Читать книгу Trevellian und der Mörder mit dem langen Arm: Action Krimi - Pete Hackett - Страница 10

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Ich studierte die Akte Adam Steiners. Steiner war der Mann, der bei dem Überfall auf die Citi Bank von einem Polizisten erschossen worden war. Natürlich war es keine Akte im herkömmlichen Sinn. Alles, was ich wissen musste, boten mir die Server der Zentralcomputer von FBI und Police Department.

»Der Vater Steiners hat damals Rache geschworen«, sagte ich. »Er sagte wortwörtlich, dass er diejenigen, die für den Tod seines Sohnes verantwortlich sind, zur Rechenschaft ziehen werde.«

»Wen meinte er damit?«, fragte Milo. »Den Polizisten, der Adam Steiner erschossen hat?«

»Wenn sein Racheschwur wortwörtlich wiedergegeben wurde, dann sprach Hank Steiner in der Mehrzahl. Den Polizeiapparat wird er ja wohl nicht gemeint haben.«

»Vielleicht sollten wir Mr. Steiner mal unter die Lupe nehmen«, knurrte Milo. »Wäre doch interessant, zu wissen, wen er in seinen Racheschwur damals einbezogen hat.«

»Er wohnt in der fünfundfünfzigsten Straße West«, erklärte ich.

»Dann lass uns keine unnütze Zeit verstreichen«, murmelte Milo und drückte sich aus seinem Stuhl in die Höhe.

Ich fuhr das Computerterminal herunter, dann verließen wir unser Büro.

Nummer 154, 55. Straße. Ich fand eine Parklücke zwischen einem Chevy und einem Müllcontainer und stellte meinen roten Flitzer ab. Wir stiegen aus. Die Straße war wenig belebt. Nur vereinzelte Autos rollten in Richtung Westen. Es handelte sich um eine Einbahnstraße.

Hank Steiner wohnte in einem Wohn- und Geschäftshaus in der vierten Etage. In der Halle gab es einen Portier. Er verriet uns die Nummer des Apartments. Wir fuhren mit dem Aufzug nach oben. Apartment Nummer 405. Ein Namensschild an der Tür verriet uns, dass wir richtig waren. Milo legte den Daumen auf den Klingelknopf. Das Ding-dong der Glocke war durch die geschlossene Tür zu vernehmen. Kurze Zeit verstrich, dann verdunkelte sich der Spion, im nächsten Moment wurde die Tür einen Spaltbreit aufgezogen, und das halbe Gesicht eines Mannes zeigte sich. Die andere Hälfte war vom Türblatt verdeckt. Der Mann war um die Fünfzig. Seine Haare waren grau.

»Mr. Steiner?«, fragte ich.

»Ja. Was führt Sie zu mir?«

»Mein Name ist Trevellian.« Ich wies mit einer knappen Handbewegung auf Milo. »Mein Kollege Tucker. Wir sind vom FBI New York. Würden Sie uns einige Fragen, Ihren Sohn betreffend, beantworten?«

Hank Steiner drückte kurz die Tür zu, nahm die Sicherungskette aus der Verankerung und öffnete die Tür dann ganz. Sein Gesicht hatte sich verschlossen. Über seiner Nasenwurzel hatten sich zwei steile Falten gebildet. »Mein Sohn ist tot. Er wurde erschossen. Aber das wissen Sie sicher, G-men. Was haben Sie für Fragen?«

»Sollen wir tatsächlich hier im Treppenhaus …«

»Kommen Sie herein.« Steiner trat zur Seite und machte eine einladende Handbewegung. Ich betrat die Wohnung zuerst. Milo folgte mir auf dem Fuße. Steiner schloss die Tür, lehnte sich mit dem Rücken dagegen und sagte: »Setzen Sie sich.«

»Es dauert nicht lange«, versetzte ich, und dann kam ich sofort auf den Punkt: »Sie haben damals Rache geschworen, Mr. Steiner. Sie schworen, diejenigen, die Schuld am Tod Ihres Sohnes sind, zur Rechenschaft zu ziehen.«

»Das ist richtig.«

»Wer sind diejenigen?«

Steiner Augen verengten sich. »Ich habe das damals nur so daher gesagt, ohne jemanden wirklich im Auge zu haben. Adam hat seinen Tod herausgefordert. Das ist mir sehr schnell klar geworden. Er und seine Komplizen griffen nach den Pistolen, statt sich zu ergeben. Mein Zorn hat sich in Trauer verwandelt. Es gibt niemanden, an dem ich mich rächen möchte.«

Steiner hielt meinem forschenden Blick stand. Ich sah die Linien und Kerben in seinem Gesicht. Wie fünfzig wirkte er nur auf den ersten Blick. Jetzt kam er mir um mindestens zehn Jahre älter vor.

