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3.

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„Heute kommt der Neumann zu uns!“ sagte Klaus zu Marie.

„Wer?“

„Na, der Neumann, der neue Schulmeister.“

„Der Herr Lehrer Neumann heißt es! Ich werde dir Respekt vor deinem Lehrer beibringen!“

„Du? Du kennst ihn ja gar nicht! Und der Neumann braucht keinen Respekt, der macht’s auch ohne Respekt.“

„Das mag eine schöne Wirtschaft sein bei euch in der Schule.“

„Feine Wirtschaft! Es lernt sich alles ganz leicht und ulkig. Wir fürchten uns direkt vor den Ferien.“

Marie lachte.

„Fürchtet euch vor den Ferien? Ganz was Neues! Gibt’s denn gar keine Prügel?“

„Ach, viel mehr als früher. Aber der Neumann selber haut nicht. Wir hauen! Neumann stellt fest: Der hat keine Schularbeit gemacht, der hat den Unterricht gestört, der hat sich das Heft mit Klexen versaut, der hat gelogen. Dann treten wir in der Pause zu einem Ehrenrat zusammen, und dann gibt’s Keile. Neumann guckt dann weg. Siehst du, Marie, das nennt man Volksjustiz und Selbstverwaltung.“

„Das ist ja das reine Affentheater. Bist du denn auch im Ehrenrat?“

„Ich werde dich beaffentheatern, Marie! Ja, im Ehrenrat bin ich meist. Bloß vorgestern war ich Delinquent.“

„Was ist das?“

„Delinquent ist der, der die Prügel kriegt. Fünf auf den Hosenboden haben mir die Kerls zuteil werden lassen. Krause war Scharfrichter. O, Junge, Junge, wenn ich dich mal allein erwische!“

„Was hattest du denn verbrochen?“

„Gar nichts! Ich hatte gedacht, was sich liebt, das neckt sich, und dem Neumann ein Maiglöckchensträußchen ins Tintenfaß gesteckt. Erst hat er ein bißchen gelacht, dann hat er nicht schreiben können, dann hat er den Strauß herausgenommen und sich das Katheder bekleckst, dann war die Tinte voll Fasern, und das Tintenfaß mußte ausgewaschen und neu gefüllt werden, und dann hat der Neumann gefragt, ob sich das von mir wohl gehöre. Da hat die ganze Klasse mit Begeisterung ‚nein‘ gebrüllt, und in der Pause haben sie mir fünf Derbe verordnet. Der Neumann guckte weg. Der kriegt von mir im Leben keine Maiglöckchen mehr. Aber ein feiner Mann ist er.“

„Was will er denn bei uns?“

„Weißt du, wegen des zweiten Vorsitzenden im Verein kommt er. Da soll erst die Mutter zustimmen. Es ist komisch, wenn ein Junge was unternehmen will, muß erst immer die Mutter mit dem Kopfe nicken. Als wenn’s nicht ohne das auch ganz gut ginge.“

„Ja, ihr Kinder habt’s schlecht!“ lächelte Marie.

„Sehr schlecht“, bestätigte Klaus. „Nur in der Schule ist’s fein; da winkt das sogenannte Morgenrot der Freiheit!“ —

Am Nachmittage kam der Lehrer Neumann. Die Mutter stolperte, als sie von der Ankunft hörte, eilends die Treppe hinauf.

„Bleib doch da, Mutter“, schrie Klaus. „Er ist ja gleich hier. Bleib doch!“

‚Natürlich kämmt sie sich oben erst noch einmal und macht die neue Schürze um‘, dachte Klaus.

Neumann, der in die Stube trat, in der Marie saß, war ein Mann von sechsundzwanzig Jahren, eine hochgewachsene, sportliche Erscheinung mit einem frischen Gesicht und einer prachtvollen blonden Haarmähne. Er trug einen Sportanzug und hatte keinen Hut bei sich. Er verneigte sich leicht vor Marie und fragte, ob er wohl einige Minuten die Frau Mutter sprechen könnte. An Maries Stelle antwortete Klaus:

„Die Mutter ist die Treppe hinaufgesaust, als wir Sie kommen sahen, sie kämmt sich Ihretwegen erst nochmal.“

„Hinaus!“ rief Marie empört und wies mit dem Finger nach der Tür.

