Читать книгу Apachenjäger und Revolvergesetz: Super Western Sammelband 8 Romane - Pete Hackett - Страница 23

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Vor dem Hof des Hotels hatten sich sämtliche Hunde der Stadt eingefunden. In der Meute fühlten sie sich stark, und wütend kläffend unterstützten sie den einen, oder anderen Angriff eines besonders mutigen Artgenossen.

Verachtungsvoll blickte Sam auf diese bunt zusammengewürfelte laute Gesellschaft. Wenn ihm ihr Lärm zu lästig wurde, zeigte er die tödlichen Fangzähne und fuhr auf die zurückweichende Meute los.

Der Hotelmann begoss die unerwünschten Besucher erst mit einem Eimer Wasser. Als der Erfolg nicht vorhielt, bewaffnete er sich mit einem Besen und ging auf die Köter los.

Er begrüßte dankbar die Rückkehr seiner beiden Gäste und schaute ihnen mit gemischten Gefühlen nach, wie sie zur Sattlerei gingen. Fremde brachten immer Unruhe in die Stadt, ob sie auf der Durchreise waren, ob sie Gibbs hießen und Rinder kaufen wollten, oder ob es sich um diesen Ranger, seinen schrulligen alten Begleiter und diesen Timberwolf handelte, einerlei.

Gefolgt von der keifend kläffenden Meute langten Tom und Old Joe vor der Sattlerei an.

Ein spitznasiger Mann schaute vorsichtig aus der Tür und wollte sie zuschlagen, als er vor dem Spalt den Wolf bemerkte.

Noch schneller schoss Toms Fuß vor und klemmte sich in die Öffnung.

„Guter Mann, ich möchte jetzt meinen Sattel haben!“

„Jagen Sie erst das Biest weg!“

„Der Bursche ist zahm.“

Der Mann glaubte der Beteuerung nicht. „Es gibt keine zahmen Wölfe. Man kann sie nur abrichten, aber sie machen dennoch, was sie wollen.“

„So sehen Sie die Sache. Bekomme ich nun meinen Sattel, oder soll ich mir beim Schmied einen leihen?“

„Hier!“ Hinter der Tür polterte es, sie wurde weiter aufgezogen. „Ich kriege noch zwölf Dollar von Ihnen. Herrgott, die Kläfferei macht einen wahnsinnig! Haut ab! Mistbande, elende!“

Der Mann kam mit dem Sattel heraus und machte eine wütende Armbewegung gegen die Hunde.

Sonderlich beeindrucken ließen die sich nicht. Sie wichen etliche Schritte zurück und stimmten erneut ihr unschönes Konzert an.

Tom begutachtete die Flickarbeit. Der Mann hatte ein neues Horn angearbeitet. Wahrscheinlich hatte er die halbe Nacht darüber gesessen.

Daran auszusetzen gab es nichts. Tom bezahlte den Preis.

Vor dem Schmied hatten die Hunde der Stadt aus irgendwelchen Gründen Respekt. Sie blieben vor dem Hof und hüteten sich, der Einfahrt nahe zu kommen.

Als Tom den Mann unter die Tür treten und einen Hammer in der Hand wiegen sah, grinste er. Die Hunde hatten wohl früher schon schmerzhaft erfahren, wie weit der Mann seinen Hammer schleudern konnte. Unangenehme Erfahrungen prägen sich besonders tief ein.

Viele Worte machte der Schmied nicht. Er wollte nicht einmal wissen, ob sie zurückkommen würden. Mit mäßigem Interesse schaute er dem Aufsatteln zu, wobei er noch die größte Aufmerksamkeit dem Ranger-Abzeichen schenkte und zugleich darauf achtete, außerhalb er Reichweite von Rosinantes Hufen zu bleiben.

Ein kluger Mann, fand Tom.

Die Hundemeute blieb zurück, kaum dass die Stadtgrenze überschritten war. Draußen lauerten viele Gefahren, das wussten die Tiere. Sie blieben lieber bei den Häusern. Außerdem trottete der Störenfried neben dem Maultier und dem Pferd her und war bald so weit weg, dass sein Geruch nicht mehr die Hundenasen reizte. Das war doch ein hübscher Erfolg.

Wo das Gestrüpp der Malapais begann, zügelte Old Joe das Maultier.

„Du hast bei Cannon den Mund ziemlich voll genommen. Wo suchst du den Kerl und das Gold?“

„Wir fangen hier damit an. Und ich muss mir noch in einem Punkt allerletzte Klarheit verschaffen“, erwiderte Tom.

