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V. Handlungsformen und Verfahren

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Aufgabe der Handlungsformen jedenfalls im kontinentaleuropäischen[185] Verwaltungsrecht ist es, der Tätigkeit der Verwaltung rechtliche Gestalt zu verleihen. Erst im Zusammenhang mit den Handlungsformen werden allgemeine Grundsätze und Prinzipien des Verwaltungsrechts für den Einzelfall greifbar, verbinden sich Formidee und Systemidee.[186] Auch das Verwaltungsverfahren ist in den kontinentaleuropäischen Verwaltungsrechtsordnungen traditionell auf bestimmte Handlungsformen zugeschnitten; selbst die (verwaltungs-)gerichtliche Kontrolle knüpft mitunter noch an einzelne Handlungsformen an.[187] Vor diesem Hintergrund wird die Lehre von den Handlungsformen vielfach als Kernstück des Allgemeinen Verwaltungsrechts begriffen.[188] Gleichwohl geht ihre Bedeutung angesichts einer stärkeren Konzentration auf verwaltungsrechtliche Rechtsverhältnisse und der Entfaltung der – von der konkreten Handlungsform unabhängigen – Prinzipien des Verwaltungsrechts, seiner Konstitutionalisierung und Europäisierung zurück.

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Die Wahl der Handlungsform kann etwa für die Zuordnung einer Maßnahme zum öffentlichen oder zum privaten Recht bedeutsam sein. In den Verwaltungsrechtsordnungen, die diese Unterscheidung kennen, bedeutet der Erlass eines Verwaltungsakts immer auch ein Handeln nach öffentlichem Recht, während es bei der Zuordnung von Verträgen oder Realakten einer genaueren Analyse des Rechtsverhältnisses bedarf.[189] So sind etwa die Leistungsbeziehungen im französischen service public typischerweise privatrechtlicher Natur.[190] Mitunter besitzt die Verwaltung Formenwahlfreiheit, Regelungen öffentlich-rechtlich durch Verwaltungsakt oder privatrechtlich durch Vertrag zu treffen.[191]

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Die Kodifikation der Handlungsformen und des Verwaltungsverfahrens gehört zu den wichtigsten Etappen der Entwicklung des Verwaltungsrechts. Vorreiter war insoweit Spanien, das mit der Ley de Bases del Procedimento Administrativo vom 19.10.1889 über die erste europäische Kodifikation des Verwaltungsverfahrensrechts verfügte. Nachdem sie zwischenzeitlich durch andere Bestimmungen abgelöst worden war, regelt heute vor allem das Gesetz 30/1992 das Verwaltungsverfahren und wesentliche Teile des Allgemeinen Verwaltungsrechts.[192] Spätere Kodifikationen erfolgten in Österreich 1925,[193] in Polen mit dem – immer wieder novellierten – Verwaltungsverfahrensgesetzbuch von 1960,[194] in der Schweiz mit dem Bundesgesetz über das Verwaltungsverfahren von 1968,[195] in Schweden mit dem Verwaltungsgesetz von 1971,[196] in Deutschland mit dem Verwaltungsverfahrensgesetz von 1977,[197] in Italien mit dem Gesetz 241/1990, in Portugal mit dem Verwaltungsverfahrensgesetz von 1992[198] und in Griechenland mit dem Gesetz 2690/1999. In Frankreich ist es dagegen bislang noch nicht zu einer Kodifikation von Handlungsformen und Verwaltungsverfahren gekommen,[199] während man in Großbritannien für das Verwaltungsverfahren neben dem Human Rights Act und der EMRK nach wie vor im Wesentlichen auf die Grundsätze des Common Law zurückgreift.[200]

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Jenseits der Rechtsetzung[201] bilden der Verwaltungsakt (dazu unter 1.), der Verwaltungsvertrag (dazu unter 2.), Pläne (dazu unter 3.) und das informale Verwaltungshandeln (dazu unter 4.) die wichtigsten Handlungsformen der Verwaltung. Sie sind jeweils eingebettet in ein mehr oder weniger detailliert ausgestaltetes Verwaltungsverfahren (dazu unter 5.).

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