Читать книгу 1000 Seiten Krimi Spannung - Acht Top Thriller - Pete Hackett - Страница 12

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Es hatte tatsächlich eines richterlichen Beschlusses bedurft, damit die Agents von der Citi Bank die erforderlichen Auskünfte bezüglich der Gattin Wesley Cohans erhielten. Obwohl sie ihren Vorgesetzten eingeschaltet hatten, dauerte es einen vollen Tag, bis sie den Beschluss in Händen hielten. Sie fuhren damit zur Citi Bank. Der zuständige Sachbearbeiter nannte ihnen nach Vorlage des Beschlusses die Adresse. Mrs Cohan wohnte in Brooklyn, 427 Strauß Street. Die Agents bekamen auch die Telefonnummer der Frau. Ehe sie nach Brooklyn fuhren, rief Ron sie an, um festzustellen, ob sie überhaupt zu Hause war.

Sie nahm ab und nannte ihren Namen.

„Special Agent Harris, FBI New York“, stellte sich Ron vor. „Wir hätten Sie gerne mal gesprochen, Mrs Cohan.“

„Das FBI will mich sprechen?“, fragte sie nahezu entsetzt.

„Ja. Es ist wegen Ihres Mannes. Wir haben ihn betreffend ein paar Fragen.“

„Dieses verdammte Schwein! Ist er straffällig geworden? Sperrt ihn ein, bis er schwarz wird!“

Das war eine Reaktion, die Ron Harris nicht erwartet hatte, und so wirkte er geradezu betroffen. „Nein“, erwiderte er. „Es handelt sich um einige Routinefragen, seine Vergangenheit betreffend. Wann können wir Sie sprechen?“

„Ich bin zu Hause. Arbeitsunfähig. Das habe ich diesem elenden Hurenbock zu verdanken.“

„Wir sind in einer Stunde bei Ihnen“, erklärte Ron und unterbrach die Verbindung. Da er den Lautsprecher aktiviert hatte, hatte Owen Burke alles hören können, was Mrs Cohan von sich gegeben hatte. Er sagte:

„Besonders gut ist sie ja nicht auf ihren Mann zu sprechen. Schwein, Hurenbock, das sind nicht gerade Kosenamen, mit denen sie ihn tituliert.“

„Fahren wir zu ihr“, knurrte Ron, „und hören wir uns an, was sie zu sagen hat.“

Sie nahmen die Brooklyn Bridge, und eine knappe Stunde später standen die Agents vor dem Gebäude mit der Nummer 427 in der Strauß Street. Es war ein Wohnblock. Sie fanden das Apartment Mrs Cohans in der 3. Etage. Ron läutete. Die Frau öffnete und Burke schaute in ein eingefallenes Gesicht, in dem fiebrige Augen glänzten und das von einer fahlen Blässe war. Die dunklen Haare, die das Gesicht einrahmten, verstärkten diesen krankhaften Eindruck noch.

Sie ließ die Agents in die Wohnung und bot ihnen im Wohnzimmer Platz zum Sitzen an. Burke schaute sich um und stellte fest, dass Mrs Cohan ziemlich ärmlich eingerichtet war. Kein Möbelstück passte zum anderen. Der Agent konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, dass diese Wohnung nur für eine vorübergehende Inanspruchnahme eingerichtet worden war.

Hatte es etwas mit der Erkrankung der Frau zu tun?

Er erinnerte sich der Aussage der Nachbarin Cohans, die davon gesprochen hatte, dass Wesley Cohan an Aids erkrankt sein sollte.

„Stellen Sie Ihre Fragen“, forderte Susan Cohan von den Agents.

„Ihr Mann gehörte mal einer Teufelssekte an.“

„Das stimmt.“ Mrs Cohan hob die Schultern. „In den ersten Jahren unserer Ehe hatte er noch Kontakt mit den Teufelsanbetern. Dann ist der Zirkel aufgelöst worden und ich habe hinterher nie mehr feststellen müssen, dass das Schwein dem Satanskult frönte.“

„Wie lange waren sie mit Wesley Cohan verheiratet?“

„Neun Jahre.“

„Sie sind nicht gut auf Ihren Mann zu sprechen“, konstatierte Ron.

