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In Dr. Hessleins Kindersanatorium hat der Zuwachs durch die Zwillinge ordentlich neues Leben gebracht. Besonders Dagmar ist hier in Büsum sehr schnell beliebt geworden. Man sieht es dem knallgesunden kleinen Apfelgesicht gar nicht an, dass in dem Kindergehirn dahinter eine so unermüdliche Phantasie arbeitet. Die Märchen, die sie im Kindergarten in Schmargendorf gehört hat oder neuerdings von Tante Mie, sind ihr lebendiges Gut. Sie kann sie auswendig, Wort für Wort, während Ingrid noch Schwierigkeiten hat, auch nur dem Gang der Handlung zu folgen. Auch eine Unmenge Kinderlieber, Gedichte und Verse beherrscht sie. In den ersten Tagen hat sie noch unter der fremden Umgebung gelitten, ebenso wie Ingrid. Beiden Kindern fehlte hier plötzlich die Mutter. Seit Wochen fragten sie zum erstenmal wieder nach ihr. „Warum ist die Mammi nicht auch hergefahren?“ „Warum ist sie im Himmel?“ „Warum hat das der liebe Gott so gewollt?“ „Aber der liebe Gott muss doch nicht immer seinen Willen haben, Tante Mie!“ Das ihm ganz neue Strandleben hat dann auf das flachsblonde Pärchen ablenkend eingewirkt. Da gibt es ungeahnte Dinge. Das furchtbar grosse Meer, das man abends noch rauschen hört, wenn man im Bett liegt, so dass man glaubt, es kommt einem nach und die Treppe herauf. Und am andern Morgen ist es gar nicht mehr da. Da glänzt der nackte Meeresboden in der Sonne. Die ganze Kindergesellschaft legt Schuh und Strümpfe ab, die Kinderschwestern auch, auch Tante Mie, und dann patscht man blossfüssig auf dem Meeresboden ganz weit hinaus und kann kleine Muscheln sammeln. Krabbenfischer ziehen mit Netzen an den Prielen entlang, den Gerinnseln zwischen den Watten. Es riecht nach Tang und Fischen, und die Lippen schmecken salzig. Aber nachmittags kommt dann das Meer wieder rauschend bis an den Strand gesprungen. Und dahinter ist der Deich, von dem man sich hinunterkullern lässt. Und ein Sandplatz ist da, auf dem man mit Formen spielen und Festungen bauen kann.

Mie will nach Berlin zurück. Sie zeigt Herrn Dr. Hesslein, der rasch ihr Vertrauter geworden ist, den Brief von Herrn Olshagen. Eine solche Stellung, in solchem Hause! Sie weiss gar nicht, wodurch sie diesen Antrag verdient hat. Natürlich schreibt Herr Olshagen, es könne nur ein Versuch sein, sie solle erst einmal zur Probe eintreten. Aber das Glück wäre ja riesengross: sie bekommt das Gehalt der bisherigen Hausdame, und wenn sie tüchtig spart, kann sie damit die Zwillinge vor dem Waisenhaus bewahren.

Es hat gar nicht den Anschein, als ob die Zwillinge sich hier sehr einsam fühlen werden, wenn Tante Mie sie verlassen muss. Aber Dr. Hesslein meint, auf Grund langjähriger Erfahrung, immerhin sei es besser, sie gehe ohne letzten Abschied.