„Hinaus!“ rief auch Neumann, vergnügter, als es hätte ausfallen sollen.

Klaus ging hinaus, kroch aber durch ein offenstehendes Fenster wieder in die große Bauernstube zurück und setzte sich lauschend in einen Winkel. Marie lud den Lehrer zum Sitzen ein, dann sagte sie seufzend:

„Ach, Klaus ist ein schrecklicher Junge!“

„Ja, ein ganz schrecklicher!“ bestätigte Neumann lächelnd.

„Vorgestern hat er in der Schule Prügel bekommen!“

„Ach, hat er Ihnen das erzählt?“

„Er erzählt mir alles. Das muß ich ihm lassen, er ist aufrichtig, er lügt nicht und verheimlicht nichts.“

„Das will heißen, Fräulein Heinrich, er ist gesund und unverdorben; er ist mir ein sehr lieber Schüler.“

„Ach, wenn nur aus ihm ein tüchtiger, anständiger Mensch würde!“

‚Was ich alles werden soll‘, dachte Klaus in seinem Winkel.

„Warum sollte er denn kein ordentlicher Mensch werden?“

Marie sagte beklommen:

„Wenn in einer Familie der Vater fehlt, dann steht es schlecht um die Jungen. Klaus war erst ein Jahr alt, als der Vater starb. Bernhard war drei.“

„Klaus ist ein sehr munterer, Bernhard ein sehr stiller Knabe; er ist viel beim Herrn Pfarrer.“

„Der Pfarrer und die Mutter wollen, daß Bernhard Geistlicher wird. Nächstes Jahr soll er aufs Gymnasium. Gleich in die Quarta. Für die ersten zwei Klassen bereitet ihn der Pfarrer vor.“

„Sie waren gewiß auch auf einer städtischen Schule, Fräulein Heinrich?“

„Ja, drei Jahre.“

Die Mutter kam. Sie begrüßte den Lehrer unbeholfen und schüchtern. Neumann brachte sein Anliegen wegen Beteiligung ihres Klaus’ an dem geplanten Jugendbunde vor. Die Frau sagte, ohne sich zu setzen:

„Sie müssen Marie fragen; ich verstehe mich auf diese Dinge nicht.“

Dann fragte sie, wie es wohl mit einer Tasse Kaffee wäre, und ging rasch wieder hinaus nach der Küche.

‚Sie drückt sich‘, dachte Klaus in seinem Winkel.

‚Wozu kämmt sie sich erst?‘

Neumann kam nun mit Marie auf den Jugendbund zu sprechen; er stellte ihr noch einmal die Ziele des Bundes dar und befragte sie um ihre Meinung. Da sagte sie mit einem leisen Lächeln:

„Jetzt möchte ich wohl sagen: Da müssen Sie Mutter befragen, ich verstehe mich auf diese Dinge nicht.“

‚Die drückt sich auch‘, dachte Klaus in seinem Winkel.

Aber Marie ‚drückte‘ sich nicht.

„Sie werden es mir nicht übelnehmen, Herr Neumann, manches in Ihrer Schule kommt mir ganz ungewohnt vor. Ich weiß ja alles nur von Klaus, und der ist ein dummer Prahlhans und Flausenmacher.“

Der Lauscher im Winkel ballte die Faust und nahm sich eine wilde Rache vor.

„Es ist so viel Freiheit in Ihrer Schule.“

„Ist denn Freiheit etwas Schlimmes?“

„Ich weiß es nicht, aber ich glaube, bei Jungen wird leicht Respektlosigkeit daraus.“

„Das tut mir leid zu hören, Fräulein Heinrich. Ist denn Ihr Bruder Klaus respektlos?“

„Ja!“ sagte Marie.