„Seinetwegen bin ich dem Tod geweiht“, erklärte die Frau. „Er hat mich mit Aids angesteckt. Bei mir kam die Krankheit nach sieben Jahren zum Ausbruch. Er hat sich bei einer Hure vom Straßenstrich infiziert. - Ich habe nur noch kurze Zeit zu leben. Sehen Sie sich nur um hier. In meiner Wohnung finden sie nur altes Gerümpel, das mir Bekannte und Freunde geschenkt haben. Es rentiert sich für mich nicht mehr, mich neu einzurichten. Außerdem hätte ich gar nicht das Geld dazu. Mit dem Unterhalt, den mir der Schuft zahlt, komme ich gerade so über die Runden. Manchmal gibt mir mein Bruder etwas Geld. Er ist auch der einzige, zu dem ich noch Kontakt habe. Nach und nach haben sich alle Freunde und Bekannten zurückgezogen, weil sie fürchten, ich könnte sie anstecken.“

Mrs Cohan lachte bitter auf.

Das war eine Eröffnung, die Owen Burke zuerst einmal verdauen musste. In seinem Kopf klickerte es und ein Wort zog ihm durch den Sinn. Es lautete: Rache! Plötzlich betrachtete er Rons Mutmaßung, wonach der Täter ganz profane Beweggründe hatte, mit völlig anderen Augen.

Ein Mann, der allen Grund hatte, sich zu rächen, war Wesley Cohan. Er hatte sich bei einer Hure mit Aids infiziert, seine Ehe war in die Brüche gegangen, er war ein Todgeweihter. Und er hatte seine Frau, die er sicher mal geliebt hatte, mit ins Verderben gerissen. Obendrein hatte er früher einmal zu einer Satanssekte gehört.

Alles passte wunderbar zusammen, wie ein Mosaikstein zum anderen.

Ist Cohan unser Mann?, fragte sich Owen Burke.

Vieles sprach dafür.

„Wann erfuhren Sie und Ihr Mann, dass Sie HIV positiv sind?“, fragte Owen Burke.

„Diesen Tag werde ich niemals vergessen“, antwortete Susan Cohan. „Es war der 14. Juli. Ich bin einige Zeit vorher zum Arzt gegangen, weil ich mich absolut elend fühlte. Organisch schien ich gesund zu sein, also nahm man mir Blut ...“

Vielsagend brach sie ab.

Weil auch die Agents schwiegen, fuhr sie fort:

„Ich habe mich einer Selbsthilfegruppe angeschlossen“, erzählte sie. „Denn ich war der Meinung, im Verein mit anderen Betroffenen könnte ich darüber hinwegkommen, dass mein Leben so gut wie beendet ist. Aber es ist nicht so einfach, zu akzeptieren, dass man in wenigen Wochen oder Monaten tot sein soll. Solange es einem gut geht, solange man gesund ist, verschwendet man kaum einen Gedanken an den Tod. Das ändert sich aber schlagartig, wenn man direkt damit konfrontiert wird. Ein positiver HIV-Test ist ein Todesurteil. Und plötzlich fragst du dich, ob das wirklich alles gewesen sein soll im Leben. Ich bin achtunddreißig Jahre alt. An der statistischen Lebenserwartung gemessen habe ich noch nicht mal die Hälfte des Lebens hinter mir. Real ist, dass ich meinen neununddreißigsten Geburtstag wohl nicht mehr erleben werde. Darum habe ich nur noch Hass für Wesley übrig. Er hat mir ein halbes Leben gestohlen.“

Susan Cohans Augen schimmerten feucht.

Es waren bittere Worte gewesen, die sie gesprochen hatte. Was sollten die Agents darauf antworten? Sie wechselten einen betretenen Blick, dann fragte Owen Burke: „War der 14. Juli auch der Tag, an dem Ihr Mann erfuhr, dass er sich mit HIV infiziert hat?“

Mrs Cohan nickte und schniefte.

„Wann trifft sich die Selbsthilfegruppe jeweils?“

„Jeden Donnerstag. Immer in der Wohnung eines anderen Betroffenen.“

„Wer leitet diese Sit-ins?“

„Dr. Andrew Ramsey. Er ist Diplompsychologe.“

„Wo wohnt Dr. Ramsey?“

Susan Cohan stand auf, ging zu einem Sideboard, zog einen Schub auf und griff hinein. Als ihre Hand wieder zum Vorschein kam, hielt sie eine Visitenkarte. Sie kam zum Tisch zurück und reichte sie wortlos dem Agent.

Es war eine Visitenkarte Dr. Ramseys. Danach wohnte der Psychologe in East 22th Street. Auch seine Telefonnummer war angegeben.

„Dr. Ramsey ist Professor an der Columbia Universität“, erklärte Mrs Cohan. „Er betreibt aber auch eine eigene Praxis.“

„Besitzen sie einen Pkw?“, fragte Burke und schob die Visitenkarte ein.