Die Augen des Alten blickten wieselschlau. „Fairlies Revolver?“

„Nicht, dass ich Cannon misstraue. Aber er hatte an dem fraglichen Abend hundert Leute im Saloon. Wenn einer ganz genau weiß, was los war, dann ist das Baker.“

„Und hilft uns das weiter?“

„Ein ganzes Stück, denke ich. Der Mann, der Fairlie verprügelte, oder verprügeln ließ, kann ihm den Revolver weggenommen haben, erinnere dich an das, was Cannon über den Abend sagte. Ein Gefühl sagt mir, dass derselbe Mann mich wegputzen wollte, oder jemand den Auftrag dazu gab. Wir stecken die Nase zu tief in die Sache mit den Bends, und das beunruhigt ihn.“

„Klingt nicht einmal so schlecht“, fand der Alte nach einigem Überlegen. „Er musste in der Nähe hausen, weil er mächtig schnell Wind von unserem Interesse bekam und jemand in die Malapais schickte.“

„Nicht unbedingt. Zwei von Lockmans Nachbarn sind direkt aus dem Sweetwater-Tal in die Stadt geritten. Sie kamen einige Zeit vor uns an. Sie haben geredet, aus lauter Gefälligkeit. Und der Mann hat gehandelt. Baker war in der Nacht auf der Ranch, ich bin ganz sicher. Er hat einige schnell alarmierte Rancher hingebracht und ihnen unsere Beschreibung für alle Fälle gegeben, ehe er mit den anderen und dem Frauenvolk zu Lockman zurückkam. Der Mann, den wir suchen, hat unsere Beschreibung von den zwei Burschen, die nach Mason hineinritten. Einen Blauschimmelhengst und ein Maultier sieht man nicht alle Tage zusammen reiten.“

„Dass dir das immer erst einfällt, wenn es schon geknallt hat!“ Old Joe blickte misstrauisch auf die Malapais und trieb Rosinante hinter Tom her, der weitergeritten war.

Noch einen Fehler durfte er sich nicht leisten. Die Halunken hier schossen zu viel und trafen zu genau. Darum ritt Tom die Rindergasse hinauf, die Sam gestern erkundet hatte.

Von der Hügelschulter aus, wo der Sandweg über die Anhöhe hinweg führte, konnte er rechter Hand das Gestrüpp erkennen, das gestern dem Heckenschützen als Versteck gedient hatte. Der Kamm lag dort noch um einiges höher.

Mit dem Pferd hinzukommen war ein Ding der Unmöglichkeit, jedenfalls entlang des Grates.

Der Kerl gestern war aber verdammt fix bei seinem Pferd gewesen.

Also musste es nach rückwärts eine Möglichkeit geben. Die suchte Tom. Der Schwarzwolf war ihm behilflich, währen Old Joe noch unten in der Rindergasse steckte und mit dem Maultier stritt. Rosinante sah keinen Sinn darin, den Hang hinaufzuklettern, von dem sie dann doch wieder herunter musste.

„Du verdammte Ziege, ich sollte dir den Hals umdrehen!“, hörte Tom den Alten schimpfen, bevor er über die Schulter ritt und von drüben nur noch undeutlich die Flüche des Alten vernahm.

Sam war gestern schon hier oben gewesen. Nicht ganz so weit, die Schüsse hatten ihn zur Zurückhaltung gezwungen, Gefallen hatte ihm die Geschichte nicht.

Als er Tom absitzen und vorsichtig in die Malapais steigen sah, begriff er, dass die Suche mit der gestrigen Knallerei in Verbindung stand. Er kroch unter den Zweigen her, witterte und schob sich tiefer in das Dickicht

Tom hörte den Timber schnaufen und entdeckte die zitternden Zweige, die den Kriechweg markierten. Sam meinte es gut, aber da kam er nicht durch.

Er wich auf den rückwärtigen Hang aus, zwängte sich durch verfilztes Gestrüpp und stieß schließlich auf einen leidlich gangbaren Pfad, Überbleibsel eines Wildwechsel aus einer Zeit, als es hier noch größere Wildtiere gab.

Der Boden hatte die Abdrücke hochhackiger Stiefel bewahrt. Ein Mann war hier heraufgestiegen und später mehr rutschend als laufend vom Kamm zurückgekehrt.

Er nahm den Weg aufwärts und stand ein paar Minuten später vor Sam und dem Platz, an dem gestern der hinterhältige Bursche gekauert und gefeuert hatte.

