscher als „Taifakönige“ (muluk al-tawaʾif) durch ihre endlosen internen Querelen bekannt wurden. So war also am Vorabend der ersten neuen fränkischen Angriffe auf die islamische Welt al-Andalus, zuvor das traditionelle Ziel der Franken, in rivalisierende, einander bekriegende Königreiche zerbrochen und seine Kalifenmacht nur noch eine ferne Erinnerung. Der Nahe Osten wiederum war gespalten in die schiitische Fatimidendynastie von Kairo und ihre alte Konkurrentin, die sunnitische Abbasidendynastie von Bagdad.
Dem „Ring der Gerechtigkeit“ zufolge konnte es keinen Herrscher ohne Heer geben, und Herrschern in der Dar al-Islam standen in dieser Hinsicht eine Reihe von Möglichkeiten zur Verfügung. Zwar gab es bedeutende regionale Unterschiede – etwa hinsichtlich Klima, Rekrutierungsgepflogenheiten und anderen örtlichen Sitten –, aber die Heere der islamischen Welt hatten strukturell viel gemeinsam. Die islamischen Heere des Jahres 1050 unterschieden sich je nach Region sehr in ihrer Stärke, und der Anteil der Infanterie im Vergleich zur Kavallerie war viel höher als ein Jahrhundert später. Islamische Infanteristen kämpften mit Bogen und Schwert, ihr Arsenal dominierte jedoch der tödliche Feind der Kavallerie: der Speer. Schwere Kavallerie war in der islamischen Welt nicht unbekannt, man zog aber die leicht gepanzerte Kavallerie vor, insbesondere berittene Bogenschützen. Rekrutiert wurden die Truppen für gewöhnlich aus zwei Bevölkerungsgruppen: Sklaven als Soldaten und Nomaden als Hilfskräfte.
Der militärische Einsatz von Sklaven (ghilman [sing. ghulam] oder mamluk) hat weit zurückreichende Wurzeln in der islamischen Kriegsgeschichte. Meist kamen sie als nichtmuslimische Kriegsgefangene in die islamische Welt und wurden dort an Muslime verkauft. Nachdem sie konvertiert waren, ließ man Gefangene mit hinreichenden Fähigkeiten frei und beschäftigte sie als Soldaten, Kommandeure, sogar Gouverneure. Da sie Fremde und erst kürzlich zum Islam konvertiert waren, hatten Mamluken theoretisch keine lokalen Verbindungen und regionalen Ansprüche außer der Loyalität gegenüber ihrem Anführer. Als Männer sklavischer Herkunft waren sie von ihrem Kommandanten oder Herrscher abhängig, ihrem früheren Besitzer und jetzigen Schutzherrn, in dessen privaten Diensten sie standen. Zwar war die islamische Welt nicht die einzige Region, in der solche Soldaten eingesetzt wurden, aber nur hier, mit den ausgedehnten, bedrohten und umkämpften Grenzen, war dies in großem Umfang möglich. Mamlukische Soldaten wurden üblicherweise an den mittelasiatischen Grenzen rekrutiert. Die Türken der Region genossen wegen ihrer Fähigkeiten als berittene Bogenschützen besonders hohes Ansehen. Waren keine Türken verfügbar, kamen Mamluken auch aus anderen ethnischen Gruppen, etwa unter den Afrikanern und Slawen, die in den fatimidischen ägyptischen Heeren eine bedeutende Rolle spielten.
Die nomadischen Hilfssoldaten lieferten Stämme von Beduinen und (in Nordafrika und al-Andalus) Berbern, mit denen verschiedene Herrscher Allianzen geschlossen hatten. Sie waren im Allgemeinen nicht Bestandteil eines stehenden Heers, sondern als autonomere und weniger verlässliche Kräfte zum Dienst verpflichtet, wenn ihre Stammesführer sie dazu aufforderten. Aufgrund ihrer speziellen Fähigkeiten genossen nomadische Soldaten hohe Wertschätzung als leichte Kavallerie. Wo es wenig Weideland gab, etwa im fatimidischen Ägypten, spielten Nomaden als Söldner eine viel geringere Rolle als in Staaten, die wie Syrien an nomadische Gebiete angrenzten. Und schließlich gab es in der islamischen Welt kaum Seestreitkräfte, wiederum mit Ausnahme des fatimidischen Ägyptens, das – solange genug Holznachschub verfügbar war – neben Byzanz eine der mächtigsten Flotten seiner Zeit vorweisen konnte.
