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Ader es gibt noch unendlich viele Dinge zu erledigen, bevor ein so geplagter Geschäftsmann wie Bernt Olshagen endlich Rast in seinem Schlafwagenabteil findet.

Die Hausdame beschwert sich über die Kinderschwester: sie ist wieder erst um fünf Uhr früh nach Hause gekommen. Es bedarf einer ernsten Verwarnung und der Androhung fristloser Entlassung. Der kleine Klaus hat 37, 9. Der Arzt war da, hat eine Magenverstimmung festgestellt, es sei nichts Ernstliches. Freilich, wenn das Fieber über Nacht steigt, so will Bernt die Reise aufgeben. Sibylle soll morgen ihre kleinen Schulfreundinnen aus dem Privatzirkel zur Schokolade bei sich sehn. Im Gartensaal ist ein Karussell aufgebaut; die Kinder sollen auch tanzen. Hoffentlich werden es bei Klaus nicht Masern, denn dann müsste ja alles abgesagt werden. Sibylle hasst die Hausdame, die eine solche Katastrophe auch nur in Erwägung ziehen kann. Aus dem Geschäft wird angerufen, die Vertreter der rumänischen Ostbahnen sind da, sie haben Vollmacht und müssen heute noch abgefertigt werden. Am besten, man lädt die Herren zum Abendessen ins Hotel Adlon. Das wird natürlich Paula nicht verstehen können, die ihn bestimmt im Exzelsior erwartet ... Und ein paar dringliche Ferngespräche gibt’s mit Heinersbach, mit Stettin und Neu-Dalchow ... Dazwischen die peinliche Auseinandersetzung mit der Schwippschwägerin Adi, die wieder einmal, recht überflüssiger Weise, von Heinersbach herübergeautelt ist, um in seinem Hause „nach dem Rechten zu sehen“. Adi ist die Tochter von Droesekes Bruder, Witwe des Freiherrn v. Tross, des ehemaligen Leibkürassiers und Rennreiters. Reich, geizig, gelbblond, fader Teint, aber kess, von jener gemachten Forschheit, wie sie ehemals in Gardekreisen bei Damen, die von draussen hereinkamen, beliebt war. Enge Stimmritze, berlinernder Stalljargon. Immer aufgeregt und absprechend, ewig voller Entrüstung über Dienstboten und Geschäftsleute. Wenn sie helfen kommt, gibt’s jedesmal Krach im Hause, denn sie steckt ihre spitze Nase in alles, versucht auch ihn zu schulmeistern. Dabei hat sie lang genug die zähe Absicht verfolgt, ihn zu heiraten, obwohl sie drei Jahre älter ist als er. Die Hausdame hat ihm erklärt: sie kündigt, wenn die Frau Baronin in seiner Abwesenheit etwa wieder die Regierung hier im Hause an sich reissen will. Schauderhafte Aufgabe, das in milder Form der nichtsahnenden Adi beizubringen. Sie hat das stärkste Talent, sich überall unbeliebt zu machen. Auch Klaus, das folgsame Bübchen, ist nur unartig, solang Tante Adi im Hause weilt. Sibylle ist zu gerissen, um sich’s mit Tante Adi zu verderben: wenn man Tante Adi schmeichelt, erreicht man ja alles von ihr ... Nun, Bernt kann ihr nicht schmeicheln ...

Und nun das Allertollste, was einem Staatsbürger passieren kann: er hat für den Reisetag um elf Uhr vormittags eine Vorladung vors Amtsgericht erhalten. In einer Vormundschaftsangelegenheit. Die Sekretärin erinnert ihn daran, sonst hätte er den Termin versäumt.

Wenigstens braucht er auf dem trostlosen Korridor des Amtsgerichts nicht zu warten und wird sogleich aufgerufen. Diese Amtsgebäude mit ihrer Kurellabrustpulverfarbe hasst er. Und ebenso diese staubigen Aktenbündel, diese grauen Bürogesichter, diese eingeschlossene Luft in den überheizten Räumen. Warum man ihm das antun müsse, ausgerechnet ihm, der kaum Musse finde, sich mit seinen eigenen Kindern zu beschäftigen? Da gebe es in seiner Villenstrasse Dutzende von behäbigen Rentiers, die ein solches Ehrenamt doch mit viel grösserer Wonne und Sorgfalt ausüben könnten ... „Wie sind Sie bloss auf mich verfallen, Herr Amtsgerichtsrat?“

