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Toskana

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Golden glühten die Hügel der Toskana in der trockenen Hitze des Spätsommertags, als ich zum wiederholten Mal im Verlauf meines Urlaubs den weiteren Weg zurück zu meiner Herberge wanderte, einfach deshalb, weil er abseits der Überlandstraße durch die Rebberge führte. Zwischen zwei Platanen, die wie Wächter auf einer kleinen Anhöhe thronten, führte das steinige, jetzt im Herbst staubtrockene Sträßchen hinunter zu einem Rebgut. Außerhalb des Hauptgebäudes, das in seiner schlossähnlichen Pracht dem Besitzer als zeitweiliger Wohnraum diente, duckten sich niedrige, ziegelbedeckte Steinhäuschen in den Lehm des Weinberges.

Ich war eben an der ersten Türe vorübermarschiert, als ich den Alten erblickte, der vor dem mittleren Haus auf einer hölzernen Bank hinter einem grob geschnittenen, sonnengebleichten Tisch saß. Er grüßte mich wie jedes Mal mit einer Handbewegung, welche das Lüften eines Hutes andeuten sollte, obwohl er sich barhäuptig im Schatten eines Olivenbaumes befand. Diesmal jedoch ließ er es nicht beim Begrüßen bewenden, sondern winkte mich mit einer ungeduldigen Geste zu sich heran.

Als ich vor ihm stand, lächelte er mir zu und lud mich zum Sitzen ein. Ohne ein weiteres Wort erhob er sich von der Bank, auf der ich eben Platz genommen hatte, begab sich ins Innere des Hauses und kam nach kurzer Zeit zurück, unter den Arm ein breites, fladenartiges Brot geklemmt, in der einen Hand eine Flasche und zwei Gläser, in der andern eine Schüssel kleiner, schwarzer Oliven.

Ich seufzte auf, durstig war ich wohl, aber die Sonne brannte noch ein wenig heiß für den alkoholreichen Wein der Gegend. Als der alte Mann mir das Glas reichte, erwies sich das Getränk jedoch als kühl und erfrischend. Er brach ein Stück Brot mit den Händen und reichte es mir zusammen mit der Schale Oliven, gleichzeitig stellte er sich mit dem Namen Domenico Vespucci vor. Ich entgegnete die Höflichkeit und dankte für die Einladung.

Ich machte mir bereits Gedanken über diesen Namen, der mir bekannt vorkam, obwohl ich den Mann vor meinem Aufenthalt in dieser Gegend nie gesehen hatte. Als wir die Gläser ein erstes Mal geleert und auf den Tisch zurückgestellt hatten, wo er sie sogleich nachfüllte, räusperte er sich und begann zu sprechen.

„Ich weiß nicht, wie viel Zeit Sie haben, aber wenn Sie mir ein wenig Gesellschaft leisten würden, möchte ich Ihnen eine Geschichte erzählen.“

Ich hatte nichts dagegen einzuwenden, und da sich von meinem Platz aus die weiten Hügel sehr schön beobachten ließen, freute ich mich auf die Erzählung des Mannes neben mir auf der Bank, auch wenn ich nicht wusste, was da kommen sollte.

„Vielleicht ist Ihnen mein Name geläufig. Der Seefahrer Amerigo Vespucci ist vor fünfhundert Jahren bekannt geworden, weniger durch seine navigatorischen Leistungen, die bis heute umstritten sind, sondern dadurch, dass er dem neu entdeckten Kontinent Amerika seinen Namen gegeben hat. Ein Cousin dieses Amerigo nun hieß Marco Vespucci. Ich habe mich mit ihm beschäftigt. Aber leider bleiben die Quellen spärlich, viel mehr als seinen Namen habe ich nicht erfahren. Er ist auch kein direkter Verwandter meiner Familie.

Interessant ist jedoch die Geschichte seiner Frau, die mich mein ganzes Leben lang nicht losgelassen hat. Sie kennen das Bild „Geburt der Venus“ von Sandro Botticelli? Es hängt in den Uffizien in Florenz, aber auch wenn Sie noch nie dort waren, haben Sie es bestimmt schon auf Postkarten gesehen. Diese wunderschöne Frau mit den langen, blonden Haaren; Sie wissen, wir Italiener finden dies besonders faszinierend. Die schaumgeborene Göttin aus dem Meer, das war sie, die Angetraute meines Namensvetters, Simonetta Cattaneo Vespucci.

In der Nacht vom 26. auf den 27. April 1476 starb sie in Florenz, knapp dreiundzwanzigjährig. Eine heimtückische Krankheit raffte die schönste Frau der damals bekannten Erde dahin und hinterließ Trauer, Unverständnis und Verzweiflung. Kurz zuvor noch war sie die Königin an Giulianos Turnier gewesen, die bewunderte Geliebte des Medici-Schönlings.

Die Person der Simonetta war die Grundlage für einen kollektiven Rausch. Sie war ein Star, weltberühmt und jung verstorben, ein Objekt der gemeinsamen Sehnsucht einer Generation, verklärt durch die bekanntesten Maler und Poeten der Zeit. Sie war ein Bild für Männerphantasien, ein Pin Up-Girl für den Pirelli-Kalender der Renaissance!“

Klar machte mich dies neugierig. Ich trank einen weiteren Schluck, die erste Flasche war bereits leer, und bevor Domenico Vespucci weitererzählte, holte er eine zweite aus dem kühlen Keller, dazu eine schwere Salami, von der er dicke Rollen abschnitt und bedächtig kaute, bevor er in einer langsamen, stark betonenden Melodie die Geschichte wieder aufnahm.

Simonetta

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