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1. Verwaltungsakt

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Prototyp verwaltungsrechtlicher Handlungsformen ist der Verwaltungsakt (acte administratif, διοικητικί πράξη, atto amministrativo, Bescheid, Verfügung). Als klassisches Instrument des Verwaltungshandelns steht er für die Befugnis der öffentlichen Verwaltung, Rechte und Pflichten der Bürger durch einseitige Entscheidungen begründen, modifizieren und aufheben zu können.[202] Er kann an eine Einzelperson gerichtet sein (Verwaltungsakt, acte individuel) oder an einen bestimmten Personenkreis (Allgemeinverfügung, acte collectif). Während die deutsche, aber auch die schweizerische Verwaltungsrechtsordnung unter Verwaltungsakten bzw. Verfügungen allein konkret-individuelle bzw. konkret-generelle Regelungen verstehen, wird der Begriff in anderen Verwaltungsrechtsordnungen weiter verstanden. Teilweise werden dort auch normative Akte wie Rechtsverordnungen und Satzungen unter den Begriff des Verwaltungsakts gefasst.[203]

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Der Verwaltungsakt ist sinnfälliger Ausdruck der – im Vergleich zu den anderen Beteiligten an einem Verwaltungsrechtsverhältnis – überlegenen Rechtsmacht der öffentlichen Verwaltung. Vorbehaltlich einer möglichen Aufhebung entfaltet er Tatbestandswirkung (privilège préalable[204]), d.h. er begründet, modifiziert oder beseitigt Rechte und Pflichten der Beteiligten. Dies gilt bis zu seiner Aufhebung durch die Verwaltung[205] oder die (Verwaltungs-)Gerichte in der Regel auch dann, wenn der Verwaltungsakt rechtswidrig ist.[206]

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Der Verwaltungsakt ist typischerweise Grundlage der Verwaltungsvollstreckung,[207] auch wenn die Vollstreckung selbst nur in wenigen Ländern in der Hand der Verwaltung selbst liegt.[208]

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Auch wenn in den vergangenen Jahren andere Handlungsformen der Verwaltung an Bedeutung gewonnen haben und der Verwaltungsakt insoweit ein wenig von seiner konzeptionellen Bedeutung eingebüßt hat, so bleibt er schon aus Gründen der Praktikabilität die mit Abstand wichtigste Handlungsform. Das gilt für die Massenverwaltung des Steuer- oder Sozialrechts ebenso wie für die Bewältigung multipolarer Verwaltungsrechtsverhältnisse mit häufig sehr vielfältigen oder disparaten Interessenlagen, etwa im Fachplanungsrecht.

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Vor diesem Hintergrund muss es verwundern, dass das Unionsrecht seinen „Verwaltungsakt“, die Entscheidung, mit dem Vertrag von Lissabon aus der Reihe der primärrechtlich verankerten Handlungsformen gestrichen und durch das diffuse Instrument des Beschlusses ersetzt hat (Art. 288 Abs. 4 AEUV).

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