Der lederfarbene Herr mit der Stahlbrille schlägt das tütenblaue Heft auf. „Es handelt sich um die Hinterbliebenen eines Angestellten aus Ihrem Büro, der vor kurzem verstorben ist. Es hält so schwer, Herr Olshagen, für all die armen Menschenkinder den richtigen Vormund zu finden. Auf der Liste stehen Sie längst. Nun las ich in der Aufnahme, dass Sie dem Manne das Gnadenvierteljahrsgehalt bewilligt haben, nahm also an, Sie waren mit ihm zufrieden, wissen auch etwas Bescheid über die Verhältnisse, unter denen er seine Kinder zurückgelassen hat. Es sind Zwillinge, Mädchen, fünf Jahre alt. Der Verstorbene war sechs Jahr in Ihrem Büro als Modellzeichner tätig. Heimsöth. Peter Heimsöth.“

„Möglich. Aber gesehen hab’ ich ihn nie. Wissentlich nickt. Das Zeichenbüro hier arbeitet unter dem Diplom-Ingenieur Wessel, der wird ihn natürlich genau gekannt haben. Auf Wessels Vorschlag ist gewiss auch das Geld angewiesen worden.“ Er überfliegt die Papiere, die ihm der Amtsgerichtsrat hinschiebt. „Richtig, ich habe die Zuschrift selbst unterzeichnet. Ja, aber bedenken Sie, Herr Amtsgerichtsrat, die Firma beschäftigt im ganzen neunzehntausend Arbeiter, Angestellte und Beamte. Übrigens muss der Mann doch auch von einer Sterbekasse bedacht worden sein, nicht?“

„Das ist alles restlos verbraucht. Die lange Krankheit, Rückstände, Beerdigungskosten. Die Schwester des Toten war in der vorigen Woche bei mir. Die Not scheint dort gross zu sein. Das junge Ding hat wohl etwas übertriebene Hoffnungen, macht sich einen falschen Begriff von den Funktionen eines Vormunds, jedenfalls war sie sehr beglückt davon, dass der hohe Chef persönlich mit dem Ehrenamt betraut worden ist.“

Bernt lächelt. „Zunächst ein grundlegender Irrtum, denn der hohe Chef bin nicht ich. Und zweitens ein Beweis dafür, dass sie den Seniorchef der Firma durchaus unrichtig einschätzt. Droeseke in Heinersbach ist nichts als eine Rechenmaschine und belastet sein Gemüt niemals mit Sentimentalitäten. Können ja sehen, ob sich noch etwas von der Firma herausschlagen lässt. Immerhin, wenn der Mann sechs Jahre auf dem Werk gearbeitet hat und Wessel mit ihm zufrieden war ... Ich lasse mir noch berichten ... Ob ich mir die Kinder mal ansehen will? Aber selbstverständlich. Nur bin ich gerade im Begriff, für zehn Tage auf Reisen zu gehn. Ich habe mir die kurze Frist sauer verdient. Sie haben kaum eine Vorstellung davon, was alles auf mir herumklaviert. Und wer ist der Gegenvormund, Herr Amtsgerichtsrat?“

„Habe ich gar nicht erst ernannt. Das ist nur gesetzliche Vorschrift, wenn sich’s um die Verwaltung grösserer Vermögen handelt. Aber das Heimsöthsche ist leicht zu übersehen: Plus minus null. Nähere Verwandte sind ausser Heimsöths Schwester nicht vorhanden, bloss von seiten seiner Frau ein paar entfernte Tanten in Dänemark. Heimsöth habe sich in seiner Not einmal um Unterstützung an sie gewandt, berichtete mir seine Schwester, aber es sei niemals eine Antwort erfolgt. Ich darf Sie also verpflichten, Herr Olshagen ... Hier sind die Papiere; die Ausfertigung erhalten Sie durch die Gerichtsschreiberei.“

Händedruck. Abgemacht. Um eine Ehrenlast reicher verlässt Bernt das Gebäude mit dem Schutzanstrich gegen Lustempfindungen und gibt seinem Chauffeur die Adresse der Zwillingsfamilie. Es ist irgendwo in der Drehe von Schmargendorf.

Richtige Kleineleutgegend. Grossberliner Provinzialwesten, wo er am geschmackverlassensten ist. Ein Haus mit wüsten Orgien in Stuck. Angeklebte Säulenimitationen, aufgepappte Spitzkugeln über den Fenstersimsen. Im engen Hof werden Teppiche geklopft, ein Leiermann spielt, und es riecht aus allen Wohnungen nach Sauerkohl, denn es ist Donnerstag.