Durch eine schmale Lücke in den Malapais war der Weg unten einzusehen. Im nachhinein richteten sich Tom die Nackenhaare auf. Der Feuerüberfall hätte schlimm enden können.

Sam stieß mit der Schnauze blinkende Patronenhülsen an, die der Schütze zurückgelassen hatte. Der Schuss aus Old Joes Hawken-Büchse hatte dem Kerl die Nerven geraubt und in die Flucht geschlagen, ohne ihn an die Hülsen denken zu lassen.

Tom las sie auf. Sie stammten aus einer mehrschüssigen Spencer. Besondere Merkmale trugen sie nicht.

Er wandte seine Aufmerksamkeit den Stiefelspuren zu. Der Mann war nicht lange hier oben gewesen. Wahrscheinlich war er erst kurz vor ihrem Vorbeiritt unten auf dem Weg eingetroffen. Er hatte sich einige male bewegt, nervös und in großer Hast. Die Spuren lagen hart beisammen.

Dann war er den alten Wildpfad hinab geflüchtet.

Tom rutschte vorsichtig hinunter und hörte links drüben hinter dem Gebüsch das zornige Geschrei von Rosinante und lästerliche Drohungen des Alten. Die beiden hatten es trotz gegenteiliger Ansichten irgendwie geschafft, auf die Hügelschulter zu gelangen, aber nun schieden sich ihre Interessen endgültig.

„Verschenken werde ich dich, jawohl! Und dem Kerl, der dich nimmt, gäbe ich noch zehn Dollar Handgeld, damit er nicht auf die Idee kommt, dich zurückzubringen, du kurzsichtige Ziege! Hörst du auf damit, oah!“

Von einer Stelle aus, wo die Malapais niedriger waren, sah Tom das Maultier, das freundlich mit den Ohren wedelte.

Dann entdeckte er die strampelnden Beine von Old Joe, die aus einem Busch winkten. Der Alte war rücklings in das Gestrüpp gekippt. Wie es aussah, war das Maultier nicht ganz unschuldig an dem Unfall.

Grinsend rutschte Tom die letzte Strecke hinab und wurde wieder ernst als er den Platz fand, wo das Pferd gestanden hatte. Bei den Stiefeln war er sich nicht ganz sicher, bei dem Pferd aber schon. Es war auf der Ranch im Sweetwater-Tal gewesen! Einer der vier Killer hatte es geritten!

Rechts hinten war ein Hufnagelkopf abgebrochen.

Im Abdruck des Eisenprofils fehlte die Vertiefung eines Nagels.

Er folgte der Spur zwischen die Büsche und stand nach fünfzig Schritten vor einem alten Geröllbett.

Hier endete die Fährte wie abgeschnitten.

Der Reiter konnte sich nach rechts oder nach links gewandt haben.

Sicherheitshalber überquerte Tom das Geröll und suchte drüben den Hügelhang ab.

Ganz so kopflos, wie der Kerl seine Flucht begonnen hatte, hatte er sie nicht fortgesetzt. Er war auf dem Geröll geblieben und im Land verschwunden.

Irgendwo hatte er das Geröll verlassen. Aber nach dieser Stelle zu suchen erforderte unter Umständen Tage. Und sie mussten in entgegengesetzte Richtungen reiten. Das Geröllbett erstreckte sich nach Norden und Süden.

Nach Norden sicher nicht allzu weit, denn dort endeten die Hügel, das Land ging in trockene Hochweide über, an die sich gegen die Berge hin die Täler von Lockman. der Nachbarn und das Sweetwater-Tal anschlossen. Tom konnte sich nicht entsinnen, dort etwas gesehen zu haben, das ihm wie der Beginn, oder das Ende eines Geröllbettes vorgekommen war.

Wie weit sich das Geröll nach Süden erstreckte, ließ sich nur vermuten. Tom kehrte um und stieg zur Hügelschulter hinauf. Old Joe hatte sich aus dem Gebüsch befreit und machte einen etwas ramponierten Eindruck. Das Maultier blickte beleidigt. Und Sam hockte unbeteiligt dabei, der Krach der beiden ging ihn ja nichts an.

„Er muss sofort herausgeritten sein, als er von den beiden Kerlen aus dem Sweetwater-Tal hörte, dass wir höchstwahrscheinlich schon im Anmarsch sind. Vielleicht haben sie unsere Staubwolke auf ihrer Fährte hängen sehen und die richtigen Schlüsse gezogen.“

„Holen wir ihn uns!“, verlangte der Alte gereizt.

