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I.3.2 Zu den albanischen Texten

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Die Verschriftlichung des Albanischen setzt im Vergleich zu anderen indogermanischen Sprachen verhältnismäßig spät ein. Erst im 15. Jh. beginnen die Albaner in ihrer Sprache Texte zu verfassen. Aus dem Jahre 1462 ist eine Taufformel von Paulus Angelus bewahrt. Hierbei handelt es sich um einen einzigen Satz (alb. Unte paghesont premenit Atit et birit et sperit senit ‚Ich taufe dich im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes‘), der in einen in lateinischer Sprache geschriebenen Brief eingefügt wurde.

Das Albanische wurde schließlich in lateinischer Schrift aufgeschrieben, erweitert durch Zeichen anderer Schriftsysteme. Allerdings gab es im 15. Jh. noch keine einheitliche Schreibweise der albanischen Sprache.1 Die Wahl ist u.a. aus religiösen Gründen auf das lateinische Alphabet gefallen, denn die ersten albanischen Autoren waren Geistliche der römisch-katholischen Kirche, d.h. sie waren des Lateinischen mächtig.

Auch aus politischen Gründen ist die Entscheidung für das lateinische Alphabet plausibel. Das albanische Territorium befand sich jahrelang unter der Fremdherrschaft von Bulgaren, Byzantinern, Venezianern, Anjou, Türken u. v. m.2 Seit dem Jahr 1479 waren die Osmanen im albanischen Raum an der Macht und mit ihnen hielten die arabische Schrift und Sprache sowie der Islam Einzug. Auch die Islamisierung spielte im Zuge dessen eine Rolle in der Geschichte Albaniens.3 Zuträglich waren Missstände in der albanischen Kirche. Es mangelte an Priestern „... und die vorhandenen waren oft von erschreckender Unbildung. ...“4 Diese „Unbildung“ verdeutlicht die Erfordernisse solcher Bücher wie von Matrënga und Buzuku, wobei beide Werke nicht in Albanien selbst, sondern außerhalb entstanden sind. Das Eindringen der Osmanen löste außerdem eine Flüchtlingswelle nach Italien aus, die erst im 16. Jh. nachließ. Durch die Wahl des lateinischen Alphabets war eine Positionierung gegen die Osmanen möglich. Matzinger (2010) nennt die Wahl der lateinischen Buchstaben im Bezug auf die türkische Fremdherrschaft eine „Signalwirkung“.5

Bei Matrënga kann ein Bestreben, die Inhalte des christlichen Glaubens den albanischen Christen verständlich zu machen und ihnen das Christentum in ihrer eigenen Sprache näherzubringen, an seinem Werk abgelesen werden. Gerade in einer Zeit, in der die Türken die Albaner zwangen zum Islam zu konvertieren und viele Albaner aus ihrer Heimat flüchten. So schreibt Matrënga im italienischen Vorwort, dass sein Werk den Arbëresh6 dienen soll, die des Italienischen nicht mächtig sind. Natürlich steckt dahinter eine Rechtfertigung und Legitimation der Dottrina cristiana, damit die Kirche, die alles kontrollierte, was gedruckt wurde, sein Werk überhaupt zuließ. Im Zuge der Gegenreformation wurden viele Bücher, die in einer Volkssprache verfasst waren, durch die katholische Kirche auf den sogenannten Index librorum prohibitorum gesetzt und verboten. In der Forschung wird hinterfragt, ob auch Buzukus Werk diesem Verfahren zum Opfer gefallen sei.7 Es war nie für die einfachen Gläubigen gedacht, sondern für „... albanische Geistliche der norditalienischen Diaspora ...“.8 Dennoch war es in einer Volkssprache geschrieben und Texten dieser Art stand die Kirche im 16. Jh. kritisch gegenüber. Elsie (2007) umreißt die Einstellung der katholischen Kirche folgendermaßen:

„.... Die Einstellung der Kirche zu religiösen Veröffentlichungen, insbesondere zu Veröffentlichungen in Volkssprachen, d. h. nicht auf Latein, schwankte sehr in und nach den Jahren des Tridentinischen Konzils (1545-1563). Im Geist einer dringend benötigten Reform befürwortete die Kirche anfänglich die Übersetzung von Kirchenschriften in den Volkssprachen. Bald darauf änderte sie ihre Haltung. In Rückbesinnung auf die traditionelle katholische Lehre der Gegenreformation, die der italienischen Renaissance ein Ende machte, und in der allgemeinen Atmosphäre von Einschüchterung, die während der Inquisition herrschte, wurden die gleichen, früher geförderten Bücher auf den Index (Index librorum prohibitorum) gestellt und dadurch verboten. ...“9

Andere Wissenschaftler widersprechen der These, dass Buzukus Buch auf den Index kam. Peters (2007) weist darauf hin, dass Buzukus Buch „... eine Handreichung oder Arbeitsbehelf für Liturgie und Katechese ...“10 war. Dies könnte die katholische Kirche geduldet haben, da sie im 16. Jh. bemüht war, ihren Status zu festigen und sich einerseits in Europa gegen die Protestanten durchsetzen musste und andererseits in Albanien gegen den islamischen Einfluss. Dabei könnte ein Werk, das den albanischen Geistlichen den katholischen Glauben und dessen Dogmen etc. nahebringt und ihren Glauben festigt, hilfreich gewesen sein. Möglicherweise blieb dadurch das Missale von einem Verbot verschont. Zusammenfassend kann nur gesagt werden, dass es in der Forschung nicht abschließend geklärt ist, ob Buzukus Buch dem Verbot durch die Kirche zum Opfer gefallen ist oder nicht.

Das Missale und die Dottrina cristiana haben die Intention gemeinsam, die albanische Identität an westliches Gedankengut anzuknüpfen, um sich vom osmanischen Einfluss abzugrenzen. Dafür spricht auch, dass beide Bücher Übersetzungsarbeiten theologischer Werke sind. Zudem sind beide Werke außerhalb Albaniens durch Geistliche entstanden, „... deren Bestreben es war, das Albanische nach vielen Jh.en der Mündlichkeit angesichts der osmanisch-islamischen Eroberung als Sprache des christlichen Glaubens zu fixieren und so zu etablieren. ...“11 In den nächsten Abschnitten werden das Missale von Buzuku und die Dottrina cristiana von Matrënga kurz vorgestellt. Auf eine Inhaltsangabe wird aufgrund der Textarten verzichtet: Die Dottrina ist ein Katechismus und das Missale eine Komposition aus Gebeten, Psalmen und anderen christlichen Texten.

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