„Wohnt hier Heimsöth?“ fragt er eine teppichklopfende Walküre.

„Nee, der is dot, der Heimsöth. Als wie seine Kinder, det sind die Zwillinge da in die Ecke. Da gehn Sie man Quergebäude drei Treppen rechts bei das Fräulein, wo die Schwester von is.“

„Das ist die Tante Mie!“ ruft eine Fünfjährige aus der Hofecke, wo der krumme Schneemann steht.

Bernt sieht ein kleines Plaidbündel, das im Schnee auf und nieder hüpft. Eine rote Nase guckt oben heraus, ein Paar vergissmeinnichtblauer Augen mit strohblonden Brauen und Wimpern. Der wollene Schal ist kreuzweis um die winzige Gestalt herumgewickelt, auch um die Oberarme, was die Bewegungsfreiheit einigermassen einschränkt. Ein zweites Bündel, etwas dicker, mit noch röterer Nase, die stark läuft, und ebenso vergissmeinnichtblauen, ebenso strohblond bewimperten Augen, hüpft im Hintergrunde mit. Das Paar übernimmt nun die Führung. „Wollt ihr erst eure Pfoten abkratzen!“ ruft die Walküre ihnen nach. Die Zwillinge trampeln ein Weilchen auf dem Schabeisen herum und kichern. „Kroppzeug!“ Draussen im Hof geht das Klopfen weiter.

Unendlich lange drücken die Zwillinge an der Flurtür zwei Treppen rechts mit ihren roten Fäustchen den Klingelknopf nieder, beide gemeinsam. „Ich hab’ zuerst geklingelt“, sagt die eine. „Nein ich“, die andere.

Auf das Sturmzeichen kommen rasche, leichte Schritte näher, die Tür geht auf, und die kleine Mie erscheint. „Mein Gott!“ seufzt sie, als sie den fremden Herrn sieht. „Von der Steuer?“

„Olshagen. Der Amtsgerichtsrat Seyb schickt mich. Ich bin zum Vormund der Kinder ernannt worden, Fräulein Heimsöth.“

„Ach, von Droeseke und Koh! — Kinder, so macht doch Platz und lasst den Herrn eintreten. Bitte sehr, ach, das ist furchtbar freundlich, ich wäre natürlich ebenso gern selbst ... Dagmar, wo hast du dein Taschentuch? Ingrid, so hör doch bloss mit Klingeln auf.“

„Ich hab’ zuerst!“ triumphiert das dickere Plaidbündel. „Zuerst — und zuletzt!“

„Ja doch, ja doch ... Entschuldigen Sie, Herr Olshagen.“

Es kann sich ja nur um eine Blitzvisite handeln. Bernt will einen Blick in die Wohnung werfen. Die Zwillinge müssen ihm ihre roten kleinen Pfoten geben, nachdem sie einer mehr symbolischen Reinigung unterzogen sind. Also das ist Dagmar und das ist Ingrid. Solang sie die Plaidumschnürung tragen, kann man sie unterscheiden — die dickere ist Ingrid, weil sie das dickere Plaid bekommen hat —, aber in ihren groben schwarzen Kleidchen ähneln sie einander erschreckend. Schönheiten sind sie gerade nicht, die Zwillinge. Richtige Semmelköpfe.

Und nun die kleine Mie. Einen grösseren Gegensatz kann man sich kaum denken. Grosse, dunkelblaue Augen, schmales Köpfchen, dunkelbraunes Haar, Bubikopf, halbverschnitten. Der Teint auffallend dunkel. Fein gezeichnete, dunkle Brauen hat sie. Eine klare, schöne Stirn. Die Lippen sind schmal, der Mund ist unsinnlich. Im ganzen aber wirkt ihr Figürchen sehr hübsch. Und sie hat noch das Kinderstrahlen in den Augen.

„Also das ist nun euer Herr Vormund, Dagmar und Ingrid.“

„Na, und wie heisst der neue Onkel?“ fragt Bernt gemütlich onkelhaft, indem er sich tief zu den kleinen Semmelblonden hinunterneigt.

„Du bist Herr Droeseke und Koh!“ sagt Dagmar. Und Ingrid plappert es nach.