„Erst will ich Baker hören. Übrigens war das Pferd im Tal. Wir sind also auf einer guten Spur. Leider verliert sie sich da unten im Geröll.“

Old Joes Kommentar war ein fürchterlicher Fluch.

Sie ritten durch die Malapais zurück zum Fahrweg und bogen endlich in Lockmans Tal ein.

Die Rinder grasten in Rudeln, oder hatten sich im Schatten der Cottonwoods gelagert.

Im Corral beim Haus standen Pferde, die neugierig den Kopf über den oberen Balken schoben und erst zurück wichen, als der Timberwolf daherstrich.

Leichter Holzrauch lag in der Luft. Demnach war auch jemand zu Hause.

In der Hofmitte hielten Tom und der Alte an.

„Sie wünschen?“, fragte eine Frauenstimme aus einem hochgeschobenen Fenster.

Tom meinte, die von Mrs. Lockman wiederzuerkennen. „Wir hätten gern Ihren Schwiegersohn gesprochen.“

„Ist nicht da. Verschwinden Sie!“

„Oder Ihren Mann.“

„Sie sollen verschwinden, sage ich!“ Ein Geräusch war zu hören, als würde der Hahn einer Waffe aufgezogen.

„Warum sollten wir auch jetzt freundlicher empfangen werden?“, nuschelte Old Joe. „Am Corral hängt nur ein alter Arbeitssattel. Die Männer sind unterwegs. Würde mich nicht wundern, wenn sie wieder drüben auf der Ranch graben.“

Tom wandte den Kopf. Die scharfen Augen des Alten hatten die Situation richtig erfasst, da hing nur der alte Sattel.

Sie ritten vom Hof und sahen hinter dem zweiten Fenster eine Gestalt mit einer weißen Schürze, die Tochter.

Draußen sagte Tom: „Baker kann einem leid tun.“

„Vielleicht hat er mal was ausgefressen, und das ist nun die Strafe dafür. Es hat ihn wohl keiner gezwungen, das unfreundliche Frauenzimmer zu seiner Schwiegermutter zu machen. Jedem das, was er verdient“, erwiderte der Alte philosophisch.

Es war früher Nachmittag, und der kürzeste Weg ins Sweetwater-Tal führte durch die Scharte, die sie bereits kannten.

„Hoffentlich bleibt der Skunk friedlich“, meinte Tom argwöhnisch. Er pfiff den Timber heran und hielt ihm eine gesalzene Predigt, bevor sie in die Passage ritten.

Das Stinktier war nicht zu Hause. Sam knurrte den leeren Bau an und schielte nach Tom. Aber der behielt ihn im Auge.

Von der Höhe des Bergrückens bot sich ihnen ein verblüffendes Bild. Von den Bergen her griffen schon die blauen Schatten ins Tal, in dem Reiter Rinderrudel zusammentrieben und zu einem Sammelplatz lenkten.

Der Ort war vielleicht fünf Meilen entfernt und lag im hinteren Teil des Tales. Ein Feuer rauchte, ein Kastenwagen stand da, und drei Zelte waren aufgebaut.

„Mindestens zwanzig Mann“, sagte Old Joe düster.

Tom blickte in Richtung Ranch, in der Nähe der grauen Gebäudeflecken befanden sich keine Rinderrudel mehr. Sie waren schon fortgetrieben.

Offensichtlich befand sich dort auch niemand, um weiter nach dem verschwundenen Gold zu graben.

Die Leute da unten hielten sich an die Rinder.

Er beobachtete das geschäftige Treiben und begriff allmählich. Die Reiter hatten es nicht auf die alten Kühe abgesehen, sie sonderten die Jungtiere aus. Möglich, dass Hutch Bend sie nicht mehr gebrandet hatte.

Das besorgten jetzt die Nachbarn. Mit den eigenen Brenneisen.

Sie hatten sich nicht geniert, auf der Ranch den Boden nach dem geraubten Gold umzugraben, sie genierten sich noch weniger, nun auch noch die Toten zu bestehlen.

„Sie holen sich die Jungtiere. Vor Sonnenuntergang kommen wir nicht mehr hinunter“, sagte Tom zornig.

