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Zu den traditionellen Unterschieden zwischen dem Common law und den meisten Verwaltungsrechtsordnungen des Kontinents gehört der unterschiedliche Stellenwert des Verwaltungsverfahrens. Während das britische, aber auch das schwedische Verwaltungsrecht schon immer einen starken Akzent auf die Verfahrensförmigkeit und -richtigkeit des Verwaltungshandelns gesetzt haben,[228] konzentriert sich das Verwaltungsrecht auf dem Kontinent traditionell auf die materielle Rechtmäßigkeit der (abschließenden) Entscheidung.[229]

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Dessen ungeachtet gehören – allerdings mit teilweise substantiellen Unterschieden im Detail – Zuständigkeits- und Befangenheitsregelungen, die Anhörung der Betroffenen vor Erlass eines belastenden Verwaltungsakts, das Recht auf Akteneinsicht und auf Zugang zu den Unterlagen, die Begründungspflicht und andere Verfahrensrechte in praktisch allen europäischen Verwaltungsrechtsordnungen seit langem zu den zumindest richterrechtlich entwickelten Anforderungen an das Verwaltungsverfahren.[230]

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Zum Siegeszug des Verwaltungsverfahrens[231] hat nicht zuletzt die Rezeption des US-amerikanischen „due process“-Gedankens erheblich beigetragen.[232] Trotzdem bleibt sein spezifischer Stellenwert bis heute diffus. Noch immer tendieren die nationalen Verwaltungsrechtsordnungen dazu, Verfahrensfehler jedenfalls bei gebundenen Entscheidungen für unbeachtlich zu erklären und die Richtigkeits- und Rechtsschutzgewähr des Verwaltungsverfahrens auf diese Weise zu relativieren.[233] Diese Verfahrensblindheit des in der Regel zu einseitig auf die Effizienz des Verwaltungshandelns fixierten Gesetzgebers steht nicht nur in einem deutlichen Spannungsverhältnis zur Anerkennung des Prozeduralisierungsgedankens, sondern degradiert die verfahrensrechtlichen Anforderungen an den Erlass einer Verwaltungsmaßnahme zu folgenlos verletzbaren Ordnungsvorschriften. Das ist sowohl mit Blick auf das Legalitätsprinzip als auch im Hinblick auf die demokratische Steuerung der Verwaltung und ihre rechtsstaatliche Einhegung ein zu hoher Preis und – soweit die Durchführung des Unionsrechts in Rede steht – mit Art. 41 GRCh bzw. dem spezielleren Sekundärrecht in der Regel nicht ohne weiteres zu vereinbaren.[234]

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