Es riecht nicht nach Sauerkohl und Armut hier, mehr nach Seife. Nach billiger Seife, freilich. Die kleine Mie hat ein grosses Scheuerfest abgehalten. Die Wohnung ist blitzsauber. Es hängen auch keine Öldrucke an der Wand, sondern schmalgerahmte Zeichnungen und Aquarelle. Werke des toten Modellzeichners, aus der Zeit, als er noch Künstlerträumen nachhing. Gerade keine grossen Talentoffenbarungen sind’s, sie halten sich etwa auf der Höhe eines gewissenhaften Zeichenlehrers.

Die kleine Mie erstattet Bericht, etwas ängstlich, sie verschluckt sich ein paarmal vor lauter Respekt. Ja, die drolligen Farbengegensätze in der Familie Heimsöth, danach wird sie oft gefragt. Ihr Bruder Peter ist ganz blond gewesen. Auch dessen Frau. Die Heimsöths waren immer in Holstein ansässig. Da gab es eine blonde und eine brünette Linie. Eine der vier Urgrossmütter stammte aus Spanien, aber welche, das weiss die kleine Mie selbst nicht mehr.

„Haben Sie einen Beruf, Fräulein Heimsöth?“

„Noch nicht. Ich wollte studieren, Medizin. Letzten Herbst Hab’ ich das Abiturium gemacht. Aber da starb meine Schwägerin, und gleich darauf legte sich Peter. Da ist unser letztes Geld draufgegangen. Ich möchte jetzt Röntgenschwester werden. Der Sanitätsrat Werner will mir dazu verhelfen. Aber das geht doch nur, wenn ich die Kinder unterbringen kann. Wir hoffen immer noch, dass Herrn Werners Freund, Doktor Hesslein, der das Kindersanatorium in Büsum leitet, Freiplätze für sie bekommt. Das wäre ja fein. Aber sie sind so schrecklich plebejisch gesund, sagt der Doktor und lacht dabei. So ganz zum Lachen ist es aber gar nicht. Halbe Freiplätze, das ginge wohl zu machen, meint er, auch so. Aber das kostet 62 Mark den Monat je Kopf.“

„Je Kopf, so so.“

„Au, ist das teuer!“ sagt Dagmar, um die Pause auszufüllen. Und darauf beginnt Ingrid so zu lachen, dass sie husten muss. Dagmar ist sofort eifrig dabei, ihr den Rücken zu klopfen, Ingrid klopft zurück, und unter unbändiger Heiterkeit entsteht eine kleine Keilerei.

Es ist ein Bild ungetrübten Familienglücks. Aber Bernt ist beeilt, kann nicht länger daran teilnehmen. Er lässt sich noch von Fräulein Heimsöth ein paar Adressen geben, macht sich Aufzeichnungen, verspricht, von sich hören zu lassen, und lässt ein kleines „Patengeschenk“, wie er sich ausdrückt, für die Zwillinge zurück: je fünfzig Mark.

„Mein Gott, das kann ich ja gar nicht annehmen“, sagt die kleine Mie entsetzt, aber strahlenden Auges.

„Es ist auch gar nicht für Sie bestimmt, Fräulein Heimsöth. Schaffen Sie an, was die Kinder am dringendsten brauchen. Für ein halbes Jahr, denke ich, wird die Firma Ihnen wohl noch die Sorge abnehmen; ich stelle einen Antrag an die Zentrale in Heinersbach. Inzwischen sind Sie dann ja wohl selbst so weit ... Na, auf Wiedersehen, kleine Dagmar ...“

„Das ist doch die Ingrid!" ruft Dagmar in komischer Entrüstung. „Onkel Droeseke und Koh, das musst du nu aber lernen!“

„Ich verspreche dir’s feierlich!“

Husch, ist der interessante Besuch wieder weg. Die kleine Mie hat Tränen in den Augen, aber zum erstenmal seit langer, langer Zeit sehen die Zwillinge ihre Tante wieder richtig vergnügt. Nein, was wird heute in der aufgeregten Zwillingsfamilie noch gelacht und gespielt und gesungen. Dieses Fest für die Kinder: sie bekommen Wintermäntelchen, brauchen nicht mehr in die grässlichen Plaids eingewickelt zu werden! Und neue Stiefelchen und Fausthandschuhe gibt’s!

Bernt hat im Verlauf dieses Tages kaum eine Minute, um sich der Begegnung mit Mie zu erinnern. Bloss ein paar Sätze in Sachen Heimsöth diktiert er auf dem Büro für die Zentrale. Und hofft im stillen, dass Direktor Schrötter dort die Geschäfte ohne weiteres in Ordnung bringt und den Betrag von Jahresbeginn an ins Pensionskonto einsetzt, denn wenn er erst umständlich dem Seniorchef darüber Vortrag hält ...