Der Alte spuckte aus. „Aber wir wären vor Sonnenaufgang unten.“

„Was hast du vor?“

Ein listiges Funkeln erschien in den Augen des Alten. „Kühe mögen keine Wölfe und werden verrückt, wenn sie einen riechen. Der Strolch könnte sich mal wirklich nützlich machen.“

„Wir sollen sie laufen lassen?“

„Mitten über ihre Zelte weg. Die Herde muss verkauft werden, sie kann sich nicht selber überlassen bleiben. Aber von einem Mann, den wir dafür einsetzen, du vom Gesetz her und ich, weil ich das Hutch schuldig bin. Nachbarn, die sich als Viehdiebe entpuppen, soll der Teufel holen!“

Damit war alles gesagt.

Bis Mitternacht blieben sie auf dem Bergrücken und verzehrten kalten Proviant. Dann machten sie sich an den Abstieg.

Vor dem Feuer war gelegentlich die Gestalt des Wächters zu sehen. Die Leute hatten nur für ihr Lager eine Wache eingeteilt. Jemand zu den Rindern rauszustellen war ihnen als überflüssig und unnötig erschienen.

Die Bends waren alle tot, niemand machte ihnen noch die Tiere streitig.

Tom und Old Joe drückten langsam und mit Bedacht die zusammengeholten Rudel enger aneinander. Das brachte Unruhe unter die Tiere.

Die Schläfer merkten nichts, und die Wache fluchte lediglich einmal, kam aber nicht nachsehen.

„So, das reicht“, murmelte Tom. „Hier halte den Hengst!“

Er drückte Old Joe die Zügel in die Hand und glitt aus dem Sattel.

Der Alte lauschte. Die Herde machte so viele Geräusche, dass er nicht hörte, wohin Tom ging und was er vorhatte.

Aber er war derart spontane Anfälle seines jungen Freundes gewöhnt. Also wartete er.

Nach zehn Minuten war der Ranger plötzlich wieder da und zog sich in den Sattel.

„Elf verschiedene Brenneisen auf dem Wagen“, sagte er nur. „Bei Sonnenaufgang werden sie wieder mit der Arbeit anfangen.“

„Bei Sonnenaufgang werden sie laufen wie noch nie in ihrem Leben, diese Halunken!“

Eine halbe Stunde später wurde es hell.

Tom und der Alte verharrten auf den Reittieren wie zwei sehr geduldige Indianer, die unendlich viel Zeit haben.

Endlich ging die Sonne auf, und aus dem Lager drang der Lärm einer Mannschaft, die sich für das Tagwerk rüstet.

„Hell genug!“, drängte Old Joe. „Gleich riechen sie den Braten.“

„Wir wollen sie ja nicht umbringen. Noch fünf Minuten!“

Sie hielten hinter der Herde. Tom betrachtete die Tiere. Die älteren Kühe waren mürrisch und ungehalten und blickten nach den Störenfrieden, die Jungrinder jedoch waren lebhaft und voller Bewegungsfreude.

Zwischen den Zelten tauchten Reiter auf.

Tom stieß einen gellenden Pfiff aus.

Aus dem Lager kam ein Warnschrei, und aus dem Grasland drang der schaurige Jagdschrei von Sam.

Ein paar Kühe warfen sich herum und senkten verteidigungsbereit den Kopf, all die anderen aber stellten den Schwanz hoch und rannten los.

Old Joe stieß einen schrillen Schrei aus, schwenkte den verbeulten Hut und feuerte die Hawken-Büchse in den jungen Morgen ab.

Wie ein Schlag ging es durch die rennende Herde.

Die Reiter bei den Zelten brachen nach der Seite aus, wildes Geschrei mischte sich in das Getöse der laufenden Tiere. Dann flogen schon Zeltfetzen, Rauch wölkte auf, die Deichsel des Kastenwagens schnellte hoch, zerbrach, und für Sekunden war der Bord des kippenden Wagens zu erkennen.

Dann war alles nur noch voll rennender Rinder.

Old Joe lachte wie der Teufel und klatschte sich den Hut auf den Kopf. Er lud mit sicheren Händen die Büchse neu, gab der Kugeltasche den richtigen Sitz und wartete auf die Fortsetzung.

Die Rinder zerstreuten sich schnell.

Zuerst wurde das auseinandergetretene Feuer sichtbar, von dem nur noch der schwarzverbrannte Kreis erkennbar war.

Ein paar zu Klumpen verformte Ausrüstungsgegenstände lagen herum, ein paar Stücke von den Zelten und Leinwandfetzen.

Dann kam der Wagen zum Vorschein. Oder das, was noch davon da war.

Die Männer waren alle davongekommen. Einige nur in Socken und noch im Unterhemd, weil zu mehr keine Zeit geblieben war.