„Nein!“ brüllte es aus dem Winkel.

Die beiden fuhren erschrocken zusammen. Klaus erschien auf der Bildfläche.

„Warte, Marie, wie du mich verpetzest. Warte, den Prahlhans zahl’ ich dir aus. Herr Lehrer Neumann, hören Sie nicht auf sie! Gehen Sie lieber zur Mutter in die Küche. Sie mahlt gerade Kaffee, da ist sie immer guter Laune.“

Da Marie erregt aufstand, fühlte Klaus, daß es besser für ihn wäre, weitere Auseinandersetzungen nicht erst abzuwarten, sondern sich durch einen Sprung durchs Fenster zu entfernen. —

Er schlich sich in die Küche, wo die Mutter Kaffee mahlte.

Hier beschwerte er sich über Marie. Sie hätte ihn sofort aus der Stube hinausgeworfen, als der Lehrer kam, begann er. Da sei er ein bißchen zum Fenster wieder hereingeklettert und habe sich ganz artig hinter die Kommode gesetzt. Und er habe gehört, wie die Marie auf ihn gelästert und ihn dem Lehrer verpetzt habe. Schimpfnamen habe sie auf ihn gebraucht. Und das habe er sich nicht gefallen lassen wollen, und da habe sie ihn nochmals hinausgeworfen, und zwar diesmal nicht mal anstandshalber durch die Tür, sondern zum Fenster hinaus. Das lasse er sich nicht gefallen, und nun solle die Mutter sich mal zusammennehmen, in die Wohnstube gehen, mit der Faust auf den Tisch schlagen und sagen: „Zum Donnerwetter, wer ist hier der Herr im Hause? Ich! Marie, ich verbiete dir, meinen Sohn Klaus respektlos zu nennen, und zum Jugendbund ‚Wir werden —!‘ kommt er und wird zweiter Vorsitzender, und damit basta! Und wer noch was sagt, der soll was erleben!“

Die Mutter sah den tobenden Jungen ängstlich, aber zärtlich an. Er war, trotz Marie, ihr Liebling, hatte noch an ihrer Brust gehangen, als der Vater starb. Vom Kirchhof weg hatte ihr Weg direkt zur Wiege geführt, wo der hungrige Kleine schrie. Jetzt streichelte sie dem Jungen zärtlich den Kopf.

„Willst du jetzt reingehen und auftrumpfen, Mutter?“

„Ach, laß doch, Klaus!“ Sie streichelte ihn wieder.

Da ging der Junge vor die Haustür und dachte: ‚Mit Mutter ist das nichts. Ich muß es mit Marie allein abmachen.‘ —

In der Wohnstube sagte indes Marie zu dem Lehrer:

„War das nun Freiheit oder Respektlosigkeit?“

„Keckheit, Dreistigkeit, wenn Sie wollen, Vorwitz, im ganzen Jungenhaftigkeit.“

„Sie urteilen sehr milde.“

„War denn Ihr eigener Lehrer hier im Dorfe, mein Vorgänger, so streng?“

„Er war gut, aber er war streng. Vorwitz und Dreistigkeit duldete er auf keinen Fall. Er war ein sehr guter Lehrer.“

Neumann nickte mit dem Kopf und sagte:

„Ich weiß es; er war ein ausgezeichneter Lehrer. Er leidet sehr darunter, aus der Schule verbannt zu sein.“

„Sie haben ihm ja doch seine Wohnung im Schulhaus belassen.“

„Bis auf ein Zimmer für mich. Mehr brauche ich nicht. Was sollte ich mit einer Wohnung? Ich hätte ja gar keine Möbel dafür. Ich, Fräulein Heinrich, bin der Jüngste von sechs vaterlos gewordenen Kindern und bin Lehrer geworden von dem, was mir meine Mutter abgeben konnte, die Aufwartefrau war, und von dem, was zwei ältere Brüder vom Grubenlohn und aus der Tischlerwerkstätte zusteuerten. —