„Nein. Ich lebe sozusagen von der Hand in den Mund. Ein Auto kann ich mir nicht leisten. Warum fragen Sie?“

„Im August und September wurden vier Frauen vom Straßenstrich in New York ermordet. Es hat den Anschein, als stecke ein Zirkel von Satansanbetern dahinter. Nach dem, was wir jetzt von Ihnen hörten, ist aber nicht auszuschließen, dass Rache das Motiv für die Morde ist. Die Frauen wurden nicht dort ermordet, wo sie gefunden wurden. Darum muss der Mörder ein Auto besitzen, mit dem er sie transportierte.“

„Sie denken doch nicht, dass ich ...“ Mrs Cohan verschluckte sich fast und musterte die Agents mit allen Anzeichen des tiefen Entsetzens.

„Nein“, erklärte Owen Burke. „Sie verdächtigen wir nicht, Mrs Cohan.“

„Verdächtigen Sie Wesley?“ Während sie dies fragte, schaute sie den Agent derart intensiv an, als wollte sie ihn hypnotisieren.

Burke zuckte nur mit den Achseln. „Wir werden ihm sicher einige Fragen stellen.“

Da sie keine weiteren Fragen mehr hatten, verließen die Agents Mrs Cohan.

Als sie wieder im Dodge saßen, brachte Owen Burke zum Ausdruck, was ihn beschäftigte. Ron hörte ihm schweigend zu, doch als Burke geendet hatte, sagte er:

„Sicher, Cohan könnte unser Mann sein. Irgendwie aber kommt mir das alles zu einfach vor. Warten wir ab, was die Kollegen vom SRD feststellen, wenn sie seinen Wagen checken. Wenn sie keinen Hinweis darauf finden, dass eine der Ladies in dem Auto transportiert wurde, bleiben wir auf unserer Vermutung sitzen. Dann können wir ihn allenfalls beschatten und darauf warten, dass wir ihn auf frischer Tat ertappen.“

„Das ist sicher kein Zufall“, betonte Burke noch einmal. „Im Juli erfuhr Cohan, dass er sich mit HIV infiziert hat. Und im August beginnt die Mordserie an den Prostituierten.“

Burkes Handy dudelte, er holte es aus der Jackentasche und ging auf Empfang. Es war der Assistant Director, der sagte: „In der vergangenen Nacht wurde wieder eine Frau in der Morningside Avenue entführt. Ihr Name ist Kathleen Anderson. Andere Frauen haben beobachtet, dass sie in einen weißen Ford Lincoln eingestiegen ist. Eine der Ladys hat das Kennzeichen notiert. Danach ist ein gewisser Jim Pickett der Wagenbesitzer. Allerdings fährt Pickett einen Dodge. Die Kennzeichen waren von seinem Wagen gestohlen worden.“

Die Nachricht schockierte Owen Burke und sekundenlang spürte er tief in seiner Seele die Qual des Hilflosen. „Heute ist der 18. September, Sir“, presste er schließlich hervor. „In drei Tagen ist Sonntag. Großer Gott! Der Killer wird die Frau töten, wenn es uns nicht gelingt, ihn bis übermorgen zu entlarven und festzunehmen.“

„Das ist zu befürchten“, meinte der AD. „Bis jetzt haben wir noch nicht mal einen Anhaltspunkt, außer der Theorie, dass es sich um Ritualmorde handelt.“

Burke erzählte dem AD, was sie bei Mrs Cohan in Erfahrung gebracht hatten. „Cohan hätte also ein Motiv“, endete er. „Deshalb werden wir ihm in der nächsten Zeit etwas genauer auf die Finger sehen.“

„Hat nicht auch Mrs Cohan ein Motiv?“, wandte der AD ein.

Owen Burke war einen Moment ziemlich verdutzt, dann antwortete er: „Bei der gegebenen Sachlage – ja, Sir. Das Motiv ist sicherlich auch bei ihr vorhanden. Aber bei ihr ist die Krankheit bereits ausgebrochen. Sie sieht schwach aus. Außerdem besitzt sie kein Auto. Mrs Cohan schließe ich aus dem Kreis der Verdächtigen aus. Wenn diese Frau im Stande wäre, einen Mord zu begehen, dann den Mord an ihrem Ehemann, der sie mit der Krankheit infizierte.“

„Sie haben Recht, Agent“, sagte der AD. „Nach allem, was wir wissen, kommt Wesley Cohan als Hauptverdächtiger in Frage. Tun Sie und Agent Harris alles, um die Frau, die sich wahrscheinlich in der Gewalt eines brutalen Serienkillers befindet, zu retten. Wir haben nur noch zwei Tage Zeit.“

Der AD beendete das Gespräch.

„In die Rockland Avenue“, knurrte Owen Burke. „Wir stellen das Haus Cohans auf den Kopf.“

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