Wütend wie gereizte Hummeln kamen die Reiter zurück und betrachteten Tom und Old Joe, die ihre Tiere in Bewegung gesetzt hatten und sich dem ehemaligen Feuer näherten.

Sachkundig betrachtete der Alte einen Blechklumpen, beugte sich nach der Seite und hob ihn auf. „Das war bestimmt mal eine sehr hübsche Kaffeekanne“, meinte er. „Wie unvorsichtig, hier ein Lager zu machen. Genauso gut hätten die Kühe euch zertrampeln können!“

Das war der blanke Hohn, und die Männer fassten die Worte auch so auf.

„Hör mal, du verdammter alter Narr, was soll das bedeuten?“, brüllte ein Mann, der höllisch wütend aussah.

„Ja, verdammt will ich sein, wenn ich einen Bend unter euch Banditen sehe!“, giftete der Alte. Seine Büchse zeigte auf die Gürtelschnalle des Mannes, der so zornig war.

Nun kamen auch die anderen heran, die mit knapper Not zu Fuß entgangen waren.

„Guten Morgen, Lockman, wenn man so in Anbetracht der seltsamen Umstände sagen darf“, sprach Tom Cadburn. „Die Sache sieht doch einigermaßen befremdlich aus. Ein fremdes Tal, fremde Rinder, und elf Brenneisen, die hier nichts zu suchen haben. Bei Ihnen wundere ich mich über nichts mehr. In fünf Minuten rücken Sie mit Ihren hilfsbereiten Nachbarn ab zur Ranch und bringen dort in Ordnung, was zerstört wurde. Besondere Aufmerksamkeit bitte ich der Wiederherstellung des Gartens zu schenken. Ich werde mich gelegentlich davon überzeugen, ob Sie ein Narr oder ein Strolch sind.“

Lockman bekam einen knallroten Kopf und war drauf und dran, nach dem Revolver zu greifen. Andere schien es ebenfalls in den Fingern zu jucken.

„Sie aufgeblasener Frosch!“, legte der Mann los. „Was bilden Sie und dieser schäbige alte Wicht sich ein ...?“

Das Maultier war ein boshaftes Biest und liebte brenzlige Situationen. Als es Old Joes aufmunternden Tritt spürte, galoppierte es los, bis der Zügel hart angezogen wurde.

Da hielt Old Joe schon vor Lockman. Der Rancher überragte ihn um zwei Köpfe. Aber der Alte richtete sich hoch auf. „Der schäbige alte Wicht ist der Freund von Hutch Bend und sieht, dass es hier keine Ehrenmänner, sondern nur billige Imitationen von Weidepiraten gibt.“

Er holte aus und schlug Lockman den Handrücken über den Mund.

Weniger der Schlag als vielmehr die Überraschung warf Lockman seitwärts vom Pferd.

Die Burschen, die den Alten in die Zange nehmen wollten, wichen betroffen zurück. Der dachsbärtige Knabe sah verdammt welk und verdorrt aus und war doch das genaue Gegenteil. Und er hatte Mut und war giftig wie ein ganzes Fass voller Klapperschlangen. Alles Dinge, die einen Mann beeindrucken konnten.

„Nur ruhig, Freunde!“, mahnte der Alte und ließ die Büchse wandern. „Räumt hier auf, bringt die Ranch in Ordnung, und dann verschwindet und kommt nie wieder in dieses Tal!“

Lockman kroch benommen unter dem Gaul hervor. „Dafür bringe ich diesen zahnlosen alten Kater um!“, drohte er und betastete seine blutenden Lippen.

„Das Maul werden Sie halten und sonst nichts! Oder ich schleife Sie an den Ohren bis nach Austin und stelle Sie vor Gericht!“, sagte Tom. „Die veränderten Besitzverhältnisse scheinen Sie wohl größenwahnsinnig gemacht zu haben. Zumindest fehlt Ihnen der klare Blick.“

Den hatten einige andere immerhin wiedererlangt. Sie starrten das Rangerabzeichen an und suchten eilig nach ihren Pferden.

Einer zischte Lockman etwas zu. Und endlich verstand der und blickte so verstört wie eine Kuh, der man die Hörner abgeklammert hat.