Aber um auf Ihren alten Lehrer zurückzukommen, den Sie so hochachten — er hat mich neulich gebeten, ihn doch einmal wieder eine Schulstunde halten zu lassen. — Biblische Geschichte. Ich war natürlich sofort einverstanden. Der Himmel ist hoch, der Schulinspektor ist weit und eine Freistunde herrlich. Es war ein schöner Morgen. Ich setzte mich in den Garten, um Hefte zu korrigieren. Doch habe ich nicht lange korrigiert. Ich mußte dem Alten zuhören. Er sah mich sitzen; ich habe ihn nicht heimlich belauscht. Er hört mir auch oft zu, wenn ich unterrichte. Ach, es war schön! Das Thema war: Joseph wird von seinen Brüdern verkauft. Wie das der Alte machte! Nicht wie die Katecheten sonst, nein, wie ein Dichter, ja wie ein Prophet. Wie er den Jammer des verkauften Knaben schildert, wie die bunte Karawane zieht, wie die heimatlichen Berge verschwinden und der Knabe sehnsüchtig die Hände nach dorthin streckt, wo das Zelt des alten Vaters steht. Das war schön und ergreifend. Und dann, wie die erste Nacht kommt, wie das Lagerfeuer sein Licht wirft über die einsame Steppe. Der Wind weht kalt darüber, der finstere Sklavenhändler kommt noch einmal, betastet die Glieder des Angeworbenen und berechnet, daß er wohl an die hundert Silberlinge an ihm verdienen könne. Da kommt dem Gefangenen der jammervolle Gedanke, daß er nun kein Mensch mehr sei — nein, ein Stück Nutzvieh, eine Ware, die man kauft und wieder verkauft. Die Heimat ist verloren, der Vater ist verloren, alles ist fremd und kalt. Nur den alten Mond am Himmel kennt er, der seinen Jammer sieht, aber auch die silbernen Tränen des alten Vaters bescheint. — Ich glaube, Fräulein Heinrich, besseren Unterricht kann es nicht geben, jedenfalls keinen, der so unmittelbar ins Herz geht.“

„Es war ein herrlicher Lehrer“, sagte Marie.

„Man sollte glauben, aus der Schule eines solchen Mannes könnten nur ganz gute Menschen hervorgehen.“

Marie seufzte: „Man sollte meinen!“

Neumann fuhr fort:

„Nach der Stunde habe ich dann dem Alten meine aufrichtige Bewunderung ausgesprochen. Das tat ihm wohl, und er bat mich, öfter einmal eine Stunde halten zu dürfen. Ich versprach es gern. ‚Nur keine Rechenstunde‘, fuhr der Brave lächelnd fort, ‚denn so kuriose Aufgaben wie die vom Barbier, die Sie neulich stellten, könnte ich nicht geben.‘ Er setzte aber gleich bescheiden hinzu: ‚Solche Aufgaben sind gut, unsere in der alten Schule waren alle zu lebensunpraktisch.‘ “

Marie fühlte sich wohl bei dieser Unterhaltung.

„Darf ich wohl wissen, was das für eine Aufgabe vom Barbier war?“

„Ach“, lachte Neumann, „die stelle ich mir so selber zusammen. Also, wenn es Sie interessiert, das war so: Ein Mann in der Stadt dachte: Wenn einer ein richtiger, feiner Herr sein will, muß er sich alle Tage rasieren lassen. Also ging er jeden Tag zum Barbier. Der Hinweg und der Rückweg betrug je zehn Minuten. Beim Barbier dauerte es zehn Minuten. Wenn nun der Mann vom zwanzigsten bis zum siebzigsten Lebensjahre so zum Rasieren ging und wenn wir den Arbeitstag des Menschen mit zehn Stunden anrechnen, wieviel Arbeitszeit verlor der Mann für den Barbier?“

„Neunhundert Tage oder rund zweieinhalb Jahre“, erscholl es aus dem Winkel.