So hat sie denn bloss vor der Abfahrt den Kindern je eine Tüte Bonbons an den Strand mitgebracht. Mit der Kinderschwester studieren sie hier kleine Reigen ein. Dagmar hat die Sache sofort begriffen und dirigiert die etwas plumpere und phlegmatischere Ingrid sehr gewandt durch schwesterlich wohlwollende Püffe. Nun spielen sie das schöne Spiel „Häslein in der Grube“. Ingrid ist der Has, aber dass sie am Schluss des Liedchens umpurzeln und tot sein soll, als Has, das begreift sie so rasch denn doch nicht. Da muss Dagmar sie schleunigst aus der Sandgrube herausziehen und für den dramatischen Höhepunkt an Ingrids Stelle den Has selber spielen. Aber sofort hüpft sie wieder zu den Lebenden zurück und führt den Massentanz rund um die Grube wieder an. Inzwischen trollt sich Ingrid zu den beiden Zuckertüten und futtert, futtert, futtert. Darin hat sie eine Riesenausdauer. Stillvergnügt sitzt sie da und stopft sich das Mäulchen voll. Als Dagmar endlich nach ihr sehen kommt, auch nach ihrer Zuckertüte, ist nichts mehr vorhanden von all der Herrlichkeit. Aber nicht, dass Dagmar nun ein Geschrei anfinge. Nein, sofort ist sie mitten in einem neuen Märchenspiel. „Ei, wer hat von meinem Tellerchen gegessen?“ fragt sie mit der hohen, Hellen, verwunderten Stimme Schneewittchens. Und Ingrid muss sich als Zwerg verstecken. Dagmar macht ihr’s rasch vor.

„Sie ist das lebhafteste von all unseren Kindern,“ sagt Dr. Hesslein, als Mie sich verabschiedet, „aber sie macht uns dabei die geringste Mühe. Eigentlich ersetzt sie mir zwei Aufsichtsschwestern, weil sie eine ganze Kompanie zu beschäftigen weiss. Vielleicht muss ich Ihnen noch Gehalt für die drollige kleine Kruke zahlen, Fräulein Heimsöth. Wie?“

Mie lacht. Sie kann ihre Rückfahrt leichten Herzens antreten. Die Zwillinge sind hier offenbar in guten Händen.

Aber vor ihrem Stellungsantritt hat sie doch eine höllische Angst. Mehr jedenfalls als vor dem Abiturium, wo sie vom Mündlichen befreit war. Am Monatsersten soll sie sich in der Herbertstrasse draussen in der Villenkolonie Grunewald melden. Herr Olshagen will selbst zugegen sein und sie mit seinen Kindern bekannt machen, hat er ihr geschrieben.

Die Hauptsorge, die Vermietung ihrer Wohnung, hat ihr der Sanitätsrat Werner abgenommen. Ein junges Ehepaar zieht bei ihr ein, ein Assistent von ihm mit seiner jungen Frau. Es ist Aussicht vorhanden, dass sie ihr die Wohnung abkaufen; das ergäbe ein Kapital, mit dem die Zwillinge für lange Zeit vor aller Not geschützt wären. Vorläufig kann sie ihr bisschen Eigentum noch in der Wohnung lassen, sie bereitet nur den Reisekorb und den Handkoffer für ihren Einzug im Grunewald vor.

Als sie in der Herbertstrasse anlangt und bei dem Gärtner, der im Torgebäude wohnt, vorspricht, erlebt sie ihre erste Enttäuschung. Der Gärtner weiss gar nichts von ihrem Eintritt, und Herr Olshagen sei überhaupt noch nicht da. Es habe grossen Krach in der Villa gegeben, berichtet die Frau des Gärtners, die schwatzlustig hinzukommt. Die Baronin sei jetzt wieder im Haus. „Na, da könn’ Se was erleben, Frollein! Das is ’ne Kusine zu unsern Herrn. Aber sie is der reine Teufelsbraten, is se! Leute kujonieren und eklig auf die Pfennige ... Da kommt sie ebent an, ick drücke mir ... Freifrau von Tross heisst sie, aber man muss Baronin auf ihr sagen, verstehen Sie?“

Ziemlich scheu begibt sich die kleine Mie durch die Einfahrt zum Portal, vor dem ein rotlackiertes Auto steht. Die Baronin kommt die Freitreppe herunter und spricht sehr aufgeregt auf den Chauffeur ein. Plötzlich unterbricht sie sich und fasst die Fremde scharf ins Auge.