*

Aber all die Abhaltungen haben ihn nun um die fällige Aussprache mit Paula gebracht. Paula hat da und dort angerufen, dringlich, immer wieder. Auch mehrmals in der Wohnung. Die Hausdame berichtet ihm, die Baronin habe sie vom Telephon fortgeschickt und lange mit der Dame allein verhandelt.

„Eine Dame aus Stettin wollte dich sprechen, Bernt, sehr eilig und sehr dringlich“, sagt Adi in ihrem harten, gequetschten Gardeton. „Ein Fräulein Krusius. Wollte aber zuerst den Namen durchaus nicht nennen. Sonderbar.“

Nun bleibt Bernt — es ist im kleinen Salon — kerzengerade vor ihr stehen. „Warum sonderbar, Adi? Es wird Paula gewesen sein. Die hat doch keine Ursache, sich dir vorzustellen. Denn du würdest sie ja doch nicht kennen wollen.“

„Paula? Ach so, das ist deine kleine Freundin?“

„Sie war es. Bis heute.“

„Bis heute?“

„Ja. Ihre erste Indiskretion bringt uns natürlich auseinander.“

„Ekelhaft!“ sagt Adi und streift an ihm vorüber zur Tür. „Keine Stunde bleibe ich länger in deinem Hause.“

„Ich mache nicht den Versuch, dich zu halten, Adi.“

„Das ist also der Dank. Auch noch Weibergeschichten. Ich ahnte es aber längst.“

„Nur eine Bitte habe ich an dich. Sei so gütig, Adi, und weihe Onkel Droeseke in meine Verderbtheit ein, noch bevor ich nach Heinersbach komme. Ich kann mich dann dort in meinem Bericht knapper fassen. Und dir macht es ja auch wohl mehr Vergnügen als mir.“

Adi ist dicht an der Tür stehengeblieben. „Ich werde Onkel kein Wort sagen, wenn du mir versprichst, Bernt ... Überhaupt, wer und was ist diese Paula? ... Sich so wegzuwerfen. Ach, Bernt, ich meine es doch gut mit dir. Und mit Sibylle und Klaus erst recht ... Aber bilde dir nur nicht etwa ein, Bernt ... Ach, das wäre ja zum Lachen. Etwa Eifersucht? Phantastisch. Nein, ich mag dich gar nicht mehr sehen, verstehst du. Natürlich begleitet sie dich, deswegen hast du ja bloss diesen plötzlichen Urlaub genommen. Na, viel Vergnügen. Nicht mal richtig Deutsch sprechen kann sie. Ein Barmädchen oder so was, vielleicht eine Masseuse. Furchtbar unkompliziert seid ihr doch, ihr Herren der Schöpfung. Na, adieu, Bernt.“

„Adieu." Einen Augenblick starrt er vor sich hin, dann hebt er den Fernsprecher ab und lässt sich mit dem Hotel Exzelsior verbinden.

Endlich ist Paula am Apparat.

„Ich wollte mich nur noch von dir verabschieden, Paula. Jawohl, endgültig, Paula. Nein, wiedersehn werden wir uns kaum mehr. Ich kann dich nicht daran hindern, nach Berlin zu ziehen, nein, gewiss nicht. Aber zwischen uns muss es jetzt aus sein ... Nachweisen dir, was denn, wieso? ... Nein, nein, lediglich ein paar Indiskretionen, die mir nicht gepasst haben. Kleinlich, sagst du? Die grosse Liebe? Aber ich habe dir doch niemals vorgeheuchelt, liebe Paula, dass du die Erfüllung meines Lebens seist. Und du warst ja auch viel zu geschmackvoll, um mir eine Leidenschaftskomödie vorzuspielen. Wir waren für eine Ballstrecke gute Tanzkameraden, nicht wahr? Nun lass uns ohne hässliche Szene auseinandergehen. Ich schicke dir dasselbe auf dein Bankkonto, was du im letzten Jahr dort gehabt hast. Es brächte dich weiter, Paula, du verbrauchtest das Geld in Stettin. Aber das ist meine Privatmeinung. Nein, bitte, keinen letzten Abschied. An der Bahn schon gar nicht. Ich hasse Perrongespräche. Nun gar ... Aber behalte mich in leidlichem Andenken, Paula ... Um Gotteswillen, Paula, am Telephon weinen ...“

Im Hintergrund der schöne Fritz

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