„Der Schlingel ist schon wieder da“, sagte Neumann verblüfft.

„Wo bist du?“ fragte Marie scharf.

„Hinter der Kommode! Du kriegst ja die Aufgabe doch nicht raus; da wollte ich dir’s bloß vorsagen.“

Marie erhob sich und ging auf die Kommode zu; aber das Fenster stand offen, es war nichts zu machen. Langsam kehrte sie zum Tisch zurück.

„Fräulein Heinrich“, fragte Neumann etwas beklommen, „glauben Sie, daß in der kurzen Zeit, die ich hier bin, Ihr Bruder wilder oder, wie Sie sagen, respektloser geworden ist?“

„Frech war er schon immer oder doch dreist. Er geht jetzt gerne zur Schule und paßt, glaube ich, gut auf, das ist schon etwas wert.“

„Haben Sie nur ein wenig Geduld mit dem Neuen, Fräulein Heinrich.“ —

Bei seinem abermaligen Sprunge durchs Fenster wäre Klaus beinahe an die Mutter angeprallt, die einen Kaffeekrug nach der Sommerlaube trug. Sie erschrak, nannte ihn einen Wildfang und gebot ihm dann, Herrn Neumann und Marie zu sagen, sie möchten zum Kaffee kommen.

„Ach“, sagte Klaus, „die halten Schule miteinander, erst hatten sie Biblische Geschichte, jetzt haben Sie Rechnen, paß auf, bald werden sie singen.“

„Du sollst das ausrichten, was ich dir gesagt habe.“

Da ging Klaus ans offene Fenster und rief in die Stube:

„Marie, lasse dich niemals rasieren; du verlierst sonst zweieinhalb Jahre vom Leben. Ich lasse mir von heute an einen Vollbart und die Haupthaare wachsen wie Simson. Bitte, zum Kaffee nach der Sommerlaube. Mutter wartet!“

Darauf verschwand Klaus schleunigst vom väterlichen Gehöft.

*

Es war ein wunderschöner Tag im späten Juni. Die Linden blühten, von tausend Bienen umsummt, der Bauerngarten stand in voller Blüte: Pfingstrosen, Akelei, Lilien, rote Nelken, auch ein paar Rosen. Die Knechte und Mägde brachten das letzte Heu ein. Jetzt gab es noch eine kurze Atempause vor den heißen Arbeitstagen der Getreideernte.

Die Bauersfrau saß schüchtern und scheu am eigenen Tisch. Sie hielt sich für einfältig und fürchtete immer, etwas Törichtes zu sagen. So schwieg sie beklommen in Gegenwart fremder Leute. Aber Neumann brachte die Rede auf Wirtschaftsfragen, und da wurde sie munterer und gab freundlich Bescheid. Neumann fühlte sich wohl in dem kleinen Kreise. Da lugte der Kopf eines jungen Burschen über die Gartenmauer.

„Kaffee? — Ich will auch welchen — ach, der neue Schulmeister!“

Der Kopf verschwand. Karl war es gewesen, der betrunken heimkam.

Marie war blutrot geworden vor Scham. Neumann, der Bescheid über Karl wußte, tat, als hätte er gar nichts bemerkt.

Ehe er ging, sagte Marie mit zornfeuchten Augen zu ihm:

„Das war nun mein Bruder Karl — einer aus der guten, alten Schule. Es ist schrecklich!“

„Fräulein Heinrich“, sagte der junge Lehrer milde, „ein Kreuz ist in jeder Familie. Ich hatte auch einen Bruder, der zugrunde gegangen ist, obwohl wir ihm alle helfen wollten. Karl wird sich hoffentlich noch einmal eines Besseren besinnen.“

Marie schüttelte mutlos den Kopf. Er drückte ihr warm die Hand und ging.

Und es war merkwürdig: die beiden jungen Menschen, die sich eben erst kennengelernt hatten, dachten freundlich aneinander, ja sie dachten gern und dankbar aneinander.

Marie Heinrich

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