»Was arbeiten Sie?«, kam es von Milo. Eine Frage, die mir wie aus dem Zusammenhang gerissen vorkam.

»Warum fragen Sie?«

»Es ist Mittwoch. Die Berufstätigen befinden sich um diese Zeit normalerweise an ihrem Arbeitsplatz, es sei denn, sie haben Urlaub oder sind krank.«

»Ich arbeite nicht mehr«, antwortete Hank Steiner.

»Und wovon leben Sie?«

»Von dem, was ich mir in vielen Jahren erspart habe. In sechs Jahren bekomme ich sowieso Rente. Bis dahin kann ich mich über Wasser halten.«

Milo gab sich damit zufrieden.

»Sie haben Ihre Rachepläne also sausen lassen«, kam ich noch einmal auf den Grund unseres Besuches zurück.

»Es gab überhaupt keine konkreten Rachepläne«, murmelte Steiner.

»Wussten Sie über den Umgang Ihres Sohnes Bescheid?«, hakte Milo noch einmal nach. »Ist Ihnen nicht aufgefallen, dass er in kriminellen Kreisen verkehrte?«

»Adam war sechsundzwanzig Jahre alt. Er lebte seit seinem zwanzigsten Lebensjahr nicht mehr bei mir. Ich habe mich nie für seinen Umgang interessiert.«

»Möglicherweise gehörte Ihr Sohn einer Mafia an«, warf ich dazwischen.

Steiner schüttelte den Kopf. »Das glaube ich nicht. Adam und seine Komplizen haben aus eigenem Antrieb gehandelt. Sechs junge Burschen, die sich die Hände nicht mit Arbeit schmutzig machen wollten.«

»Sagt Ihnen der Name Jack Mason etwas?«, fragte ich und beobachtete die Reaktion Steiners.

Stirnrunzelnd schaute er mich an. »Nein. Wer soll das sein?«

»Es sieht ganz so aus, als hätten Ihr Sohn und seine Kumpane nicht nur die Citi Bank überfallen und beraubt, sondern auch einige andere Banken. Ein Mann namens Rob Lawrey – einer der Komplizen Ihres Sohnes – hat uns den Namen Mason genannt. Er soll als Verbindungsmann zwischen der Mafia und der Bankräuberbande fungiert haben. Jetzt ist Mason spurlos verschwunden.«

»Sagt mir nichts der Name«, erklärte Steiner noch einmal.

Wir mussten uns damit zufrieden geben. Ich überließ Hank Steiner eine von meinen Visitenkarten.

Als wir wieder wieder im Wagen saßen und nach Süden fuhren, klingelte das Handy meiner Freisprechanlage. Milo nahm das Gespräch entgegen. Es war Sid Lacenby, der Rechtsanwalt. »Ich dachte schon, ich erreiche Sie überhaupt nicht mehr«, blaffte er.

»Jetzt haben Sie uns ja erreicht«, entgegnete Milo. »Was gibt‘s?«

»Ich bekam vorhin einen seltsamen Anruf. Anonym. Der Anrufer wollte wissen, ob ich etwas mit Jack Masons Verschwinden zu tun habe. Genau diese Frage haben Sie mir auch gestellt.«

»Immerhin hat Lawrey Ihnen den Namen Mason genannt«, antwortete Milo. »Eine berechtigte Frage.«

»Von Ihrer Seite mag sie berechtigt gewesen sein. Aber wer hat außer Ihnen noch Interesse daran?«

»Das kann ich Ihnen auch nicht sagen«, meinte Milo. »Hat der Anrufer sonst noch was gesprochen, was von Belang sein könnte?«

»Nein. Ich wollte Ihnen nur bezüglich des Anrufs Bescheid sagen, damit Sie wissen, dass sich außer Ihnen noch jemand für Mason interessiert.«

»Vielen Dank«, sagte Milo und beendete das Gespräch.