„Wer sind Sie? Sind Sie Fräulein Heimsöth? Sie sollten doch vorher hier anrufen, damit man weiss ... Das sind ja heillose Zustände hier ... Haben Sie Ihre Zeugnisse mitgebracht? Wo waren Sie zuletzt in Stellung? Man muss sich doch erkundigen. Und wieso hat man Ihnen neunzig Mark bewilligt? Sie sind doch höchstens achtzehn Jahr? Wo sind Ihre Sachen? Sie müssen sich gleich umziehen, der kleine Klaus hat sich den Fuss verletzt, er muss im Bett liegenbleiben. Ich habe eine Fahrt in die Stadt, muss eine neue Kinderschwester engagieren. Alles ist ausser Rand und Band hier. Sie verstehen doch Krankenpflege?“

Die kleine Mie weiss nicht, welche Frage sie zuerst beantworten soll. Mit etwas unsicheren Knien steht sie vor der aufgeregten Dame. Das wichtigste erscheint ihr, der Wahrheit gemäss zu versichern, dass sie im letzten Herbst, als sie ihr Abiturium gemacht hat, bereits zwanzig Jahre alt war.

„Das Abiturium haben Sie gemacht? Aber um Gottes willen, was soll man hier mit dem Abiturium anfangen? Das ist nun wieder echt Bernt, der ganze Bernt. So kommen Sie schon endlich ins Haus, Fräulein Heimsöth, ich kann Sie doch nicht hier auf der Treppe in Ihren ganzen Pflichtenkreis einweihen. Wenn Frau von Drugilav aus der Nachbarvilla mich vorgestern nicht dringlich in Heinersbach angerufen hätte, dann hätte es hier noch Mord und Totschlag geben können. Eine solche Gewissenlosigkeit wie die Ihrer Vorgängerin, wissen Sie, die sollte sich was schämen, die Person. Ich habe sie fristlos entlassen, die Kinderschwester auch, und da mag sich der Gesindeschlichtungsausschuss auf den Kopf stellen ... August, wo stecken Sie denn? Nein, jetzt ist keine Zeit, Silber zu putzen, August, legen Sie alles hin und kommen Sie her. Hier ist Fräulein Heimsöth. Die Sachen kommen mit der Paketfahrt? Na, da werden Sie lange warten können. Hätten Sie doch wenigstens für die erste Nacht ... Aber man muss hier eben immer für alle anderen denken, von allein geschieht hier nichts, nichts!“

Es geht durch eine weite Halle, die ganz mit Teppichen ausgelegt ist, über eine breite, bequeme Treppe ins erste Stockwerk. Hier liegen die Schlafzimmer. Tante Adi führt die Spitze des Zuges, der Diener August beschliesst ihn, in der Mitte, wie eine Arrestantin, die kleine Mie.

*

Tante Adi hat die Angewohnheit, die Türen mit militärisch festem Druck, der einem besitzergreifenden Schlag gleichkommt, zu öffnen. Die beiden Kinder, die, mit Bilderbüchern beschäftigt, in dem hübschen, Hellen Schlafzimmer von Klaus sitzen, fahren schreckhaft zusammen, als plötzlich wieder Tante Adi, die sie schon längst auf der Autofahrt glaubten, ins Zimmer hereinfegt.

„Also das ist Fräulein Heimsöth. Sie bleibt jetzt bis auf weiteres hier. Dass ihr mir keine Dummheiten macht, bis ich zurückkomme. Sibylle, komm her und gib Fräulein Heimsöth artig die Hand. Das gehört sich so. Klaus, du rührst dich nicht, sonst fängt dein Fuss wieder an zu bluten. Also, ich bitte mir aus ... Möchten Sie nicht lieber Hut und Zacke und Handschuhe ablegen, Fräulein Heimsöth? Schliesslich sind Sie doch nicht zu einem feierlichen Teebesuch hier, sondern wollen Pflichten übernehmen, nicht wahr? Ich bin in längstens einer Stunde zurück. August, wenn aus Montreux angerufen wird, dann müssen Sie sich noch melden, denn Fräulein Heimsöth weiss noch nicht Bescheid ... Auf Wiedersehen, Kinder!... Am besten, Sie machen gleich Licht, Fräulein Heimsöth, die Kinder verderben sich ja sonst die Augen. Immer ein bisschen Denksport treiben.“

Wie eine Wetterwolke, die sich entladen hat, entschwebt Tante Adi wieder.

