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Krankheiten prägen Leben
ОглавлениеEmilia
9:30 Uhr, jetzt hat meine Klasse die Politikarbeit über Islamismus und Terrorismus geschrieben, während ich hier im Krankenhaus wegen meines angeborenen Herzfehlers im Wartezimmer sitze. Meine Mutter, Charlotte sitzt neben mir und telefoniert immer noch mit ihrer Kollegin. Mama schaltet nie richtig ab, sie arbeitet viel um uns über die Runden zu bringen und ist mit den Gedanken ständig bei der Arbeit. Seit neustem will sie befördert werden, um uns besser versorgen zu können. Astrid, meine Oma sagt ihr immer sie soll sich nicht überarbeiten, aber Mama hört nicht auf sie und so kommt es, dass sie dann auch bei meinen Arztterminen mal telefoniert. Das Wartezimmer ist nicht überfüllt, trotzdem warten wir schon eine ganze Weile. Ein junger Mann wird von einer Krankenschwester aufgerufen, die Beiden verlassen das Wartezimmer. Ich frage mich, wie es wohl Menschen gehen muss, die plötzlich ein Familienmitglied verloren haben. Mama weiß, dass es sein kann, dass mein Herz irgendwann zu schwach ist und aussetzen wird oder ganz aufhört zu schlagen. Aber Familien, die jemanden beispielsweise durch einen Terroranschlag verloren haben, wie gehen diese Familien damit um?! Sie müssen viele unbeantwortete Fragen haben. Ich glaube am meisten würde mich die Frage quälen: Warum musste diese Person so einen grauenvollen Tod erleiden?! Es ist nie einfach mit dem Tod umzugehen, aber es fällt sicher schwerer wenn es durch einen Unfall zum Tod kommt. Diese Menschen können einem nur leid tun. Mama hat inzwischen aufgehört zu telefonieren und guckt irgendwas auf ihrem Handy nach. Langsam wird es still im Wartezimmer. Die meisten Patienten sind aufgerufen worden. Nur ein älterer Mann sitzt nun auch noch hier und blättert in einer Zeitschrift. Die Frage warum es Terroristen gibt und warum sie Anschläge verüben beschäftigt mich sehr und ich frage Mama: „Mami?“, „Ja, mein Schatz?“, „ Was bringt Terroristen dazu einen Terroranschlag zu verüben?“. Mama guckt ziemlich überrascht und sagt: „ Wie kommst du jetzt darauf?“, „Keine Ahnung. Es ist doch so schlimm was sie da tun, wissen sie denn gar nicht, dass sie dort Menschen töten, Familien zerstören und diese extrem traurig machen?!“, frage ich nochmal. „Natürlich wissen sie, was sie dort tun, aber die meisten verdrängen es und tun es für ihren Glauben. Das ist natürlich auch keine Entschuldigung, aber das ist ihre Motivation…“, antwortet Mama. Ich gebe mich mit der Antwort zufrieden und denke über ihre Worte nach. Wegen dem Glauben bringt man doch keine Menschen um. In der Bibel steht: Du sollst nicht töten. Das kann doch nicht der Sinn eines Glaubens sein, dass die Menschen denken, dass das Töten gut ist?! Können die sich denn gar nicht vorstellen wie schlimm das für die Familien der Toten ist? Wenn meine Mutter oder Oma Astrid auf diese Weise sterben müsste, weiß ich gar nicht wie ich damit umgehen soll. Ist es wohl eine andere Art der Trauer, wenn die verwandte Person auf diese Weise stirbt, als wenn sie wegen ihres Alters einfach irgendwann einschläft? Eine Krankenschwester kommt ins Wartezimmer und ruft den älteren Mann auf. Ob er noch Verwandte hat, die sich um ihn kümmern, schießt es mir kurz durch den Kopf. Er steht auf legt die Zeitschrift auf den Tisch zu den anderen und sagt noch zu Mama und mir: „Schönen Tag noch und gute Besserung!“, „Ihnen auch noch einen schönen Tag und für Sie auch alles Gute“, antwortet Mama und der ältere Mann verlässt den Raum. Jetzt ist es still im Wartezimmer, alle paar Minuten blättert Mama in ihrer Zeitschrift um. Es herrscht diese komische, unangenehme Stille im Raum. Irgendwie fühle ich mich in einem Krankenhaus gleich kränker und diese Stille trägt auf merkwürdige Art dazu bei. Draußen regnet es in Strömen und hier ist eine ewige Stille eingetreten. Nach einer gefühlten Ewigkeit kommt wieder eine Krankenschwester herein und ruft: „Emilia Smith?“, „Ja?“, antworte ich und sie darauf: „Folgen Sie mir bitte? Der Doktor wartet schon auf Sie.“