„Eine hinterlistige Art, sich in unsere Belange..“

„In Sachen Hinterlist sind Sie gewiss Experte, Lockman. Was Ihre Belange betrifft, so liegen die außerhalb dieses Tales und nicht hier. Jetzt nicht mehr. Als die Bends Hilfe gebraucht hätten, waren Sie auf Seiten der Aasgeier. Sie sind fertig hier, verstanden? Wenn aus dieser Gegend Rinder verkauft werden, wird jemand zugegen sein und jede Herde auf Tiere mit einem anderen als dem eingetragenen Brandzeichen untersuchen. Stehe Ihnen der Himmel bei, wenn sich bei Ihnen oder den anderen der B-Brand findet! Ich setze Ihnen eine Frist von achtundvierzig Stunden, um die Ranch herzurichten. Keine Minute mehr!“

„Hören Sie, eine Bankräuber-Ranch und fünfzigtausend verschwundene Dollar sollten einen Ranger mehr interessieren als eine kleine Herde, die bald verwildern wird, weil sich niemand um sie kümmert. Ich werde an Ihr Büro schreiben.“

„Vergessen Sie nicht eine gute Erklärung für die widerrechtliche Aneignung der Jungrinder, Lockman. Der Richter, der nach Mason kommen wird, hat dazu sicher ein paar Fragen. Schicken Sie mir Ihren Schwiegersohn her.“

„Was wollen Sie von dem?“ Ein Lauern war in der Stimme.

„Ich denke, er ist alt genug, um selber ein paar Antworten geben zu können!“ Lockman wischte das Blut mit der Hand ab und stolperte davon. Er redete mit einer Gruppe von Männern, aus der sich Dave Baker löste und missmutig nähertrat.

Die anderen warteten in sicherer Entfernung und schauten herüber. Die Sache gefiel ihnen nicht „Ja?“, fragte Baker unlustig.

Tom drehte sich eine Zigarette, warf Baker den Tabaksbeutel zu und erntete einen verwunderten Blick. Baker dachte nach. Sich eine Zigarette mit geschenktem Tabak zu rollen war ungefährlich.

Als der würzige Rauch aufstieg, sagte Tom: „Sie waren an jenem Abend in der Stadt, der dem Bankeinbruch vorausging.“

„Ja.“

Der Tabaksbeutel flog zurück. Tom steckte ihn ein. „Sie standen neben Fairlie an der Bar. Nachdem die Leute ihn vor die Tür befördert hatten, befanden Sie sich aber mitten im Saloon und steckten Ihren Revolver ein. Wie kam Ihre Waffe dort hin?“

Dave Baker dachte wieder gründlich nach. Der Ranger hatte eine Menge Dinge in Erfahrung gebracht.

„Fairlie hat sie mir rausgerissen. An der Bar. Er wollte schießen, wirklich. Ein paar Männer in seiner Nähe haben es verhindert. Als sie ihn draußen hatten, lag mein Revolver auf den Dielen. Ich holte ihn mir.“

„Warum, glauben Sie, greift ein Mann nach dem Revolver seines Nebenmannes, wenn er schießen will und hundert Leute zusehen?“

Baker sog heftig an der Zigarette. „Wenn er an den eigenen nicht drankommt. Aber da war doch genug Platz, keiner hat ihn behindert.“

„Sie sagen es, wenn er an den eigenen nicht drankommt. Wenn er ihn nämlich gar nicht mehr hat. Fairlies Revolver fand sich am Morgen hinter der Bank.“

„Ja, verdammt, das wäre doch ...“

„Das fällt Ihnen reichlich spät ein, Baker. Sie haben Ihren Kopf zum Denken bekommen und nicht, um den Hut drauf spazieren zu tragen. Das war es, was ich wissen wollte.“

„Warten Sie doch! Das wäre ja ungeheuerlich!“

„Warten?“ Tom nahm die Zügel auf. „Scheint die Spezialität der Lockman Sippe zu sein, andere immer warten zu lassen. Das hat einmal gezogen, aber nun nicht mehr.“

Dave Baker stand mit hängenden Armen und offenem Mund und starrte dem Ranger und dem Alten nach, der so welk aussah und so lederzäh war.

Lockman und die anderen näherten sich.

„Was wollte er von dir?“ Lockmans Stimme hatte den altgewohnten unduldsamen Klang, nur war sie etwas undeutlich. Die geplatzten Lippen begannen zu schwellen.

Baker wandte sich um und starrte seinen Schwiegervater und die Nachbarn an, als hätte er den Teufel gesehen. „Fairlie war sternhagelvoll und schnappte sich meinen Revolver.“

„Hat er das gefragt? Und?“

„Er hatte überhaupt keine Waffe an dem Abend.“

„Am Morgen lag sie hinter der Bank, und Gibbs hat die Brut erwischt. Schluss!“

„Als er im Saloon war, hatte er keine. Draußen war es dunkel, schlecht für einen betrunkenen und zusammengeschlagenen Mann, sie zu finden.“

„Was willst du damit sagen?“ Argwohn war in den Augen von Lockman.