Ein Weilchen bleibt es still im Zimmer. Dann wirft sich Sibylle rücklings auf die Chaiselongue, auf der sie mit dem Buch in der Hand gesessen, und lacht, schüttet sich aus vor Lachen. Und Klaus richtet sich in seinem Bett auf, nervös geworden durch all die Unruhe, und beginnt jämmerlich zu weinen.

Die kleine Mie ist selbst noch fassungslos, aber sie weiss doch mit Kindern umzugehen, und so setzt sie sich zunächst einmal ans Bett des kleinen Klaus und erzählt ihm eine drollige Geschichte von einem furchtbar possierlichen Dackel, der lernen sollte, über die Fussbank zu springen ... Klaus ist noch ein bisschen unwirsch, aber er muss dann doch lachen. Ob die Sache wirklich wahr sei?

„I wo,“ sagt Mie, „die hat mir bloss meine kleine Nichte erzählt, die Dagmar, der lustige Zwilling.“ Das Interesse von Klaus für den lustigen Zwilling Dagmar reicht eben hin, um noch ein paar weitere Döntjes aus Büsum anzubringen.

Inzwischen ist Sibylle näher herangekommen. Sie ist blond und schmal, zählt etwas über acht Jahre und hat ein blasses, altkluges Gesicht. Ziemlich dreist mustert sie die neue Erscheinung. Sie hat die Hände im Rücken gekreuzt und wippt auf und nieder. „Sollst du unsere neue Mama werden?“ fragt Sibylle, und es liegt eine schneidende Kälte in ihrem Ton.

„Um Gottes willen, Kind, wie kommst du auf so was?“

„Tante Adi hat gesagt: uns bleibt das auch nicht erspart.“

„Sibylle, das hast du gewiss missverstanden.“

„Nein. Klaus war dabei. Aber der begreift das ja noch nicht. Ich sage dir nur, Fräulein, ich will keine neue Mama haben. In unserem Zirkel die Erna hat eine neue Mama bekommen, und zu ihrer richtigen Mama darf sie jetzt nur noch zu Weihnachten und an ihrem Geburtstag. Und die neue Mama trägt jetzt all den Schmuck, den ihre richtige Mama getragen hat.“

Mie will ablenken. „Die Zwillinge, von denen ich Klaus erzählt habe, die haben gar keine Mama mehr.“

„Wer trägt dann jetzt ihren Schmuck?“

„Sie hat wohl nie welchen gehabt, Sibylle, ihre Mama.“

„Ach, dann sind das wohl arme Leute? Aber wie kommen die ins Seebad? Dort ist es doch teuer. Was kostet da die Pension in Büsum? Papa war mit uns im Herbst in Harzburg. Da musst’ er für mich dasselbe zahlen wie für eine Erwachsene. Rasendes Geld. Vierzehn Mark. Und dann noch Trinkgeld.“

Sie spricht nur über Geld, über Schmuck, über Kleider. Klatscht ein Langes und ein Breites über die Hausdame und die Kinderschwester. Die hatten sich doch früher immer gezankt, die beiden, aber wo die neuen elektrischen Leitungen hier in der Villa angelegt wurden, da lernten sie zwei Männer kennen, und mit denen sind sie gegangen, es waren Brüder, und vorvorige Nacht haben sie heimlich das Haus verlassen, um mit ihnen einen Maskenball mitzumachen. Aber August, der Diener, hat es gemerkt und ist noch um zehn Uhr zu Frau von Drugilav hinübergegangen ... „Klaus wollte Wasser haben und hat geklingelt, aber niemand ist gekommen, weil doch alle fort waren und die Köchin oben in der Dachkammer schläft und nie etwas hört, aber ich hab’ es gleich gehört und bin auf die Treppe gelaufen und habe gerufen ...“

Und nun will auch Klaus davon erzählen. Er weiss freilich nicht alles mehr so richtig. Beim Suchen nach der Klingel hat er das leere Glas vom Nachttisch geworfen, und wo er Sibylle hat rufen hören, da wollte er auch ins Treppenhaus und mitrufen. Aber da ist er in die Glasscherben getreten. Zuerst hat er gar nichts gespürt, es war bloss so komisch feucht. Dann haben sie aber Licht gemacht, und da war alles blutig. „Da, man sieht es noch auf dem Teppich. Siehst du’s?“