Aus den Augenwinkeln sah ich, dass er mich von der Seite anschaute. »Sag‘s schon«, forderte ich ihn auf.

»Hunter Moore«, kam es wie aus der Pistole geschossen von Milo.

»Ganz meine Meinung«, äußerte ich. »Was den Schluss zulässt, dass er denkt, wir verdächtigen ihn, und er fühlt sich bemüßigt, seine Unschuld zu beweisen.«

Milo wiegte skeptisch den Kopf. »Wir können nur Vermutungen anstellen«, gab er dann zu verstehen. »Bei den entsprechenden Telefongesellschaften könnten wir allerdings feststellen, mit wem und wann Moore und Lacenby gesprochen haben.«

»Solche Gespräche führten sie sicher nicht von ihren Festnetzanschlüssen aus«, gab ich zu bedenken.

»Dennoch sollten wir es nicht außer Acht lassen.«

»Wie du meinst«, stimmte ich zu.

Ich hatte teilweise Recht mit meiner Annahme. Lacenby hatte weder von seinem Diensttelefon noch von seinem Privatanschluss aus Gespräche geführt, die für uns interessant gewesen wären. Hunter Moore jedoch hatte mit seinem Diensttelefon bei der Kanzlei Lacenby & Wallace angerufen.

Wir fuhren nach Rikers Island und stellten Hunter Moore vor vollendete Tatsachen. Ziemlich zerknirscht saß er hinter seinem Schreibtisch.

»Ja«, gab er zu, »ich habe Lacenby angerufen. Es geht mir darum, Ihren Verdacht zu entkräften, dass ich eventuell mit Mason und den Leuten, die hinter ihm stehen, etwas zu tun habe.«

»Der Name Mason wurde nur dem Rechtsanwalt und Ihnen gegenüber erwähnt.« Milo sprach es und verlieh seinen Worten eine besondere Betonung. »Denken Sie nach, Moore. Haben Sie wirklich mit niemandem darüber gesprochen. Mit Ihrem Vorgesetzten vielleicht.«

Hunter Moore atmete tief durch. »Ich habe es Ihnen bereits einmal gesagt: Ich habe mit niemandem drüber geredet.«

Es hatte abschließend und endgültig geklungen. Wir mussten es schlucken.

Wir ließen Rob Lawrey noch einem in den Vernehmungsraum bringen. Seine linke Braue hob sich, als er uns sah. »Haben Sie sich Mason vorgeknöpft?«

»Er ist spurlos verschwunden«, antwortete ich. »Nannten Sie außer Lacenby und uns noch jemand den Namen?«

»Keinem Menschen.« Lawrey knetete seine Hände. Er schien mir ziemlich nervös zu sein. »O verdammt!«, stieß er plötzlich hervor. »Das bedeutet, dass Mason – und gegebenenfalls auch seine Hintermänner wissen – dass ich gesungen habe. Großer Gott. Ich habe ihnen einen Grund gegeben, mich erst recht umzubringen.«

»Nein!«, erwiderte ich entschieden. »Wenn der Name Mason wirklich alles ist, was Sie auszuplaudern in der Lage sind, dann gibt es, nachdem Sie ihn der Polizei genannt haben, keinen – ich betone keinen – Grund mehr, Sie umzubringen. Dafür aber dürfte Mason gefährdet sein. Ich denke, dass nicht nur wir hinter ihm her sind, sondern auch seine Hintermänner, die befürchten müssen, dass er redet, wenn wir seiner habhaft werden.«

Lawrey schaute mich aus großen Augen an. Hinter seiner Stirn arbeitete es. Das war deutlich von seinen Zügen abzulesen. Und plötzlich lief der Schimmer des Begreifens über sein Gesicht. »Sie meinen …«

»Derjenige, der Mason warnte, hat auch Verbindung zu dessen Hintermännern.«

»Dann ist auch nicht auszuschließen, dass man Mason aus dem Weg geräumt hat.«

»Leider nicht«, versetzte ich.

Trevellian und der Mörder mit dem langen Arm: Action Krimi

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