Ein zentrales Problem all dieser Herrscher war, wie sie ihre Söldner über die üblichen Vergütungen durch Plünderungen hinaus bezahlen sollten. Um das Jahr 1050 flossen ihre Einnahmen, scheinbar getreu dem „Ring der Gerechtigkeit“, so gut wie direkt von den Landwirten in die Säckel der Streitkräfte oder zumindest ihrer Führer. Die Quelle der Einnahmen war fast ausschließlich eine Institution namens iqtaʿ, die jedoch von verschiedenen Regierungen in unterschiedlicher Häufigkeit erhoben wurde. Der Begriff Iqtaʿ wird von modernen Autoren gern als „Lehen“ übersetzt, das Prinzip unterscheidet sich jedoch stark vom Lehnswesen im mittelalterlichen Europa. Der Inhaber eines Iqtaʿ war nie der Herr des Landes, sondern eher ein abwesender Gebieter, der in der Stadt lebte und sein Einkommen dort ausgab. Ein Iqtaʿ bestand nicht aus Grundbesitz, sondern bedeutete die zeitweilige Verleihung des Rechts, Einnahmen aus einem bestimmten Stück Land zu erzielen. Das konnte ein kleines Feld, ein Dorf, in seltenen Fällen auch eine ganze Provinz sein. Diese Einnahmen stellten die Entlohnung des Inhabers des Iqtaʿ dar, der dafür Militärdienst leisten und seine eigenen Leute ernähren musste. Daher war territoriale Expansion so entscheidend für jeden muslimischen Staat jener Zeit – vor allem für neu gegründete –, da sich nur so Ressourcen gewinnen ließen, um Soldaten zu bezahlen. Um zu überleben, mussten sie wachsen. Zudem war mit dem Empfang eines Iqtaʿ kein Treueeid verbunden; vielmehr stellte dieser eine Belohnung für erbrachte Treue dar und konnte jederzeit durch den Herrscher entzogen werden. Somit war es theoretisch das Machtinstrument einer starken Zentralregierung und nicht jene Keimzelle provinzieller Autonomie, nach der etwa eine selbstbewusste Oberschicht hätte greifen können. In der Praxis indes wurde es zum Hilfsmittel geschwächter Herrscher, die ihre Truppen nicht bezahlen und keine Steuern eintreiben konnten und auf diese Weise zwei Fliegen mit einer Klappe schlugen. Man kann sich denken, dass das Iqtaʿ-System daneben kurzsichtigen Inhabern auch die Möglichkeit bot, den Bauern, die im Sinne des Ideals der Verteilungsgerechtigkeit, das dem ganzen System zu Grunde liegen sollte, ohne Unterlass für ihre Ernährung sorgten, so viel Profit wie möglich abzupressen.
Jedermann an solche Prinzipien der Gerechtigkeit zu gemahnen, war Aufgabe der als Ulama (ʿulamaʾ) bekannten Religionsgelehrten. Sie werden in modernen Darstellungen der islamischen Welt zwar oft mit Klerikern gleichgesetzt, haben jedoch mit christlichen Klerikern und Kirchenmännern im mittelalterlichen Westen wenig gemein. Ihre religiösen und sozialen Funktionen ähneln eher denen von Rabbinern. Die Ulama verrichten keine priesterlichen Ämter, erteilen keine Sakramente und hüten keine geheiligten Mysterien. Zwar spielen sie bei den meisten Übergangsriten des Lebens eine entscheidende Rolle, etwa bei Hochzeiten und Bestattungen, aber eher als Deuter und Vollstrecker des Rechts, nicht als Spender von Gottes Segen. Die mittelalterlichen Ulama waren nicht in einer formellen Hierarchie oder Kirche organisiert, sondern als zwangloses, selbstregelndes Netzwerk von Lehrern und Schülern. In erster Linie sind die Ulama Wissenschaftler, und zwar vor allem des islamischen Rechts, Spezialisten für heilige Schriften, die sie für Nichteingeweihte auslegen und deren Lehren sie auf das Alltagsleben übertragen. Ihr Kompetenzbereich ist folglich das religiöse Wissen oder ʿilm, das man sich nur durch jahrelanges Lernen bei den Meistern der diversen Gebiete religiöser Unterrichtung aneignen kann. Dazu zählen die zwei grundlegenden Quellen des islamischen Rechtsdenkens: der Koran und die Überlieferungen (hadith) des Propheten und der frühen Gemeinde, daneben aber auch Jurisprudenz, Rechtstheorie, Theologie und verwandte Disziplinen wie Grammatik, Biografie und Geschichte.
Um 1050 waren die Ulama die Hüter der Scharia, des „Pfades“ des islamischen Rechts, und ihrer Richtlinien für alle Muslime, um ein Leben zu leben, das einem gerechten, unparteiischen und gnädigen Gott gefällig ist. Dieser Aufgabe kamen sie in vielfältiger Weise nach: Indem sie als Juristen miteinander debattierten, erweiterten und verfeinerten sie das Wissen der Gemeinde um Gottes Willen; durch Unterricht für Kinder brachten sie der Jugend die grundlegenden Lehren der Scharia (sowie Fertigkeiten wie Lesen und Schreiben) bei; als Prediger erinnerten sie Muslime an ihre gesetzlichen Pflichten und riefen die Kernwerte des Islams wach; als Richter (Qadis) übten sie die Rechtsprechung aus und verwalteten sie für den Staat, und als Muftis legten sie ihre persönlichen rechtlichen Entscheidungen (Fatwas) zu allen Belangen der Gesellschaft insgesamt vor. Kurz gesagt sorgten die Ulama für die Gerechtigkeit im „Ring der Gerechtigkeit“ und waren daher Quellen der Autorität und Inspiration für Bauern wie für Heerführer und Kalifen.