„Er hätte sich verbluten können“, nimmt Sibylle wieder auf. „Aber dann ist Frau von Drugilav gekommen und hat den Arzt gerufen und hat mit Heinersbach gesprochen. Das ist das Dumme, dass wir nun gleich wieder Tante Adi auf dem Halse haben. Aber wenn Papa zurückkommt, fährt sie bestimmt ab, denn der kann sie gar nicht ausstehen. Magst du sie leiden, Fräulein?“

„Ich kenne sie ja noch kaum, Sibylle. — Nun hab’ ich bisher aber nur von dir gehört, was du alles zu tadeln weisst, Sibylle. Sag mir doch auch mal, ob du jemand gern hast! Hast du deinen Papa etwa nicht lieb?“

„Ach doch, ja. Aber bloss keine neue Mama möcht’ ich, nein, bloss nicht.“

„Und der Grosspapa?“

Sibylle nickt. „Zu meinem Geburtstag hat er mir ein goldenes Armband geschenkt. Jutta Preuss ist Juwelierstochter, die hat es taxiert. Sehr nobel. Aber Grosspapa ist ja auch sehr reich. Erna sagt, ihr Vater hat gesagt, er zahlt die höchsten Steuern in ganz Schlesien. Nein, Grosspapa mag ich sehr gern.“

Die kleine Mie sitzt wortlos dabei. Sie fühlt ihr Herz wie einen schweren Klumpen. Das ist das Haus von Herrn Bernt Olshagen, und das sind seine Kinder. Und sie ist von ihm gerufen worden, um ihm Haus und Kinder zu hüten. Wie kann sie das? Diese Welt hier ist ihr ja so fremd.

Am liebsten möchte sie gleich wieder gehen. Aber sie ist Herrn Olshagen zu so grossem Dank verpflichtet, sie muss bleiben. Es gibt hier doch auch eine Aufgabe zu erfüllen. Gibt es denn in diesem reichen Hause ein einziges Wesen, das es wirklich gut meint mit Herrn Olshagen? Belogen, betrogen wird er von den Angestellten, missverstanden von der Verwandtschaft, wohl auch nicht wirklich geliebt von den eigenen Kindern.

Später sieht sie im Musiksalon das Bild von Frau Olshagen. Es muss wohl, der Mode nach, im Jahr vor der Geburt von Klaus gemalt worden sein. Lange steht sie vor dem zarten Pastellbild. Eine stille, vornehme, aber bewusste, stolze Frau. Schlank und schmal, langschädlig, überzüchtet, durchsichtig, so wie ihre beiden Kinder. Aber Sibylle hat dabei doch noch einen fremden Zug, der ihr wenig gefällt. Ihr Hochmut ist ganz aufs Materielle gestützt. In dem Antlitz des Grossvaters, des hakennasigen Herrn Droeseke, dessen Ölporträt im Herrenzimmer in schwerem Goldrahmen hängt, ist dieser Ausdruck der vorherrschende. Geld, Geld und wieder Geld, anderes gibt es für ihn nicht. Das haben sie ihr übereinstimmend gesagt: der Sanitätsrat Werner, der Amtsgerichtsrat, andere auch. Und haben sich des Todes gewundert, als seine Firma ihr noch das grosse Gnadengeschenk für die Zwillinge machte. Niemand andrem hat sie das zu verdanken als Olshagen. Er ist also doch anders als sie alle.

Und es ist jetzt nicht nur Dank, was sie an ihn bindet. Es ist auch — so verwegen ihr selber das vorkommt — es ist auch eine Regung von Mitleid. Sie fühlt, sie muss dem Manne, der in seinem eigenen Hause so gar keine Freunde hat, mit ihren schwachen Kräften helfen. Sie will ihm dienen, will ihm beistehen.

Grosse Schwierigkeiten wird es da zu überwinden geben. Das merkt sie gleich bei der ersten Begegnung mit der Köchin, die ihr in Gegenwart der Baronin abrechnen soll. Die Rechnung stimmt nicht, Mie kann doch addieren, und es ist ein böser Blick, der sie aus den Augen der alten Köchin trifft.

Im Hintergrund der schöne Fritz

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