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Der Wandel der kosmetischen Ziele in den letzten 20 Jahren
ОглавлениеWährend noch vor wenigen Jahren die Hautpflege und die Dekoration im Vordergrund einer kosmetischen Behandlung standen, ist nunmehr die gezielte und spezialisierte Verjüngungsmaßnahme gefragt und wird für die selbstständige Kosmetikerin von immer größerer Bedeutung.
Zum einen ist die reine Anwendung von Präparaten durch eine ausgefeilte Kombinationen von Apparatetechnik und Kosmetik erweitert worden. Und zum anderen hat diese Entwicklung wiederum die Kosmetika-Hersteller zu neueren Höchstleistungen in Sachen Produktentwicklung angeregt. Die Gemeinsamkeit in beiden Entwicklungen ist die direkte Reparatur von Hautbildern. Diese Veränderungen der kosmetischen Strategie macht Kosmetik noch anspruchsvoller und lässt die Ergebnisse unmittelbarer sichtbar werden.
Mittlerweile hat sich der Fachbereich Kosmetik in drei Hauptbereiche entwickelt: Der erste umfasst die Entspannung und Wellnessangebote. Dazu gehören Ayurveda oder Massagen, Hot Stone und Aromabehandlungen; die zweite Richtung ist das große Gebiet der Hautverjüngungsmaßnahmen. Eher nur noch nebenbei wird der dritte Bereich, die Dekorative Kosmetik, betrieben. Sie ist sozusagen ein Nebenprodukt. Dies bedeutet hier im Wesentlichen, dass der Ertrag in Sachen Dekorative fehlt. Die Kundin[1] zu schminken ist eher etwas Abrundendes, sozusagen neben der eigentlichen Behandlung bzw. im Anschluss als Zugabe an die Kundin zu verstehen.
Fußpflege und Nageldesign bringen vermeintlich schnell die Kundin ins Geschäft und damit den ersehnten Umsatz, aber bei genauerer betriebswirtschaftlicher Betrachtung fällt auf, dass hier ein Gewinn aus erzieltem Umsatz abzüglich aller Material- und Nebenkosten nicht erzielt werden kann!
Vor 20 Jahren gab es nur die pflegende Kosmetik und die allgemeine Fußpflege. Gegenwärtig wirkt das Leistungsspektrum der Kosmetikerinnen nicht wirklich eindeutig und erinnert leicht an ein Bauchladenangebot. Nimmt man zehn Kosmetikerinnen bzw. deren Institute und vergleicht sie miteinander, so wird es nicht überraschen, dass die zehn Damen jeweils verschiedene Methoden und Angebote gestalten.
Es kann gute Argumente geben, dass eine Kosmetikerin tatsächlich breit ihre Dienstleistungen anbieten kann. Aber das Problem wird sie auf der Einkommensseite spüren, wenn sie beispielsweise feststellt, dass für eine 30- bis 45-minütige Fußpflegearbeit maximal 20 bis 22 Euro zu erzielen sind. Die meisten Kosmetikerinnen bieten die Fußpflege deutlich unter 18 Euro pro Behandlung an.
Beim Nageldesign ist die Kosmetikerin in der Regel zwischen ein bis anderthalb Stunden beschäftigt. Und die meisten nehmen Preise bis maximal 35 Euro. In seltenen Ausnahmefällen nimmt mal eine Kosmetikerin 45 Euro für das Design. So oder so ist aber die Kostendeckung mangelhaft oder, um es in deutlicheren Worten zu schreiben, gar nicht vorhanden!
»Wir Kosmetikerinnen müssen uns sehr früh entscheiden, was wir wollen: Wollen wir alles anbieten, oder darf es auch eine Spezialisierung sein?«, so eine sehr anerkannte Kollegin aus Dresden.
Aus unserer langjährigen Begleitung von erfolgreichen Kosmetikerinnen können wir nur sagen, dass mit zunehmender Spezialisierung die Ertragsseite bzw. der Erfolg an der Kundin und mit der Kundin im eigenen Portemonnaie wächst. Spezialisierung heißt dann aber in aller Konsequenz auch, sich von dem ein oder anderen Leistungsangebot zu verabschieden!
Irgendwann werden Sie bemerken, dass Sie für die Kundinnen zwar gerne Nageldesign und Fußpflege machen und anbieten, dann aber kein ausreichendes Geld dafür einnehmen können. Sie brennen mit der Zeit tatsächlich aus. Und das sagen wir aus eigener Erfahrung: Es tut immer etwas weh, sich von altgewohnten Vorlieben zu verabschieden. »Mir macht Nageldesign wirklich Spaß, aber kaufmännisch betrachtet ist es nicht wirklich sinnvoll!«, so eine Kollegin aus Düsseldorf.
Bitte verstehen Sie uns nicht falsch: Sie dürfen beispielsweise auch die dekorative Arbeit als Vorliebe ausleben. Dann aber bitte richtig. Es wäre noch nicht einmal zwingend, eine Visagisten-Ausbildung zu absolvieren, da die meisten Firmen interne Schulungen anbieten und zertifizieren! So sind bei einer Make-up-Beratung pro Sitzung tatsächlich 50 bis 200 Euro zu erzielen, wenn man es professionalisiert. Dann aber ist Dekorative nicht allein Handarbeit, sondern eine Verbindung aus Know-how, Handarbeit und Beratungsleistung bzw. Ausstattung. »Ich muss zwar alles als Kosmetikerin können – aber keineswegs alles machen!«, nochmals die Kollegin aus Dresden.
Gehen Sie einmal mit offenen Augen durch Ihre Stadt und schauen Sie sich bei Kosmetikerinnen und ihren Schaufenstern um. Dann sehen Sie sehr häufig Werbungen für Fußpflege, Nageldesign und Kosmetik in den Schaufenstern sowie nahezu alle Produkte zur Fußpflege ausgestellt. Würden Sie dann noch als Kundin diesen Laden betreten, wenn Sie anspruchsvolle Kosmetik suchen? Spricht Sie das wirklich an?
Die Problematik entsteht meistens beim Start in die eigene Selbstständigkeit. »Wenn ich Zahnschmerzen habe, dann gehe ich nicht zum Internisten!« … Dies bedeutet für uns:
Wenn wir alles an Leistungen anbieten, finden uns die Kundinnen nicht!
Oder anders gefragt: Welchen Kundenkreis möchten Sie eigentlich ansprechen?