„Dass der Ranger recht hat mit dem, was er vom Kopf und vom Denken sagte.“

Lockman starrte seinen Schwiegersohn an, und ein ganz verdammtes Gefühl beunruhigte ihn plötzlich.

Auf dem Fahrweg zur Stadt zügelte Tom den Hengst.

Old Joe schreckte hoch und blickte wild in die Runde. Aber da waren keine Anzeichen von Gefahr zu sehen.

„Wenn du dich in einen Sonntagsstaat wirfst, die Haare kämmst, nach Seife riechst und frischgeputzte Stiefel anhast, was passiert dann. Joe?“

,,Lass mich nachdenken. Ist schon einige Jahre her, dass ich mal in diese Verlegenheit kam. Irgend so eine blödsinnige Sache, die ich bereinigt hatte. Die Leute machten einen Mordswind darum, und der Gouverneur wollte mir die Hand schütteln. Ich musste dreißig Dollar für 'ne neue Ausstattung blechen, weil sie sagten, ich könnte unmöglich in meinem alten Gewand dem Mann unter die Augen kommen. Hast du überhaupt ’ne Vorstellung davon, was damals dreißig Dollar waren? In New York, da war ich nämlich mal, kriegte man für zwanzig Cents ein stinknobles Essen mit weißbefrackten Kellnern, und ein Stehgeiger fiedelte am Tisch, und die Damen guckten einem durch den Rock direkt in die Brieftasche und ...“

„Fairlie wollte nicht dem Gouverneur die Hand schütteln. Außerdem warst du nie in New York.“

„Dann war's Boston. Jedenfalls waren 'ne Menge feine Leute da.“

„Besonders Damen, nehme ich an.“

„Und ob.“ Der Alte grinste verschmitzt und wurde wieder ernst. „War der teuerste Händedruck meines Lebens. Den Gouverneur hat's bloß ein Lächeln gekostet, der hat den besseren Schnitt dabei gemacht. Natürlich ist Fairlie nicht zum Gouverneur geritten, halt mich nicht für vertrottelt! Er kannte ihn überhaupt nicht.“

„Fairlie ritt zu einer Dame, wenn ich Cannon richtig verstanden habe. Aber niemand brachte Fairlie mit einer Dame in Beziehung. Hätte sich auch schlecht verheimlichen lassen in so einem Nest.“

„Worauf willst du hinaus, Tom?“

„Er kannte jemand, und niemand wusste etwas davon. An dem Tag ritt er vielleicht hin und hielt um ihre Hand an.“

„Und wurde verprügelt und bekam den Revolver abgenommen?“

„Schon möglich.“

„Das würde bedeuten, er kannte sie schon länger. Wie soll er mit ihr in Verbindung gestanden haben, wenn ihn nie jemand hinreiten sah?“

„Er hat ihr geschrieben.“

„Wie kommst du darauf. Junge?“

„Lockman brachte mich auf den Gedanken, als er sagte, er wolle an unser Büro schreiben. Er konnte doch schreiben?“

„Ganz ordentlich. Hutch legte Wert darauf, dass die Burschen es lernten.

„Er schrieb ihr also. Und damit die Sache geheim blieb, gab er die Briefe nie in Mason auf.“

„Ah, du denkst an diesen Wheeler, weil der überall mit seinem Frachtwagen herumkommt und aus lauter Gefälligkeit auch schmalzige Briefe mitnimmt?“

„So ungefähr!“ Tom hieb sich die Hand vor die Stirn. „Briefe! Das war es!“

Old Joe schob den Kautabak in die andere Backentasche. „Was für Briefe?“

„Die die Hundesöhne auf der Ranch in den Schubladen und Truhen gesucht haben! Dort bewahrt man kein geraubtes Gold auf, aber Briefe schon.“

Der Alte saß wie versteinert. Endlich sagte er: „Sie haben sie gefunden und mitgenommen, was? Briefe von der Dame an Fairlie!“

„Ja. Der Junge war in eine schlimme Sache hineingeraten, und schließlich hat sie ihn und seine ganze Familie umgebracht.“

Old Joe schob den Hut nach hinten. „Fragen wir Wheeler. Auf den baue ich jetzt auch.“

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